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Schon wieder, oder: Aus anfänglichem Schweigen dürfen keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Man mag sie schon nicht mehr lesen, die Entscheidungen des BGH, in denen der BGH beanstandet, dass aus dem Schweigen des Angeklagten für diesen nachteilige Schlüsse gezogen worden sind. Die gibt es leider immer wieder und immer wieder zu anderen Varianten. Im BGH, Beschl. v. 17.02.2016 – 1 StR 582/15 – ist es dann mal wieder die Variante des „anfänglichen Schweigens“.

„Der Angeklagte hat erstmals in der Hauptverhandlung nach Einvernahme mehrerer ihn belastender Zeugen Angaben zur Sache gemacht. Bei der Würdigung seiner Einlassung hat das Landgericht ausgeführt, er könne nicht glaubhaft vermitteln, dass er auf anwaltlichen Rat und trotz seiner Eigenschaft, tatsächlich oder vermeintlich Falsches immer sofort zu korrigieren, über Monate zu dem – aus seiner Sicht – zu Unrecht gegen ihn erhobenen Tatvorwurf gänzlich geschwiegen hat.

Damit hat das Landgericht in unzulässiger Weise aus dem anfänglichen Schweigen des Angeklagten für diesen nachteilige Schlüsse gezogen. Diesem steht es frei, ob er sich zur Sache einlässt (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO). Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der Angeklagte die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der anfänglichen Aussageverweigerung nachteilige Schlüsse gezogen werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1965 – 5 StR 515/65, BGHSt 20, 281, 282 ff.; Beschlüsse vom 7. Dezember 1983 – 3 StR 484/83, StV 1984, 143; vom 28. Mai 2014 – 3 StR 196/14, NStZ 2014, 666 f. und vom 13. Oktober 2015 – 3 StR 344/15).

Da der Angeklagte erstmals in der Hauptverhandlung überhaupt Angaben machte, liegt auch kein Fall eines – der Würdigung grundsätzlich zugänglichen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147, 148) – teilweisen Schweigens vor, so dass der dargelegte Rechtsfehler auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 1996 – 3 StR 248/96, NStZ 1997, 147).“

Aber:

„Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil allerdings nicht. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass das Landgericht dem prozessualen Verhalten des Angeklagten letztlich keine Bedeutung beigemessen hat, sondern seine Überzeugung auf die Vielzahl der gegen den Angeklagten sprechenden Beweismittel gestützt hat.“

Also kann man der Strafkammer nur sagen: Glück gehabt, dass der Fehler nicht zur Aufhebung geführt hat.

Anfängerfehler: Die Einlassung fehlt in den Urteilsgründen, und das beim Schwurgericht

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Heute werde ich dann drei Entscheidungen des BGH zu Beweiswürdigungsfragen vorstellen. Das ist an sich die Domäne des Tatrichters, in die das Revisionsgericht nicht eingreift. Manchmal aber ist es dann eben doch nötig, vor allem, wenn ein klassischer Anfängefehler vorliegt. Und das war bei dem dem BGH, Urt. v. 16.09.2015 – 2 StR 483/14 – zugrunde liegenden Urteil des Schwurgerichts des LG Gießen (leider) der Fall. Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Der BGH hebt auf. Begründung: Zwei Beweiswürdigungsfehler, davon einer eben ein Anfängerfehler. Denn grds. muss die Einlassung des Angeklagten im Urteil mitgeteilt werden:

„1. Das Landgericht hat festgestellt, dem Angeklagten sei trotz seiner Al-koholisierung bewusst gewesen, dass V. durch die zahlreichen wuchtigen Schläge und Tritte gegen Kopf, Hals und Oberkörper zu Tode kom-men konnte. Dies habe er bei Ausführung der Tat zumindest billigend in Kauf genommen.

2. Eine Beweiswürdigung hierzu fehlt in den Urteilsgründen. Dies erweist sich aus zwei Gründen als fehlerhaft.

a) Das Landgericht hat nicht mitgeteilt, wie sich der Angeklagte hinsicht-lich der subjektiven Tatseite eingelassen hat. Aus den Ausführungen der Strafkammer ergibt sich zwar, dass die Feststellungen zur Sache auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten, beruhen. Die im Folgenden wiedergegebenen Angaben des Ange-klagten beziehen sich aber lediglich auf den äußeren Geschehensablauf und enthalten keinerlei Hinweise, ob und in welcher Weise der Angeklagte sich hinsichtlich des Tatvorsatzes eingelassen hat.

