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Revision: Dafür brauche ich eine Beschwer…

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Der BGH, Beschl. v. 09.05.2012 – 4 StR 649/11 – behandelt mal wieder zwei Fragen, die im Revisionsrecht immer wieder eine Rolle spielen. Ausgangspunkt ist ein Urteil des LG, in dem dieses es abgelehnt hat, den Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.  Gegen dieses Urteil hat der Beschuldigte beim LG Revision eingelegt. Mit Beschluss vom 31. 10. 2011 hat das LG die Revision des Beschuldigten als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht in der vorgeschriebenen Form begründet worden ist. Gegen diesen Beschluss hat der Beschuldigte „Einspruch“ eingelegt.

Dazu der BGH:.

1. Frage: LG war zur Verwerfung nicht zuständig

Der als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts auszulegende (§ 300 StPO) „Einspruch“ des Beschuldigten gegen den Beschluss vom 31. Ok-tober 2011 ist zulässig, hat aber im Ergebnis keinen Erfolg.
Allerdings führt er zur Aufhebung des Beschlusses, mit dem das Landgericht die Revision als unzulässig verworfen hat. Zu dieser Entscheidung war das Landgericht nicht befugt. Seine Befugnis zur Verwerfung der Revision ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen und Fristen nicht gewahrt hat (§ 346 Abs. 1 StPO). Kann sich die Unzulässigkeit der Revi-sion aus einem anderen Grund ergeben, so hat allein das Revisionsgericht zu entscheiden, das sich nach § 349 Abs. 1 StPO umfassend mit dem Gesamt-komplex der Zulässigkeit befassen muss. Dies gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- und Fristeinhaltung zusammentrifft (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2006 – 4 StR 375/06, NJW 2007, 165 m.w.N.;BGH, Beschluss vom 31. März 2010 – 2 StR 31/10; Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 346 Rn. 3 m.w.N.). Da hier auch eine Verwerfung der Revision man-gels Beschwer des Beschuldigten zu prüfen ist, obliegt die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsmittels dem Revisionsgericht.

2. Frage: In der Sache bringt es aber nichts, denn:

Die Revision ist unzulässig. Da das Landgericht von einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgesehen hat, ist der Beschuldigte durch diese Entscheidung nicht beschwert (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1979 – 2 StR 743/78, BGHSt 28, 327, 330 ff.; Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4, 7). Eine Beschwer ist Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels (BGH, Beschluss vom 24. November 1961 – 1 StR 140/61, BGHSt 16, 374, 378 f.). Sie muss sich aus dem Urteilsspruch selbst ergeben, nicht aus den Gründen des Urteils (BGH, Urteil vom 18. Januar 1955 – 5 StR 499/54, BGHSt 7, 153; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. vor § 296 Rn. 11 m.w.N.). …

„Iranern sitzt das Messer zu locker“…..

Die Äußerung: „Iranern sitzt das Messer zu locker“ oder so ähnlich fällt in einem Strafverfahren wegen versuchten Totschlags während einer Vorbesprechung zwischen Berufsrichtern, Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklagevertretung. Es kommt, was kommen muss: Der die Äußerung tätigende Vorsitzende wird wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Antrag wird – fast ist man geneigt zu schreiben: was kommen musste – zurückgewiesen mit der Begründung , die Äußerung des Vorsitzenden sei als erkennbar scherzhaft in gelockerter Gesprächsatmosphäre zu bewerten (na ja :-(). An dem Zurückweisungsbeschluss ist der Vorsitzende nicht beteiligt. Der Beschluss ist dann aber Anlass für eine Ablehnung der Beisitzer mit der Begründung der Vernachlässigung einer abweichenden Bewertung durch einen beim Vorgespräch anwesenden Verteidiger und einer daraus vom Angeklagten geschlossenen Billigung der zuvor beanstandeten Äußerung des Vorsitzenden. An dem Beschluss ist der Vorsitzende jetzt wieder beteiligt.

Der BGH hat das im BGH, Beschl. v. 27.10.2011 – 5 StR 376/11 beanstandet:

Ungeachtet dessen, dass seitens der Strafkammer wiederholte Richterablehnungen – für den Senat nachvollziehbar – als besonders lästig und auf-hältlich empfunden worden sein mögen, hat das Landgericht auch diesen zweiten Antrag zutreffend nicht als unzulässig bewertet. Daher haben die abgelehnten beisitzenden Richter an der Beschlussfassung nach § 27 Abs. 1 StPO auch nicht mitgewirkt. Der Beschluss über das zweite Ablehnungsgesuch erging nun aber unter dem Vorsitz des in dem zuvor gestellten Gesuch abgelehnten Schwurgerichtsvorsitzenden.

2. Das wird von der Revision mit Recht als unvertretbar erachtet.

Auch der Vorsitzende hätte wegen des engen sachlichen Zusammen-hangs beider Ablehnungsanträge nach zutreffendem Verständnis des § 27 Abs. 1 StPO – und zwar ungeachtet der Erfolglosigkeit des ersten Antrags und ohne Rücksicht auf eine inhaltliche Bewertung der Richterablehnungen – an der Beschlussfassung über den zweiten Antrag offensichtlich nicht mitwir-ken dürfen (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 – 5 StR 500/05, BGHR StPO § 27 Entscheidung 3). Denn im Zentrum der Entscheidungsfindung stand weiterhin die Bewertung seiner Äußerung in der Vorbesprechung, die Anlass für die erste Ablehnung gewesen war.

