Archiv für den Monat: August 2016

Fristfax, oder: Faxen immer nur mir „Sicherheitspolster“

UhrZum Wochenabschluss – hat heute etwas gedauert – dann zunächst der Hinweis auf einen BVerfG, Beschl., in dem es noch einmal um die Frage der rechtzeitigen Versendung eines „Fristfaxes“ geht. Dazu hatte das BVerfG ja bereits im BVerfG, Beschl. v.15.01.2014 – 1 BvR 1656/09 – Stellung genommen (vgl. dazu Beim Faxen keine Faxen machen, sondern: Sicherheitspolster einkalkulieren).  Die Rechtsprechung hat es jetzt im BVerfG, 23.06.2016 – 1 BvR 1806/14 – noch einmal – kurz und bündig – bestätigt. Es hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde – es ging um ein Urteil im Sozialgerichtsverfahren – abgelehnt, und zwar eben ohne viel Worte:

„Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist abzulehnen, weil die Beschwerdeführerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, an der Einhaltung der Frist für die Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 1 BVerfGG ohne Verschulden verhindert gewesen zu sein (§ 93 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 BVerfGG).

In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert sowie innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht (BVerfGE 135, 126 <140 f.> m.w.N.).

Damit ist vorliegend eine unverschuldete Fristversäumnis nicht dargetan. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin hat vorgetragen, mit der Übermittlung der Beschwerdeschrift mittels Faxversand um 23.47 Uhr erstmals begonnen zu haben. Nachdem er einen zögerlichen Faxversand habe feststellen können, habe er den Faxversand der Beschwerdeschrift von einem räumlich benachbarten Faxgerät um 23.50 Uhr erneut veranlasst. Den Sendeprotokollen lässt sich hingegen als Beginn der Übertragung 23.51 Uhr beziehungsweise 23.57 Uhr entnehmen. Auf diese zeitliche Diskrepanz kommt es jedoch nicht an, denn auch nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin wurde der Sicherheitszuschlag von 20 Minuten vorliegend nicht eingehalten.“

Also: Aufgepasst. Und zwar nicht nur bei der Verfassungsbeschwerde, sondern bei allen fristwahrenden Schriftsätzen…

Jugendstrafe II: Die „besondere Schwere der Schuld“ im JGG-Verfahren

© Dan Race Fotolia .com

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Nach dem BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – 1 StR 95/16 (dazu Jugendstrafe I: Jugendstrafe muss erziehen)  der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 22.06.2016 – 5 StR 524/15. Die zur Aufnahme in BGHSt bestimmte Entscheidung befasst sich mit dem Merkmal der besonderen Schwere der Schuld in § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG. Der BGH sagt: Auf dieses Merkmal sind die von der Rechtsprechung zu § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB entwickelten Maßstäbe anzuwenden:

b) Der Rechtsfolgenausspruch erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei. Weder gegen die Anwendung von Jugendrecht auf den Angeklagten nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG noch gegen die Verhängung von Jugendstrafe gemäß § 17 Abs. 2 JGG ist von Rechts wegen etwas zu erinnern. Dies gilt schließlich auch für die Anwendung des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG und die ihr zugrunde liegende Annahme der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten.

aa) Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat das Tatgericht unter Abwägung aller im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 22. November 1994 – GSSt 2/94, BGHSt 40, 360, 370; Urteile vom 2. März 1995 – 1 StR 595/94, BGHSt 41, 57, 62; vom 18. Juni 2014 – 5 StR 60/14, BGHR StGB § 57a Abs. 1 Schuldschwe-re 29). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatgerichtlichen Wer-tung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prü-fen, ob das Tatgericht alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehler-frei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen (BGH, Urteil vom 30. März 2006 – 4 StR 567/05, NStZ 2006, 505, 506; Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 361/96, BGHSt 42, 226, 227).

bb) Die angefochtene Entscheidung hält entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts im Ergebnis revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

