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Urteilsgründe III: Strafaussetzung zur Bewährung, oder: Massiv und vielfach vorbestrafter Angeklagter

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Und als dritte Entscheidung zur Thematik „Urteilsgründe“ dann noch einmal das BayObLG, und zwar mit dem BayObLG, Beschl. v. 24.09.2021 – 202 StRR 98/21 – zu den Urteilsanforderungen zur Bewährungsaussetzung bei einem vielfach und massiv vorbestraften Angeklagten.

Das LG hatt (noch einmal) zur Bewährung ausgesetzt. Dem BayObLG reichen die Urteilsgründe insoweit nicht:

„Dagegen sind die Erwägungen, mit denen die Berufungskammer die Strafaussetzung zur Bewährung begründet hat, rechtsfehlerhaft.

a) Wie die Strafzumessung ist zwar auch die Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ihm steht bei der Beantwortung der Frage, ob die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen ist, weil zu erwarten ist, dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 Abs. 1 StGB), ein weiter Bewertungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung hinzunehmen hat. Das Revisionsgericht kann die Einschätzung des Tatrichters grundsätzlich nur auf Ermessensfehler und Rechtsirrtümer überprüfen (vgl. nur BGH, Urt. v. 22.07.2010 – 5 StR 204/10 = NStZ-RR 2010, 306; OLG Bamberg, Urt. v. 23.08.2016 – 3 OLG 8 Ss 58/16, bei juris – jew. m.w.N.). Selbst wenn das Revisionsgericht die Prognoseentscheidung des Tatgerichts für fragwürdig und die Auffassung der Anklagebehörde für überzeugender hält, hat es deshalb die subjektive Wertung der Strafkammer, soweit sie vertretbar ist und deshalb neben anderen abweichenden Meinungen als gleich richtig zu bestehen vermag, auch dann zu respektieren, wenn eine zum gegenteiligen Ergebnis führende Würdigung ebenfalls rechtlich möglich gewesen wäre. Die Entscheidung des Tatrichters, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nach § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung auszusetzen, ist mithin vom Revisionsgericht, sofern keine Rechtsfehler vorliegen, bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen, weil allein der Tatrichter sich aufgrund des persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung und der Würdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten eine Überzeugung davon verschaffen kann, ob zu erwarten ist, dass sich der Angeklagte in Zukunft auch ohne Strafverbüßung straffrei führen wird (stRspr., vgl. nur OLG Bamberg a.a.O.; BayObLG, Urt. v. 15.07.2004 – 5St RR 182/04 = NStZ-RR 2004, 336; Fischer StGB 68. Aufl. § 56 Rn. 11 m.w.N.).

b) Ein sachlich-rechtlicher Mangel liegt allerdings dann vor, wenn der Bewährungsentscheidung ein im Gesetz nicht vorgesehener Maßstab zugrunde gelegt wird, die Anforderungen an eine günstige Täterprognose nach § 56 Abs. 1 StGB verkannt oder sich die Würdigung des Tatgerichts deshalb als unvollständig und damit als rechtsfehlerhaft erweist, weil sie nicht alle für die Prognoseentscheidung bedeutsamen Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen hat oder die Begründung der Strafaussetzung nicht nachprüfbar dargestellt ist.