Unter Bedacht auf das Gebot, dass ein „Entscheiden in eigener Sache“ zu vermeiden ist (vgl. BVerfG [Kammer], NJW 2005, 3410), liegt hierin ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Ablehnungsverfahren. Dies aber begründet – nicht anders als ein entsprechender Besetzungsmangel im Rahmen unvertretbarer Anwendung des § 26a StPO (BGH, Beschluss vom 10. August 2005 – 5 StR 180/05, BGHSt 50, 216) – die Revision nach § 338 Nr. 3 StPO (vgl. schon BGH, Urteil vom 12. Februar 1998 – 1 StR 588/97, BGHSt 44, 26, 28).“

Und dann noch: „Der Senat weist ausdrücklich auf die Bedenken im Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts hin, der die bislang gegebene Begründung für den Tötungsvorsatz als unzureichend erachtet.“ Ds Urteil hätte also auch wohl aus anderem Grund keinen Bestand gehabt. Nur so ging es wahrscheinlich schneller.

BGH als „Streitschlichter“ :-)

Nicht selten wird in der Praxis, häufig nach einem Verteidigerwechsel über die Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme gestritten. Der BGH hat dazu – noch einmal – ausgeführt: Wird die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen, so ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine feststellende Erklärung zu treffen. Das Rechtsmittelgericht ist zur abschließenden Entscheidung über die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme berufen (BGH, Beschl. v. 17.02.2011 – 4 StR 691/10)

U-Haft: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte…

und das ist im OLG Oldenburg, Beschl. v. v. 24.03.2011 – 1 Ws 128/11 mit Sicherheit der Angeklagte, da das OLG den ihm geltenden Haftbefehl wegen eines Verstoßes gegen das Beschleunigungsgebot aufgehoben hat.

AG Jever und LG Oldenburg lagen/liegen im Clinch im Hinblick auf die Zuständigkeit. Das darf/kann, so das OLG, nicht zu Lasten des Angeklagten gehen, wenn dadurch z.B. die Eröffnung um mehrere Monate verzögert wird.

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen…

so heißt es – glaube ich – bei Aschenputtel (keine Angst Kollegin Rueber, ich fange jetzt nicht auch mit der Exegese von Sprichwörtern an :-). Nur: An den Spruch hatte ich gedacht, als ich vor einigen Tagen bei LexisNexis auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 08.01.2010 – 2 Ws 405/10 gestoßen bin, in der das OLG zu den Kriterien zur Annahme des besonderen Umfangs einer Strafsache i.S.d. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG Stellung genommen hat.

Im Beschluss heißt es:

I. Mit der 91 Seiten umfassenden Anklage vom 12.06.2009, eingegangen beim Landgericht X. am 17.06.2009, beschuldigt die Staatsanwaltschaft X.die Angeklagten der gewerbsmäßigen, bei den Angeklagten Ziff. 1 bis 3 bandenmäßigen, unerlaubten Veranstaltung eines Glückspiels in vier, drei, zwei Fällen, im Übrigen in je einem Fall. Den Angeklagten liegt zur Last, zahlreiche Unterhaltungsspielgeräte, die keine Bauartzulassung und keine Zulassungszeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt besessen hätten, ohne Erlaubnis in den von ihnen betriebenen Spielhallen zu Geldspielgeräten umfunktioniert und hierdurch hohe Einnahmen erzielt zu haben.

Mit der Anklage erstrebt die Staatsanwaltschaft neben der Verurteilung der Angeklagten auch die Einziehung der Spielgeräte, den Verfall von sichergestelltem Bargeld und die Anordnung von Wertersatz im Gesamtbetrag von rund 4 Millionen Euro bei den Angeklagten und drei Einziehungs- und Verfallsbeteiligten.

Mit Beschluss vom 23.09.2010 hat die Strafkammer das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage zur Verhandlung vor dem erweiterten Schöffengericht zugelassen. Sie ist der Auffassung, dass das Verfahren keinen besonderen Umgang i. S. von § 24 GVG aufweise, so dass eine Zuständigkeit der Großen Strafkammer nicht begründet sei…

Bei einer zusammenfassenden vorläufigen Bewertung dieser Umstände erachtet der Senat es als durchaus wahrscheinlich, dass die Hauptverhandlung in der vorliegenden rechtlich und tatsächlich schwierigen Sache den in der Literatur gelegentlich genannten „Grenzwert“ von sechs Tagen (Heghmanns in StV 2003, 14 und DRiZ 2005, 290) um ein Vielfaches überschreiten wird. Allein die Vernehmung der Zeugen kann auch bei günstigem Verlauf ohne weiteres zehn Tage in Anspruch nehmen. Der sehr erhebliche, mehrere Tage erfordernde Einarbeitungsaufwand kommt hinzu. Ein solcher Verfahrensumfang kann bei einem Amtsgericht auch nicht durch das gemäß § 29 Abs. 2 GVG erweiterte Schöffengericht aufgefangen werden, denn das erweiterte Schöffengericht nach § 29 Abs. 2 GVG ist kein gesonderter Spruchkörper mit eigenen Personalressourcen (KK-Hannich StPO 6. Auflage § 29 GVG Rn 6). Die Bestimmung erlaubt es lediglich, im Rahmen des allgemeinen schöffengerichtlichen Dezernats bei umfangreichen Verfahren einen weiteren Richter beizuziehen. Für Verfahren mit dem hier eindeutig gegebenen besonderen Umfang verbleibt es jedoch bei der Zuständigkeit der Großen Strafkammer.

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