Im zweiten Posting dann etwas aus dem Strafverfahren, nämlich den OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.05.2025 – 2 Ws 71/25 – zum Anfall der/einer Terminsgebühr nach Abtrennung eines Verfahrens.
Ein Pflichtverteidiger hatte die Festsetzung einer Terminsgebühr für ein Verfahren beantragt, das in einer Hauptverhandlung durch Abtrennung entstanden und sofort nach § 154 Abs. 1 und 2 StPO eingestellt worden war. Die Hauptverhandlung in dem Ursprungsverfahren hat vor einer großen Strafkammer vom 05.04.2024 und bis zum 11.06.2024 stattgefunden. Im Hauptverhandlungstermin am 15.05.2024 beantragte die StA die teilweise Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 und 2 StPO. Nachdem der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatten, hat die Strafkammer während einer Verhandlungsunterbrechung beschlossen, das Verfahren bezüglich einer Tat der Anklage abzutrennen und zugleich gemäß § 154 Abs. 1 und 2 StPO im Hinblick auf die verbliebenen Anklagevorwürfe einzustellen. Dieser Beschluss wurde sodann in der fortgeführten Hauptverhandlung verkündet.
Nach Verurteilung des Angeklagten wegen der restlichen Tatvorwürfe hat der Pflichtverteidiger u.a. die Festsetzung seiner Pflichtverteidigervergütung für das abgetrennte und eingestellte Verfahren beantragt. Dabei machte er eine Terminsgebühr nach Nr. 4114 VV RVG sowie eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG Umsatzsteuer geltend. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Festsetzung dieser Vergütung insgesamt zurück gewiesen. Durch Abtrennung des Verfahrens mit gleichzeitiger Einstellung sei keine Hauptverhandlung erspart worden, so dass der Gebührentatbestand der Nr. 4141 VV RVG nicht greife. Da eine gesonderte Hauptverhandlung nicht stattgefunden habe, sei auch eine Terminsgebühr nicht entstanden.
Gegen den Festsetzungsbeschluss richtete sich die Erinnerung des Pflichtverteidigers. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat dann der Erinnerung nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin bei dem LG teilweise abgeholfen und die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG antragsgemäß festgesetzt. Die Erinnerung im Übrigen ist durch den Einzelrichter zurückgewiesen worden, weil nach der Abtrennung des Verfahrens in dieser Sache eine Hauptverhandlung nicht mehr stattgefunden habe. Dagegen richtet die Beschwerde, die beim OLG keinen Erfolg hatte:
„Der Verteidiger kann in dem abgetrennten und sodann unmittelbar anschließend (zugleich) eingestellten Verfahren keine Terminsgebühr nach Nr. 4114 VV RVG beanspruchen.
Mit zutreffender Begründung, auf die zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, ist dem Beschwerdeführer mit der angefochtenen Entscheidung die beantragte Terminsgebühr nach Nr. 4114 VV RVG für das abgetrennte und gemäß § 154 Abs. 1 und 2 StPO eingestellte Verfahren versagt worden. Die einzige Handlung bzw. Entscheidung der Kammer hat sich nach Abtrennung der Verfahren in der zeitgleich im selben Beschluss tenorierten Einstellung nach § 154 Abs. 1 und 2 StPO in einer Verhandlungspause erschöpft, die weder eine Mitwirkung noch die Anwesenheit der übrigen Verfahrensbeteiligten erforderte und bei der es auch keine Mitwirkung der übrigen Verfahrensbeteiligten gab, so dass keine neben der bereits im führenden Verfahren entstandenen Terminsgebühr zusätzlich zu vergütende Teilnahme des Verteidigers an einem weiteren (Hauptverhandlungs-)Termin im Sinne der Vorbemerkung 4 Abs. 3 VV RVG, Nr. 4108-4109 VV-RVG vorliegt.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht darauf abgestellt, dass vorliegend eine weitere Hauptverhandlung in dem abgetrennten Verfahren nicht mehr stattgefunden hat, sondern dieses bereits mit Verkündung des einheitlichen Beschlusses seine Erledigung gefunden habe.
Zwar gilt der in der Verhandlungspause gefasste und sodann in der Hauptverhandlung verkündete Beschluss als in der Hauptverhandlung erlassen. Es entstand durch die Abtrennung, wie der Beschwerdeführer zutreffend vorträgt, auch eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit.
Die erfolgreiche Geltendmachung einer weiteren Terminsgebühr erfordert indes eine eigenständige Hauptverhandlung in der abgetrennten Sache, die vorliegend ersichtlich nicht stattgefunden hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 6. September 2016 – 1 Ws 348/16 –, Rn. 8 – 11, juris m.w.N.; Schneider/Volpert RVG, Rn 19 zu VV 4108-4111; Burhoff/Volpert RVG Straf- und Bußgeldsachen Teil A).
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Entscheidung des LG Bremen vom 13. Juni 2012 (5 Qs 146/12) beruft, lag dieser Fall insoweit anders, als nach Abtrennung des Verfahrens die Einstellung desselben gesondert und nicht im selben Beschluss (gleichzeitig), wie im vorliegenden Fall, erfolgte.“
Die Entscheidung dürfte im Ergebnis zutreffend sein. Allerdings kann man m.E. bezweifeln, ob mit der Abtrennung des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 und 2 StPO, wovon das OLG ausgeht, eine neue Angelegenheit entstanden ist. Denn es dürfte sich bei den Vorwürfen in dem abgetrennten Verfahren immer noch um Vorwürfe handeln, die auch Gegenstand des Gesamtverfahrens war. Die Frage spielt allerdings für die vom OLG entschiedene Frage, ob in dem abgetrennten Verfahren auch noch eine Terminsgebühr entstanden ist, keine Rolle, denn das OLG hat die Frage mit einer anderen Begründung verneint, nämlich, dass eine eigenständige Hauptverhandlung in dem abgetrennten Verfahren nicht mehr durchgeführt worden ist. Das dürfte zutreffend sein, denn das Verfahren war mit der Abtrennung und der Verkündung der Einstellungsentscheidung beendet. Insofern ist die Formulierung des OLG, der in der Verhandlungspause gefasste und sodann in der Hauptverhandlung verkündete Beschluss gelte als in der Hauptverhandlung erlassen, wenn nicht widersprüchlich, dann aber zumindest missverständlich, es sei denn das OLG meint, dass der Abtrennungs-/Einstellungsbeschluss in der fortgeführten Hauptverhandlung des Ursprungsverfahrens erlassen worden ist.
Geht man davon aus, dass die Annahme des OLG – eigenständige Angelegenheit „abgetrenntes Verfahren“ zutreffend ist, ist auch die Gewährung der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG durch die Urkundsbeamtin im Erinnerungsverfahren zutreffend. Allerdings hätte dann m.E. ggf. auch noch eine Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG für das abgetrennte Verfahren gewährt werden können/müssen. Deren Festsetzung war aber vom Pflichtverteidiger nicht beantragt, so dass sich dazu weder die Urkundsbeamtin, noch das LG oder das OLG äußern mussten.