c) Die Darlegungen des Landgerichts für seine Erwartung, der Angeklagte werde sich schon allein die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 StGB), halten angesichts dieses Maßstabs einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Für eine günstige Legalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB kommt es auf die im Zeitpunkt der tatrichterlichen Verhandlung zu bejahende Erwartung künftiger straffreier Lebensführung an, wobei für diese Erwartung eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit sprechen muss. Hierzu hat der Tatrichter eine erschöpfende individuelle Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen, die Rückschlüsse auf das künftige Verhalten des Täters zulassen. Bei einem Angeklagten, der trotz bewilligter Strafaussetzung zur Bewährung erneut straffällig geworden ist, kann vor allem dann, wenn er zeitnah nach solchen Entscheidungen und während offener Bewährung weitere Straftaten begeht, in der Regel nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass er sich anders als in der Vergangenheit verhalten wird (vgl. BGH, Urt. v. 17.05.1988 – 1 StR 138/88 = StV 1989, 15 = NStE Nr 22 zu § 56 StGB = BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 9; OLG Bamberg a.a.O.). Die Begehung von Straftaten während einer Bewährungszeit belegt vielmehr, dass die frühere Prognose falsch war, weshalb eine erneute günstige Prognose nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Gesichtspunkte infrage kommen kann (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung 6. Aufl. Rn. 212). Eine derartige Konstellation liegt hier vor, nachdem der Angeklagte in der Vergangenheit Bewährungszeiten nicht durchgestanden hat. Noch mehr gilt diese Einschätzung dann, wenn der Angeklagte – wie hier – mehrjährigen Freiheitsentzug erlitten hat und gleichwohl wieder straffällig wurde. Gegen den Angeklagten wurden bislang wegen schwerwiegender Straftaten 2 Jahre Jugendstrafe sowie insgesamt 3 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafen vollstreckt. Zwar ist in solchen Fällen eine erneute Bewährung nicht von vornherein ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 22.07.2010 – 5 StR 204/10 = NStZ-RR 2010, 306; 10.11.2004 – 1 StR 339/04 = NStZ-RR 2005, 38; Beschl. vom 04.01.1991 – 5 StR 573/90 = BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 15; OLG Bamberg a.a.O.). Indes muss es sich bei den Umständen, die der Tatrichter zum Beleg seiner Erwartung einer straffreien Lebensführung des Angeklagten in Zukunft heranzieht, um solche handeln, die zeitlich der Tatbegehung nachfolgten. Lagen die Gesichtspunkte, die bei isolierter Betrachtung für eine günstige Legalprognose sprechen können, dagegen schon im Zeitpunkt der Verwirklichung der abzuurteilenden Taten vor, sind diese grundsätzlich nicht geeignet, die durch das frühere Bewährungsversagen und die Begehung der neuen Taten trotz langjährigen Strafvollzugs indizierte negative Kriminalprognose zu entkräften (OLG Bamberg a.a.O. mit zust. Anm. Peglau, jurisPR-StrafR 1/2017 Anm. 3). Zudem muss bei massiv vorbestraften Tätern, die sich – wie der Angeklagte – viele Jahre im Strafvollzug befunden haben, den neuen Gesichtspunkten besonderes Gewicht zukommen, um trotz dieser für die Prognose äußerst negativen Indizien die Erwartung künftiger Straffreiheit begründen zu können.

bb) Derartige nachträgliche Umstände, die trotz langjährigen Strafvollzugs und der Tatsache, dass der Angeklagte erneut vielfach und wegen einschlägiger Delikte trotz bestehender Führungsaufsicht rückfällig wurde, gleichwohl die Erwartung rechtfertigen könnten, dass er sich nunmehr die jetzige Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten begehen wird, zeigt das angefochtene Urteil indes nicht in rechtsfehlerfreier Weise auf.

(1) Soweit das Landgericht die Strafaussetzung zur Bewährung auf die „neue Arbeitsstelle“ stützt, die der Angeklagte als Gebäudereiniger innehat, stellt dies bereits keinen neuen Umstand im genannten Sinne dar. Denn ausweislich der Urteilsfeststellungen befand er sich nach der letzten Haftentlassung, die im April 2015 erfolgte, bis zum Herbst 2019, also auch zu den Zeitpunkten der Verwirklichung der zahlreichen Taten, die Gegenstand der Verurteilung sowie Grundlage der einbezogenen Strafen sind, ebenfalls in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als Gebäudereiniger. Das Arbeitsverhältnis stellt damit keinen neuen Aspekt dar, der die Einschätzung zuließe, dass der Angeklagte sich hierdurch künftig von der Begehung neuer Straftaten abhalten ließe.

