Schlagwort-Archiv: OLG Brandenburg

Wiedereinsetzung III: Begründung des Antrags, oder: Angaben zum Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses?

Frist Termin

Und dann kommt hier noch der OLG Brandenburg, Beschl. v. 30.07.2025 – 1 ORbs 134/25. Also Wiedereinsetzung im OWi-Verfahren. Die vom OLG entschiedene – nicht neue – Frage gilt aber auch für das Strafverfahren.

Das AG hat mit Urteil vom 12.03.2025 den Betroffenen in Anwesenheit des Betroffenen und seines Verteidigers wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 500,00 EUR verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Am 03.04.2025 beantragte der Betroffene über seinen Verteidiger Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsbeschwerdefrist. Zur Begründung macht er geltend, sein Verteidiger habe versehentlich einen Schriftsatz aus einem anderen Verfahren an das Bußgeldgericht versandt, versendet werden sollen habe eine Rechtsbeschwerdeschrift. Gleichzeitig zu seinem Wiedereinsetzungsantrag legt der Betroffene Rechtsbeschwerde gegen das Urteil ein, die er mit Anwaltsschriftsatz vom 22.04.2025 begründet.

Das OLG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen:

„1. Die nach § 79 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 und 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG in Verbindung mit § 341 Abs. 1 StPO muss die Rechtsbeschwerde binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. Die Wochenfrist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen das am 12. März 2025, einem Mittwoch, verkündete Urteil endete gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 StPO, § 341 Abs. 1 StPO mit Ablauf des 19. März 2025. Die erst am 03. April 2025 bei Gericht angebrachte Rechtsbeschwerde war sonach verfristet.

2. Die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde kann nicht über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde erweist sich seinerseits als unzulässig.

Gemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 45 Abs. 2 StPO sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Antragsstellung darzulegen und glaubhaft zu machen. Der Antrag muss nicht nur die versäumte Frist und den Hinderungsgrund für ihre Einhaltung darlegen, sondern auch Angaben über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten (vgl. BGH NStZ-RR 2922, 378 f.; OLG Köln NStZ-RR 2002, 142; OLG Düsseldorf VRS 82, 195). Das gilt auch dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht (vgl. BGH a. a. O.). Die Begründung des Antrags erfordert grundsätzlich eine genaue Darlegung und Glaubhaftmachung aller zwischen dem Beginn und dem Ende der versäumten Frist liegenden Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie und gegebenenfalls durch wessen Verschulden es zur Versäumnis gekommen ist. Die mitgeteilten Umstände müssen das Gericht in die Lage versetzen, ohne den Fortgang des Verfahrens verzögernde Ermittlungen über das Gesuch zu entscheiden (vgl. KK-Schneider-Glockzin, StPO. 9. Auflage, zu § 45, Rz. 6 m. w. N.). Diese Angaben sind Zulässigkeitsvoraussetzung für den Wiedereinsetzungsantrag nach § 46 Abs. 1 OWiG, § 45 Abs. 2 StPO.

Diesen Anforderungen genügt das Wiedereinsetzungsgesuch des Betroffenen nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg führt in ihrer Stellungnahme vom 02. Juli 2025 hierzu wird folgt aus:

„Nach § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 StPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine Frist einzuhalten. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Die versäumte Handlung ist nach § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO innerhalb der Antragsfrist von einer Woche nachzuholen.

Der Verteidiger hat vorgetragen, er habe versehentlich einen Schriftsatz aus einem anderen Verfahren versandt. Tatsächlich habe er die Rechtsbeschwerde erklären wollen. Dieser Sachvortrag reicht nicht aus, um einen Ausschluss des Verschuldens und die Einhaltung der Antragsfrist hinreichend glaubhaft zu machen. Der Verteidiger hat nicht vorgetragen, an welchem Tag er die vermeintliche Rechtsbeschwerde abgesandt hat. Es kann deshalb nicht überprüft werden, ob das irrtümlich abgesandte Schreiben innerhalb der nach § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 341 Abs. 1 StPO einzuhaltenden Rechtsmittelfrist von einer Woche abgesandt worden ist. Der Verteidiger hat auch nicht dargelegt, an welchem Tag er den Irrtum bemerkt hat. Ab diesem Tag ist der Wegfall des Hindernisses eingetreten. Die versäumte Handlung ist nach § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 StPO innerhalb einer Woche nachzuholen. Ob der Verteidiger diese Frist eingehalten hat, kann nach seinem Sachvortrag nicht überprüft werden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist ist daher als unzulässig zu verwerfen.“

Diese Ausführungen entsprechen der Sach- und Rechtslage, der Senat schließt sich ihnen an.“

Wenn es schief läuft, läuft es dann aber auch richtig schief. Und das bei einem Urteil mit Fahrverbot. ???

