Archiv für den Monat: November 2015

Beaufsichtigung von Kindern – wie hafte ich?

entnommen wikimedia.org Urheber Krd

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Das OLG Koblenz, Urt. v. 20.07.2015 – 12 U 83/15 – befasst sich mit der Frage der Haftung bei Beaufsichtigung eines Kindes, wenn es durch das Verhalten des Kindes zu einem Schaden kommt. Nach dem Sachverhalt ist es im September 2011 zu einem Schadensereignis im Straßenverkehr gekommen. Die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. befanden sich mit zwei minderjährigen Kindern von Bekannten der Beklagten zu 1. auf einem Kinderspielplatz. Während des Spielens verließ eins der Kinder, ein zweieinhalbjähriges Mädchen, die A, unbemerkt den Spielplatz. Nachdem sie sich auf dem Y-Weg kurzfristig zwischen parkenden Fahrzeugen aufgehalten hatte, versuchte A die Straße zu überqueren, um zurück zu dem Spielplatz zu gelangen. Bei diesem Versuch wurde sie von dem Fahrzeug der Versicherungsnehmerin der Klägerin des Verfahrens Frau B erfasst. In der Folgezeit leistete die Klägerin/Versicherung an Frau B Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 5.109,58 €, deren Erstattung sie dann mit der Klage verlangt hat. Und die Klage hatte – teilweise – Erfolg:

„Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. gemäß § 832 Abs. 2 BGB die Führung der Aufsicht über das Kind A übernommen hat. Die Beklagte zu 1. haftet bereits aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für die eingetretenen Unfallfolgen. Allein die tatsächliche Beaufsichtigung des Kindes A begründete die Verpflichtung der Beklagten zu 1., Dritte vor Schäden tunlichst zu bewahren (OLG Celle in NJW-RR 1987, 1384; OLG Naumburg in NJW-RR 2013, 1109). Hierbei war die Beklagte zu 1. als Verkehrssicherungspflichtige auch für solche Gefahren verantwortlich, die bei einem nicht ganz fernliegenden bestimmungswidrigen Verhalten entstehen konnten (BGH VI ZR 202/76, Urteil vom 21.02.1978). Dass die Beklagte zu 1. ihrer Beaufsichtigungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, steht für den Senat außer jedem Zweifel. Die Aufsichtspflicht gegenüber einem zweieinhalbjährigen Kind erfordert nach der Auffassung des Senats, sich stets in unmittelbarer Nähe zum Kind zu befinden und dies nicht aus den Augen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als der Spielplatz im vorliegenden Fall nicht abgeschlossen und somit nicht gegen ein unbemerktes Verlassen abgesichert war.

Anders als das Landgericht sieht der Senat allerdings eine Mithaftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin gemäß § 7 StVG als gegeben an. Die Klägerin kann sich nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG auf das Vorliegen höherer Gewalt berufen. Als höhere Gewalt i. S. dieser Vorschrift kommen nur von außen wirkende betriebsfremde Ereignisse aufgrund elementarer Naturkräfte oder verursacht durch Handlungen dritter Personen in Betracht (m. w. N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 7 StVG Rn. 34). Zu dem Erfordernis, dass das Ereignis von außen kommt, muss noch das Merkmal der Außergewöhnlichkeit hinzutreten (BGH in NJW 1953, 184). Mangels Außergewöhnlichkeit stellen daher selbst grobe Verkehrsverstöße anderer Verkehrsteilnehmer keine höhere Gewalt dar. Ein geradezu „klassisches Beispiel“ hierfür ist das vorliegend gegebene plötzliche Betreten der Fahrbahn durch ein zuvor nicht wahrnehmbares Kind (parkende Pkw). Der Senat sieht auch das Verschulden der Beklagten zu 1. als nicht so gravierend an, dass die Betriebsgefahr des von der Versicherungsnehmerin der Klägerin geführten Pkw vollständig zurücktritt. Im Ergebnis bringt der Senat die Betriebsgefahr mit 1/4 anspruchsmindernd in Ansatz. Ausgehend von einer unstreitigen Gesamtschadenshöhe in Höhe von 5.109,58 € war die Beklagte zu 1. folglich zur Zahlung von 3.832,18 € zu verurteilen.“

Aus der Kurve getragen – Anscheinsbeweis

© Thaut Images - Fotolia.com

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Die Motorradsaison dürfte inzwischen für 2015 weitgehend beendet sein, ich denke, dass im Winter nur „wirkliche Fans“ Motorrad fahren. Aber dennoch will ich, quasi zum Abschluss der Saison 2015, noch eine Motorradentscheidung posten. Es handelt sich um das OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2015 – 9 U 131/14 -, von dem ich nur die Leitsätze einstelle. Aus denen ergibt sich im Übrigen auch der maßgebliche Sachverhalt, der OLG-Urteil wegen einer Bezugnahme auf die landgerichtlichen Gründe nicht näher zu entnehmen ist.