(1) Die von der Rechtsprechung zu § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB entwickelten Maßstäbe sind gleichermaßen auf § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG anzuwenden (vgl. BeckOK JGG/Schlehofer, Stand: 15. März 2016, § 105 Rn. 23 l ff.). Hierfür spricht bereits der insoweit identische Wortlaut der beiden Vorschriften. Darüber hinaus steht diese Auslegung im Einklang mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Die Begründung des Koalitionsentwurfs führt hierzu aus: „Auch wenn das Jugendstrafrecht vom Erziehungsgedanken geleitet wird und insbesondere bei seiner Anwendung im Einzelfall erzieherische und spezialpräventiv behandlungsorientierte Aspekte im Vordergrund stehen, bleibt es vom Ausgangspunkt her Strafrecht und muss deshalb angemessene Reak-tionsmöglichkeiten auf strafrechtlich vorwerfbares Unrecht bereitstellen“ (BT-Drucks. 17/9389 S. 8). Durch § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG soll demnach in Fällen des Mordes einer besonders schweren Schuld Rechnung getragen wer-den können, wenn das allgemeine Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende von zehn Jahren dafür im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des das Jugendstrafrecht leitenden Erziehungsgedankens nicht ausreicht (vgl. BT-Drucks. aaO S. 8 f., 20); aufgrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung kommt hier dem Gebot gerechten Schuldausgleichs gegenüber dem Erzie-hungsgedanken Vorrang zu. Dieser ist im Übrigen Grund dafür, dass im Unterschied zum allgemeinen Strafrecht das Höchstmaß der Jugendstrafe zeitlich begrenzt ist.

(2) Das Landgericht hat – ersichtlich unter Berücksichtigung des Erzie-hungsgedankens – bei der Prüfung des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen. Zwar hat es sie bei diesem gesonderten Zumessungsschritt nicht (nochmals) ausdrücklich benannt. Es hat aber – in zulässiger Weise – auf seine konkreten Strafzumessungserwägungen Bezug genommen.

Als für den Angeklagten sprechende Umstände hat es insbesondere seine bisherige Unbestraftheit, die durch seine Verteidiger in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung, dass er die Tat nicht abstreite, die Zahlung von 500 € als Schmerzensgeld an den Nebenkläger H. und seinen Versuch gewertet, sich bei den Eltern der Getöteten zu entschuldigen; insgesamt hat es keine für den Angeklagten sprechenden Umstände übersehen.

Jugendstrafe I: Jugendstrafe muss erziehen

© eyetronic Fotolia.com

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Das Jugendrecht ist hier im Blog in der letzten Zeit ein wenig zu kurz gekommen. Daher dann heute mal zwei Entscheidungen aus dem Jugendstrafrecht. Beide betreffen Probleme der „besonderen Schwere der Schuld2 (§ 18 JGG). Zunächst der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – 1 StR 95/16. Die Jugendkammer hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt sowie ge-gen den Angeklagten M. wegen vorsätzlicher Körperverletzung zwei Freizeitarreste verhängt. Seine Revision hat dann mit der Sachrüge Erfolg:

„Die erhobene Sachrüge deckt zum Schuldspruch und in Bezug auf die Verhängung einer Jugendstrafe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten D. auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Insbesondere hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt, dass wegen der Schuldschwere die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich ist. Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der verhängten Jugendstrafe halten hingegen revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand, da sie nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 2 JGG entsprechen.

1. Auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe ist gemäß § 18 Abs. 2 JGG die Höhe der Strafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1995 – 2 StR 309/95, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 10 und vom 18. August 1992 – 4 StR 313/92, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8). Grundsätzlich ist zwar die in den gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Strafrechts zum Ausdruck gelangende Bewertung des Ausmaßes des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts auch bei der Bestimmung der Höhe der Jugendstrafe zu berücksichtigen. Keinesfalls darf aber die Begründung wesentlich oder gar ausschließlich nach solchen Zumessungserwägungen vorgenommen werden, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen. Die Bemessung der Jugendstrafe erfordert vielmehr von der Jugendkammer, das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abzuwägen (BGH, Beschluss vom 18. August 1992 – 4 StR 313/92, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8; Eisenberg JGG 18. Aufl., § 18 Rn. 42). Denn auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe bemisst sich ihre Höhe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen daher in jedem Fall erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zu-kommende Beachtung geschenkt worden ist (BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 503/14, NStZ 2016, 105).

2. Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht. Das Landgericht hat sich bei der konkreten Bemessung der Jugendstrafe im Rahmen seiner mit „Strafzumessung im Einzelnen“ überschriebenen Darstellung nur an der Bewertung des in der Schwere des in der Straftat hervorgetretenen Unrechts orientiert, wie sie in der Strafandrohung der allgemeinen Gesetze Ausdruck gefunden hat. So hat das Landgericht bei der Prüfung des Provokationstatbestands nach § 213 Alt. 1 StGB zwar die letzten Äußerungen („Hurensohn“) des Tatopfers dem Angeklagten D. gegenüber berücksichtigt. Es hat jedoch die Faustschläge des Tatopfers gegen ihn und die vorausgegangenen Äußerungen einschließlich der zwei Ohrfeigen gegenüber dem Angeklagten M. jeweils nur isoliert betrachtet, ohne dieses Verhalten in seiner Gesamtheit schon in die Beurteilung nach § 213 Alt. 1 StGB einzubeziehen. Zu Lasten des Angeklagten D. berücksichtigt das Landgericht schließlich im Rahmen seiner „Strafzumessung“ – auch wenn § 46 Abs. 3 StGB hier jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar ist -, dass „der Angeklagte nicht vermocht hat, deeskalierend zu wirken“. Dies ist schon für sich genommen nicht rechtsfehlerfrei.

Jedenfalls aber berücksichtigt das Landgericht damit ausschließlich Um-stände, die auch bei Erwachsenen berücksichtigt werden müssen, lässt hinge-gen wesentliche erzieherische Gesichtspunkte völlig außer Betracht, die für die Bemessung der Jugendstrafe Bedeutung haben und deren Erörterung sich des-halb für das Landgericht aufdrängte. Auch fehlt die erforderliche Abwägung zwi-schen dem Tatunrecht und den Folgen der Verbüßung der verhängten Jugend-strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten ……“

„Die Vorlage wird zurückgenommen.“, oder: Entlastung

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Na, das ist aber mal ein kurzer/knapper Beschluss des BGH, der da gestern auf der Homepage eingestellt worden ist. Und zwar im Verfahren 2 StR 495/12. Wie, wird der ein oder andere fragen: Ein so altes Verfahren ist noch beim BGH? Ja, ist es und es ist auch ein an sich bekanntes Verfahren. Es ist nämlich das Verfahren, in dem es um die Zulässigkeit der ungleichartigen Wahlfeststellung geht. Da hat es den BGH, Beschl. v. 28.01.2014 – 2 StR 495/12 – gegeben (vgl. dazu Ungleichartige Wahlfeststellung ade? – entscheidet das ggf. der große Senat). Und es hat danach dann ja auch den BGH, Beschl. v. 11.03.2015 – 2 StR 495/12 gegeben, mit dem die Rechtsfrage dem Großen Senat für Strafsachen nach § 132 GVG vorgelegt worden ist.

Und nun gibt es eben auch noch den BGH, Beschl. v. 09.08.2016 – 2 StR 495/12, in dem es eben einfach nur heißt:

Die Vorlage wird zurückgenommen.“

Und das war es dann. Sorry, ich verstehe es nicht. Ich verstehe vor allem auch nicht, warum der „staunenden“ juristischen Öffentlichkeit kein Grudn genanngt wird. Verfahren durch andere Gründe – mir fällt da nur der Tod des Angeklagten ein – beendet? Aber das hätte dann ja sicherlich im Beschluss gestanden. Oder hat sich der 2. Strafsenat eines Besseren (?) besonnen. Jedenfalls: Den großen Senat wird es freuen. Er ist bei den vielen Vorlagen, die ggf. auf ihn zukommen, dann schon mal ein wenig entlastet.

Die Fälligkeit des Pauschgebühranspruchs, oder: Jedes Ding hat zwei Seiten

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Die Fälligkeit des Anspruchs des Pflichtverteidigers auf eine Pauschgebühr (§ 51 RVG) spielt in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle. Das gilt sowohl für die Frage, wann (erstmals) eine Pauschgebühr verlangt werden kann, als auch für die Frage, wie lange der Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr verlangen kann, also wann Verjährung eintritt. Mit der Frage der Fälligkeit hat sich jetzt noch einmal der OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2016 – 1 ARs 34/16 P – befasst.