Aus § 267 StPO, der den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil vorzunehmen, in der die Einlassung des Angeklagten mitgeteilt und diese Ein-lassung unter Bewertung der sonstigen Beweismittel gewürdigt wird. Doch ist unter sachlich-rechtlichem Blickwinkel regelmäßig eine Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. BGH NStZ 2015, 299; NStZ-RR 2013, 134, 135 m.w.N.; NStZ-RR 1999, 45; siehe auch: OLG Hamm StraFO 2003, 133; OLG Köln StraFO 2003, 313). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, regelmäßig auch mit Blick auf die subjektive Tatseite, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlichrechtliche Fehler hin überprüfen zu können. In den Urteilsgründen fehlt dies ebenso wie eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten. Schon deshalb ist das Urteil aufzuheben.

b) Die Strafkammer hat auch nicht dargelegt, wie sie zu den Feststellun-gen zur subjektiven Tatseite gelangt ist. Darauf konnte im vorliegenden Fall auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes auf der Hand gelegen hätte. Vielmehr machten die Umstände des Falles eine eingehende Darlegung der Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite erforderlich……“

M:E. Fehler, die einem Schwurgericht nicht unterlaufen dürften….

Entziehung der Fahrerlaubnis: „… es waren keine Drogen, sondern u.a. Appetitzügler….“

© fotomek - Fotolia.com

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Aus dem weiten Bereich der Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG mal etwas Neues bzw. eine – zumindest für mich – neue Einlassung des Fahrerlaubnisinhabers. Bei dem hatten zwei Urinproben in einem Ermittlungsverfahren positive Amphetaminwerte aufgewiesen. Aus einem Gutachten des Instituts für Forensische Toxikologie der Uni­versität Freiburg vom 24.03.2014 und vom 14.04.2014 ging hervor, dass die erste Urinprobe 55 ng/ml, die zweite Probe 110 ng/ml Amphetamin enthielt. Damit sei – sod as Gutachten – die Aufnahme von Amphetamin nachgewiesen. Ein Telefonat der Polizei mit dem Gutachterinstitut in Freiburg hatte dann noch ergeben, dass die vom Fahrerlaubnisinhaber angegebene Ein­nahme verschiedener Medikamente den Amphetaminnachweis nicht erklären konnte. Die Fahrerlaubnisbehörde entzog ihm daraufhin die Fahrerlaubnis. Der Kläger hat dagegen geklagt. Er hat mit seiner Klage eingewendet, die positiven Werte könnten durch Erkältungsmittel, andere Medikamente oder Appetitzügler verursacht worden sein, die er eingenommen habe und die amphetaminähnliche Wirkstoffe enthielten.

Das VG Neustadt/Weinstraße nimmt ihm das im VG Neustadt, Urt. v. 18.11.2015 – 1 K 338/15.NW nicht ab 🙂 und führt aus:

„Beruft der Fahrerlaubnisinhaber sich im Fall einer toxikologisch nachgewiesenen Drogenaufnahme – wie hier durch die Gutachten des toxikologischen Instituts der Universität Freiburg – auf eine unbewusste Drogeneinnahme, ist von ihm zu ver­langen, dass er diesen Ausnahmetatbestand von Beginn an detailliert, in sich schlüssig, soweit irgend möglich nachprüfbar und widerspruchsfrei schildert (vgl. OVG RP, Beschluss vom 25. Januar 2012, a. a. O.). Daran fehlt es hier: Der Klä­ger hatte zunächst im Strafverfahren die Einnahme bestimmter Medikamente gel­tend gemacht, die indessen den Nachweis von Amphetamin in seinen Urinproben nicht erklären konnten. In der Folgezeit hat er seinen Vortrag angepasst und sich im Verwaltungsverfahren zusätzlich auf das Diätprodukt „slimeasy“ bezogen, im Beschwerdeverfahren vor dem OVG Rheinland-Pfalz ergänzend auf die Einnahme eines Appetitzüglers mit dem Wirkstoff Hydrochlorid und von Aspirin Com­pact/Complex und Wick MediNait. Im vorliegenden Klageverfahren hat er schließ­lich, sein Vorbringen wiederum erweiternd, den angeblichen Appetitzügler „AN1“ als mögliche Erklärung für die positiven Urinproben genannt. Dieses insgesamt unsubstantiierte, in sich nicht geschlossene und gesteigerte Vorbringen ist nicht geeignet, einen schlüssigen und im Kern nachprüfbaren Sachverhalt über eine unbewusste Drogenaufnahme zu belegen.

