StPO I: Encrochat-/ANOM-/SkyECC-Daten und KCanG, oder: OLG Stuttgart/LG Saarbrücken ggf. unverwertbar

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Heute gibt es hier dann einen StPO-Tag, und zwar mit einer Entscheidung zu EncroChat bzw. zur Frage der Verwertbarkeit von Encrochat-/ANOM-/SkyECC-Chats-Daten nach Inkrafttreten des KCanG, sowie einem zur Durchsuchung und dann als letztes etwas zum letzten Wort..

Ich beginne mit den Encrochat-/ANOM-/SkyECC-Chats-Daten Dazu stelle ich zwei Entscheidungen vor, allerdings nur jeweils kurz mit den entscheidenden Passagen der Entscheidungen, denn die allgemeinen Fragen der Vewertung dieser Daten waren ja schon oft genug Gegenstand der Berichterstattung.

Bei der ersten Entscheidung handelt es sich um den OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.04.2024 – H 4 Ws 123/24. Ergangen ist die Entscheidung in einem Haftprüfungsverfahren. Gegenstand des Verfahrens sind Vorwürfe des Verstoßes gegen das BtMG. Das OLG hat wegen eines Teils der Vorwürfe den dringen Tatverdacht auf der Grundlage von ANOM-Daten bejaht, wegen eines anderen Teils führt es aus:

„Es kann deshalb dahinstehen und bleibt dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorbehalten, ob ein dringender Tatverdacht auch bezüglich der im Haftbefehl unter Ziff. I.1, 3 und 5 bezeichneten Tatvorwürfe gegeben ist. Für die Prüfung der Verwertbarkeit der aufgrund des ANOM-Chatverkehrs gewonnenen Daten ist auf den Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Verwertung der Beweisergebnisse abzustellen; es kommt mithin insoweit nicht auf die Rekonstruktion der Verdachtslage im (hypothetischen) Anordnungszeitpunkt, sondern auf die Informationslage im Verwendungszeitpunkt an (BGH a.a.O., Rn. 70). Nach vorläufiger Wertung liegt eine Katalogtat im Sinne des § 100b Abs. 2 Nr. 5a StPO in der seit dem 1. April 2024 gültigen Fassung, der nur Straftaten gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 3 oder Nr. 4 Konsumcannabisgesetz (KCanG) erfasst, nicht vor. Eine Verwendung der zulässig erlangten Beweise als Zufallserkenntnisse zum Nachweis von mit Katalogtaten in Zusammenhang stehenden Nichtkatalogtaten ist nur zulässig, wenn zwischen diesen Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB bzw. Tatidentität im Sinne des § 264 StPO gegeben ist (BGH, Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, juris Rn. 27 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 30. August 1978 – 3 StR 255/78, NJW 1979, 990; BGH, Urteil vom 22. Dezember 1981 – 5 StR 540/81, NStZ 1982, 125; BGH, Beschluss vom 18. März 1998 – 5 StR 693/97, juris Rn. 7 f.).“

Und dann der LG Saarbrücken, Beschl. v. 03.06.2024 – 4 KLs 28 Js 140/23 (16/24). Ergangen ist der Beschluss in einen Verfahren wegen BtM-Handels. Die Strafkammer hat mit dem Beschluss einen Antrag der Staatsanwaltschaft, auf Verlesung von in einem Beweisantrag näher bezeichneten SkyECC-Chats abgelehnt (und den Angeklagten anschließend frei gesprochen:

„So liegt der Fall hier: Die Anklageschrift bezieht sich lediglich auf Taten des Handeltreibens mit Cannabis. Das Handeltreiben mit Cannabis ist nach der am 1. April 2024 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuregelung durch das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz — CanG) nicht mehr als Katalogtat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG einzuordnen, sondern als Handeltreiben mit Cannabis in den besonders schweren Fällen der Gewerbsmäßigkeit und der nicht geringen Menge nach § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 1 und 4 KCanG. Dies stellt jedoch keine Katalogtat des § 100b Abs 2 StPO dar, da lediglich die in § 34 Abs. 4 Nr. 1, 3 und 4 KCanG aufgeführten Taten in die Aufzählung der Katalogtaten aufgenommen wurden (vgl. § 100b Abs. 2 Nr. 5a StPO; so auch KG Berlin, Beschluss v. 30.04.2024, 5 Ws 67/24).“

VR III: Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter (in Berlin), oder: Keine Entziehung der Fahrerlaubnis bei 2,02 o/oo?

