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Erhebung der allgemeinen Sachrüge in der Revision, oder: Gegenstandswert bei der Einziehungsgebühr

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Und als zweite Entscheidung zur Thematik zusätzliche Verfahrensgebühr bei Einziehung (Nr. 4142 VV RVG) dann der BGH, Beschl. v. 05.02.2025 – 4 StR 333/23. Es geht um den Gegenstandswert für das Revisionsverfahren.

Das LG Hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Es hat außerdem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 528.036,25 EUR angeordnet. Der BGH hat die Revision des Angeklagten zum Schuld- und Strafausspruch verworfen, das Urteil im Einziehungsausspruch teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten hat Festsetzung des Gegenstandswerts für seine auf die Einziehungsentscheidung bezogene Tätigkeit in der Revisionsinstanz beantragt. Der BGH hat den Gegenstandswert für die Revisionsinstanz auf 528.036,25 EUR festgesetzt.

„2. Nach Nr. 4142 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV) fällt eine besondere Verfahrensgebühr als Wertgebühr an, wenn der Rechtsanwalt eine auf die Einziehung und verwandte Maßnahmen bezogene Tätigkeit für den Be-schuldigten ausübt; sie steht ihm für jeden Rechtszug zu (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2018 3 StR 625/17 Rn. 4 mwN). Erfasst werden sämtliche Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Einziehung erbringt und die zumindest auch einen Bezug zur Einziehung haben. Das ist bereits bei Erhebung der allgemeinen Sachrüge der Fall, die dem Revisionsgericht das gesamte Urteil einschließlich der Einziehungsentscheidung zur Überprüfung unterbreitet.

Der nach § 33 Abs. 1, § 2 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die Tätigkeit des Verteidigers im Revisionsverfahren bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Abwehr der Einziehung (BGH, Beschluss vom 5. August 2024 1 StR 445/23). Das ist hier der Nominalwert der Einziehungsforderung.

Da das Landgericht die Einziehung des Wertes des durch die Taten Erlangten im Urteilstenor auf insgesamt 528.036,25 € beziffert hat, zielte das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten auch auf das Entfallen der Anordnung der Einziehung dieses Betrages.“

Die Entscheidung ist zutreffend. Sie entspricht der schon bisher vorliegenden Rechtspre-chung des BGH zur Nr. 4142 VV RVG in der Revisionsinstanz.

So schön auf den ersten Blick der recht hohe Gegenstandswert erscheint, für den Pflichtverteidiger hat die Höhe ggf. nur wenig Auswirkungen. Denn für ihn gilt die Kappungsgrenze des § 49 RVG. Für alle Gegenstandswerte von (derzeit) über 50.000 EUR werden (derzeit) nur 659 EUR gezahlt. Interessant wird die hohe Gegenstandswertfestsetzung für den Pflichtverteidiger ggf. erst, wenn er nicht nur mit seiner Revision Erfolg hinsichtlich der Einziehung gehabt hat, sondern das nach Zurückverweisung zuständige LG ggf. eine für den Angeklagten günstige(re) Einziehungsentscheidung getroffen und das bei der Kosten-/Auslagenentscheidung zugunsten des Angeklagten/seines Verteidigers berücksichtigt worden ist. Denn dann macht der Verteidiger im Fall der (teilweisen) Kostenerstattung einen Kostenerstattungsanspruch des Mandanten geltend. Für den gilt aber die Tabelle der Gegenstandswerte in § 13 RVG. Und dann sieht die Sache schon anders aus.

JGG II: Wenn der JGH-Bericht nicht im Urteil auftaucht, oder: Sachrüge oder Verfahrensrüge?

