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OWi I: Nachträgliche Überprüfbarkeit der Messung, oder: Bei Widerspruch in der HV kein Zwischenbescheid

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Urheber KarleHorn

Ich setze die Berichterstattung dann heute mit einem OWi-Tag fort, und zwar zunächst mit dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.02.2022 – 2 RBs 25/22.

Das AG hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Der Einzelrichter hat die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit zur Fortbildung des Rechts zugelassen und hat die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. Der Betroffene hatte die Sachrüge erhoben und verfahrensrechtlich beanstandet, dass das mit dem Laserscanner PoliScan FM1 (Softwareversion 4.4.9) ermittelte Messergebnis mangels Speicherung von Messdaten einem Beweisverwertungsverbot unterliege und das AG den dazu durch den Verteidiger zu Beginn der Hauptverhandlung angebrachten Widerspruch weder in der Sitzung noch in den Urteilsgründen beschieden habe. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde verworfen:

„1. Die in zulässiger Weise erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a) Der Senat und andere Oberlandesgerichte haben bereits mehrfach entschieden, dass der Messvorgang nicht rekonstruierbar sein muss und die Verwertbarkeit des Messergebnisses nicht von der nachträglichen Überprüfbarkeit anhand gespeicherter Messdaten abhängt (vgl. Senat BeckRS 2020, 4049; OLG Köln BeckRS 2019, 23786; OLG Oldenburg BeckRS 2019, 20646; OLG Schleswig BeckRS 2019, 33009; BayObLG NZV 2020, 322 = BeckRS 2019, 31165; OLG Karlsruhe BeckRS 2020, 29; OLG Hamm BeckRS 2020, 550; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 1077; BeckRS 2020, 3291; BeckRS 2020, 4369; BeckRS 2020, 4376; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104; OLG Bremen BeckRS 2020, 5935; NStZ 2021, 114 = BeckRS 2020, 5965; OLG Jena BeckRS 2020, 24234; KG Berlin BeckRS 2019, 41508; BeckRS 2020, 6521; BeckRS 2020, 18283; OLG Dresden NJW 2021, 176; a. A. VerfGH Saarland NJW 2019, 2456 = NZV 2019, 414).

An den in diesen Entscheidungen dargelegten Argumenten wird festgehalten. So besteht die Möglichkeit einer nachträglichen Überprüfung anhand gespeicherter Messdaten etwa auch nicht bei der als standardisiertes Messverfahren anerkannten Geschwindigkeitsmessung mit dem nicht dokumentierenden Lasermessgerät Riegl FG 21-P („Laserpistole“). Auch kennen andere Messmethoden wie etwa die Verwendung von digitalen Waagen, Entfernungsmessern, Thermometern und Geräten zur Bestimmung der Atemalkoholkonzentration in der Regel keine Speicherung von Messdaten, ohne dass Gerichte oder der Gesetzgeber (vgl. § 24a Abs. 1 StVG für die Atemalkoholkonzentration) deshalb zur Annahme eines rechtsstaatlichen Defizits gelangt wären.

b) Der Widerspruch, den der Verteidiger zu Beginn der Hauptverhandlung gegen die Verwertung des mit dem Laserscanner PoliScan FM1 (Softwareversion 4.4.9) ermittelten Messergebnisses angebracht hat, bedurfte keiner Bescheidung durch das Amtsgericht, so dass insoweit weder das rechtliche Gehör versagt noch der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt wurde.

Nach der sog. Widerspruchslösung der Rechtsprechung besteht kein Beweisverwertungsverbot, wenn der verteidigte oder insoweit richterlich belehrte Angeklagte der Beweisverwertung nicht bis zu dem in § 257 Abs. 1 StPO genannten Zeitpunkt widerspricht (vgl. statt vieler: BGH NStZ 2006, 348; NStZ 1997, 502; OLG Hamm NJW 2009, 242). Fehlt es an einem solchen Widerspruch, führt dies für die Revision zur Rügepräklusion (vgl. BGH NJW 2015, 265, 266; NJW 2018, 2279; OLG Celle NStZ 2014, 118, 119). Die Widerspruchsobliegenheit besteht auch im Bußgeldverfahren (vgl. Senat BeckRS 2019, 25099 = DAR 2020, 209; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 4261; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104).