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Und dann zum Tagesschluss noch etwas vom AG Tiergarten, und zwar eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scotter. Ist ja an sich nichts Besonderes, hier haben wir es aber mit einer recht großzügigen Entscheidung des AG zur Entziehung der Fahrerlaubnis zu tun.

In dem AG Tiergarten, Urt. v. 25.04.2024 – 318 Cs 31/24 – stellt das AG eine Trunkenheitsfahrt des nicht vorbelasteten Angeklagten abends um 22.27 Uhr mit einem Blutalkoholwert zur Tatzeit von 2,02 Promille. Der Angeklagte fuhr infolge der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit nicht in gerader Fahrlinie, sondern in Schlangenlinien. Das AG führt zur Strafzumessung und zur Entziehung der Fahreralubnis aus:

„Bei der Strafzumessung ist das Gericht vom gesetzlichen Rahmen des § 316 Abs. 1 und 2 StGB ausgegangen, welcher Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vorsieht. Innerhalb des so ermittelten Strafrahmens war bei der konkreten Strafzumessung gemäß § 46 StGB zugunsten des Angeklagten zu werten, dass er sich hinsichtlich seines Fehlverhaltens einsichtig und reuig zeigte und seit dem Tattag – nachgewiesen durch Laboruntersuchungen – keinen Alkohol mehr konsumiert. Das zum Tatzeitpunkt geführte Kraftfahrzeug war ein Elektrokleinstfahrzeug, von dem für andere Verkehrsteilnehmer im Vergleich z.B. mit einem Pkw deutlich geringere Gefahren ausgehen. Zudem ist der Angeklagte bisher strafrechtlich unvorbelastet gewesen.

Zu seinen Lasten war indes der mit 2,02 Promille Alkohol im Vollblut nicht nur unerheblich über dem Grenzwert der Rechtsprechung zur absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 Promille Alkohol im Vollblut liegende Grad der Alkoholisierung zu werten, der deutlich über das für den Tatbestand erforderliche Mindestmaß hinausgeht. Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Strafzumessungserwägungen hat das Gericht unter nochmaliger zusammenfassender Würdigung auf eine Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen zu je 30,00 (dreißig) Euro erkannt, die ausreichend, jedoch auch zwingend notwendig erscheint, um das begangene Unrecht tat- und schuldangemessen zu bestrafen und allen Strafzwecken zu genügen.

Zwar liegt durch die Tat ein Regelfall für die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vor (§ 69 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB). Gleichwohl konnte aufgrund der Gesamtumstände, der zuvor genannten Strafzumessungsgesichtspunkte und des vom Gericht von dem Angeklagten im Termin gewonnenen Eindrucks von der Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB abgesehen werden und es genügte die Anordnung eines Fahrverbotes gemäß § 44 Abs. 1 StGB. Der Angeklagte hat die Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges begangen. Das Gericht hat es unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten, der Tatumstände sowie unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgesichtspunkte“— insbesondere dessen, dass der Angeklagte sich während des gesamten Verfahrens sehr kooperativ zeigte und erstmalig vor Gericht stand — auch unter Berücksichtigung des Nachtatverhaltens des Angeklagten (dokumentierter Verzicht auf den Konsum von Alkohol) als erforderlich aber auch ausreichend erachtet, ein Fahrverbot gemäß § 44 Abs. 1 StGB von vier Monaten anzuordnen.“

Nun ja. M.E. Glück gehabt. Das Urteil ist rechtskräftig. Wäre die StA in die Revision gegangen, hätte das m.E. beim KG nicht „gehalten“. Allein schon wegen der der 2,02 Promille.

VR II: Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Prüfungsmaßstab zwischen I. und II. Instanz

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Die zweite Entscheidung, der LG Hechingen, Beschl. v. 08.03.2024 – 3 Qs 13/24 – befasst sich noch einmal mit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO). Zugrunde liegt folgender Sachverhalt:

Das AG hat den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe verurteilkt und ein Fahrverbot von 6 Monaten verhängt. Zugleich wurde mit Beschluss vom selben Tag die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben.