(2) Der Hinweis der Berufungskammer auf die nach Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten erfolgreich absolvierte „Suchttherapie“ könnte war durchaus ein nachträglich eingetretener Gesichtspunkt sein, der möglicherweise Rückschlüsse auf eine positive Legalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB zulässt. Indes sind die diesbezüglichen Feststellungen im Berufungsurteil unzulänglich. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich zwar noch hinreichend schlussfolgern, dass es sich um eine Drogenentzugstherapie handelte. Allerdings sind sowohl die Feststellungen als auch die diesbezügliche Beweiswürdigung zum Erfolg der Therapie unzulänglich. Das Berufungsurteil beschränkt sich auf die knappe Darlegung, die Therapie sei „regulär abgeschlossen“ und der Angeklagte lebe „seit gut einem Jahr drogenfrei“. Insoweit hätte sich geradezu aufgedrängt, nähere Feststellungen zur Entlassungssituation zu treffen, was etwa durch Beiziehung etwaiger Berichte der Therapieeinrichtung oder Vernehmung von Therapeuten ohne weiteres möglich gewesen wäre. Zudem bleibt im Dunkeln, aufgrund welcher Beweismittel sich die Berufungskammer davon überzeugt hat, dass der Angeklagte keine Betäubungsmittel mehr konsumiert. Überdies hat das Landgericht einen Kausalzusammenhang zwischen der früheren Drogenabhängigkeit und seiner bisherigen Delinquenz nicht in hinreichendem Maße herausgearbeitet. Sollten die in der Vergangenheit vom Angeklagten verwirklichten Straftaten zumindest teilweise in keinem Zusammenhang mit der von der Berufungskammer angenommenen Sucht gestanden haben, so müsste der Frage nachgegangen werden, inwiefern selbst eine erfolgreich absolvierte Drogenentzugstherapie überhaupt geeignet wäre, den Angeklagten von Straftaten künftig abzuhalten.“

Urteilgründe I: Bestellung von BtM im Darknet, oder: Anforderungen an die Beweiswürdigung

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Heute dann ein StPO-Tag mit der „Unterthematik“ „Anforderungen an die Urteilsgründe“.

Und ich beginne mit dem BayObLG, Beschl. v. 24.09.2021 – 202 StRR 100/21 – zu den Urteilsanforderungen an die Beweiswürdigung bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgrund einer Bestellung im Darknet.

Das LG hat den Angeklagten frei gesprochen, und dazu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

„Der Angeklagte bewohnt gemeinsam mit seinem Vater eine Wohnung in der K.-Straße 3b in C. Die Wohnung befindet sich in einem Gebäudekomplex, der teilweise auch von einem Autohaus genutzt wird. Der Eingang zur Wohnung befindet sich auf der – von der Straßenseite abgewandten – Rückseite des Anwesens. Der zur Wohnung gehörende Briefkasten befindet sich nicht im Eingangsbereich zur Wohnung, sondern auf der der Straßenseite zugewandten Gebäudeseite. Der Zeuge H. betrieb im Darknet über eine Plattform unter den Namen ‚TS‘ und ‚E-Doc‘ einen umfangreichen Handel mit Betäubungsmitteln. Die Bestellungen liefen ohne persönlichen Kontakt ausschließlich über das Internet ab. In einer bei dem Zeugen H. aufgefundenen ‚Bestellliste‘ wurden der Name und die Anschrift des Angeklagten mit einem Vermerk, der auf eine Bestellung von 100 Gramm Haschisch der Sorte ‚VL‘ schließen lässt, aufgefunden. Zudem wurde von einem Gehilfen des Zeugen H. am 09.08.2018 ein Einwurfeinschreiben mit der Nummer RR876273981DE aufgegeben und am 10.08.2018 an eine nicht mehr feststellbare Ad-resse zugestellt. Auf dem Einlieferungsbeleg vom 09.08.2018 war zu dieser Sendungs-nummer handschriftlich der Nachname Angeklagten als Adressat vermerkt.“

Die Berufungskammer hatte „sich bei der gegebenen Beweislage nicht die Überzeugung verschaffen können, dass die Bestellung tatsächlich durch den Angeklagten erfolgt war, weil außer dem Umstand, dass der Name und die Adresse des Angeklagten bei der Bestellung angegeben worden waren, keine weiteren Anhaltspunkte dafür festgestellt werden konnten, dass die Bestellung durch den Angeklagten selbst erfolgte. Ebenso wenig wurde nach Auffassung der Berufungskammer nachgewiesen, dass die auf dem Einlieferungsbeleg mit dem Namen des Angeklagten versehene Sendung tatsächlich an diesen adressiert war und diesem auch zuging. Die von der Verteidigung vorgebrachte Möglichkeit, dass die Bestellung durch eine unbekannte dritte Person unter dem Namen des Angeklagten erfolgt sei und die Sendung von dieser aus dem Briefkasten entwendet worden sein konnte, könne nicht ausgeschlossen wer-den.