Die Leitsätze lauten:

  1. Wird ein Motorradfahrer in einer Rechtskurve zu weit nach links getragen, und vollzieht er deutlich jenseits der gedachten Fahrbahnmitte eine Vollbremsung, sodass es letztlich auf der Gegenfahrbahn mit einem seinerseits im Bereich der Mitte seiner Fahrspur fahrenden Motorrad zu einer Kollision kommt, lässt dies typischerweise auf einen Fahrfehler des Führers des seine Fahrspur verlassenden Motorrades schließen.
  2. Dass dieser Fahrzeugführer lediglich auf ein in der Annäherung seinerseits auf der Gegenfahrbahn fahrendes Fahrzeug im Gegenverkehr reagiert, ist ein atypischer Geschehensablauf, der von dem Fahrzeugführer darzulegen und zu beweisen ist.

 

Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht beim Nebenkläger?

© AllebaziB - Fotolia

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Ich stöbere ja immer auch im Rechtspflegerforum und beteilige mich da auch an den Diskussionen – mit Klarnamen 🙂 . Daher kann ich dann hier auch immer mal auf Fragen/Probleme zurückgreifen, auf die ich da gestoßen bin. So dann folgendes Posting:

„Guten Morgen,
ich habe folgendes Problem:

Der Nebenklägervertreter im Verfahren wird 2012 tätig und stellt einen Antrag auf Beiordnung. Dieser wird im Feb. 2012 zurückgewiesen. Die eingelegte Beschwerde wird zurückgenommen.

Das Verfahren zieht sich hin. Im Termin am 28.04.2014 beantragt der Nebenkägervertreter (erneut) seine Beiordnung. Im Protokoll steht, dass festgestellt wird, dass der Antrag von der früheren Vorsitzenden zurückgewiesen wurde. Jetzt erklärt die STA, dass sie keine Bedenken habe.

Am Ende der Sitzung wird dem Nebenkäger der RA beigeordnet.

Dieser macht nun neben der Grundgebühr und Verfahrensgebühr auch die Vorverfahrensgebühr und eine Terminsgebühr vom 19.2.2014 geltend.

Die Frage ist, ob altes oder neues Gebührenrecht Anwendung findet und ob er nicht erst die Gebühren geltend machen kann, die ab dem 28.4.2014 entstanden sind.

Und gilt die Beiordnung des NK Vertreters auch in die nächsten Instanzen bis zur Revision vor dem OLG ?“

Im Grunde ein Fragenbündel….

Terminierungstheater, oder: Nichts anderes zu tun?

© psdesign1 - Fotolia.com

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Unverständlich – jedenfalls für mich – ist das Verhalten des Amtsrichters in einem Verfahren, in dem jetzt betreffend die Entpflichtung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger das LG Lüneburg das letzte Wort gesprochen hat.

Es geht um den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Am 27.05.2015 wird ein Strafbefehl erlassen, am 30.06.2015 legt der damalige Wahlanwalt das Mandat nieder. Der neue Verteidiger beantragt als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden, was abgelehnt wird. Das AG bittet den (neuen) Verteidiger dann um Mitteilung von freien Terminen im November, Dezember bzw. Januar. Der teilt daraufhin mit, dass er als frühest möglichen Termin Freitag, den 05.02.2016, anbieten könne. Zuvor sei er aufgrund anderer Terminierungen sowie aufgrund Urlaubsabwesenheit nicht verfügbar. Das AG terminiert daraufhin jedoch auf den 24./25. und 27.11.2015 und beruft sich auf den Beschleunigungsgrundsatz.

Der Verteidiger legt dann namens des Angeklagten gegen den die Beiordnung ablehnenden Beschluss Beschwerde ein, der das AG abhilft und den Recchtanwalt beiordnet. Mit Schreiben vom 19.10.2015 beantragt der Verteidiger dann, die bereits anberaumten Termine aufzuheben und für den 05.02.2016, ggfs. zusätzlich für Freitag, den 12.02.2106, zu terminieren. Das AG fordert den Pflichtverteidiger erneut auf, Termine im Zeitraum November 2015 bis Januar 2016 anzubieten. Andernfalls stehe eine Entpflichtung im Raum. Zusätzlich zu den bereits genannten Terminen bietet der Pflichtverteidiger nunmehr Termine am Freitag, den 29.01.2016 und am Mittwoch, den 02.03.2016, an. Es wird dann der Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger entpflichtet und ein anderer Rechtsanwalt zum Verteidiger bestellt.