Wird in der Hauptverhandlung seitens der Verteidigung Widerspruch gegen die Verwertung eines Beweismittels erhoben, ist ein Zwischenbescheid, in dem sich das Tatgericht zur Frage eines Beweisverwertungsverbots äußern müsste, nicht vorgesehen, wenn auch nicht unzulässig (vgl. BGH NStZ 2007, 719; nachfolgend in der derselben Sache: BVerfG BeckRS 2009, 140731). Der Widerspruch dient der Vermeidung der Rügepräklusion und soll dem Tatgericht in der Hauptverhandlung verfahrensfördernd die Möglichkeit und Veranlassung geben, dem gerügten Verfahrensfehler freibeweislich nachzugehen (vgl. BGH NJW 2007, 3587, 3589; NJW 2018, 2279, 2280). Ein solcher Aufklärungsbedarf bestand vorliegend nicht, da die tatsächlichen Gegebenheiten des hier verwendeten Messverfahrens (Laserscanner PoliScan FM1, Softwareversion 4.4.9) bekannt sind. Zudem hatte der Verteidiger selbst ein Privatgutachten vorgelegt, das sich grundsätzlich mit diesem Messgerätetyp nebst neuer Softwareversion wie auch mit der konkreten Messung befasste.

Im Übrigen konnte sich der Verteidiger – der Betroffene war nach Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen selbst nicht anwesend – auch ohne ausdrückliche Erklärung des Amtsgerichts auf das weitere Verfahren einstellen. Denn es hat das Messergebnis (Messprotokoll, Datenfeld des Messfotos, XML-Datei) nach Erhebung des Widerspruchs in die Hauptverhandlung eingeführt, was darauf schließen ließ, dass es diese Beweismittel auch unter Berücksichtigung des Widerspruchs und dessen Begründung verwerten wollte.

Auch in dem schriftlichen Urteil musste das Amtsgericht den Widerspruch nicht bescheiden. Ausführungen zur Verwertbarkeit von Beweismitteln sind in § 267 StPO nicht vorgesehen und von Rechts wegen nicht geboten (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 244; NJW 2009, 2612, 2613). Welches Messverfahren verwendet wurde, ist in dem Urteil festgestellt worden. Anders als etwa im Falle der Beanstandung einer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung bedurfte es im Hinblick auf das geltend gemachte Beweisverwertungsverbot keiner weiteren Sachaufklärung. Durch die Verwertung des Messergebnisses hat das Amtsgericht inzident klar zum Ausdruck gebracht, dass es den zur Kenntnis genommenen Widerspruch nicht für durchgreifend erachtet hat und der oben zitierten Rechtsprechung des übergeordneten Senats wie auch zahlreicher anderer Oberlandesgerichte gefolgt ist. Ein Erkenntnisgewinn für den Verteidiger, dem diese Rechtsprechung ohnehin bekannt ist, hätte sich nicht ergeben, wenn der Widerspruch in den Urteilsgründen unter Hinweis auf einige Fundstellen der ständigen OLG-Rechtsprechung ausdrücklich beschieden worden wäre.

Bei dem Widerspruch handelt es sich um eine den Betroffenen bzw. Verteidiger treffende Obliegenheit, deren Erfüllung Voraussetzung für die Verfahrensrüge in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist. Das Amtsgericht konnte sich zu dem Widerspruch äußern, musste dies aber nicht. Ein Verwertungswiderspruch ist unter den Gesichtspunkten des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens nicht einem Antrag gleichzustellen, den das Tatgericht zu bescheiden hat (z. B. Beweisantrag, Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung)…..“

Anmerkung:

1. Zur nachträglichen Überprüfbarkeit entspricht der Beschluss der h.M. in der Rechtsprechung der OLG. Man wird sehen, was das BVerfG – hoffentlich bald – dazu sagt.

