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Wenn schon, denn schon, oder: Mal wieder was zur Videomessung – OLG Brandenburg rügt AG wegen zu knapper Feststellungen

Das OLG Brandenburg hatte sich ja schon zur Frage der Ermächtigungsgrundlage bei der Videomessung geäußert, vgl. hier. Nun hat es Stellung dazu genommen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.04.2010 – 1 Ss (OWi) 68 Z/10), wie die Urteilsgründe in diesen Fällen beschaffen sein müssen und ausgeführt, dass zur Prüfung der Frage, ob eine Videoüberwachungsmaßnahme im Straßenverkehr eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hat, es einer nachvollziehbaren Darlegung der Überwachungsmaßnahme in den Urteilsgründen bedarf. Das ist im Grunde die Fortführung der Rechtsprechung des BGH zum standardisierten Messverfahren. Da will die Rechtsprechung auch wissen, welches Messverfahren verwandt worden ist.

Im Übrigen: Deutliche Worte des OLG zur Qualität der amtsgerichtlichen Entscheidung.

Nichts Neues an der „Fahrverbotsfront“ – OLGs bestätigen nur alte Rechtsprechung

Nicht selten beherrschen bestimmte Themen die Rechtsprechung eine Zeit lang und dann versinken sie wieder in der Vergessenheit. So werden wir es mit der Rechtsprechung zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme nach § 81a Abs. 2 StPO erleben, so wird es mit der Videomessung sein. Und so ist es in der Vergangenheit für die Rechtsprechung zum Fahrverbot zu beobachten gewesen. Nach den „großen“ Entscheidungen des BGH in BGHSt 39 und BGHSt 43 haben sich die OLGs mit der Umsetzung der Vorgaben des BGH beschäftigt, jetzt ist m.E. weitgehend Ruhe eingekehrt und es wird derzeit nur an Kleinigkeiten „gefeilt“ bzw. „alte“ Rechtsprechung bestätigt.

Ein schönes Beispiel ist dafür der Beschluss des OLG Düsseldorf v. 05.03.2010 – IV-3 RBs 36/10, über den auch schon der Beck-Blog berichtet hat. Die Entscheidung bringt zum Fahrverbot nichts Neues, sondern nur die Bestätigung der weitgehend einhelligen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (nur der 3. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm hat das [früher] anders gesehen), wonach sich aus dem tatrichterlichen Urteil ergeben muss, dass der Tatrichter die sog. Möglichkeit gesehen hat (so haben wir es im 2. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm immer genannt), nämlich, dass er auch allein gegen eine Erhöhung der Geldbuße vom Fahrverbot absehen kann. Eine Möglichkeit, von der in der Praxis m.E. leider viel zu wenig Gebrauch gemacht wird.

Poliscan Speed: Standardisiert? OLG Karlsruhe lässt die Frage offen…

Wir hatten ja vorgestern über die Entscheidung des OLG Düsseldorf zu PoliscanSpeed berichtet (vgl. hier). Jetzt hat auch das OLG Karlsruhe dazu Stellung genommen (vgl. Beschl. v. 17.02.2010, 1 (8) SsBs 276/09-AK 79/09. Das OLG Karlsruhe geht aber einen anderen Weg, obwohl auch hier der Betroffene keinen Erfolg hatte. Es lässt die Frage: standardisiert ja oder nein? offen, und setzt sich mit der Messung im Einzelfall auseinander. Insoweit hatte der Amtsrichter nach Auffassung des OLG ausreichende Feststellungen getroffen. Anders als das AG Dillenburg zieht das OLG aus der mangelnden Überprüfbarkeit keine Folgerungen. Na ja, man hat so ein wenig den Eindruck, dass „man“ irgendwie dieses Messverfahren retten will. Siehe auch noch AG Solingen und sowie AG Lübben

BVV nach Fehler bei der Blutentnahme, aber dennoch verurteilt

Inzwischen liegt die 2. Entscheidung des OLG Oldenburg zum Beweisverwertungsverbot bei einem Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 stPO vor (Beschl. v. 1 Ss 183/09), allerdings zunächst mal nur als Pressemitteilung des Gerichts (vgl. PM v. 24. 11. 2009). In der Sache hatte die Revision des Angeklagten zwar keinen Erfolg, weil in der Revisionsbegründung nichts dazu vorgetragen worden war, ob der Angeklagte mit der Blutentnahme einverstanden war. Gleichzeitig stellte der 1. Strafsenat jedoch klar, dass die Polizei den Richtervorbehalt zu beachten hat und vor der Entnahme einer Blutprobe gegen den Willen eines Verdächtigen versuchen muss, den zuständigen Richter zu erreichen. Die Polizei darf von der Einholung eines richterlichen Beschlusses nicht absehen, weil dies in einer innerdienstlichen Weisung allgemein so vorgesehen ist. In einem solchen Fall kann dann das Blutalkoholgutachten nicht als Beweismittel verwertet werden.
Was lernt man daraus:

  1. Die Diskussion um das Beweisverwertungsverbot ist noch lange nicht am Ende:
  2. Es kommt mitentscheidend für den Erfolg des Rechtsmittels auf seine Begründung an. Daran stellen die Gerichte hohe Anforderungen.

PoliScanSpeed-Messverfahren genügt rechtsstaatlichen Anforderungen (noch) nicht

Im Newsletter der Verkehrsrechtsanwälte wird auf eine Entscheidung des AG Dillenburg hingewiesen. Im Newsletter heißt es dazu.

„In seinem Beschluss vom 2. Oktober 2009 – Az: 3 OWi 2 Js 54432/09 – der noch nicht rechtskräftig ist, vertritt das Amtsgericht Dillenburg die Auffassung, dass das PoliScanSpeed-Messverfahren auf den Stand der Technik nachgerüstet werden müsse, um eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle des Sachverständigen zu ermöglichen. Es genüge momentan rechtsstaatlichen Anforderungen noch nicht. Jeder Bürger, der seit dem 01.02.2009 zum Teil drastisch erhöhte Bußgelder für Geschwindigkeitsübertretungen zahlen müsse, habe einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf die nachträgliche Richtigkeitskontrolle der ihm zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretung. Das AG Dillenburg hat, da dies momentan bei Messungen des PoliScanSpeed-Verfahrens nicht gegeben ist, den Betroffenen freigesprochen.“

Ganz interessante Entscheidung!