Im Hinblick auf die Medikamente Aspirin Complex/Compact und Ephedrin steht überdies fest, dass diese keine fehlerhaft positiven Analysewerte im Hinblick auf Amphetamin verursachen können. Das in den Produkten enthaltene Ephedrin und Pseudoephedrin kann wohl bei sehr hoher Konzentration nach der Behandlung der Urinextrakte unter sehr hohen Injektortemperaturen in Metamphetamin umge­wandelt werden. Eine artifizielle Amphetaminbildung ist aufgrund der Molekülstruk­tur des Ephedrins bzw. Pseudo-Ephedrins indessen nicht möglich (vgl. im Einzel­nen Urteil der Kammer vom 10. August 2010 – 6 K 1332/09.NW – aufgrund des dort eingeholten Gutachtens). Dass ein Mittel namens „AN1“ als Appetitzügler im Handel erhältlich ist, das der Kläger ohne Wissen um drogenähnliche Inhaltsstoffe (Phenazopyridine) eingenommen hat, ist nicht glaubhaft dargelegt. Nach den Re­cherchen des Gerichts handelt es sich bei dem Mittel „AN1 (Phenazopyridine Hyd­rochloride)“ vielmehr um ein verschreibungspflichtiges Präparat zur Behandlung von Entzündungen der Harnwege (vgl. http://www.drugs.com/imprints/AN-1­ 14574.html). Die pharmakologische Charakterisierung des auch als „Amphetamenil“ bezeichneten Stoffgemischs beschreibt es als ein Psychopharmakon, das im medizinischen Bereich seit den sechziger Jahren in Westdeutschland unter dem Namen „AN1“ u. a. zur Antriebssteigerung bei Senioren eingesetzt und miss­bräuchlich auch als Rausch- und Partydroge verwendet wurde (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Amphetaminil). Vor diesem Hintergrund ist es nicht glaubhaft, dass der Kläger ein solches Mittel frei im Internet gekauft und völlig arg­los als Appetitzügler zu sich genommen haben will. Seinem Vortrag fehlt es inso­weit auch an der ausreichenden Substantiierung, weil er schon nicht darlegt, zu welchem Zeitpunkt, über welchen Zeitraum und in welcher Dosierung er das Mittel eingenommen hat. Eine Beweisaufnahme des Gerichts zu den nur unsubstantiiert dargelegten Erklärungsversuchen des Klägers kommt weder in Form eines Sach­verständigengutachtens noch des Zeugenbeweises durch Einvernahme bei­spielsweise des Verkehrsmediziners Dr. N. in Betracht. Die unter Beweis gestellte Behauptung, dass Appetitzügler bzw. Medikamente, die zum Abnehmen nützlich sind, Wirkstoffe beinhalten, die dem Amphetamin gleichkommen oder ampheta­minmäßigen Einfluss haben, macht nicht den erforderlichen glaubhaften Vortrag des Klägers entbehrlich, dass konkret bei ihm der Ausnahmefall einer unbewuss­ten Drogenaufnahme vorgelegen hat.“

Die dämlichste Einlassung des Jahres 2016: Es war die Maus und nicht die Störchin

entnommen wikimedia.org Urheber Hofec

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„The Winner is“….. „The Winner is?“, ja, aber keine Sorge, lieber Leser. Sie sind hier nicht bei der Vergabe der Blogs-Oscars. Aber man ist schon bei einem Ranking. Und das hat für mich 2016, obwohl das Jahr so kurz ist, mit Sicherheit Beatrix von Storch gewonnen. Ich denke, die meisten werden diese Dame inzwischen kennen. Es ist die Afd-Vizechefin, auch Europaparlamentarierin, die in der vergangenen Woche, um es gelinde auszudrücken, einen großen Bock geschossen hat.

Es geht um die „Schießbefehl-Affäre“ von AfD-Chefin Frauke Petry, die ja ggf. auch auf Flüchtlinge an den Grenzen schießen (lassen) will (vgl. z.B. hier aus Zeit-online). In die hatte sich Frau von Storch eingeschaltet. Auf Facebook hatte sie die Frage eines Facebook-Users, ob sie (auch) Frauen mit Kindern den Grenzübertritt mit Waffengewalt verhindern wolle, mit „Ja“ beantwortet. Das hatte mit Recht Empörung ausgelöst. Frau von Storch nahm dann die Aussage teilweise zurück, hielt aber an Gewalt und Schießen gegen nur die Mütter fest.