Der Angeklagte war mit seinem PKW Sportsvan beim Ausparken mit dem PKW VW Golf des Geschädigten kollidiet. Er hatte dies bemerkt, stieg dann aus und begutachtete das Fahrzeug des Geschädigten und wischte mit einem Tuch über die Lackstelle. Dabei erkannte und bemerkte er den Unfall, insbesondere verschiedene Kratzer im Bereich von mehreren Zentimetern im Heckbereich des Fahrzeugs des Geschädigten. Über die genaue Schadenshöhe machte er sich keinerlei Gedanken. Er nahm billigend in Kauf, dass ein nicht völlig unbedeutender Fremdschaden entstanden war und verließ gleichwohl die Unfallstelle, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Am Fahrzeug des Geschädigten entstand ein Sachschaden i.H.v. 1.972,61 EUR netto.

Die Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagten zunächst vorläufig entzogen. Das AG-Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die StA hat gegen den die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufhebenden Beschluss w Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen des § 111a StPO i.V.m. §§ 69, 69a StGB vorliegen. Zusätzlich zu dem Netto-Reparaturschaden i.H.v. 1.972,61 EUR sei die Wertminderung als weiterer Schaden mit mindestens 300,00 EUR sowie Sachverständigenkosten in bislang unbekannter Höhe hinzuzurechnen, sodass die von der Rechtsprechung festgelegte Grenze für einen bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB in Höhe von 2.000 EUR erheblich überschritten sei.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg:

„….. Gemäß § 111a Abs. 2 StPO ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufzuheben, wenn ihr Grund weggefallen ist oder das Gericht im Urteil die Fahrerlaubnis nicht entzieht. Letzteres war hier der Fall und ist insbesondere – wie hier – bei noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen zwingend, auch wenn die Entscheidung zu Ungunsten des Betroffenen angefochten ist (BeckOK StPO/Huber, 50. Ed. 1. Januar 2024, StPO § 111a Rn. 10; BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1994 – 2 BvR 862/94 in NJW 1995, 124).

Im Stadium zwischen erster und zweiter Instanz sind dabei die Tatsachenfeststellungen und Wertungen im erstinstanzlichen Urteil für die vorliegend zu treffende Beschwerdeentscheidung maßgebend und vom Beschwerdegericht grundsätzlich hinzunehmen. Liegt zum Beschwerdezeitpunkt bereits ein erstinstanzliches Urteil vor, ist das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung wegen der größeren Sachnähe und der besseren Erkenntnismöglichkeit des Erstgerichts regelmäßig an dessen Feststellungen zur charakterlichen Eignung gebunden (vgl. LG Zweibrücken NZV 2012, 499; Hauck in Löwe-Rosenberg, 27. Auflage 2019, § 111a StPO Rn. 19). Insoweit räumt das Gesetz in § 111a Abs. 2 StPO der im Urteilsverfahren gewonnenen Erkenntnis die Vermutung der größeren Richtigkeit ein (Hauck in Löwe-Rosenberg, 27. Auflage 2019, § 111a StPO Rn. 19). Bis zum Erlass des Berufungsurteils darf die Frage der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nur bei neu bekannt gewordenen Tatsachen oder Beweismitteln anders als im erstinstanzlichen Urteil gewertet werden (Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, 66. Auflage 2023, § 111a Rn. 19; OLG Stuttgart 10. April 2001 – 4 Ws 80/2001, 4 Ws 80/01 – juris).

Unter Berücksichtigung dieses Prüfungsmaßstabs handelt es sich bei der aus Sicht der Staats-anwaltschaft fehlerhaften Schadensberechnung nicht um eine in diesem Sinne neue Tatsache. Ob die dem Netto-Reparaturschaden hinzu zu addierende Wertminderung in Höhe von 300,00 € sowie Sachverständigenkosten in bislang nicht bekannter Höhe geeignet sind, eine potentiell andere Entscheidung zu rechtfertigen, ist Aufgabe der Berufungsinstanz und nicht durch das Beschwerdegericht zu klären.