2. Zur Widerspruchslösung ist die Entscheidung ebenfalls wohl zutreffend. Allerdings ist insoweit anzumerken, dass der Obersatz des OLG: „Nach der sog. Widerspruchslösung der Rechtsprechung besteht kein Beweisverwertungsverbot, wenn der verteidigte oder insoweit richterlich belehrte Angeklagte der Beweisverwertung nicht bis zu dem in § 257 Abs. 1 StPO genannten Zeitpunkt widerspricht“ zumindest missverständlich ist. Die Frage des Widerspruchs hat nämlich nichts mit dem Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes zu tun. Sondern: Das Beweisverwertungsverbot besteht, nur muss der Betroffene es auch in der Hauptverhandlung geltend machen, und zwar eben mit dem Widerspruch. Denn bei dem handelt es sich um eine den Betroffenen bzw. Verteidiger treffende Obliegenheit, deren Erfüllung nicht Voraussetzung für das Bestehen des Beweisverwertungsverbotes ist, sondern für die Verfahrensrüge in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist. Nur, wenn widersprochen worden ist und das auch vorgetragen wird, kann die Verfahrensrüge durchgreifen.

OWi III: 4 x Entscheidungen zum Verfahrensrecht, oder: Zu späte Ablehnung, Vorhalt, Entlastungszeuge, Urteil

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Und zum Schluss dann noch ein paar Entscheidungen zu Verfahrensfragen, und zwar – zum Teil noch einmal:

    1.  Die gerichtliche Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Ladung von Entlastungszeugen ist in den Fällen eingeschränkt, in denen der in der Hauptverhandlung anwesende Betroffene anhand eines bei der Tat gefertigten Lichtbildes nach Auffassung des Tatgerichts eindeutig identifiziert worden ist. Die Verpflichtung, in einem solchen Fall dennoch einen Zeugen zu laden, hängt dann von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
    2. Im Fall der Identifizierung anhand eines Lichtbildes müssen die tatrichterlichen Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen.

Auch einem Urteil in Bußgeldsachen muss im Grundsatz zu entnehmen sein, ob und gegebenenfalls wie sich der Betroffene in der Hauptverhandlung geäußert hat oder ob er von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat.

    1. Entscheidet das Gericht über die Rechtsbeschwerde außerhalb der Hauptverhandlung im Beschlusswege, so kann ein Ablehnungsgesuch nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist.
    2. Nichts anderes gilt, wenn die Ablehnung mit einer Gehörsrüge nach § 356a StPO verbunden wird, weil der Rechtsbehelf nicht dazu dient, einem unzulässigen Ablehnungsgesuch durch die unzutreffende Behauptung der Verletzung rechtlichen Gehörs doch noch Geltung zu verschaffen.
    3. Die nicht den Akteninhalt betreffenden Informations- und Einsichtsrechte leiten sich im Bußgeldverfahren nicht aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ab.
    4. Der Zulassungsgrund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG (Verletzung rechtlichen Gehörs) ist auf nicht vom Wortlaut der Norm erfasste Verletzungen des Verfahrensrechts nicht entsprechend anwendbar.

Erklärt ein Zeuge auf einen Vorhalt hin, sich (weiterhin) nicht an die ihm vorgehaltenen Angaben in einer Urkunde zu erinnern, ist der Inhalt der Urkunde nicht verwertbar in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Auch die Angabe, bei Durchführung der damaligen Vernehmung richtig protokolliert zu haben, führt in einem solchen Fall nicht dazu, dass die vorgehaltenen Angaben des Zeugen durch den Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt werden und bei der Entscheidung verwertbar sind.

OWi I: Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren, oder: Provida, ungeeichter Tacho, Reifenwechsel

Heute am „stürmischen“ Donnerstag dann mal wieder OWi-Entscheidungen. Das KG hat mal wieder „geliefert“, so dass mein OWi-Ordner gut gefüllt ist.

Zunächst stelle ich zwei Entscheidungen des KG zur Geschwindigkeitsüberschreitung vor, allerdings nur mit den Leitsätzen, und die auch nur, soweit sie sich zur Geschwindigkeitsüberschreitung äußern. Und zwar:

    1. Bei der Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tacho kann ein zu geringer Abstand durch eine die Mindestanforderungen weit übertreffende Länge der Messstrecke und durch einen großzügigen Toleranzabzug kompensiert werden.
    2. Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der Bundesautobahn im Berliner Stadtgebiet sind als innerörtliche Verstöße zu behandeln.
    1. Ein vorgenommener Sicherheitsabschlag in Höhe von 10 Prozent gleicht mögliche Messfehler infolge nicht erfolgter Neueichung nach einer Umrüstung des Fahrzeugs von Sommer- auf Winterreifen, ohne dass sich Umfang oder Reifengröße verändert haben, aus.
    2. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass (ordnungsgemäß angebrachte) Vorschriftszeichen, auch solche, durch die eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfolgt, wahrgenommen werden und ein fahrlässiges Übersehen die Ausnahme darstellt.
    3. Regelmäßig liegt ab einem Zeitraum von etwa zwei Jahren die Prüfung nahe, ob ein Fahrverbot seine erzieherischen Zwecke im Hinblick auf den Zeitablauf noch erfüllen kann. Dabei ist zu berücksichtigen, worauf die lange Verfahrensdauer zurückzuführen ist, insbesondere ob hierfür maßgebliche Umstände im Einflussbereich des Betroffenen liegen oder Folge gerichtlicher oder behördlicher Abläufe sind.

BtM III: Beweiswürdigung beim Handeltreiben, oder: Sachverständigengutachten und Entlastendes

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Und die dritte und letzte Entscheidung kommt dann vom OLG Koblenz. das hat im OLG Koblenz, Beschl. v. 11.11.2021 – 2 OLG 32 Ss 184/21 – zur Beweiswürdigung in einem landgerichtlichen Urteil, das den Angeklagten wegen Handeltreibens in zwei Fällen verurteilt hat, Stellung genommen. Das OLG beanstandet die Beweiswürdigung und hat das LG-Urteil aufgehoben:

„Die Revision hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg.

Die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht seine Annahme begründet, der Angeklagte habe in zwei Fällen mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel getrieben, ist in beiden Fällen fehlerhaft, so dass das Urteil insgesamt der Aufhebung unterliegt.

Zwar ist die Beweiswürdigung allein Sache des Tatrichters, so dass die revisionsgerichtliche Prüfung sich auf das Vorliegen von Rechtsfehlern beschränkt (§ 337 StPO). Ein sachlich-rechtlicher Fehler kann indes dann vorliegen, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., BGH 2 StR 278/14 v. 18.02.2015, NStZ 2015, 419; 2 StR 552/19 v. 27.05.2020, BeckRS 2020, 23344 Rn. 13; 2 StR 466/18 v. 16.10.2019, BeckRS 2019, 30970 Rn. 6).

Die Beweiswürdigung der Kammer ist lücken- und damit rechtsfehlerhaft.

Die Kammer stützt die Annahme des Handeltreibens im ersten Fall maßgeblich auf die Menge der in Fall 1 bestellten und der zuvor in engem zeitlichem Zusammenhang bestellten und dem Angeklagten auch gelieferten Betäubungsmittel. Zwar lässt sich dem Urteil in seiner Gesamtschau noch der Zeitpunkt der Bestellungen (7. Juli bis 22. August 2017, Seite 5 des Urteils unten) und die Menge (5-mal 25 mg, insgesamt also 125 mg) entnehmen sowie die Konsumeinheit für Butyrfentanyl (0,5 mg, Seite 6 des Urteils oben) und möglicherweise aus dem Gesamtzusammenhang sogar, dass es zu den Auslieferungen in den fünf eingestellten Fällen gekommen ist.

Es wird aber nicht ausreichend dargelegt, wie die Kammer zu der Feststellung gelangt, dass eine Konsumeinheit lediglich 0,5 mg betrage. In den Urteilsgründen findet sich dazu unter IV. 2. b. aa. am Ende des ersten Absatzes lediglich die Bemerkung „Die diesbezüglichen Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem Behördengutachten des Bundeskriminalamtes und den Angaben des Zeugen pp.“.

Nach ständiger obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung muss der Tatrichter, der ein Gutachten verwertet, dem er – wie hier – Beweisbedeutung beimisst, auch dann, wenn er sich den gutachterlichen Ausführungen anschließt, diese in der Regel in einer in sich geschlossenen (wenn auch nur gedrängten) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Rechtsmittelgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (OLG Hamm, 4 RBs 216/17 v. 22.06.2017, juris m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht, so dass sich die Beweiswürdigung als lückenhaft erweist. Die bloße Angabe, dass die Feststellungen sich „insbesondere“ aus dem Behördengutachten und den Angaben des Zeugen pp. ergeben ist unzureichend. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, wie der Gutachter des Bundeskriminalamtes zu der Annahme einer Konsumeinheit Butyrfentanyl von 0,5 mg gekommen ist und was der Zeuge pp. zu der Frage der Konsumeinheit, auf die es hier ganz maßgeblich ankommt, beigetragen haben kann. Auch wird nicht erkennbar, warum die Kammer dem Behördengutachten und den Bekundungen des Zeugen folgt.