Pflichti II: Zulässigkeit der rückwirkenden Bestellung, oder: OLG Brandenburg bejaht auch

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Im zweiten Posting habe ich dann einen Beschluss zur rückwirkenden Bestellung des Pflichtverteidigers. Es handelt sich um den OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.08.2025 – 1 Ws 77/25 S -, das die rückwirkende Bestellung – als weiteres OLG – als zulässig angesehen hat. Dabei steht allerdings die Begründung des OLG im umgekehrten Verhältnis zur Bedeutung der entschiedenen Frage in der Praxis. Allerdings: Was soll man zu dem Thema auch noch mehr schreiben? Dazu ist ja alles geschrieben, was dazu zu sagen ist. Und hinzu kommt, dass das OLG sich der richtigen Auffassung angeschlossen hat.

Das OLG führt (nur) aus:

„Die Entscheidung über die Beiordnung von Rechtsanwalt pp. als Pflichtverteidiger beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO. Im Hinblick auf die Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung im Anschluss an die Richtlinie 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (RL 2016/1919/EU, ABI. L 297/1 vom 04. November 2016) ist die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers möglich, wenn dessen Bestellung – wie hier – eine wesentliche Verzögerung erfahren hat. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Nürnberg (Beschluss vom 06. November 2020, Ws 962/20, StraFo 2021, 71) an.“

Über den vom OLG Brandenburg in Bezug genommenen OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.11.2020 – Ws 962/20 – hatte ich natrülich auch hier berichtet (vgl. hier: Pflichti IV: Nachträgliche Bestellung, oder: In Bayern – OLG Nürnberg – ordnet man bei – Überraschung).

Ablehnung I: Ablehnungsgrund der Vorbefassung, oder: Ablehnungszeitpunkt

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

In die neue Woche starte ich dann mit StPO-Entscheidungen, und zwar zur Ablehnung (§§ 24 ff. StPO).

Ich beginne mit dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 04.08.2025 – 2 Ws 68/25 – zum Ablehnungsgrund: Mitwirkung an Vorentscheidungen und zum Ablehungszeitpunkt.

Ergangen ist der Beschluss im Strafvollstreckungsverfahren. Der Verurteilte hat die Ablehnung der Vollstreckung einer Einziehung betreffenden Beschluss der Starfvollstreckungskammer mit der sofortigen Beschwerde angegriffen. Die hat das OLG mit Beschluss vom 28.05.2025 zurückgewiesen. Der Verurteilte hat dann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht und mit Schreiben vom 07.07.2025 u.a. erklärt, dass er den Vorsitzenden Richter ablehne. Da dieser das gegen ihn ergangene Urteil, das u.a. auch die Einziehungsforderung zum Gegenstand habe, mitunterschrieben habe, sei seine Mitwirkung „rechtlich nicht richtig“.

Das OLG hat das Ablehnungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen.

„1. Das Ablehnungsgesuch ist unzulässig (§ 26a Abs. 1 StPO), weil das Vorbringen zur Begründung einer Befangenheit völlig ungeeignet ist. Die bloße Mitwirkung eines Richters an Vorentscheidungen stellt nur dann einen Ablehnungsgrund dar, wenn besondere Umstände hinzutreten, die über die bloße Vorbefassung als solche hinausgehen und die Besorgnis rechtfertigen, der Richter sei nicht bereit, sich von seiner bei der Vorentscheidung gefassten Meinung zu lösen (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 67. Aufl. § 24 Rdnr. 12, 13a). Hierzu jedoch ist nichts vorgetragen. Die Antragsbegründung ist deshalb völlig ungeeignet, die Befangenheit des abgelehnten Richters zu belegen und steht daher einem Antrag gleich, in dem kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde.