Allem nach ist zumindest nach den erstinstanzlichen Feststellungen nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu rechnen.“

VR I: Verurteilung wegen verbotenen Rennens, oder: Der BGH hebt zum zweiten Mal auf, auf in die 3. Runde

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Heute ist dann ein Verkehrsrechtstag, den ich mit einer Entscheidung des BGH eröffne.

Im BGH, Beschl. v. 27.03.2024 – 4 StR 493/23 – geht es mal wieder um ein Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB). „Mal wieder“ passt auch noch aus einem anderen Grund. Denn die Sache war schon einmal beim BGH. Der hatte das erste LG-Urteil mit Urteil v. v. 18.08.2022 (4 StR 377/21)  aufgehoben. Im zweiten Rechtsgang hat das LG den Angeklagten dann erneut verurteilt. Dagegen dann erneut die Revision des Angeklagten, die wieder Erfolg hatte. Ich stelle hier dann auch mal die doch recht umfangreichen Feststellungen des LG mit ein. Der BGH führt aus:

„1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen als bindend angesehen: Am 20. Oktober 2019 befuhr der 22-jährige Angeklagte mit seinem BMW M4 kurz nach 23:00 Uhr die Bundesautobahn 9 bei Ingolstadt. Sein Fahrzeug verfügte – auch aufgrund von mittels einer für den Off-road-Betrieb bestimmten Tuning-App vorgenommenen technischen Veränderungen – über 575 PS, 850 Nm Drehmoment und eine theoretische Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h. Wegen der durch die Veränderungen und weitere Umbauten bedingten Verschlechterung der Geräusch- und Abgasemissionen war die Betriebserlaubnis des BMW erloschen. Der von dem Angeklagten befahrene geradlinig und eben verlaufende Streckenabschnitt der A 9 verfügt über drei nicht beleuchtete Spuren mit separatem Standstreifen. Aus Lärmschutzgründen ist die Geschwindigkeit ab 1.400 m vor der tatgegenständlichen Unfallstelle in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr auf 120 km/h beschränkt, ab 750 m vor dieser auf 100 km/h. Das Verkehrsaufkommen war moderat, die Sicht war gut und die Fahrbahn trocken. Es befanden sich von Zeit zu Zeit Fahrzeuge auf allen drei Spuren. Auch die linke Spur wurde regelmäßig für Überholvorgänge genutzt.

Bereits innerhalb der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h überholte der links fahrende Angeklagte einen mit ca. 100 km/h auf der mittleren Fahrspur befindlichen Pkw, wechselte vor diesem zunächst auf die mittlere Spur, dann auf die rechte Spur und ließ sich anschließend hinter den Pkw zurückfallen, so dass der Pkw wieder an ihm vorbeifuhr. Anschließend wechselte er über die mittlere Spur auf die linke Spur, setzte zu einer massiven Beschleunigung an und passierte den weiterhin auf der mittleren Fahrspur fahrenden Pkw erneut mit hoher, nicht mehr näher feststellbarer Geschwindigkeit. Das gesamte Fahrmanöver nahm er in der Absicht vor, eine möglichst schnelle Beschleunigung und die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen und die Leistungssteigerung seines Fahrzeugs „auszuleben“. Dabei ignorierte er die ihm bekannten Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 120 km/h und 100 km/h, weil er „seinen Geschwindigkeitsrausch ausleben wollte“. Wenige Sekunden später schloss er zu einem vor ihm auf der linken Fahrspur fahrenden Pkw auf und ging leicht vom Gas. Nachdem der Fahrer dieses Pkw, der den mit hoher Geschwindigkeit sich nähernden BMW bemerkt hatte, auf die mittlere Spur gewechselt war, gab der Angeklagte wieder stark Gas, überholte den Pkw mit weit überhöhter Geschwindigkeit und beschleunigte weiter auf mindestens 233 km/h.

