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SV II: Reststrafaussetzung zur Bewährung durch StVK , oder: Mündliche Anhörung des SV erforderlich?

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Im zweiten Posting etwas zum Sachverständigen im Verfahren betreffend die Strafaussetzung zur Bewährung, und zwar den OLG Celle, Beschl. v. 29.04.2024 – 1 Ws 126/24.

Der Verurteilte wurde am 13.06.2022 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zwei Drittel der Strafe waren am 06.042024 vollstreckt, die Endstrafe ist auf den 07.042025 notiert. Die StVK hat zur Prüfung einer Aussetzung des Strafrestes nach § 57 Abs. 1 StGB ein Sachverständigengutachten eines Diplom-Psychologen eingeholt. Dieser hat – im Gegensatz zur Stellungnahme der JVA – eine vorzeitige Entlassung des Verurteilten im Ergebnis befürwortet. Zur mündlichen Anhörung des Verurteilten am 03.04.2024 wurde der Sachverständige zunächst geladen, nach Verzicht der Verteidigerin auf seine mündliche Anhörung aber wieder abgeladen. Im Anhörungstermin hat auch der Verurteilte selbst darauf verzichtet, den Sachverständigen mündlich zu hören.

Die StVK hat dann die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte:

„Die gemäß §§ 454 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 311 StPO zulässige sofortige Beschwerde hat – jedenfalls vorläufig – Erfolg.

1. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer war bereits deswegen aufzuheben, weil sie an einem wesentlichen Verfahrensfehler leidet. Denn die Strafvollstreckungskammer hat zu Unrecht von einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen abgesehen.

a) Gemäß § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO ist im Falle der Einholung eines Prognosegutachtens vor einer Entscheidung über die Aussetzung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung der Sachverständige mündlich anhören. Von der Anhörung darf gemäß § 454 Abs. 2 Satz 4 StPO nur abgesehen werden, wenn sowohl der Verurteilte und sein Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

b) Die Voraussetzungen des § 454 Abs. 2 Satz 4 StPO lagen nicht vor, weil die Staatsanwaltschaft nicht auf die Sachverständigenanhörung verzichtet hat.

Die Strafvollstreckungskammer hat in ihrer Verfügung vom 6. Februar 2024, mit der die Akten der Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme vom Gutachten übersandt wurden, auch nach einem Verzicht auf die mündliche Anhörung des Sachverständigen gefragt. Zu dieser Frage hat sich die Staatsanwaltschaft aber weder in ihrer Rücksendeverfügung vom 13. Februar 2024, mit der sie auf ihre frühere Stellungnahme Bezug nahm, noch später geäußert.

Ein konkludenter Verzicht der Staatsanwaltschaft liegt ebenfalls nicht vor. Das bloße Schweigen auf eine Zuschrift des Gerichts genügt für die Annahme eines Verzichts nicht, denn der Verzicht auf die mündliche Anhörung muss eindeutig erklärt werden (OLG Braunschweig, Beschluss vom 5. Oktober 2023 – 1 Ws 206/23 –, Rn. 9, juris, m. w. N.). Auch dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft nicht am Anhörungstermin teilgenommen hat, kann jedenfalls unter den vorliegenden Umständen eine solche eindeutige Erklärung nicht entnommen werden, weil der Staatsanwaltschaft aufgrund der Ladungsverfügung vom 27. Februar 2024 keine Terminsnachricht übersandt und sie auch über die spätere Abladung des Sachverständigen nicht informiert wurde.

c) Darüber hinaus begegnet das Absehen von einer mündlichen Anhörung des Sachverständigen im vorliegenden Fall auch unter dem Gesichtspunkt der gerichtlichen Aufklärungspflicht durchgreifenden Bedenken.

Die Pflicht zur bestmöglichen Aufklärung des Sachverhalts kann auch in Fällen, in denen der Sachverständige nicht gemäß § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO mündlich zu hören ist, seine mündliche Anhörung erfordern (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 04.08.2015 – 1 Ws 319/15, beck-online). Denn die Anhörung dient nicht nur der Verwirklichung rechtlichen Gehörs, sondern soll vor allem die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vorbereiten und ihre materielle Richtigkeit gewährleisten (vgl. OLG Braunschweig, a. a. O.). Die mündliche Erörterung eines solchen Gutachtens in Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten gibt diesen Gelegenheit, das Sachverständigengutachten eingehend zu diskutieren, das Votum des Sachverständigen zu hinterfragen und zu dem Gutachten Stellung zu nehmen (OLG Braunschweig a. a. O.).

