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Aus der Kurve getragen – Anscheinsbeweis

© Thaut Images - Fotolia.com

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Die Motorradsaison dürfte inzwischen für 2015 weitgehend beendet sein, ich denke, dass im Winter nur „wirkliche Fans“ Motorrad fahren. Aber dennoch will ich, quasi zum Abschluss der Saison 2015, noch eine Motorradentscheidung posten. Es handelt sich um das OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2015 – 9 U 131/14 -, von dem ich nur die Leitsätze einstelle. Aus denen ergibt sich im Übrigen auch der maßgebliche Sachverhalt, der OLG-Urteil wegen einer Bezugnahme auf die landgerichtlichen Gründe nicht näher zu entnehmen ist.

Die Leitsätze lauten:

  1. Wird ein Motorradfahrer in einer Rechtskurve zu weit nach links getragen, und vollzieht er deutlich jenseits der gedachten Fahrbahnmitte eine Vollbremsung, sodass es letztlich auf der Gegenfahrbahn mit einem seinerseits im Bereich der Mitte seiner Fahrspur fahrenden Motorrad zu einer Kollision kommt, lässt dies typischerweise auf einen Fahrfehler des Führers des seine Fahrspur verlassenden Motorrades schließen.
  2. Dass dieser Fahrzeugführer lediglich auf ein in der Annäherung seinerseits auf der Gegenfahrbahn fahrendes Fahrzeug im Gegenverkehr reagiert, ist ein atypischer Geschehensablauf, der von dem Fahrzeugführer darzulegen und zu beweisen ist.

 

Motorradfahrer rutscht auf Rollsplitt aus – Gemeinde haftet

entnommen wikimedia.org Urheber: Bundesrepublik Deutschland

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Heute ist Samstag, und damit „Bunter- Kessel-Tag“ bzw. Zeit u.a. für verkehrszivilrechtliche Entscheidungen. Und eröffnen will ich mit dem OLG Schleswig, Urt. v. 18.06.2015 – 7 U 143/14. Von dem gibt es leider bislang aber immer noch nicht mehr als die  PM Nr. 8/2015 des OLG Schleswig vom 15.07.2015. Auf den Volltext warte ich seitdem, er erscheint aber nicht. Ich weiß gar nicht, was die da machen in Schleswig 🙂 . Nun wird es aber Zeit für das Urteil, das es m.E. einen saisonalen Hintergrund hat. Es geht nämlich um eine Motorradfahrt und die Haftung einer Gemeinde bei einem Unfall eines Motorradfahrers auf Rollsplitt bei fehlendem Warnzeichen. Und da die Motorradsaison zu Ende ist bzw. zu geht, bleibt mir dann jetzt nichts anderes als auf der Grundlage der PM zu berichten. In der heißt/hieß es:

Die beklagte Gemeinde ließ auf einer Gemeindestraße Straßenausbesserungsarbeiten durch ein beauftragtes Unternehmen durchführen. Das Unternehmen verwendete unter anderem Rollsplitt. Knapp eine Woche nach Beendigung der Arbeiten ließ es die zuvor aufgestellten Warnschilder „Splitt“ und „Rollsplitt“ entfernen. Es verblieb lediglich ein Warnschild (Zeichen 101 Gefahrstelle), das mehrere Kurven vor der Unfallstelle aufgestellt war. Der Geschädigte befuhr mit seinem Motorrad Yamaha bei Tageslicht die Straße und stürzte im Bereich einer rechten Kurve auf Rollsplitt. Er hatte beim Verlassen des Kurvenbereichs sein Motorrad beschleunigt. Er erlitt unter anderem Verletzungen an der Hand und am Knie und wurde in der Folge dreimal operiert. Er verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Gemeinde.

Die Gemeinde haftet als Träger der Straßenbaulast auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Auch wenn sie die konkret durchzuführenden Arbeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen hat, behält sie ihre Aufsichts- und Überwachungspflichten, die sie hier verletzt hat. Denn das beauftragte Unternehmen hat nach Durchführung der Bauarbeiten die auf Rollsplitt hinweisenden Schilder mit Ausnahme des Schildes ein paar Kurven vor der Unfallstelle unmittelbar vor dem Unfall abbauen lassen. Der Rollsplitt war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Weise beseitigt, dass keine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer mehr bestand. Jedoch trifft den Motorradfahrer haftungsrechtlich ein Mitverschulden. Das Mitverschulden ergibt sich aus der von dem Motorrad ausgehenden Betriebsgefahr, die durch einen Fahrfehler des Motorradfahrers erhöht wurde. Denn der Motorradfahrer hat sein Motorrad im Kurvenbereich zum Beschleunigen hochgeschaltet und damit eine vermeidbare Gefahrerhöhung geschaffen. Zwar war der auf der Straße befindliche Rollsplitt für den Motorradfahrer vor und bei Befahren der Rechtskurve optisch nicht erkennbar. Jedoch hätte für den Motorradfahrer das ein paar Kurven vor der Unfallstelle auf eine Gefahrenstelle hinweisende Verkehrszeichen Anlass sein müssen im Bereich der Rechtskurve das Motorrad nicht zu beschleunigen. Das Schild hätte Warnung sein müssen, dass auch mit einigem zeitlichen Abstand noch Gefahrenstellen auftreten können. Zudem war aufgrund des optischen Eindrucks für den Benutzer der Straße erkennbar, dass im Unfallbereich Ausbesserungsarbeiten stattgefunden hatten, die zu besonderer Vorsicht hätten Anlass geben müssen. Denn der ausgebesserte Bereich war deutlich dunkler gefärbt als der übrige Straßenbelag. Das Mitverschulden des Motorradfahrers führt zu einer Haftungsverteilung von 1/3 zu seinen Lasten und 2/3 zu Lasten der Gemeinde. Neben 2/3 der materiellen Schäden unter anderem an Helm und Motorrad erhält der Motorradfahrer ein Schmerzensgeld in Höhe von 4000 Euro.“