Noch im Sichtbereich des Fahrers des zuvor überholten Pkw nahm der Angeklagte erst im letzten Augenblick den mit eingeschaltetem Abblendlicht vor ihm mittig auf der linken Spur fahrenden Audi A4 des Geschädigten wahr. Obwohl er noch eine Vollbremsung einleitete und weitest möglich nach links auswich, fuhr er mit 207 km/h auf das Heck des Audi auf. Der Geschädigte, der angeschnallt mit ca. 120 km/h auf der mittleren Spur gefahren war, hatte etwa 4,2 Sekunden vor der Kollision seinen linken Blinker gesetzt und war sodann auf die linke Spur gewechselt, um ein vor ihm mit ca. 100 km/h fahrendes Wohnwagengespann, das seinerseits einen mit etwa 85 km/h auf der rechten Fahrspur fahrenden Lkw passierte, zu überholen. Als der Geschädigte den Blinker setzte, war der Angeklagte noch 125 m entfernt. Der Geschädigte hätte zu diesem Zeitpunkt die Lichter des BMW im Rück- und Seitenspiegel erkennen und den Spurwechsel unterlassen können. Eine zutreffende Einschätzung der Position des BMW und dessen hoher Geschwindigkeit war dem Geschädigten allerdings nur eingeschränkt und nur mit hoher Fehlertoleranz möglich. Der Unfall wäre vermeidbar gewesen, wenn der Angeklagte höchstens 197 km/h gefahren wäre.

Durch den Zusammenprall schleuderte der Audi A4 über die mittlere und rechte Spur ins Bankett und überschlug sich. Der Geschädigte erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und verstarb an der Unfallstelle. Der BMW des Angeklagten geriet ebenfalls ins Schleudern, kollidierte mit dem auf der mittleren Spur fahrenden Wohnwagengespann und überschlug sich. Aufgrund der Sicherheitsausstattung seines Fahrzeugs erlitt der Angeklagte nur leichte Verletzungen. An beiden Fahrzeugen entstand Totalschaden. An weiteren Fahrzeugen wurden hohe Sachschäden verursacht.

2. Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht zusätzlich festgestellt: Der Angeklagte hielt den Eintritt einer kritischen Verkehrssituation durch einen Spurwechsel anderer Verkehrsteilnehmer direkt vor ihn auf seine Fahrspur für möglich und fand sich hiermit ab. Er ging dabei jedoch ernsthaft davon aus, sein Fahrzeug auch bei hohen Geschwindigkeiten sicher beherrschen und so einen Unfall ggf. im letzten Moment verhindern zu können. Er vertraute hierdurch auf das Ausbleiben einer Kollision und eines damit einhergehenden tödlichen Erfolges.

II.

Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge nach § 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 5 StGB weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zu seinen Lasten auf. Denn die von dem hier maßgeblichen Grundtatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB geforderte Rennabsicht des Angeklagten ist nicht festgestellt.

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft keine Feststellungen zu der für den hier einschlägigen Grundtatbestand des sog. Alleinrennens nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Absicht des Angeklagten getroffen, mit seinem Fahrzeug eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen. Vielmehr hat es in seinem Urteil wiederholt ausgeführt, dass eine solche Absicht nach dem Urteil des Senats bereits bindend feststehe. Dies trifft nicht zu. Die Strafkammer hat die Reichweite der Aufhebung und damit auch den Umfang der Bindungswirkung von Feststellungen verkannt.

Der Senat hat das im ersten Rechtsgang angefochtene Urteil „mit den Feststellungen zur subjektiven Tatseite“ aufgehoben (vgl. § 353 StPO). Diese Formulierung erfasst sämtliche Feststellungen zur inneren Tatseite, ohne dass der Senat Teile hiervon ausgenommen hätte. Aus dem Umstand, dass er in den Entscheidungsgründen die im Ersturteil festgestellte Absicht des Angeklagten, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, als rechtsfehlerfrei festgestellt bezeichnet hat, lässt sich diesbezüglich nichts Gegenteiliges ableiten. Diese Ausführungen waren ohnehin lediglich der gebotenen Prüfungsreihenfolge bei der hier auf dem Grundtatbestand nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB aufbauenden Qualifikation nach § 315d Abs. 2 und 5 StGB geschuldet. Im maßgeblichen Tenor der Senatsentscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 – 2 StR 62/07 Rn. 5; Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 137) haben sie hingegen keinen Niederschlag gefunden. Auch in deren Gründen findet sich im Rahmen der Ausführungen zum Aufhebungsumfang keine entsprechende Einschränkung, so dass sich schon deshalb die Frage einer Auslegung des Tenors im Sinne des landgerichtlichen Verständnisses nicht stellt.

