Archiv für den Monat: März 2011

Pauschgebühr vom BGH, wann gibt es sie?

Der BGH ist ja nur zuständig für Pauschgebühren, die für die Revisionshauptverhandlung anfallen, da ist er dann m.E. aber großzügiger als die OLG.

Das macht m.E. BGH, Beschl. v. 21.02.2011 – 1 StR 579/09 deutlich, in dem der BGH 2.000 € gewährt hat, und zwar im wesentlichen mit der Begründung: der Verteidiger musste sich mit umfangreichen und schwierigen Fragestellungen aus dem Betäubungsmittelstrafrecht befassen, die bis dahin noch nicht einmal in der Kommentarliteratur erörtert worden waren (vgl. BGH, Urt. v. 02.11.2010 – 1 StR 579/09 und dazu unseren Beitrag) und in der Revisionshauptverhandlung sind zwei Sachverständige zur Wirkungsweise der verfahrensgegenständlichen Medikamente gehört worden. Kein Wort zur Frage der Zumutbarkeit.

Wochenspiegel für die 13. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten – jetzt immer Sonntags – was aus der vergangenen Woche berichtenswert ist:

  1. Gutes Ergebnis beim Jugendrichter.
  2. Über die Öffentlichkeitsarbeit der Strafverfolger.
  3. Über unverbrauchte Zeugen.
  4. Über Einspruchsrücknahme nur mit Vollmachtsurkunde?
  5. Über PoliscanSpeed, oder auch hier.
  6. Über ein Autorennen.
  7. Über das schwer verständliche Verhalten einer RSV.
  8. Über die Haftung von Eilrichtern.

Immer wieder: Nicht ausreichende Begründung der Verfahrensrüge

Ein verfahrensrechtlicher Dauerbrenner sind die mit der ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge zusammenhängenden Fragen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dort werden immer wieder Fehler gemacht bzw. dort wird immer wieder vom BGH nicht ausreichender Vortrag moniert.

So auch in BGH, Beschl. v. 13.01.2011 – 3 StR 337/10.  Es war die Aufklärungsrüge erhoben. Der BGH dazu: Eine Aufklärungsrüge gegen die Nichteinführung von im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gewonnener Verkehrsdaten im Wege des Urkundsbeweises ist wegen unzureichender Begründung unzulässig, wenn im Rahmen der Revision nicht der Wortlaut der Urkunde mitgeteilt wird, deren Nichteinführung in den Prozess beanstandet wird. Andernfalls kann durch das Revisionsgericht nicht überprüft werden, ob die Verlesung überhaupt geeignet gewesen wäre, etwas zur Sachaufklärung beizutragen. Die Darstellung des Urkundeninhalts wird auch nicht deswegen entbehrlich, wenn hilfsweise die Vernehmung eines Zeugen zum selben Beweisthema beantragt wird, der allein Angaben zu den in der Urkunde enthaltenen Auskünften des Dienstanbieters machen soll.

Im Übrigen: Es war die Rüge der StA 😉

Störung der Einsichtsfähigkeit/Fehlen der Einsicht

Ob nur eine Störung der Einsichtfähigkeit vorliegt oder die Einsicht in das Unrecht insgesamt fehlt, ist ein entscheidender Punkt, der über die Anordnung eines Maßnahme nach § 63 StGB entscheidet. Dazu der BGH, Beschl. v. 24.02.2011 – 2 StR 461/10, in dem es heißt:

„Zwar führt die Strafkammer zunächst aus, aufgrund der diagnostizierten Erkrankung sei die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten im Tatzeitpunkt zumindest gravierend gestört gewesen und es sei darüber hinaus nicht auszuschließen, dass ihre Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 20 StGB aufgehoben war (UA 7). Damit wären die Voraussetzungen einer Anordnung nach § 63 StGB gegeben. In der Folge legt das Landgericht jedoch dar, der Sachverständige, dessen Ausführungen es in der Begründung und im Ergebnis folge, habe festgestellt, dass die Angeklagte bei Begehung der Tat unter Wahnvorstellungen gelitten habe, weshalb ihre Einsichtsfähigkeit gestört gewesen sei (UA 14). Damit aber scheidet nach ständiger Rechtssprechung die Anwendung des § 21 StGB aus, weil der Täter bei möglicherweise nur erheblicher Verminderung der Einsichtsfähigkeit das Unerlaubte erkennt, die Einsicht also tatsächlich hat (Fischer, StGB 58. Aufl. § 21 Rn. 3 mwN). An eine bloße Verminderung der Einsichtsfähigkeit, die nicht zum Fehlen der Einsicht geführt hat, kann eine Maßregel nach § 63 StGB nicht geknüpft werden (BGHSt 34, 22, 26 f.; NStZ-RR 2007, 73; Senatsbeschluss vom 18. August 2010 – 2 StR 311/10). Diese durch das Revisionsgericht nicht ausräumbaren Widersprüche führen zur Aufhebung des Urteils, soweit die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.“

Richtervorbehalt bei der Blutentnahme – die Diskussion ist (nicht) zu Ende…

allerdings in Sachsen-Anhalt wohl, wenn man OLG Naumburg, Urt. v. 07.02.2011 – 1 Ss 38/10 liest. Denn nach Auffassung des OLG besteht für den Geschäftsbereich des Oberlandesgerichts Naumburg aufgrund des eher geringen Fallaufkommens kein Bedürfnis für die Einrichtung eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes. Daher folge aus dem Fehlen eines nächtlichen richterlichen Bereitschaftsdienstes bei Anordnung der Blutprobenentnahme durch Ermittlungspersonen zu einem Zeitpunkt außerhalb der Dienstzeit des eingerichteten richterlichen Bereitschaftsdienstes kein Beweiserhebungsverbot.

Na ja, die Entscheidung beißt sich m.E. an der ein oder anderen Stelle mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Unzulässigkeit genereller Anordnungen, aber: Der Zug fährt erkennbar in die andere Richtung. Zwar leider falsch, aber: Manches kann man nicht ändern.