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Hat das Kosteninteresse jetzt noch etwas mit der Beiordnung des Pflichtverteidigers zu tun? Ja, aber…

Durch das 2. OpferRRG ist § 142 Abs. 1 StPO geändert worden. Der beizuordnende Pflichtverteidiger muss jetzt nicht mehr „ortsansässig“ sein. Ein kleiner (hoffentlich :-)) Wermutstropfen hat aber die Freude über diese Neuregelung beeiträchtigt. Nach der Gesetzesbegründung ist nämlich das „Kosteninteresse“ immer auch noch ein Punkt, der bei der Auswahl des Pflichtverteidigers von Bedeutung sein kann. Ich hatte befürchtet, dass über diese Formulierung durch die „Hintertür“ das Kosteninteresse und die damit zusammenhängende Frage der „Ortsansässigkeit“ letztlich doch wieder eine Bedeutung bekommen, die sie nach der Intention des Gesetzgebers nicht mehr haben sollten.

Diese Sorge wird jetzt ein wenig gemildert durch die Entscheidung des OLG Oldenburg v. 21.04.2010 – 1 Ws 194/10 in der sich das OLG mit der Frage der kostenneutralen Auswechslung und des Verzichts des „neuen Pflichtverteidigers“ auf Gebühren auseinandersetzt. Die Richtigkeit der Ausführungen dazu und die Frage, ob man sich dem anschließen kann, lasse ich mal dahinstehen. Interessant ist, dass das OLG in dem Zusammenhang aber auch zu den Kriterien des § 142 Abs. 1 StPO n.F. Stellung nimmt und ausführt:

Seit der Neufassung von § 142 Abs. 1 StPO durch das 2. Opferrechtsreformgesetz ist zudem die frühere gesetzliche Anordnung der vorrangigen Bestellung eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwaltes als solche entfallen. Den im Gesetzgebungsverfahren vom Bundesrat – gerade auch unter Kostengesichtspunkten – geäußerten Bedenken (vgl. BTDrucksache 16/12812, S. 10) hat der Gesetzgeber keine Rechnung getragen.
Die Entfernung des Anwaltssitzes vom Gerichtsort bleibt aber gleichwohl einer der Gesichtspunkte, die bei der im Rahmen der Auswahlentscheidung des Vorsitzenden gebotenen Abwägung zu berücksichtigen sind, vgl. BTDrucksache 16/12098 S. 20, 21.“

Stimmt, und weiter:

Eine solche Entfernung kann mithin auch nach der jetzigen Rechtslage im Einzelfall den Verfahrensablauf in einer Weise beeinträchtigen, dass dies der Bestellung des auswärtigen Rechtsanwaltes entgegensteht. Dergleichen wird hier vom Strafkammervorsitzenden aber nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. „

Da kann man nur sagen: Uff, Glück gehabt, dass da das Wort Einzelfall auftaucht und das OLG m.E. damit zu erkennen gibt, dass für den Senat das Kosteninteresse wohl nicht im Vordergund steht. Was nach der Gesetzesbegründung auch richtig ist.

Kein Lehrstück vom OLG Oldenburg zum Richtervorbehalt und zum Beweisverwertungsverbot

Tage-/Wochenlang ist Ruhe und dann  auf einmal gibt es wieder ein paar Entscheidungen zu § 81a StPO und zum Richtervorbehalt. Nach der schönen Entscheidung des AG Pirna, über die ich heute ja schon berichtet hatte, nun die in meinen Augen weniger schöne des OLG Oldenburg vom 15.04.2010 – 2 SsBs 59/10, in der das OLG Oldenburg m.E. eben so wie das OLG Bamberg vor einiger Zeit und der 4. Strafsenat des OLG Hamm zu kurz springt. Es kommt doch nicht auf die zu knappen Ressourcen der Justiz an und schon gar nicht darauf, ob denn Rufbereitschaft des Richters nur während bestimmter Zeiten bestand. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des BVerfG, ob Bedarf bestand. Aber: Die OLGs sehen es, aus welchen Gründen auch immer, anders. Man wird allmählich müde…..

Ausländische Fahrerlaubnis und Wohnsitz in Deutschland

Immer mal wieder gibt es Entscheidungen zum Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einer ausländischen Fahrerlaubnis. Hier dazu dann auch das OLG Oldenburg im Beschl. v. 06.04.2010 – 1 ss 25/10.

Der Leitsatz:

Ein in Tschechien nach Ablauf der in Deutschland verhängten Sperrfrist ausgestellter EU-Führerschein berechtigt jedenfalls dann nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutsch-land, wenn in dem Führerschein als Wohnsitz ein Ort in Deutschland angegeben ist. Macht der Angeklagte insoweit einen Verbotsirrtum geltend, so muss in den Urteilsgründen neben seinem konkreten Vorbringen hierzu auch mitgeteilt werden, welches Ergebnis eine dem An-geklagten zugemutete Erkundigung bei einer deutschen Führerscheinbehörden gehabt hätte“.

Der Volltext hier.

Keine Außervollzugsetzung des Haftbefehls in Werferfällen

Die sog. Werferfälle beschäftigen die Rechtsprechung immer wieder, allerdings meist mit Problemen, die im Bereich des Tatbestandes des § 315b StGB angesiedelt sind. Um so interessanter daher eine Haftentscheidung des OLG Oldenburg vom 11.03.2010 – 1 Ws 116/10, in der das OLG die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls durch das LG „kassiert“ hat. In der Entscheidung führt das OLG aus, dass derjenige, der wiederholt mit bedingtem Tötungsvorsatz „aus Jux“ Leitpfosten von einer Autobahnbrücke auf die Fahrbahn wirft (§§ 211, 315b, 21, 22 StGB), nicht vernunftgesteuert handelt. Deshalb könne eine weitere Tatwiederholung nicht sicher ausgeschlossen werden, so dass eine Verschonung von der mit dem Haftgrund der schweren Tat (§ 112 Abs. 3 StPO) begründeten Untersuchungshaft gegen Auflagen nicht in Betracht komme.

Ganz interessant zu lesen.

Videomessung: OLG Dresden sagt: § 100h kann nur Ermächtigungsgrundlage sein, wenn anlassbezogen gemessen wird

Im Moment flattern nur so die Beschlüsse der OLG zur Videomessung im Straßenverkehr ins Haus. Jetz hat auch das OLG Dresden entschieden. Es geht in seiner Entscheidung vom 02.02.2010 – SS (OWi) 788/09 davon aus, dass § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO Rechtsgrundlage für eine Videoaufzeichnung im Straßenverkehr nur sein, kann, wenn die Aufzeichnung anlassbezogen und lediglich zur Identifizierung des Betroffenen als Verdächtigen erfolgte. Etwas anderes gelte, wenn der Messbeamte die Videoaufzeichnung ununterbrochen durchlaufen lässt, so dass auch eine Vielzahl von sich verkehrsgerecht verhaltenden Fahrern erfasst würde, um dann diejenigen herauszufiltern, die verdächtig sind, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Für den Fall will sich das OLG der Auffassung des OLG Oldenburg anschließen und wohl von einem Beweisverwertungsverbot ausgehen. Da sich diese Vorgaben aus dem amtsgerichtlichen Urteil (AG Meissen) nicht nachvollziehn ließen, hat das OLG aufgehoben und zurückverwiesen.