Das gefällt dem BayObLG so nicht. Es hat aufgehoben:

„Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung des Landgerichts trotz des beschränkten Prüfungsmaßstabs durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Berufungskammer hat über-spannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt und dabei eine Konstellation in ihre Überlegungen aufgenommen, für die es nicht nur keine Anhaltspunkte gibt, sondern die überdies bei näherer Betrachtung lebensfern ist.

a) Den Gründen des Berufungsurteils kann entnommen werden, dass nach Überzeugung der Berufungskammer unter dem Namen und der Anschrift des Angeklagten im Darknet beim Zeugen H. 100 g Haschisch bestellt wurden und das Betäubungsmittel nach Eingang des Kaufpreises von ca. 300 Euro mittels Bitcoin per Einwurfeinschreiben auch tatsächlich versandt wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsurteils wurde die Sendung am 10.08.2019 auch zugestellt, wobei jedoch die Zustelladresse nicht ermittelt werden konnte. Unter Berücksichtigung dieser Beweisergebnisse und des Umstands, dass zusätzlich ein Einlieferungsbeleg, auf dem, wenn auch nur handschriftlich, der Familienname des Angeklagten vermerkt war, ergibt sich eine nahezu erdrückende Beweislage zulasten des Angeklagten, die durch Feststellungen der Berufungskammer, wonach der Angeklagte im August 2018 und Spätsommer 2019 „Kontakt mit Betäubungsmitteln“ gehabt habe, noch abgerundet wird.

b) Die Strafkammer hat trotz dieser starken Indizienlage Zweifel an der Täterschaft des Ange-klagten nicht zu überwinden vermocht, wobei diese auf nicht tragfähigen Überlegungen basieren.

aa) Dass sich die Berufungskammer nicht davon zu überzeugen vermochte, dass die nach den Urteilsfeststellungen tatsächlich zugestellte Sendung an die Adresse des Angeklagten geliefert wurde, weil auf dem Einlieferungsschein nur dessen Familienname handschriftlich vermerkt wurde, lässt bereits besorgen, dass die Strafkammer überspannte Anforderungen im Sinne einer absoluten Gewissheit zugrunde gelegt hat. Denn es bestehen bei der gebotenen, vom Tatrichter aber nicht hinreichend vorgenommenen Gesamtschau nicht die geringsten Anhalts-punkte dafür, dass die Lieferung an eine andere Adresse als diejenige, die auf den im Computer des Lieferanten gespeicherten Bestelllisten auftauchte, geliefert worden wäre. Der Umstand, dass auf dem Einlieferungsschein der Familienname des Angeklagten handschriftlich vermerkt wurde, stellt – entgegen der Annahme der Berufungskammer – bei der erforderlichen Gesamtwürdigung ein zusätzliches gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Auslieferung an den Angeklagten und zwar an dessen Adresse, die bei der Bestellung angegeben worden war, übersandt wurde.

bb) Aber auch dafür, dass ein Dritter unter dem Namen des Angeklagten und unter Angabe von dessen Adresse die Bestellung vorgenommen hätte, ergeben sich nach den Beweisergebnissen nicht nur keine Anhaltspunkte. Vielmehr erscheint eine derartige Erwägung gleich-sam völlig aus der Luft gegriffen, sodass sie einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung nicht zugrunde gelegt werden durfte.

(1) Ein einzig greifbarer Anhaltspunkt, der in diesem Zusammenhang sich ergeben könnte, resultiert aus der Einlassung des Angeklagten, wonach ihn sein Bekannter H. einmal gefragt habe, ob er auf den Namen des Angeklagten „etwas bestellen könne“, wobei freilich bereits offen bleibt, wie der Angeklagte darauf reagiert hat. Die Berufungskammer hat diese Angaben des Angeklagten indes als widerlegt angesehen. Auch wenn das Landgericht richtigerweise konstatiert, dass aus einer erwiesenermaßen unzutreffenden Einlassung des Angeklagten allenfalls mit der gebotenen Vorsicht zwingend Schlüsse zu dessen Nachteil gezogen werden dürfen (vgl. hierzu zuletzt BayObLG, Beschl. v. 12.07.2021 – 202 StRR 76/21, bei juris m.w.N.), so ist jedenfalls diese Alternative nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ausgeschlossen.