Auf die Beschwerde des Angeklagten sagt das LG Lüneburg im LG Lüneburg, Beschl. v. 10.11.2015 – 31 Qs 19/15: So nicht, und zwar mit folgender Begründung:

„Die Verhinderung des Verteidigers in Terminen vor Ende Januar 2016 vermag im konkreten Fall eine Ausnahme nicht zu rechtfertigen.

Der Verteidiger hat Verhandlungstermine zwar erst für Ende Januar, noch dazu vorwiegend an Freitagen benannt. Es ist aber im konkreten Fall nicht erkennbar, dass diese Termine für sich genommen nicht ausreichen würden, um das Verfahren ordnungsgemäß zu fördern. Dabei muss die Kammer berücksichtigen, dass das Amtsgericht für die Vernehmung der Zeugen einen Zeitraum von etwa 5 Stunden als ausreichend angesehen hat wie sich aus der Ladung ergibt. Der Verteidiger hat mittlerweile immerhin vier Termine benannt, so dass nicht erkennbar ist, dass die Verhandlung binnen dieser Termine nicht gemessen an der eigenen Planung des Amtsgerichts zum Abschluss gebracht werden könnte.

Diese Termine kommen auch nicht zu spät, so dass der Beschleunigungsgrundsatz eine Entpflichtung des Verteidigers rechtfertigen könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das Recht des Angeklagten auf den Verteidiger seiner Wahl mit dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot abzuwägen. Danach kommt eine Entpflichtung gerade in den Fällen in Betracht, wo die Rücksichtnahme auf Terminierungsschwierigkeiten des Verteidigers mit dem Recht eines inhaftierten Mitangeklagten auf eine beschleunigte Verfahrensdurchführung kollidiert (BVerfG, Beschl. v. 24.07.2008, 2 BOR 1146/08, juris). Hier handelt es sich aber weder um eine Haftsache, noch gibt es Mitangeklagte, deren Verfahrensrechte zu berücksichtigen sind. Zwar gilt das Beschleunigungsgebot auch ohne derartige Umstände. Im konkreten Fall vermag die Kammer aber nicht zu erkennen, dass das Beschleunigungsgebot eine Verhandlung noch beginnend am 24.11.2015, statt – wie vom Verteidiger angeboten – am 29.01.2016, also knapp zwei Monate später gebietet.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Ermittlungsverfahren bereits im Mai 2014 begann und der Strafbefehl bereits vom Mai 2015 datiert. Das Amtsgericht selbst hat dann den Verteidiger um Mitteilung von Terminen bis einschließlich Januar 2016 gebeten D.h. es hat selbst die Möglichkeit einkalkuliert, dass das Verfahren erst im nächsten Jahr begonnen werden kann. Damit hat es auch zu erkennen gegeben, dass eine besondere Eilbedürftigkeit nicht vorliegt. Vor diesem Hintergrund ist eine Entpflichtung um den Preis eines Zeitgewinns von nur zwei Monaten nicht zu rechtfertigen.

Die Kammer hat auch geprüft, ob besondere Umstände in der Person der Zeugen begründet sein können (baldige Verhinderung für einen längeren Zeitraum, abnehmendes Erinnerungsvermögen durch-Zeitablauf), solche aber nicht erkennen können.

Es liegen auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und seinem früheren Pflichtverteidiger nicht besteht. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich der Angeklagte auf ein Gespräch mit der ihm vom Gericht beigeordneten neuen Pflichtverteidigerin eingelassen hat. Er konnte nicht davon ausgehen, dass es ihm noch auf ein Rechtsmittel hin ermöglicht wird, sich von seinem Verteidiger seiner Wahl vertreten zu lassen. Er war daher gehalten, mit seiner neuen Verteidigerin den bald anberaumten Hauptverhandlungstermin vorzubereiten. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass der Angeklagte den Wunsch, sich von dem von ihm selbst ursprünglich ausgewählten Pflichtverteidiger vertreten zu lassen, aufgegeben hätte.“

Wenn man den Verfahrensablauf sieht, fragt man sich – jedenfalls frage ich mich das – was das „Terminierungstheater“ eigentlich soll und/oder, ob der Amtsrichter eigentlich nichts anderes zu tun hat, als mit dem Verteidiger um den Hauptverhandlungstermin zu streiten. Einen nachvollziehbaren Grund für das Prozedere kann ich nicht erkennen. Außer vielleicht, dass der Amtsrichter den Verteidiger nicht mag. Aber das ist kein – nachvollziehbarer – Grund für das Verhalten. Aber vielleicht hat ja der ein oder andere Leser eine Erklärung…..

Rechtsmittel per Email? – Finger weg!!!!