Angesichts der grundlegenden unterschiedlichen Prognosebeurteilungen der Justizvollzugsanstalt einerseits und des Sachverständigen andererseits wäre eine solche eingehende Erörterung des Gutachtens – unter Mitwirkung der Vollzugsanstalt (§ 454 Abs. 3 Satz 3 StPO) – im vorliegenden Fall geboten gewesen, nachdem die Justizvollzugsanstalt nach Vorlage seines Gutachtens noch eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und darin ihre bisherige Beurteilung bekräftigt und vertiefend begründet hat.“

Strafe III: Verstoß gegen Weisung: Therapiemaßnahme, oder: Widerruf nur nach Anhörung

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Und zum Abschluss dann der OLG Celle, Beschl. v. 26.02.2024 – 1 Ws 69/24, 1 Ws 70/24, 1 Ws 71/24 – zum Widerruf von Strafaussetzung. Na ja, der Beschluss hat zumindest etwas mit Strafe zu tun. Es geht um einen Bewährungswiderruf wegen Verstoßes gegen eine Therapieweisung. Den hat das OLG aufgehoben:

„Der angefochtene Beschluss ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil das Vorgehen der Strafvollstreckungskammer den Anforderungen an die Anhörung des Verurteilten nicht gerecht wird.

Vor einem Widerruf der Strafaussetzung wegen Weisungsverstößen hat das Gericht gemäß § 453 Abs. 1 Satz 4 StPO mündlich anzuhören, wenn eine weitere Aufklärung des Sachverhalts möglich erscheint und schwerwiegende Gründe nicht entgegenstehen. Seine spätere Entscheidung über den Widerruf darf das Gericht nur auf solche Tatsachen stützen, die bereits Gegenstand der Anhörung waren. Holt das Gericht nach der Anhörung telefonisch weitere Informationen ein, muss es den Verurteilten zu diesen neuen Erkenntnissen erneut anhören (KG, Beschluss vom 6. März 2017 – 5 Ws 25/17 – 121 AR 13 – 14/17 –, Rn. 10, juris, m. w. N.).

Diesen Anforderungen hält das Vorgehen der Strafvollstreckungskammer nicht stand. Die Strafvollstreckungskammer stützt sich in der Begründung ihres Widerrufsbeschlusses ausdrücklich darauf, dass der Verurteilte auch nach dem Anhörungstermin keinen weiteren Kontakt zur Bewährungshilfe aufgenommen und keine Therapienachweise vorgelegt hat. Sie bezieht sich dabei auf Erkenntnisse aus dem Telefonat mit der Bewährungshelferin vom 3. Januar 2024, das erst nach dem Anhörungstermin vom 18. Dezember 2023 erfolgt ist und zu dessen Inhalt dem Verurteilten keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dieser Gehörsverstoß zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat. Wenn die Strafvollstreckungskammer ihm erneut Gelegenheit zur Äußerung gegeben hätte, hätte er insbesondere die Nachweise über seinen Klinikaufenthalt seit dem 19. Dezember 2023 vorlegen und gegebenenfalls mündlich erläutern können. Dies hätte die Strafvollstreckungskammer zu der Bewertung führen können, dass seine Untätigkeit nach der Anhörung am 18. Dezember 2023 unverschuldet gewesen sein könnte.

Dem Anhörungsschreiben vom 20. November 2023 konnte der Verurteilte im Übrigen nicht entnehmen, dass der Widerruf auch auf das Fehlen von Therapienachweisen gestützt werden könnte. Denn dieses bezog sich nur darauf, dass sich der Verurteilte der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin entzogen habe. Es ist nicht auszuschließen, dass der Verurteilte auch auf ein insoweit vollständiges Anhörungsschreiben anders reagiert und gegebenenfalls seine Gründe für die Weisungsverstöße schriftlich oder mündlich erläutert hätte.“

StPO I: Ordnungsmittel in der Hauptverhandlung, oder: Begründung, Anhörung, Protokollierung

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Und heute dann StPO-Entscheidungen, und zwar OLG und LG.

Ich starte mit zwei OLG-Entscheidungen zu Ordnungsmitteln in der Hauptverhandlung und zu den damit zusammen hängenden Verfahrensfragen, einer kommt aus dem Norden, einer aus dem Süden. Ich stelle hier nur die jeweiligen Leitsätze vor, und zwar:

1. Die gemäß § 182 GVG in das Sitzungsprotokoll aufzunehmende Entscheidung nach § 178 GVG bedarf grundsätzlich gemäß § 34 StPO einer Begründung. Das Fehlen einer Begründung ist unschädlich, wenn auf Grund der gemäß § 182 GVG erforderlichen Protokollierung des den Beschluss veranlassenden Geschehens für den Betroffenen der Anordnungsgrund außer Zweifel steht und auf dieser Grundlage für das Beschwerdegericht die Festsetzung des Ordnungsgeldes in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht dem Grunde und der Höhe nach überprüfbar ist.