(2) Unbeschadet der fehlenden Anhaltspunkte für die von der Berufungskammer erwogene Bestellung durch einen Dritten, hat der Tatrichter nicht in den Blick genommen, dass eine der-artige Sachverhaltskonstellation bei den konkreten Gesamtumständen äußerst lebensfern wäre. Zu berücksichtigen wäre in diesem Fall schon, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Versendung der Betäubungsmittel erst mit Zahlungseingang veranlasst wurde, der Käufer also Vorkasse leisten musste. Hätte eine dritte Person unter dem Namen des Ange-klagten und mittels dessen Adresse die Bestellung vorgenommen, hätte für diese ein nicht überschaubares Risiko bestanden, den Kaufpreis zu verlieren, ohne eine realistische Chance zu erhalten, an die bestellten Betäubungsmitteln zu gelangen. Sollte die Sendung an die Adresse des Angeklagten geschickt worden sein, wogegen – wie dargelegt – nach den bisherigen Feststellungen nichts spricht, hätte der Dritte in seine Planungen einbeziehen müssen, die Betäubungsmittel entweder vor der Auslieferung an den Angeklagten vorher abzufangen, wo-bei auch insoweit unklar bleibt, wie dies geschehen sollte, oder diese nach Auslieferung, aber vor Entleerung des Postkastens dort zu entnehmen, was letztlich eine mehrtägige Beobachtung der Postauslieferungen voraussetzen würde.“

JGG I: Verhängung einer (Einheits)Jugendstrafe, oder: Anforderungen an die Urteilsgründe

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Ich stelle heute dann drei Entscheidungen zum JGG, also Jugendstrafrecht, vor.

Den Opener macht der OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.2021 – 4 RVs 109/21 –, der zu en Urteilsgründen in den Fällen der Verhängung einer Jugenstraf ausführt. Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Dagegen die Revision, die beim OLG Erfolg hatte:

„Die zulässige Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 StPO). Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO. …..

2. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils weist hingegen einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Bei der Verhängung von Jugendstrafe ist eine besonders sorgfältige Sanktionsbegründung erforderlich, die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zu überprüfen ist. Es muss das Vorliegen schädlicher Neigungen eingehend – und nicht nur formelhaft – begründet und angegeben werden, welcher Art diese sind. Zu früheren Straftaten, mit denen schädliche Neigungen begründet werden, müssen konkrete tatsächliche Feststellungen getroffen werden und der Richter muss sich damit auseinandersetzen, warum gerade die abgeurteilte Tat die Verhängung einer Jugendstrafe erfordert (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 377; OLG Köln, Beschl. v. 05.03.2010 – 1 RVs 26/10 – juris; Brunner/Dölling in: Brunner/Dölling, Jugendgerichtsgesetz, 13. Aufl. 2017, § 54 Rdn. 16).

Die Urteilsgründe sind hier insoweit lückenhaft, als sie nähere Angaben zu den beiden Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz aus Juli 2020 und Januar 2021 vermissen lassen. Zwar stützt der Tatrichter seine Wertung, dass bei dem Angeklagten schädliche Neigungen vorliegen, nicht allein auf diese beiden Verurteilungen, sondern auf sämtliche Umstände, die er im Rahmen der Strafmessung benannt hat („sind aufgrund dessen“, UA S. 5). Der Tatrichter stützt jedoch seine Überzeugung, dass die schädlichen Neigungen gerade auch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch bestanden, auf diese beiden Verurteilungen. Selbst wenn diese Annahme angesichts der neuerlichen Verurteilung nicht fernliegt, kann der Senat aufgrund der lückenhaften Feststellungen zu den beiden genannten Verurteilungen letztlich nicht prüfen, ob die Wertung rechtsfehlerfrei ist. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass vor diesen Verurteilungen zunächst eine „Delinquenzpause“ bzw. „Verurteilungspause“ von knapp zwei Jahren (2018-2020) eingetreten war und die beiden Verstöße gegen das Waffengesetz auch auf völlig anderem Gebiet als die noch frühere Delinquenz liegen.