Auch hinsichtlich des zweiten Falles ist die Beweiswürdigung lückenhaft.

Die Beweise sind erschöpfend zu würdigen (BGH, 4 StR 441/78 v. 07.07.1979, BGHSt 29, 18, 20). Das Urteil muss insbesondere erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (BGH, 4 StR 420/14 v. 12.2.2015, NStZ-RR 2015, 148; 2 StR 78/16 v. 01.02.2017, BeckRS 2017, 107749, Rn. 20; 4 StR 587/17 v. 30.01.2018, NStZ-RR 2018, 120; 1 StR 305/17 v. 11.10.2017, BeckRS 2017, 136085 Rn. 4). Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (BGH, 2 StR 110/17 v. 05.07.2017, juris Rn. 6 mwN). Aus den Urteilsgründen muss sich außerdem ergeben, dass der Tatrichter die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (BGH a.a.O., m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Entscheidung nicht. Die Strafkammer sieht als wesentliches Indiz für die Annahme eines unerlaubten Handeltreibens des Angeklagten die Diversität der beim Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel, die für einen Konsumenten gänzlich ungewöhnlich sein soll und das Auffinden „diverser Utensilien“ und von Verpackungsmaterial (diverse Griptütchen mit Betäubungsmittelanhaftungen, diverse leere Glasfläschchen und diverse Handelsutensilien). Auf welcher Grundlage die Kammer zu der Erkenntnis gelangt, dass die Diversität der Stoffe für einen Konsumenten gänzlich ungewöhnlich sein soll, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht. Vor allem aber hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten lediglich die Indizien in ihre Erwägungen eingestellt, die ihrer Auffassung nach für ein Handeltreiben sprechen.

Die gegen ein Handeltreiben sprechenden Umstände hat die Kammer gänzlich außer Betracht gelassen. So setzt sie sich nicht mit dem Umstand auseinander, dass lediglich Kleinstmengen der verschiedenen Betäubungsmittel aufgefunden wurden. Es wurde bei keinem der diversen Betäubungsmittel eine größere Menge sichergestellt. Auch bleibt unberücksichtigt, dass die Griptütchen nach den Feststellungen Betäubungsmittelanhaftungen aufgewiesen haben, was dafür sprechend könnte, dass sie gebraucht waren, was wiederum für Konsum und gegen ein Handeltreiben sprechend könnte. Diese Gesichtspunkte, die gegen ein Handeltreiben sprechen, hätten im Rahmen der Beweiswürdigung erörtert und in eine vorzunehmende Gesamtabwägung eingestellt werden müssen…“

OWi III: Nochmals Abwesenheit der Betroffenen, oder: Abwesenheitsverhandlung/Verwerfungsurteil

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Und im dritten Posting dann noch einmal Abwesenheit des Betroffenen (§3 73, 74 OWiG), und zwar mit zwei Entscheidungen zur Abwesenheitsverhandlung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen ein Verwerfungsurteil. Beide Entscheidungen behandeln „Dauerbrennerfragen“, und zwar:

Hat das AG in einer sog. Abwesenheitsverhandlung nicht frühere Äußerungen und Anträge des Betroffenen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und diese weder in der Hauptverhandlung noch in den Urteilsgründen beschieden, ist das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt.

Bei der Verwerfung eines Einspruchs nach § 74 OWiG muss sich das Gericht in den Urteilsgründen mit den Einwendungen und Bedenken gegen eine Verwerfung auseinandersetzen, insbesondere auch mit der Zulässigkeit eines Antrags und dessen Begründung, den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, sowie den Erwägungen zur Ablehnung des Antrags. Das Urteil ist schon dann fehlerhaft, wenn es den Entbindungsantrag des Betroffenen nicht erwähnt.