2. Vor Festsetzung eines Ordnungsmittels ist einem Betroffenen mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG, § 33 Abs. 1 StPO grundsätzlich rechtliches Gehör zu gewähren. Davon kann allerdings abgesehen werden, wenn dem Gericht mit Rücksicht auf Intensität oder Art der Ungebühr eine solche Anhörung nicht zugemutet werden kann, etwa wenn Ungebühr und Ungebührwille völlig außer Frage stehen und eine Anhörung nur Gelegenheit zu weiteren Ausfälligkeiten gäbe.

    1. Soll Ordnungshaft wegen Ungebühr angeordnet werden, muss der Sachverhalt im Protokoll gemäß § 182 GVG so deutlich dargestellt werden, dass das Beschwerdegericht nachprüfen kann, ob eine Ungebühr vorlag. Die Niederschrift muss ein so deutliches Bild von dem Vorgang geben, dass der Grund und die Höhe der Sanktion in der Regel ohne weiteres nachzuprüfen sind.

    2. Grundsätzlich ist dem, gegen den ein Ordnungsmittel festgesetzt werden soll, vorher rechtliches Gehör zu gewähren, Art. 103 Abs. 1 GG.

    3. Die Verhängung von Ordnungsmitteln steht unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.

Pflichti II: AG kickt den Verteidiger „vorschnell“ raus, oder: Und was ist mit dem Vertrauensschutz?

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Und als zweite Entscheidung dann eine Entscheidung des LG Halle. Gestritten worden ist um die Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung durch das AG Merseburg. Das hatte im dem von der Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten ursprünglich wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Halle eingeleiteten Ermittlungsverfahren am 25.02.2022 den Kollegen Siebers aus Braunschweig, der mir die Entscheidung geschickt hat, gem. § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO bei geordnet, weil dem Angeklagten ein Verbrechen zur Last gelegt wurde.

Mit Verfügung vom 27.03.2023 stellte die Halle das Verfahren dann gem. § 170 Abs. 2 StPO ein, soweit ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht kam. Gleichzeitig beantragte sie beim AG Merseburg den Erlass eines Strafbefehls bezüglich des Besitzes von 1,07 Gramm Marihuana gem. §§ 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 33 BtMG.

Das AG Merseburg erließ den Strafbefehl am 05.04.2023. Hiergegen legte der Angeklagte rechtzeitig Einspruch ein. Nach erfolgter Akteneinsicht meldete der Kollege sich beim AG, wobei er u. a. auf eine Verfahrenseinstellung gemäß § 153 StPO hinzuwirken versuchte sowie Kritik an der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft, wegen der o. g. Tat einen Strafbefehl zu beantragen („steuergeldverschwendendes Verfahren“), übte.

Mit Beschluss vom 15.12.2023 hat das AG – ohne vorherige Anhörung der Verfahrensbeteiligten – die Beiordnung auf gehoben, weil kein Fall der notwendigen Verteidigung gem. § 140 Abs. 1 StPO mehr gegeben sei. Gleichzeitig bestimmte das AG Hauütverhandlungstermin auf den 26.03.2024.

Der Kollege hat gegen den die Pflichtverteidigerbestellung aufhebendeb Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt, die Erfolg hatte. Das LG Halle mit dem LG Halle, Beschl. v. 15.02.2024 – 3 Qs 11/24 – die AG-Entscheidung aufgehoben:

„Gemäß § 143 Abs. 2 S. 1 StPO kann die Bestellung eines Pflichtverteidigers aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. Dies ist anzunehmen, wenn sich im Lauf des Verfahrens ergibt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen, die zur Annahme eines Falles der notwendigen Verteidigung im Sinne von § 140 Abs. 1 Nr. 1 bis 10, Abs. 2 StPO geführt haben, nicht mehr gegeben sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmidt, StPO, 66. Auflage, § 143 Rn 3).

Dies ist zwar vorliegend, nachdem die Staatsanwaltschaft der Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eingestellt hat, mittlerweile der Fall. Seit dem 27. März 2023 wird dem Angeklagten kein Verbrechen mehr vorgeworfen, sodass kein Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO mehr vorliegt.

Allerdings steht die Aufhebung der Bestellung im Ermessen des Gerichts („Kann-Bestimmung“). Dem liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass Aspekte des Vertrauensschutzes trotz Wegfalls der Voraussetzungen einer Pflichtverteidigerbestellung die Fortdauer der Beiordnung rechtfertigen können (vgl. BT-Drucks. 19/13829, S. 45; KG Berlin, Beschl. vom 15.5.2020 – 5 Ws 65/20, BeckRS 2020, 36749).