Nicht erkennbar hat der Tatrichter auch die im Rahmen der Bewährungsprognose genannten Umstände einer inzwischen aufgenommenen schulischen Ausbildung und deren Auswirkungen auf etwaige in der Vergangenheit vorliegende schädliche Neigungen gewertet.“

Bewährung II: Bewährungsfrage und Urteilsgründe, oder: Bindung des Revisionsgerichts?

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Die zweite Entscheidung, der OLG Braunschweig, Beschl. v.  17.08.2021 – 1 Ss 36/21 -, nimmt noch einmal zu den Urteilsanforderungen betreffend das tatgerichtliche Urteil, wenn dieses Bewährung versagt, Stellung. Ist letztlich auch ein „Dauerbrenner“.

Das OLG führt dazu aus:

„Die Revision hat auch in der Sache Erfolg.

Der Angeklagte hat seine Revision wirksam auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt. Zwar hat der Verteidiger im Rahmen der Revisionsbegründung ausgeführt, dass die Sachrüge, soweit sie nachstehend vereinzelt werde, damit nicht beschränkt werden, vielmehr umfassend erhoben werden solle. Vor dem Hintergrund des eindeutig formulierten Hauptantrages ist die Erklärung jedoch dahingehend zu verstehen, dass der Angeklagte allein eine über die von ihm konkret genannten Aspekte hinausgehende umfassende Überprüfung der Bewährungsentscheidung begehrt. Auch der Hilfsantrag ist vor dem Hintergrund der Revisionsbegründung dahingehend auszulegen, dass der Angeklagte für den Fall, dass die von ihm mit dem Hauptantrag begehrte Entscheidung nach § 354 Abs. la StPO nicht in Betracht kommt, die Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils begehrt, soweit ihm die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

Die Ausführungen des Urteils zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung erweisen sich als materiell-rechtlich unvollständig.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 19. Juli 2021 ausgeführt:

„Die Prognoseentscheidung gem. § 56 StGB ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, dem hierbei zudem ein weiter Beurteilungsspielraum zukommt, so dass das Revisionsgericht nach ständiger Rechtsprechung im Zweifel die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen muss (BGH, Urteil vom 25.04.2012, 5 StR 17/12, m. w. N.; OLG Braunschweig, Urteil vom 24.10.2014 1 Ss 61/14, zitiert nach beck-online). Es kann nur in Ausnahmefällen eingreifen, wenn erkennbar unzutreffende Maßstäbe angewandt, naheliegende Umstände übersehen oder festgestellte Umstände fehlerhaft gewichtet wurden (OLG Braunschweig a. a. 0.; Fischer, StGB, 68. Aufl., § 56 Rn. 11). Dabei ist der Tatrichter zwar nicht gehalten, eine umfassende Darstellung aller irgendwie mitsprechenden Erwägungen vorzunehmen, es bedarf jedoch einer Erörterung der wesentlichen nach Lage des Falles bei der Entscheidung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte. Das Tatgericht muss bei der vorzu-nehmenden umfassenden Bewertung sämtlicher für die Beurteilung maßgeblicher Tat-sachen darlegen, dass es bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung die erforderliche Gesamtwürdigung vorgenommen und dabei alle wesentlichen Umstände des Falles einbezogen hat (KG, Urteil vom 05.10.2007 – (4) 1 Ss 307/07 (191/07), (4) 1 Ss 307-07 (191/07), zitiert nach juris). Im Rahmen dieser vorzunehmen-den Gesamtwürdigung ist eine Gegenüberstellung der bisherigen und der gegenwärtigen Lebensverhältnisse des Täters erforderlich und bedarf es einer eingehenden Auseinandersetzung mit den Vortaten und den Umständen, unter denen sie begangen wurden (OLG Braunschweig, a. a. 0.; KG, a. a. 0.). Die Annahme oder die Verneinung einer günstigen Prognose bedarf dabei grundsätzlich einer eingehenden, nicht nur formelhaften, den Gesetzestext wiederholenden Darlegung, es muss aus den Urteils-gründen auch erkennbar sein, ob eine theoretisch mögliche Strafaussetzung mangels günstiger Kriminalprognose oder wegen des Fehlens besonderer Umstände nicht erfolgt ist (BGH, Beschl. v. 10.7.2014 — 3 StR 232/14, zitiert nach beck-online).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Denn den Urteilsausführungen ist bereits nicht vereinzelt zu entnehmen, ob das Gericht sich gem. § 56 Abs. 2 StPO [Anm. des Senates: § 56 Abs. 1 StGB] mangels positiver Sozialprognose oder mangels besonderer Umstände [Anm. des Senates: § 56 Abs. 2 StGB] an der Strafaussetzung zur Bewährung gehindert gesehen hat.

Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen umfassend ausgeführt, dass sich der geständige Angeklagte glaubhaft vom Betäubungsmittelkonsum distanziert habe und seit 3 Jahren keine neuen Verfahren bekannt geworden seien, woraus das Amtsgericht den Schluss gezogen hat, dass er nicht mehr mit Betäubungsmitteln handele oder diese konsumiere. Das Amtsgericht hat die Menge der aufgefundenen Betäubungsmittel und die Tatsache, dass es sich um eine „weiche“ Droge handelt, berücksichtigt und die Verfahrensdauer ebenso in die Bewertung eingestellt wie die Tatsache, dass der Angeklagte mit dem Widerruf der laufenden Bewährung zu rechnen hat, gleichwohl aber im Hinblick auf die Tatsache, dass der Angeklagte zur Tatzeit wegen einer einschlägigen Tat unter Bewährung stand, eine Strafaussetzung zur Bewährung abgelehnt.

Vorstrafen und Bewährungsversagen schließen eine erneute Strafaussetzung zur Bewährung nicht von vornherein aus. Ist der Angeklagte in der Vergangenheit einschlägig vorbestraft und Bewährungsversager, so kann zwar in der Regel nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass er sich im Fall einer erneuten Bewährungschance anders als in der Vergangenheit verhalten wird, da er durch seine erneute Straffälligkeit gezeigt hat, dass er nicht willens oder fähig ist, sich frühere Verurteilungen zur Warnung dienen zu lassen (OLG Braunschweig a. a. 0.). Diese Indizwirkung kann jedoch entfallen, wenn nach Würdigung der Persönlichkeit des Angeklagten einschließlich seiner Beweggründe für die früheren Taten und deren Begleitumständen günstige Veränderungen in seinen Lebensverhältnissen festgestellt werden, die geeignet sind, die Annahme künftigen Wohlverhaltens zu tragen (OLG Koblenz, Urteil vom 01.09.2014 – 2 OLG 3 Ss 70/14, zitiert nach beck-online).

Eine dahingehende Abwägung sämtlicher relevanter Umstände ist den Urteilsausführungen nicht zu entnehmen; die Urteilsausführungen lassen vielmehr besorgen, dass das Amtsgericht sich allein aufgrund der Tatbegehung im Rahmen einer laufenden Bewährung an der Gewährung einer weiteren Strafaussetzung zur Bewährung gehindert gesehen hat.“

Dem tritt der Senat bei.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht, war das Urteil insoweit aufzuheben und im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Eine Entscheidung nach § 354 Abs. la StPO kam nicht in Betracht. Zwar kann der Senat gem. § 354 Abs.la StPO die Strafaussetzung zur Bewährung für aussetzungsfähige Freiheitsstrafen selbst gewähren, wenn der Tatrichter die für den Rechtsfolgenausspruch relevanten Tatsachen einschließlich der für die Prognose maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen vollständig festgestellt hat und sich deren Voraussetzungen ohne Zweifel aus den Urteilsfeststellungen ergeben (OLG Celle, Beschluss vom 21. Dezember 2010, 32 Ss 142/10, Rn. 11, zitiert nach juris). Entgegen der Auffassung des Angeklagten fehlt es jedoch an der vollständigen Feststellung aller prognoserelevanter Umstände. Vielmehr erscheinen noch weitere prognoserelevante Feststellungen geboten. Ein wesentlicher Umstand für die zu treffende Prognoseentscheidung ist die Frage, ob der Angeklagte noch betäubungsmittelabhängig ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16. Januar 2018, 1 OLG 2 Ss 74/17, Rn. 7f., m.w.N., zitiert nach juris). Insoweit sind die bisher vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen lückenhaft. Das Amtsgericht hat zu der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten festgestellt, dass der 32-jährige Angeklagte seit seinem 16. Lebensjahr regelmäßig Cannabis und zur Tatzeit im Jahre 2018 zwei Gramm Cannabis täglich konsumiert habe. Des Weiteren hat das Amtsgericht festgestellt, dass sich der Angeklagte glaubhaft vom Betäubungsmittelkonsum distanziert habe, was es (nur) damit begründet, dass in den zurückliegenden 3 Jahren seit der Tatbegehung keine neuen Taten bekannt geworden seien. Allein darauf die Annahme zu stützen, dass der Angeklagte seine Betäubungsmittelabhängigkeit überwunden habe, greift indes zu kurz. Gänzlich unklar bleibt, wie es dem langjährig betäubungsmittelabhängigen Angeklagten gelungen ist, sich „zu distanzieren“, etwa durch die Wahrnehmung von Therapieangeboten, Wechsel seines sozialen Umfeldes etc.“