Der Sachverhalt der Entscheidung war wie folgt: Die Rechtsanwältin ist seit August 2012 Pflichtverteidigerin des Angeklagten in einem BtM-Verfahren.. Die Hauptverhandlung vor dem LG begann am 10. 09. 12 2012 und endete mit Urteil am 19. 06. 2014. Der BGH hat dieses Urteil am 31.03.2015 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Auf den hiernach gestellten Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung erklärte die Vertreterin der Landeskasse bei ihrer Anhörung, dass vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens mangels Fälligkeit eine Pauschvergütung jedenfalls derzeit nicht bewilligt werden könne. Die Rechtsanwältin hat hierauf erklärt, sie bestehe auf einer rechtsmittelfähigen Entscheidung. Das OLG hat den Pauschgebührantrag derzeit abgelehnt. Begründung:

„Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung ist – jedenfalls derzeit – abzulehnen, weil ein etwaiger Anspruch der Antragstellerin mangels rechtskräftigen Verfahrensabschlusses nicht fällig ist. Zwar sieht die Regelung des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ausdrücklich die Möglichkeit vor, eine Pauschgebühr nicht nur für das ganze Verfahren, sondern auch für einzelne Verfahrensabschnitte zu bewilligen. Hiervon zu trennen ist indessen die Frage, wann der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr überhaupt fällig wird. Während dies – bereits auch unter Geltung der früheren Regelung in § 99 BRAGO – in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vormals unterschiedlich beurteilt wurde, besteht nunmehr im Grunde Einigkeit, dass der Anspruch auf Bewilligung einer Pauschvergütung jedenfalls bei Fortbestand der Beiordnung erst nach endgültigem, mithin rechtskräftigem Abschluss des gesamten Verfahrens entsteht (OLG Braunschweig vom 25.4. 2016 [1 ARs 9/16]; KG Berlin, NStZ-RR 2015, 296; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2006, 224; OLG Köln, RVGreport 2006, 148; OLG Hamm, StraFo 1996, 189; ThürOLG, StraFo 1997, 253; OLG Bamberg, JurBüro 1990, 1282; Gerold/Schmidt-Burhoff, RVG, 22 Aufl., § 51 Rn. 53 und Burhoff, RVG, 2. Aufl., § 51 RVG Rn. 61). Soweit zuletzt noch das Kammergericht (JurBüro 2011, 254) sowie das Oberlandesgericht Braunschweig (JurBüro 2001, 308) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hatten, wurde hieran mit den zuvor benannten Entscheidungen ausdrücklich nicht mehr festgehalten.“

Also: Noch nichts (endgültig) verloren, nur derzeit gibt es eben keine Pauschvergütung.

Jedes Ding hat nun aber mal zwei Seiten. So auch hier. Denn einerseits ist die Rechtsprechung, die die Fälligkeit des Pauschgebühranspruchs an den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens knüpft zu begrüßen, weil sie für den Pflichtverteidiger günstig ist, da damit auch der Zeitpunkt der Verjährung des Pauschgebühranspruchs hinausgeschoben wird. Andererseits ist aber die Rechtsprechung nachteilig, da – wie auch der vorliegende Fall zeigt – der Zeitpunkt, wann über eine Pauschgebühr entschieden und der Verteidiger eine ggf. angemessere Bezahlung enthält, hinausgeschoben wird. Dem kann der Pflichtverteidiger nur dadurch begegnen, dass er ggf. nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG einen Antrag auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine zu erwartende Pauschgebühr zu stellt Insoweit ist aber zu beachten, dass er einen solchen Antrag eingehend begründen muss. Dazu ist es nach der Rechtsprechung des BVerfG regelmäßig erforderlich, dass dargelegt wird, warum ein Abwarten auf die Gewährung einer Pauschgebühr trotz des Anspruchs auf einen Vorschuss auf die gesetzlichen Gebühren nach § 47 Abs. 1 RVG nicht zumutbar ist (so BVerfG NJW 2005, 3699). Dazu ist, was Verteidiger häufig scheuen, eine detaillierte Einnahmen- und Ausgabenaufstellung ihres Kanzleibetriebs vorzulegen ist, weil nach Auffassung des BVerfG nur dadurch das OLG in der Lage ist zu prüfen, ob angesichts der wirtschaftlichen Situation dem Pflichtverteidiger ein weiteres Zuwarten auf eine Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann.