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Ablehnung des Entbindungsantrags: Rechtsbeschwerdebegründung

Einmal mehr befasst sich das OLG Bamberg, Beschl. v. 20.10.2011 – 3 Ss OWi 1364/11 mit den Anforderungen an die Begründung der Rechtsbeschwerde nach Ablehnung eines Entbindungsantrags. Im Leitsatz heißt es:

„Wird die rechtfehlerhafte Ermessensausübung bei der Ablehnung eines Termins­ver­legungsantrags wegen Verhinderung des Verteidigers beanstandet, ist nach § 344 II 2 StPO der Inhalt des Verlegungsgesuchs grundsätzlich vollständig wiederzugeben. Dies gilt erst recht dann, wenn mit dem Antrag zugleich hilfsweise für den Fall seiner Ableh­nung konkrete Sacheinlassungen zur Schuld- oder Rechtsfolgenfrage abgegeben werden.“

Kein Revisionsrecht am Hochreck…

Es gibt m.E. kaum eine Woche, zumindest aber kaum einen Monat, in der/dem man bei der Auswertung der Revisionsentscheidungen des BGH nicht auf den Dauerbrenner: Anforderungen an den Umfang Begründung der Begründung der Sachrüge, wenn der Nebenkläger Revision eingelegt, stößt. Immer wieder muss der BGH dazu Stellung nehmen und immer wieder weit er dabei darauf hin, dass an diese Revisionen besondere Anforderungen hinsichtlich des Umfangs der Begründung gestellt werden. Es reicht eben nicht die einfache/allgemeine Sachrüge. So jetzt auch noch einmal/schon wieder der BGH, Beschl. v. 13.07.2011 – 2 StR 198/11 -, in dem es heißt:

„Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag, das Urteil aufzuheben, mit der allgemeinen Sachrüge begründet. Er hat damit entgegen § 344 Abs. 1 StPO nicht angegeben, inwieweit er das Urteil anfechtet und dessen Aufhebung beantragt. Es bleibt offen, ob der Nebenkläger sich gegen die Nichtverurteilung der Angeklagten wegen versuchten Totschlags wendet oder ob er – was gemäß § 400 Abs. 1 StPO unzulässig ist – lediglich den Rechtsfolgenausspruch beanstanden will. Die Erhebung der allgemeinen Sachrüge genügt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, um die Zulässigkeit des Rechtsmittels eines Nebenklägers feststellen zu können (vgl. BGHR StPO § 400 Abs. 1 Zulässigkeit 2, 5, 10; BGH, Beschluss vom 6. März 2001 – 4 StR 505/00, NStZ-RR 2002, 104; BGH, Beschluss vom 11. März 2004 – 3 StR 493/03, NStZ-RR 2005, 262; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 400 Rn. 6 mwN). Daher muss die Revision als unzulässig verworfen werden.“

Mir sind diese Verwerfungen bzw. die unzureichenden Begründungen unverständlich. Wenn man schon als Verteidiger Revision für den Nebenkläger einlegt, dann sollte man sich auch mit den Anforderungen an deren Begründung befassen. Dazu steht etwas in jedem Kommentar. Und das Ganze ist – anders als ggf. bei der Verfahrensrüge – nicht Revisionsrecht am Hochreck.

Die Revision versäumt es,…

das liest man als Verteidiger in Zusammenhang mit einer Verfahrensrüge nicht gern, musste aber der Verteidiger lesen, der die Revision eingelegt und begründet hat, die dann zum Beschl. des BGH v. 25. Mai 2011 – 4 StR 87/11, führt.

Gerügt worden ist in einem Verfahren, in dem der Angeklagte wegen sexueller Nötigung verurteilt worden ist, mit der Verfahrensrüge die Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Nebenklägerin sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin. Dazu der BGH:

Die Verfahrensrüge, mit welcher die Ablehnung von Beweisanträgen auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Nebenklägerin sowie eines aussagepsychologischen Gutachtens zur Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Nebenklägerin beanstandet wird, ist nicht  zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Zur Begründung seines Beweisbegehrens hat sich der Verteidiger des Angeklagten in dem in der Hauptverhandlung am 25. August 2010 gestellten Beweisantrag auf die von der Zeugin F. übergebenen Krankenunterlagen und in dem Wiederholungsantrag vom 12. Oktober 2010 u.a. auf den Inhalt der polizeilichen Vernehmungen der Nebenklägerin am 27. Januar und 9. Februar 2010 bezogen. Die Revision versäumt es, den Inhalt der Krankenunterlagen sowie der Protokolle der beiden polizeilichen Vernehmungen vollständig mitzuteilen.“

Tja, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist schwer bzw. seine Anforderungen liegen hoch – oder die, die die Revisionsrechtsprechung darauf gründet, aber m.E. nicht so hoch, dass man in diesem Fall nicht übersehen darf, die Unterlagen, auf die man sich bezogen hat, zur Begründung der Verfahrensrüge mit vorzutragen. Wie sonst soll der BGH aufgrund des Revisionsvorbringens prüfen, ob dem Beweisantrag hätte nachgegangen werden müssen?

Hut ab vor dem OLG Hamm – Kehrtwende um 180 Grad

Wann liest man schon mal, dass eine Gegenvorstellung eines Verteidigers Erfolg hat bzw., wann räumt ein Gericht schon mal ein, dass etwas überlesen worden ist. So ganz häufig sind die Fälle ja nun nicht. Deshalb ist es um so schöner, wenn man über einen solchen Beschluss berichten kann. Und dann ist es auch noch das OLG Hamm :-), das in OLG Hamm, Beschl. v. 13.07.2011 – III – 4 R Bs 193/11 eine Kehrtwende gemacht hat.

Folgender Sachverhalt: Das OLG hatte zunächst die Rechtsbeschwerde des Verteidigers gegen ein amtsgerichtliches Urteil verworfen. Begründung: Die Rechtsbeschwerde „habe nicht ausreichend ausgeführt, dass der Verteidiger über die besondere Vollmacht verfügt habe, um einen Antrag nach § 73 Abs. 2 OWiG für den Betroffenen wirksam stellen zu können“. Der Verteidiger war erstaunt, denn er hatte vorgetragen, er „habe über eine „Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht“ verfügt“. Und er fragte sich, was er denn noch vortragen müsse. Das hat er auch das OLG in seiner Gegenvorstellung gefragt. Und: Das OLG macht eine Kehrtwende und führt dazu aus:

„Bei erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage muss der Senat jedoch einräumen, die Anforderungen an den Vortrag des Bestehens einer besonderen Vollmacht für die Stellung eines Antrages nach § 73 Abs. 2 OWiG in seiner Entscheidung vom 31. Mai 2011 überspannt zu haben. Mit der Darlegung, der Verteidiger habe über eine „Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht“ verfügt, liegt, entgegen der damals geäußerten Rechtsansicht, ein ausreichender Vortrag zu diesem Punkt vor. Andere Zulässigkeitsbedenken hinsichtlich der erhobenen Verfahrensrüge bestehen nicht.“

Damit war die Rechtsbeschwerde zulässig und hatte dann auch in der Sache Erfolg. Sie führte zur Aufhebung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs. Dazu aber in anderem Zusammenhang mehr.

Abkürzung der Sperrfrist – so ganz häufig gibt es das ja nicht

Die Abkürzung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 7 StGB) – so ganz häufig sind diese Fälle in der Praxis ja nicht. Deshalb ist der Beschl. des LG Erfurt v. 25.05.2011 – 7 Qs 135/11 einen Hinweis wert. Das AG hatte den Antrag des Verurteilten abgelehnt, das LG hat dann auf die Beschwerde hin um einen Monat verkürzt (nicht viel viel, aber immerhin). Aus der Begründung:

…Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration (hier: 2,04 Promille) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von hier sechs Monaten angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berück­sichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwi­ckelt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 02.08.2010, 533 Qs 97/10, zit. Nach Juris).

Für eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 7 StGB spricht im vorliegen­den Fall die mit der Beschwerde vorgelegte Bestätigung der DEKRA vom 11.04.2011. Da­nach hat der Verurteilte in der Zeit vom 07.02. bis zum 02.03.2011 an einer verkehrspsychologischen Intervention teilgenommen, die drei Einzelgespräche zu je 90 Minuten umfasste. Ziel jener Maßnahme war es, die Voraussetzungen für ein verkehrsgerechtes Verhalten so zu verbessern, dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Trunkenheitsdeliktes vermindert wird. Insbesondere wurden, wie die Bescheinigung aufzeigt, die Ursachen der Alkoholauffälligkeit diskutiert.

Der die Bescheinigung ausstellende Dipl.-Psychologe K.M. bestätigt, dass der Verurteilte regelmäßig und pünktlich die Sitzungen besucht und aktiv an den Gesprächen teilgenommen hat. Es sei ein deutliches Bemühen erkennbar gewesen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu überdenken und zu ändern. Dem Verurteilten könne eine in diesem Sinne erfolgreiche Kursteilnahme bescheinigt werden.

Die Kammer hält dem Verurteilten zugute, dass er an der verkehrspsychologischen Interven­tion freiwillig und aus eigenem Antrieb teilgenommen und dabei finanziellen und zeitlichen Aufwand auf sich genommen hat. Es steht zu hoffen, dass der Verurteilte seine Trinkgewohnheiten mittlerweile geändert hat bzw. bei vorangegangenem Alkoholkonsum nicht mehr fahren wird.“