Strafzumessung II: Nachzahlung hinterzogener Steuer, oder: Auswirkung auf die Strafzumessung?

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Das zweite Posting zur Strafzumessung hat heute einen Beschluss des BayObLG zum Gegenstand. Das hat im BayObLG, Beschl. v. 20.07.2021 – 207 StRR 293/21 – zu den Anfordeurngen an die Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung Stellung genommen, wenn die hinterzogenen Steuern nachgezahlt worden sind. Dann muss den Gründen zu entnehmen sein, ob ein besonders gelagerter Ausnahmefall deshalb vorliegt, weil der Täter die Schadenswiedergutmachung unter erheblichen Anstrengungen und Belastungen erbracht hat der, und somit ggf. die Anwendung von § 46a StGB gerechtfertigt ist:

„Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz daher allein noch der Überprüfung zugänglichen Strafzumessung leidet das Urteil an einem Darstellungsmangel und kann daher keinen Bestand haben.

Das Landgericht geht vom Regelstrafrahmen nach § 370 Abs. 1 AO aus, ohne sich mit der Frage einer Strafrahmenverschiebung in den Urteilsgründen auseinanderzusetzen. Dies war im vorliegenden Fall jedoch geboten.

Nach den Feststellungen im Berufungsurteil hat der Angeklagte „vollständig und zeitnah“ Schadenswiedergutmachung geleistet und hierfür einen noch nicht zurückgeführten Bankkredit aufgenommen. Zwar rechtfertigt das Nachzahlen der hinterzogenen Steuer für sich genommen die Anwendung des § 46a StGB nicht. Vielmehr kommt eine Anwendung des § 46a StGB in Fällen der Steuerhinterziehung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht, die dadurch geprägt sind, dass der Täter die Schadenswiedergutmachung unter erheblichen Anstrengungen und Belastungen erbracht hat (vgl. BGH, Urteil v. 13. März 2019, 1 StR 367/18, NStZ 2019, 601 f.; Juris Rn. 30, 31 m. w. N.). Ob eine solche Konstellation im vorliegenden Fall vorliegt oder nicht, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts lassen eine solche Konstellation jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen, zumal auch Feststellungen zum insgesamt vom Angeklagten aufzubringenden Betrag, der nicht mit dem Steuerschadensbetrag identisch sein muss, nicht getroffen wurden.

Der Senat kann auch ein Beruhen des Urteils auf der Nichtberücksichtigung des § 46a StGB nicht ausschließen. Zwar wirkt sich die Strafrahmenverschiebung im vorliegenden Fall nur bei der nicht im Raum stehenden Höchststrafe aus, da § 370 Abs. 1 AO von vornherein keine erhöhte Mindeststrafe vorsieht. Die vom Landgericht verhängte Strafe bewegt sich aber ersichtlich nicht am unteren Rand des Strafrahmens und hält insbesondere einem Vergleich mit der dem Senat bekannten Strafzumessungspraxis bei Vergehen der „klassischen Einkommenssteuerhinterziehung“ nicht stand. Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass die von ihm für angemessen erachtete Strafe für den Angeklagten die Gefahr des Arbeitsplatzverlustes mit sich bringt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht im Falle der Bejahung der Voraussetzungen des § 46a StGB auf eine mildere Strafe erkannt hätte.“