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Die zweite Entscheidung des Tages stammt vom OLG Celle. Das hat im OLG Celle, Beschl. v. 28.05.2021 – 2 Ss 38/21 – zur Frage Stellung genommen, ob es einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils darstellt, wenn in den Urteilsgründen die  Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe nicht mitgeteilt wird. Falls ja, müsste das ggf. auf die Sachrüge hin beachtet werden, falls nicht, müsste ggf. eine Verfahrensrüge erhoben werden. Das OLG hat die Frage verneint:

„Der Erörterung bedarf insoweit lediglich folgendes: Ob bei der Verurteilung eines Heranwach-senden Jugendrecht anzuwenden ist, weil er – wie im vorliegenden Fall vom Landgericht angenommen – zum Tatzeitpunkt noch einem Jugendlichen gleichstand, ist im Wesentlichen Tatfrage. Dem Jugendgericht steht bei der Beurteilung der Reife des Heranwachsenden grundsätzlich ein erheblicher Ermessensspielraum zu (BGH, Urt. v. 09.08.2001 – 1 StR 211/11 – juris; OLG Celle, Beschl. v. 26.06.2012 – 32 Ss 78/12 – juris). Um dem Revisionsgericht die Überprüfung der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen, müssen die für die Entwicklung des Heranwach-senden maßgeblichen tatsächlichen Umstände und die hieraus gezogenen rechtlichen Schluss-folgerungen dargelegt und in einer Gesamtschau gewürdigt werden (Senat, Beschluss vom 20. September 2019, Az.: 2 Ss 112/19). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil ge-recht, wenngleich es an der Mitteilung des Inhalts der Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe in der Berufungsverhandlung fehlt. Letzterer Umstand und seine rechtlichen Folgen werden von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Teilweise wird die fehlende Mitteilung bereits auf die allgemeine Sachrüge hin berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2011 – 5 StR 35/11 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 23. August 2012 – (4) 121 Ss 170/12 (202/12) -, juris). Allerdings handelte es sich in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen um mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Sachverhalte: Bei der angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs war in den Gründen des angefochtenen Urteils lediglich ausgeführt worden, dass die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung zur Frage etwaiger Reifeverzögerungen des Angeklagten eine von der Beurteilung des Tatgerichts abweichende Einschätzung abgegeben hatte, ohne dass den Urteilsgründen die von ihr vorgetragenen Argumente und eine Auseinandersetzung mit diesen zu entnehmen war. In der zitierten Entscheidung des Kammergerichts waren in dem zugrundeliegenden Urteil keine ausreichenden Feststellungen zur Entwicklung des Angeklagten getroffen worden, was als sachlich-rechtlicher Mangel gewertet wurde. Für die Annahme solcher Mängel der vorgenannten Art ist vorliegend indes angesichts der umfassenden Darlegung und sorgfältigen Würdigung der von der Jugendkammer zur Begründung der Anwendung von Jugendrecht auf den Angeklagten angeführten Gesichtspunkte sowie mangels Anhaltspunkten für gegenteilige Erkenntnisse oder Ausführungen der Jugendgerichtshilfe kein Raum gegeben.

In Fällen der vorliegenden Art, in denen in den Gründen des angefochtenen Urteils die für die Beurteilung des Vorliegens von Reifeverzögerungen maßgeblichen tatsächlichen Umstände der Entwicklung des Angeklagten sowie die hieran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen des Tatgerichts dargelegt worden sind und es lediglich an der Mitteilung der Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe fehlt, ist die unterbliebene Mitteilung nicht als sachlich-rechtlicher Mangel an-gesehen worden (vgl. BGH, NStZ-RR 1999, 26; OLG Hamm, Beschl. v. 25.11.2004 – 2 Ss 413/04 –, juris). Es handele sich vielmehr um einen Verfahrensmangel, der nur mit einer den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge der Verletzung der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden könne (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 01. Juli 1998 – 1 StR 182/98, NStZ-RR 1999, 26; OLG Hamm, Be-schluss vom 25. November 2004 – 2 Ss 413/04 -, juris). Dies wird mit dem allgemein geltenden Grundsatz begründet, dass allein die fehlende Erwähnung eines erhobenen Beweises nicht belege, dass das Ergebnis dieser Beweiserhebung nicht in die Überzeugungsbildung eingeflossen sei, was für die Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung entsprechend gelte (vgl. BGH aaO). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Eine entsprechende Verfahrensrüge ist im vorliegenden Fall durch den Angeklagten nicht erhoben worden.“

