Archiv für den Monat: Mai 2009

Kronzeugenregelung im Bundestag

Beschlossen werden soll in dieser Woche auch die von der Bundesregierung vorgesehene neue Kronzeugenregelung. Zu dieser hatten sich bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 25.03.2009 die Mehrheit der eingeladenen Sachverständigen zum Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei Aufklärungs- und Präventionshilfe (BT-Drs. 16/6268) – kritisch geäußert. Die neuere Regelung soll an die Stelle der 1999 ausgelaufenen Kronzeugenregelung treten. Es ist vorgesehen, dass ein Gericht eine mildere Strafe verhängen kann, wenn der Täter einer schweren Straftat freiwillig sein Wissen über andere schwere Straftaten offenbart.

Abspracheregelung im Bundestag

Der Bundestag entscheidet am Donnerstag (28.05.2009) über eine Gesetzesinitiative der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, mit der zum ersten Mal eine gesetzliche Grundlage für so genannte Deals im Strafprozess geschaffen werden soll (BT-Drs. 16/11736).

Zentrale Punkte des geplanten Gesetzes zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren sind:

  • Nur das Strafmaß darf Gegenstand einer Absprache sein; es muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
  • Außerdem darf eine Absprache nicht alleinige Grundlage eines Urteils sein.
  • Auch bei einem Geständnis bleibt das Gericht aber weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln. Dies hat auch der Bundesrat in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf besonders betont (BT-Drs. 16/12310) und einen eigenen Entwurf vorgelegt (BT-Drs. 16/4197).

Damit wäre dann eins der großen noch offenen Gesetzesvorhaben vom Tisch.

Sexueller Missbrauch von Kindern durch Übermittlung sexueller Handlungen über Webcam und Internet

Das Landgericht München I hat den Angeklagten am 15. Dezember 2008 wegen fünf tateinheitlich begangener Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in weiterer Tateinheit mit der Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Teledienste zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten. Nach den Urteilsfeststellungen trat der mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestrafte Angeklagte über das Internet mit fünf Kindern aus Belgien in Kontakt. Während dieser Verbindung wurden Live-Bilder des Angeklagten und der Kinder mittels Webcam übertragen. Der Angeklagte äußerte diesen gegenüber, dass er sie „ficken“ wolle. Eines der Kinder, ein Mädchen, drehte daraufhin die Webcam weg und teilte dem Angeklagten mit, dass sie erst zwölf Jahre alt sei. Daraufhin schrieb der Angeklagte zurück: „Ist egal wie alt ihr seid, willst du dich ausziehen? Ich will dich ficken.“ Anschließend richtete der Angeklagte seine Webcam auf sein entblößtes Glied und führte Onanierbewegungen durch, um sich sexuell zu erregen, wobei es ihm darauf ankam, dass die Kinder seine Handlungen am Bildschirm wahrnahmen.

Der BGH hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Auch wenn sich der Angeklagte und die fünf Kinder nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander befunden haben, so konnten die Opfer, die mit dem Angeklagten in einer Interaktion standen, dessen entblößtes Glied und die Onanierbewegungen aufgrund der simultanen Bildübertragung mittels Webcam und Internet am Bildschirm ihres Computers unmittelbar wahrnehmen. Die Strafkammer ist deshalb zu Recht von einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB ausgegangen, da im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers kein Zweifel daran besteht, dass Kinder zum Schutz ihrer ungestörten Gesamtentwicklung vor solchen Wahrnehmungen umfassend bewahrt werden sollen.

Beschl. v. 21.04.2009 – 1 StR 105/09

Bundesrat übt Kritik an EU-Vorgaben bei Bekämpfung von Kindesmissbrauch

Bei den europäischen Plänen zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch sieht der Bundesrat das deutsche Rechtssystem nicht ausreichend berücksichtigt. Zwar unterstützt der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 15.05.2009 grundsätzlich den Vorstoß, Kinder vor sexuellen Straftaten besser zu schützen. Bei den vorgesehenen Strafschärfungen vermisst er jedoch eine Differenzierung zwischen Kindern und Jugendlichen. Diese Abgrenzung sei wichtig, da sie der unterschiedlichen Schutzwürdigkeit von Kindern und Jugendlichen Rechnung trage. Ein weiteres Problem sieht der Bundesrat in der vorgegebenen Höchststrafe von sechs Jahren. Da das deutsche Recht einen solchen Strafrahmen nicht kennt, drohe durch die Übernahme dieser europäischen Vorgabe eine empfindliche Störung des nationalen Sanktionssystems. Insbesondere die am Unrechtsgehalt orientierte Festsetzung von Höchststrafen könne dann nicht beibehalten werden.

Folgende Dokumente finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages:

Die Unterrichtung der Bundesregierung: BR-Drs. 297/09
Die Empfehlungen der beteiligten Ausschüsse: BR-Drs. 297/1/09
Den Beschluss des Bundesrates: BR-Drs. 297/09(B)

Urteil des OLG Dresden zu § 81a StPO im Volltext online

Hallo, fast hätte ich es vergessen: Das Urteil des OLG Dresden zu § 81a StPO steht inzwischen bei uns online. Sie finde es hier: http://www.strafrecht.jurion.de/inhalte/strafrechtliche-entscheidungen/aktuelle-urteile/olg-dresden-urt-v-11052009-1-ss-9009/. Auch hier mehr als deutlich; Das haben wir immer schon so gemacht, geht nicht mehr.