Nun kommt der „zweite Streich“. Der Stern berichtet:

„Wie der „Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe unter Berufung auf Parteifreunde berichtet, habe Beatrix von Storch ihre Aussage mit einem „technischen Fehler“ zu rechtfertigen versucht. Sie sei auf ihrer Computermaus „ausgerutscht“, heißt es weiter in dem Artikel.

Beatrix von Storch wollte Frauke Petry beispringen

Offenbar bereut die AfD-Politikerin ihr Wort und soll eingeräumt haben, „Mist gebaut“ zu haben. Als Motiv gibt sie an, sie habe ihrer Parteichefin Frauke Petry „doch nur helfen wollen“. Petry hatte zuvor einen Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge ins Gespräch gebracht.“

Also, so einen Blödsinn/Quatsch habe ich schon lange nicht mehr gelesen, nicht der „Stern“ ist gemeint, sondern Frau von Storch. Und in einem Strafverfahren würde man bei der Einlassung wahrscheinlich argumentieren, dass sie so abenteuerlich ist, dass ihr die Unwahrheit auf der Stirn geschrieben steht (nun ja man würde da anders formulieren, aber das meinen). Dümmer und schlimmer geht nimmer. Es war also die Maus und nicht der Storch/die Störchin. Aber wie kann denn eine PC-Maus „abrutschen“ und dabei ein „Ja“ produzieren? Wenn ich mal auf meine Tastatur schaue: Das „J“ und das „A“ liegen weit auseinander. Da liegen Welten dazwischen. Also: Hätte sie doch bloß den Mund gehalten und sich nicht zur Sache eingelassen. Reden ist eben Silber und Schweigen Gold, um im Bild zu bleiben. Wobei Silber und Gold mir dann doch ein wenig zu viel Edelmetall für einen solchen Blödsinn ist. Aber ein Gutes hat das Ganze dann doch. Es entlarvt die Sprecherin nun endgültig ……….

Und da ja heute Rosenmontag ist: Beatrix von Storch Kostüme sind in Köln ausverkauft 🙂 .

Ein paar Gedanken zur „Einlassung“ von Beate Zschäpe

© aerogondo - Fotolia.com

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Gestern war nun in München im NSU-Verfahren der große Tag. Wie man lesen kann, war der Saal wieder gut gefüllt. Viele wollten die angekündigte Einlassung von B. Zschäpe hören. Im Internet sind bei den großen Zeitungen Liveticker gelaufen und sie haben sich nach Abschluss des Hauptverhandlungstages mit Berichten und Kommentaren überschlagen. Die gingen z.B. bis zum „juristischen Selbstmord“ in der „Welt“ (vgl. hier).

Natürlich machen sich auch viele Verteidiger/Rechtsanwälte, die das Verfahren von außen nur aus der Ferne beobachten, ihre Gedanken, was ich u.a. auch an den vielen Kommentaren zu dem von mir geteilten „Welt-beitrag“ erkenne. Das war aber auch gestern auf der Weihnachtsfeier der Strafverteidigervereinigung Münsterland-Ostwestfalen der Fall. Auch da waren die Geschehnisse und Erklärungen in München Gegenstand der Diskussion. Auf dem Heimweg von der Veranstaltung sind mir dann noch so ein paar Gedanken durch den Kopf gegangen. Und zwar:

1. Teileinlassung?

An einigen Stellen wird von Teileinlassung gesprochen. Auch ich habe das auf Facebook in einem Kommentar zu dem von mir geteilten Beitrag aus der „Welt“ getan. Nur, wenn man es sich noch einmal genau(er) überlegt, stellt sich doch dann die Frage: War das nun eine „Teileinlassung“ i.e.S.?

M.E. dann doch wohl nicht. „Teileinlassung“ bedeutet ja, dass zu bestimmten Punkten der Anklage Erklärungen abgegeben werden, zu anderen aber ausdrücklich nicht. Das hat B. Zschäpe aber nicht getan. Sie hat ja nicht zu den ihr auch zur Last gelegten Anschlägen/Morden geschwiegen bzw. dazu gesagt: „Dazu sage ich nichts“. Sondern sie hat, wenn man der Berichterstattung Vertrauen darf, auch zu diesen Aspekten Angaben gemacht – nämlich, indem sie dazu angegeben hat, davon immer erst im Nachhinein erfahren zu haben. Das ist aber eine Einlassung zur Sache auch insoweit, durch das Bestreiten der Mittäterschaft und des vorherigen Wissens wird die Einlassung ja nicht zu einer „Teileinlassung“ i.e.S.