2. Das Fehlen von Feststellungen zur Tat, hier zur subjektiven Tatseite des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB, ist ein sachlich-rechtlicher Mangel, der auf die allgemeine Sachrüge zu beachten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2007 – 2 StR 62/07 Rn. 8 mwN). Da sich die Strafkammer für die Rennabsicht des Angeklagten an die Feststellungen des ersten Rechtsgangs gebunden sah, sind entsprechende Feststellungen auch der Gesamtheit der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Zudem beruht das Urteil auf dem Rechtsfehler (§ 337 StPO). Der Schuldspruch unterliegt daher – zugleich wegen des tateinheitlich verwirklichten Delikts (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2023 – 2 StR 308/22 Rn. 20) – der Aufhebung. Dasselbe gilt für die Folgeentscheidungen. Der Senat hebt auch die Entscheidung zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung auf; das neue Tatgericht wird insoweit ohnehin den gesamten (auch weiteren) Verfahrensablauf zu berücksichtigen haben.

Die vom Landgericht im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen zum Gefährdungsvorsatz des Angeklagten (bei zugleich fehlendem Tötungsvorsatz) sind von dem Rechtsfehler ebenfalls betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Denn das Landgericht hat den ansonsten rechtsfehlerfrei bejahten Gefährdungsvorsatz des Angeklagten auch damit begründet, dass er ein „Alleinrennen“ gefahren habe. Diese Erwägung des Landgerichts knüpft an die zu Unrecht als bindend angesehene Rennabsicht des Angeklagten an. Der Senat hebt vor diesem Hintergrund alle im zweiten Rechtsgang neu getroffenen Feststellungen ebenfalls auf.

III…..

IV.

Das im dritten Rechtsgang erkennende Tatgericht wird aufgrund eigener Beweiserwägungen Feststellungen zur subjektiven Tatseite aller in Betracht kommenden Delikte (Grund- und Qualifikationstatbestände) zu treffen haben. Dies betrifft namentlich die Rennabsicht und den Gefährdungsvorsatz des Angeklagten, die weiteren subjektiven Voraussetzungen von § 315d Abs. 1 Nr. 3, § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) StGB (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl., § 315c Rn. 18) und den Tötungsvorsatz.

Auch eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, sollte sich das neue Tatgericht von seinem Tötungsvorsatz überzeugen können, verböte sich nicht. Einer derartigen Verschärfung des Schuldspruchs stünden weder das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) noch die Bindung des neuen Tatgerichts an die Aufhebungsansicht des Senats (§ 358 Abs. 1 StPO) entgegen, die sich hierüber nicht verhält. Das neu zuständige Schwurgericht wird jedoch das Verschlechterungsverbot hinsichtlich der gegen den Angeklagten zu verhängenden Rechtsfolgen zu beachten haben, denn die Urteilsaufhebung ist nunmehr allein zu seinen Gunsten erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1991 – 2 StR 288/91, BGHSt 38, 66, 67; Gericke in KK-StPO, 9. Aufl., § 358 Rn. 18 mwN).

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass mangels damaliger Aufhebung auch die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten aus dem ersten Rechtsgang bindend sind. Sie können widerspruchsfrei ergänzt werden.“

Dann darf als die nächste Strafkammer ihr Glück versuchen. Vielleicht klappt es ja.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich auch Vorschuß auf die Terminsgebühr verlangen?

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Am Freitag hatte ich nach: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich auch Vorschuß auf die Terminsgebühr verlangen? gefragt.

Ich hatte dem Kollegen auf seine Frage, ob er etwas übersieht, kurz und bündig geantwortet:

„Nein, Sie können sogar die Nr. 4141 VV RVG geltend machen. Burhoff, RVG, Teil A Rn 2639.

Haben die alle nichts zu tun?“

Ob man die Diskussion anfängt, ist Geschmacksache. Denn im Zweifel begründet man eine Brieffreundschaft mit der RSV und verschwendet Zeit. Aber manchmal muss es vielleich sein :-).

Und natürlich <<Werbemodus an>> der Hinweis auf die Bestellmöglichkeit von Burhoff/Volpert, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021. <<Werbemoduas aus>>.