Den Gründen des angegriffenen Beschlusses ist indes nicht zu entnehmen, dass sich das Amtsgericht seines Ermessensspielraums bewusst gewesen ist. Dies folgt unter anderem aus der vom Gericht in den Gründen des Beschlusses verwendeten Formulierung, dass die Bestellung aufzuheben „ist“. Die Verwendung des Verbes „ist“ impliziert ohne nähere Begründung, dass die Aufhebung der Beiordnung als Automatismus in dem Fall, dass die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung nicht mehr vorliegen, verstanden worden ist. Ein solcher Automatismus besteht hier aber gerade nicht.

Die fehlende Ermessensausübung des Amtsgerichts zwingt im vorliegenden Fall jedoch nicht zu einer Zurückverweisung der Sache, vielmehr kann die Kammer selbst in der Sache entscheiden. Eine Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht kommt nur in eng begrenzen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. Meyer-Goßner/Schmidt, a.a.O., § 309 Rn 7), welche die Kammer hier nicht annimmt. Grundsätzlich hat das Beschwerdegericht gemäß § 309 Abs. 2 StPO eine eigene Sachentscheidung zu treffen, wobei an die Stelle des Ermessens des Erstgerichts das Ermessen des Beschwerdegerichts tritt (vgl. Münchener Kommentar zur StPO, 1. Auflage, § 309 Rn 28).

Dies führt zur Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Merseburg vom 15. Dezember 2023, da der Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 143 Abs. 2 S. 1 StPO ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten entgegen steht.

Seit der Teileinstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft – durch die die Voraussetzung des § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO weggefallen ist – bis zur Entscheidung des Amtsgerichts, die Pflichtverteidigerbestellung aufzuheben, sind knapp acht Monate vergangen, in denen weder das Gericht noch die Staatsanwaltschaft den Wegfall der Voraussetzung der notwendigen Verteidigung jemals problematisiert haben. Vielmehr hat der Verteidiger des Angeklagten in dieser Zeit weiterhin Tätigkeiten für ihn im dem Verfahren entfaltet, insbesondere versucht, auf eine Einstellung gem. § 153 StPO hinzuwirken. Staatsanwaltschaft und Gericht haben auf diese Tätigkeiten jeweils – beispielsweise mit der Veranlassung der Einholung eines Substanzgutachtens – reagiert, ohne zu erkennen zu geben, dass eine Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung in Betracht kommen könnte. Erst im unmittelbaren Zusammenhang mit der Terminierung der Hauptverhandlung für den 26. März 2024 hat das Amtsgericht – ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor anzuhören – die Bestellung aufgehoben. Durch das der Aufhebung vorhergehende Verhalten hat das Amtsgericht jedoch ein schutzwürdiges Vertrauen des Angeklagten dahingehend geschaffen, dass die einmal getroffene Entscheidung der Beiordnung auch unter den nach der Teileinstellung geänderten Umständen aufrechterhalten bleiben soll. Aufgrund dessen war der Aufhebungsbeschluss des Amtsgerichts aufzuheben, sodass die Pflichtverteidigerbeiordnung fortdauert.“

Na ja: Erst das Verfahren einstellen und dann nach acht (!) Monaten sagen, dass die Beiordnungsgründen weggefallen sind und dann ohne Anhörung entpflichten, geht natürlich nicht. M.E. spricht viel dafür, dass das AG den möglicherweise „unbequemen“ Verteidiger „los werden wollte, da der ja schon mit „steuergeldverschwendendes Verfahren“ gegen den Strafbefehl gewettert hatte. Das versprach „Stimmung“ in der Hauptverhandlung, auf die das AG dann wohl keinen Bock hatte. Und schwupps, war der Verteidiger entpflichtet. Aber ebenso schwupps hat das LG Halle die Entscheidung aufgehoben, was m.E. richtig ist/war. Das AG draf sich dann jetzt auf die Hauptverhandlung freuen.

Vollstreckung I: Teilnahme am Anhörungstermin, oder: (Wirksamer) Teilnahmeverzicht des Verurteilten?

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Und heute dann drei Entscheidungen aus Vollzug und Vollstreckung.

Zunächst hier zwei verfahrensrechtliche Entscheidungen zur Anhörungs(pflicht), wenn es um den weiteren Vollzug einer Maßregel geht, und zwar:

In der Ablehnung der Teilnahme eines Verurteilten an einem Anhörungstermin kann ein ausdrücklicher Verzicht im Sinne des § 454 Abs. 2 Satz 4 StPO nicht erblickt werden.

Beruht ein Verzicht eines Untergebrachten in einem psychiatrischen Krankenhaus auf eine persönliche mündliche Anhörung im Gericht allein auf schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen (hier: Gefahr des Eintritts eines akuten psychiatrischen Notfalls durch die Anhörung außerhalb der Klinik), so liegt kein freiwilliger Verzicht vor. Die Strafvollstreckungskammer muss dann – in Ermangelung anderer Alternativen – den Untergebrachten ggf. in der Klinik mündlich anhören.