Darüber hinaus ist die Ablehnung auch deshalb unzulässig, soweit sie sich nicht gegen die Beteiligung an einer zukünftigen, sondern gegen die Mitwirkung an einer vorangegangenen Entscheidung wendet. Entscheidet das Gericht im Beschlusswege, kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO. § 25 Rn. 11). Hieran ändert die vom Verurteilten zuvor beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichtgewährung rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) nichts (vgl. BGH, Beschl. v. 2. März 2022 – 5 ARs 8/21).

2. Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung des rechtlichen Gehörs ist unzulässig, weil er entscheidungserhebliche Tatsachen, die der Senat zu seinem Nachteil nicht berücksichtigt hätte, nicht aufzeigt……“

OWi II: (Entschuldigtes) Ausbleiben des Betroffenen, oder: Entbindungsantrag, Krankheit, Entschuldigung

© Corgarashu – Fotolia.com

Und dann im Mittagsposting Entscheidungen zur Verwerfung des Einspruchs wegen Ausbleibens des Betroffenen und zur Entbindung (§§ 73, 74 OWiG). Das ist sicherlich der verfahrensrechtliche Dauerbrenner im OWi-Verfahren. Ich habe dazu heute drei Entscheidungen, alle kommen vom OLG Brandenburg. Und da die Beschlüsse nichts wesentlich Neues aussagen, stelle ich jeweils nur die Leitsätze vor. Es handelt sich um folgende Beschlüsse:

1. Eine Krankheit stellt einen ausreichenden Entschuldigungsgrund dar, wenn sie nach ihrer Art und nach ihren Wirkungen, insbesondere nach dem Umfang der von ihr ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar erscheinen lässt.

2. Ebenso wenig wie z.B. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung automatisch die Verhandlungsunfähigkeit einschließt, führt nicht jede Erkrankung zur Verhandlungsunfähigkeit eines Betroffenen. Bei der Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit kommt es nicht allein auf die medizinische Schwere einer Gesundheitsstörung an. Entscheidend ist vielmehr, in welchem Ausmaß eine Erkrankung die einem Betroffenen in der konkreten Verfahrenssituation zu gewährleistenden Mitwirkungsmöglichkeiten beeinträchtigt. Für die Klärung dieser Rechtsfrage kommt es allein auf die wirkliche Sachlage an; dem Tatgericht steht dabei kein Ermessensspielraum zu. Es ist gehalten, bei Zweifeln an einem berechtigten Fernbleiben im Termin von Amts wegen im Freibeweis, etwa durch Erkundigungen beim behandelnden Arzt oder durch eine amtsärztliche Untersuchung zu klären, ob das Ausbleiben genügend entschuldigt ist.

1. Ein wirksamer Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG ist an keine bestimmte Form gebunden. Es reicht, dass das Antragsvorbringen erkennen lässt, dass der Betroffene nicht an der Hauptverhandlung teilnehmen will.

2. Der Betroffene ist nach § 73 Abs. 2 OWG von seiner Anwesenheitspflicht zu entbinden, wenn er sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich im Termin nicht äußern werde und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts (beispielsweise zur Klärung der Identität) nicht erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entscheidung über den Entbindungsantrag nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt ist.

1. Soweit bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs grundsätzlich darzulegen ist, was der Betroffene im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, erfährt dies dann eine Ausnahme, wenn gerügt wird, die Verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG beruhe auf einer Missachtung der voraufgegangenen Entbindung des Betroffenen von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung.

2. Ist der Betroffene gemäß § 73 Abs. 1 OWiG von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden worden, muss das Amtsgericht, wenn der Betroffene nicht erscheint, nach § 74 Abs. 1 OWG verfahren und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchführen. Dass ggf. auch der Verteidiger des Betroffenen in der Hauptverhandlung nicht erschienen ist, ist ohne Belang.

 

Sieben Entscheidungen zur Wiedereinsetzung, oder: Überwachung, Fristenkalender, Auskünfte, Verfahren

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Während meines Urlaubs haben sich einige Entscheidungen, die mit Wiedereinsetzungsfragen und/oder dem beA zusammehängen. Einige sind auch in der Woche hinzu gekommen. Ich stelle daher heute diese beiden Bereiche im „Kessel Buntes“ .

