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Kuttenverbot

Nein, nicht in einem Kloster, da müsste es dann auch wohl eher „Kuttengebot“ heißen, sondern im LG Potsdam an einem Tag, an dem dort ein Verfahren gegen einen Angehörigen der „Hell Angels“ stattfand und einem Mitglied das Tragen einer sog. Motorradkutte untersagt worden war.

Dagegen hatte der sich an das VG gewandt und dann beim OVG endgültig verloren. In der PM des OVG heißt es zum Beschl. vom 20.12.2010 – OVG 10 S 51.10:

Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom heutigen Tag die Beschwerde eines Angehörigen des Motorradclubs „Hells Angels“ zurückgewiesen, der erreichen wollte, dass er als Zuschauer in einem Strafverfahren seine Motorradkutte tragen darf.

Im Landgericht Potsdam findet zurzeit ein Strafverfahren gegen mehrere Mitglieder der Hells Angels wegen des Vorwurfs der Erpressung statt. Der Präsident des Landgerichts hat verfügt, dass an den jeweiligen Verhandlungstagen keine Personen das Gelände des Justizzentrums betreten dürfen, die Bekleidungsstücke tragen, die die Zugehörigkeit zu einem Motorradclub demonstrieren.

Das Oberverwaltungsgericht hat wie zuvor schon das Verwaltungsgericht Potsdam die Verfügung des Präsidenten des Landgerichts in einer Eilentscheidung bestätigt. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der Gerichtspräsident dürfe als Inhaber des Hausrechts Regelungen über den Zutritt zum Dienstgebäude und den Aufenthalt von Personen in den Räumen des Gerichts treffen. Er müsse dabei jedoch insbesondere den Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens beachten. Maßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung nur unwesentlich erschwerten und keine persönlichkeitsbezogene Auswahl der Zuhörerschaft beinhalteten, seien mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz und dem Recht auf Handlungsfreiheit der Zuschauer vereinbar, wenn für die Maßnahmen aus Sicherheitsgründen ein verständlicher Anlass bestehe. Das sei hier der Fall. In dem Strafverfahren spiele das von einzelnen Mitgliedern der Hells Angels ausgehende Bedrohungspotential eine Rolle. Die Annahme des Landgerichtspräsidenten, dass das sichtbare Auftreten von Angehörigen dieser Gruppierung gerade in dem Strafverfahren das Sicherheitsgefühl von Verfahrensbeteiligten, Zeugen und weiteren Personen beeinträchtigen könne, sei sachlich verständlich. Es gehöre zu den Aufgaben des Gerichtspräsidenten, auf dem Gelände des Justizzentrums für eine angstfreie Atmosphäre zu sorgen, damit Zeugen unbelastet ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachkommen könnten und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Leistungsfähigkeit der Justiz nicht erschüttert werde. Der Präsident des Landgerichts müsse dabei eine Prognose anstellen und könne nicht darauf verwiesen werden, erst bei unmittelbaren Anzeichen einer bevorstehenden Störung oder sogar erst nach deren Eintritt zu reagieren. Demgegenüber sei der verfügte Eingriff in die Handlungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht potentieller Zuschauer des betroffenen Strafverfahrens vergleichsweise gering.“

Sonntags zur Post, wenn Montags die Frist abläuft, ist zu spät…

Allgemein wird für die Einlegung eines Rechtsmittels davon ausgegangen, dass bei Aufgabe der inländischen Sendung an einem Werktag auf Zugang bereits am nächsten Tag vertraut werden kann (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 17.02.2009 – 3 Ws 37 u. 38/09).

Davon hat das OLG Hamm jetzt in einem Beschl. 19.04.2010 – III 3 Ws 179 u. 180/10 eine Ausnahme gemacht, wenn die Sendung am Sonntag zur Post gegeben wird. Dann kann nicht damit gerechnet werden, dass sie montags bereits ihr Ziel erreicht. Die Fristversäumung am Montag ist dann verschuldet: Ergebnis: Keine Wiedereinsetzung.

Die Fahrtenbuchauflage, das OVG Lüneburg und die deutsche Post

Eine Fahrtenbuchauflage nach § 31a StVZO ist immer lästig und jeder Kfz-Halter, dem sie droht, versucht, ihr zu entgehen. Eins der Hauptargumente, was meist vorgetragen wird, ist: Zeugenfragebogen bei mir nicht angekommen. Mit dem Argument hat sich vorsorglich (war im Verfahren nicht geltend gemacht) jetzt das OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 06.04.2010 – 06.04.2010 auseinander gesetzt und ausgeführt:

Nach summarischer Prüfung spricht auf der Basis der derzeitigen Kenntnislage zudem Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin diesen Zeugenfragebogen auch erhalten hat. Zwar dürfte angesichts des gesetzlichen Ausschlusses in § 2 Abs. 2 Nr. 2 NVwVfG die Regelung des § 41 VwVfG für das Ordnungswidrigkeitenverfahren in Niedersachsen wohl nicht anwendbar und auch zweifelhaft sein, ob ihr ein analogiefähiger Rechtsgedanke zu entnehmen ist (vgl. auch Beschl. d. Bay. VGH v. 10.10.2006 – 11 CS 06.607 – und v. 30.9.2008 – 11 CS 08.1953 -). Im vorliegenden Fall deuten aber verschiedene Indizien darauf hin, dass der Zeugenfragebogen der Antragstellerin tatsächlich zugegangen ist. Zunächst ist – wie dargelegt – davon auszugehen, dass das Schreiben von der Behörde am 18. September 2009 abgesandt worden ist. Dass an die Antragstellerin adressierte Briefe oder andere Schriftstücke auf dem Postweg verloren gegangen wären oder sie nicht erreicht hätten, hat diese weder geltend gemacht noch ist dies anderweitig erkennbar. Auch ein Rücklauf des Schreibens an die Behörde etwa mit dem Vermerk „unzustellbar“ o.ä. ist nicht erfolgt. Darüber hinaus ist hier zu berücksichtigen, ……“

Man kann bzw. das OVG Lüneburg will offenbar den Schluss ziehen bzw. zulassen: Nicht zurückgekommen = angekommen, was bedeutet, dass man zumindest dort den guten Glauben an die deutsche Post (noch) nicht verloren hat. Ich habe ihn verloren, wenn ich bedenke, wie viele meiner Postsendungen nicht ankommen. Und man verliert ihn erst recht, wenn man die „Westfälischen Nachrichten“ vom 12.04.2010 liest und sich auf den „wunderbar“ passenden Beitrag „Rätsel um die verlorenen Briefe von Altenbergerin“ (Anm.: Vorort von Münster) besinnt. Vielleicht sollte man sich den als Verteidiger für vergleichbare Fälle und oder Wiedereinsetzungsfälle usw. ausdrucken. 🙂

Nur zur Abrundung und um Kommentaren vorzubeugen: Ich habe der Entscheidung des OVG entnommen, dass die Ausführungen zum Zugang des Zeugenfragebogens letztlich nicht tragend waren.