© Spencer - Fotolia.com

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Die technische Entwicklung der Kommunikationsmöglichkeiten schreitet rapide voran. Für den Rechtsanwalt stehtstand am 01.01.2016 das besondere elektronische Anwaltspostfach vor der Tür. Aber dennoch ist noch immer davon abzuraten, ein Rechmittel durch E-Mail einzulegen. Das ist das Fazit aus dem LG Münster, Beschl. v. 12.10. 2015 – 2 Qs 89 Js 1834/15 – 76/15. Da hatte der Betroffene in NRW bei der Verwaltungsbehörde gegen einen von dieser erlassenen Bußgeldbescheid ohne qualifizierte Signatur elektronisch Einspruch eingelegt. Das AG hatte den Einspruch nach § 70 Absatz 1 OWiG als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg.

„Gemäß § 67 Absatz 1 OWG muss ein Einspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, erklärt werden.

110a Absatz 1 Satz 1 OWiG erweitert den Anwendungsbereich des § 67 Absatz 1 OWiG nur für solche elektronischen Dokumente, die eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz aufweisen.

Eine E-Mail ohne Signatur nach dem Signaturgesetz wahrt auch nicht nach § 110a Absatz 1 Satz 2, .Absatz 2 OWiG die Form des § 67 OWiG, da in Nordrhein-Westfalen von der Verordnungsermächtigung gemäß § 110a Absatz 2 OWG für .den Bereich der Ordnungswidrigkeitenverfahren bisher kein Gebrauch gemacht worden ist.

Eine analoge Anwendung des § 110 a OWiG auf E-Mails ohne Signatur scheidet aus, da insoweit keine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Wie aus der Gesetzesbegründung zur vergleidhbaren Vorschrift des § 130a ZPO (Seite 44 der Gesetzesbegründung, Bundeitagsdrucksache 15/4067) ersichtlich ist, wollte es nämlich der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen, ob eine Email ohne Signatur die Form wahrt.

Eine unbewusste Regelungslücke ergibt sich für den Bereich des Ordnungswidrigkeitertrechts auch nicht aus dem Umstand, daSs nach herrschender Meinung der Einspruch anders als Schriftsätze in anderen Verfahrensordnungen nicht unterzeichnet werden muss (Krenberger, Anmerkungen zu LG Fulda, Az. 2 Qs 65112, Beschluss vom 02. Juli 2012, veröffentlicht bei juris). Denn aus der Gesebesbegründung zu § 110a OWiG (Bundestagsdrucksache 15/4067, Seite 45) folgt, dass der Gesetzgeber sich auch dieses Umstandes bewusst war.

Allerdings wird in der Literatur eine richterliche Rechtsfortbildung dahin befürwortet, die Einlegung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid per E-Mail ohne Signatur nach dem Signaturgesetz als zulässig anzusehen (Seitz in: Göhler, OWiG, 16. Auflage, § 67 OWiG Rz. 22a m.w.N.; Krenberger, a.a.O.); die hierzu bisher ergangene Rechtsprechung hat sich aber dieser Ansicht zu Recht nicht .angeschlossen (LG Fulda, Az. 2 Qs 65/12, Beschluss vom 02. Juli 2012, veröffentlicht bei juris; zur Rechtsbeschwerde entsprechend: OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.04.2011, Az.: 2 SsRs 294/11, juris-Rz. 7f.).

Einer entsprechenden richterlichen Rechtsfortbildung stehen sowohl Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses, wie er durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Beschluss vom 05.04.2000, Az.: Gms-OGB 1/98, NZA 2000, 959 (960)) formuliert ist und auf den die Gesetzesbegründung zur vergleichbaren Regelung des § 130a Absatz 2 ZPO ausdrücklich Bezug nimmt, als auch die Gesetzessystematik entgegen.

E-Mails genügen der Schriftform nicht, da sie weder ein beim Absender erstelltes Originalschriftstück voraussetzen noch zwingend eine urkundliche Verkörperung am Empfangsort erfahren (OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.04.2011, Az.: 2 SsRs 294111, juris-Rz. 7).“

Die Entscheidung entspricht der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur in dieser Frage. Die stellt sich im Übrigen ja nicht nur im Bußgelddverfahren für den Einspruch, sondern auch für anderer Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, wie z.B. Berufung oder Rechtsbeschwerde. Die (obergerichtliche) Rechtsprechung lehnt Email an der Stelle jedoch ab. Sie geht (auch) davon aus  dass die Einlegung eines Rechtsmittels durch E-Mail so lange unzulässig ist, wie das Einreichen von „elektronischen Dokumenten“ nicht durch eine Verordnung i.S.d. § 41a Abs. 2 StPO geregelt ist. Das ist aber bisher nur in Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Saarland und Thüringen (teilweise) der Fall. Weitere Bundesländer haben zunächst nur Ermächtigungen erlassen (vgl. dazu § 41a Abs. 2 Satz 2 StPO). Also: Finger weg!

Steht übrigens auch so im „Handbuch Ermittlungsverfahren“ und im „Handbuch Hauptverhandlung„.