Ich starte hier mit den Entscheidungen zur Wiedereinsetzung, und zwar:

Die Überwachungspflicht des Rechtsanwalts, dem die Handakten zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, beschränkt sich nicht nur auf die Prüfung, ob die Berufungsfrist zutreffend notiert ist, sondern erstreckt sich auch auf die ordnungsgemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 19. September 2017 – VI ZB 40/16).

1. Zu den von einem Rechtsanwalt zu treffenden organisatorischen Vorkehrungen zur Vermeidung möglicher Fristversäumnisse – hier: auf die Eintragung in den Fristenkalender bezogener Erledigungsvermerk in der Handakte und Reihenfolge der Eintragung einer Frist zunächst in den Fristenkalender und dann in die Handakte (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 19. September 2017 – VI ZB 40/16, NJW-RR 2018, 58 Rn. 8; vom 29. Juni 2022 – XII ZB 9/22, FamRZ 2022, 1633 und Beschluss vom 6. Februar 2018 – II ZB 14/17; jeweils m.w.N.) sowie Eintragung einer Vorfrist zur Rechtsmittelbegründungsfrist (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 21. Juni 2023 – XII ZB 418/22, NJW-RR 2023, 1284 Rn. 11; vom 24. Oktober 2023 – VI ZB 53/22, NJW-RR 2024, 266 Rn. 9; jeweils m.w.N.).

2. Zum Entfallen der rechtlichen Erheblichkeit eines Anwaltsverschuldens infolge eines späteren, der Partei oder dem Anwalt nicht zuzurechnenden Ereignis (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2016 – XII ZB 684/14, NJW 2016, 1180 ff.; vom 28. Januar 2021 – III ZB 86/19, NJW-RR 2021, 503; vom 22. November 2022 – XI ZB 13/22, NJW 2023, 1224).

Zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs gehört die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 55a Abs. 5 Satz 2 VwGO erteilt wurde.

1. Wird der nach § 73 Abs. 3 OWiG durch einen Verteidiger vertretene Betroffene von jenem verspätet über die Verurteilung in Kenntnis gesetzt, trifft ihn an der Versäumung der Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels ein eigenes Verschulden, wenn er weder seinen Verteidiger mit der Einlegung eines solchen beauftragt noch mit ihm vereinbart hatte, zeitnah über das Ergebnis der Hauptverhandlung unterrichtet zu werden.

2. Die Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist nicht versäumt, wenn der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand form- und fristrecht gestellt, jedoch unzureichend begründet wurde.

1. Der Betroffene hat die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde unverschuldet versäumt, wenn das Versäumnis auf der irrigen Annahme seines Verteidigers beruhte, die Frist begänne im Beschlussverfahren erst mit Zustellung der auf die Rechtsbeschwerde hin nachzuholenden Beschlussgründe zu laufen.

2. Die Begründung eines Beschlusses, mit dem eine Geldbuße festgesetzt wird, muss im Wesentlichen den Anforderungen genügen, die gemäß § 71 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 267 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 3 S. 1 2. Hs. StPO an die Begründung eines nicht freisprechenden Urteils gestellt werden.

Fehlt es erkennbar an Erfolgsaussichten für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den §§ 356a, 47 StPO, so ist kein Aufschub der Vollstreckung nach § 47 Abs. 2 StPO anzuordnen.

1. Die Ablehnung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung darf erst nach Ablauf einer Woche nach der (wirksamen) Zustellung des Urteils erfolgen, weil erst dann Entscheidungsreife vorliegt.

2. Eine verfrühte Entscheidung wäre nur dann unschädlich, wenn sie im Ergebnis zu Recht ergangen wäre und nicht zu besorgen ist, dass der Beschwerdeführer durch sie von einer Einlegung oder (gegebenenfalls ergänzenden) Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgehalten worden ist. Dies ist nur dann auszuschließen, wenn die Verwerfungsentscheidung dem Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Antragsfrist im Sinne von § 329 Abs. 7 S. 1 StPO zugestellt worden ist.

3. Wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung verfrüht verworfen und der Verwerfungsbeschluss zu einem Zeitpunkt zugestellt, in dem die Frist des § 329 Abs. 7 S. 1 StPO noch nicht abgelaufen ist, so beginnt diese Frist erst mit der Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts, durch die der Verwerfungsbeschluss aufgehoben wird.