In der Sache macht das auch schon einen Unterschied. Es liegt nämlich nun eine Erklärung der Angeklagten vor, die das Gericht auf der Grundlage der übrigen erhobenen Beweise und Erkenntnisse würdigen und widerlegen muss; das kann dauern. Der Senat wird die Einlassung, ihren Inhalt und das Umgehen mit der Einlassung mit den übrigen Beweisergebnissen abgleichen müssen, ggf. muss zusätzlich Beweis erhoben. Einfach nur zu sagen: Das glauben wir nicht, reicht nicht. Man wird aber Rückschlüsse auf das Gefüge in der Gruppe ziehen können/müssen, die ggf. sonst so wohl nicht möglich gewesen wären. Aus dem (späten) Zeitpunkt der Einlassung können aber keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Darauf weist der BGH immer wieder hin. Alles in allem ein Punkt, zu dem man ohne genaue Kenntnis der Akten und des bisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme nur wenig wird sagen können.

2. Form der Einlassung?

In der Diskussion wird dann auch immer wieder auf die Form der Einlassung hingewiesen, also Verlesung eines Schriftstücks durch den Verteidiger. Allein das dürfte/hätte nicht ausgereicht, um von einer Einlassung/Erklärung der Angeklagten i.e.S. auszugehen. Aber dabei ist es ja nicht geblieben. Denn B. Zschäpe hat – so habe ich es den Presseberichten entnommen – auf Befragen des Vorsitzenden ja anschließend dem Sinne nach erklärt, dass sie die verlesene Erklärung als ihre eigene gelten lassen will. Damit dürfte nach der Rechtsprechung des BGH der Weg insoweit frei sein.

3. Schriftliche Fragen

Prozessual interessant finde ich die „Volte“ mit den schriftlichen Fragen, also die Erklärung: Fragen werde ich zulassen, aber nur schriftliche und ich werde auch nur schriftlich antworten. Was dahinter steckt, ist m.E. klar: Die Angeklagte und ihren (Wahl)Verteidiger scheuen den direkten Schlagabtausch der Angeklagten mit dem Gericht. Man befürchtet wahrscheinlich, dass die Angeklagte dem nicht gewachsen sein wird und/oder die Einlassung dann ggf. doch „zerschossen“ wird. Nur stellt sich die Frage, ob das so gehen wird und wie der Senat damit umgehen wird. Es gilt ja nun mal das Mündlichkeitsprinzip. Ob man das dadurch (teilweise) umgehen kann, dass ich als Angeklagte schriftliche Fragen verlange und nur auf solche antworten will, wage ich zu bezweifeln. Nach der StPO wird der/die Angeklagte „vernommen“. Auch wird es den Beweiswert der bisherigen Aussagen m.E. schmälern können, wenn man sich als Gericht keinen persönlichen Eindruck von der Angeklagten machen kann/konnte.

Andererseits wird der Senat seine Fragen stellen müssen – schon wegen der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO). Die Frage ist nur: In welcher Form und wie antwortet die Angeklagte? Auch wieder mit einer vom Verteidiger verlesenen Erklärung, die sich die Angeklagte dann zu eigen macht? Dazu gibt es bisher m.E. noch keine Rechtsprechung. Wenn der Senat das zulässt – mit dem Argument: Ist ja auch (noch) Einlassung der Angeklagten – würde man da wohl Neuland betreten.

4. Fragen der Nebenkläger

Zschäpe hat es abgelehnt, Fragen der Nebenkläger(vertreter) zu beantworten. Das kann sie. M.E. macht das ihre Einlassung nicht zu einer Teileinlassung. Allerdings wird man den Umstand bewerten/werten dürfen.

Fazit: Es ist sicherlich zu früh, eine abschließende Bewertung des gestrigen Tages zu geben. Man wird sehen, wie der Senat und auch B. Zschäpe damit weiter umgehen. Alles in allem: Viel weiter ist man nicht. M.E. wäre es – so hatte ich es auch gestern schon geschrieben – besser gewesen, auch weiterhin zu schweigen. Die Angeklagte nach 248 Tagen reden zu lassen, war m.E. „mutig“. Mutig“- wenn nicht sogar „leichtsinnig“, so gestern ein Kommentator auf FB -, weil/wenn man als Verteidiger die bisherige Beweisaufnahme nicht kennt, weil man nicht daran teilgenommen hat, und– wie der Kollege Grasel in seiner Kollegenschelte ja wohl behauptet hat –die „Altverteidiger“ ihre Mitschriften nicht zur Verfügung stellen. Neue Besen kehren dann eben doch wohl nicht immer gut.