StPO III: Revision gegen ein Verwerfungsurteil, oder: Fehlender Eröffnungsbeschluss

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Und zum Tagesschluss dann noch eine OLG-Entscheidung, nämlich der OLG Köln, Beschl. v. 04.02.2020 – 1 RVs 240/19. Ergangen ist er in einem Revisionsverfahren. Die Berufung des Angeklagten ist nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen worden. Das OLG hat aufgehoben, und zwar auf die Sachrüge des Angeklagten, die der Verteidiger zum Glück erhoben und geltend gemacht hatte, dass ein Eröffnungsbeschluss nicht vorliegt:

„Der Senat berücksichtigt dieses Verfahrenshindernis auch auf die gegen ein Verwerfungsurteil gerichtete Sachrüge.

aa)  Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass die gegen ein Verwerfungsurteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO (bzw. – gleichsinnig – § 74 Abs. 2 OWiG) allein erhobene Sachrüge die Prüfung veranlasst, ob die für das Verfahren erforderlichen Prozessvoraussetzungen vorliegen oder ob dessen Einleitung oder Fortführung Prozesshindernisse entgegenstehen (SenE v. 15.08.2000 – Ss 189/00 -; SenE v. 16.03.2001 – Ss 66/01 -; SenE v. 13.03.2001 – Ss 65/01 -; SenE v. 12.12.2000 – Ss 446/00 – = VRS 100, 45 [49] = NJW 2001, 1223; SenE v. 03.04.2001 – Ss 92/01 -; SenE v. 27.11.2001 – Ss 468/01 -; SenE v. 21.12.2001 – Ss 507/01 B – = VRS 102, 112 [113] = DAR 2002, 178 [179] = NZV 2002, 241 [242]; SenE v. 11.03.2005 – 8 Ss 29/05 -; SenE v. 16.03.2011 – III-1 RBs 59/11 -; SenE v. 14.12.2018 – III-1 RBs 406/18 -).

bb) Das gilt – was der Senat bislang noch nicht zu entscheiden hatte – unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt das Verfahrenshindernis eingetreten ist, ob es also – wie der fehlende Eröffnungsbeschluss – bereits vom Amtsgericht hätte beachtet werden müssen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der dies auf Vorlage des OLG Koblenz für das Verfahrenshindernis des fehlenden (zurückgenommenen) Strafantrags angenommen hat (BGHSt 46, 230 = NStZ 2001, 440). Dies entspricht auch der Rechtsmeinung derjenigen Oberlandesgerichte, die sich seither mit der genannten Rechtsfrage zu befassen hatten (OLG Hamm B. v. 25.10.2016 – III-3 RVs 72/16 – zitiert nach Juris [Verjährung]; OLG Düsseldorf B. v. 08.04.2014 III-2 RVs 35/14 = BeckRS 2014, 7811 [Frage des Vorliegens einer Eröffnungsentscheidung]; OLG Hamburg NJW 2012, 631 [unwirksame Anklage]; OLG Celle NStZ-RR 2012, 75 [parallele Situation der Sprungrevision gegen ein Verwerfungsurteil gemäß § 412 StPO – Verjährung]; OLG Celle NStZ 2008, 118 [Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO]; s. weiter OLG Bamberg B. v. 19.01.2012 – 2 Ss OWi 1545/11= BeckRS 2012, 26002). Diese Rechtsauffassung wird auch von Teilen der Literatur vertreten (MüKo-StPO-Quentin, § 329 Rz. 11; Löwe/Rosenberg-Gössel, 26. Auflage 2012, § 329 Rz. 65; HK-StPO-Rautenberg/Reichenbach, § 329 Rz. 6; Paulus NStZ 2001, 445; a. A. – Berücksichtigung nur nachträglich entstandener Verfahrenshindernisse – aber Meyer-Goßner, Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse S. 45 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 329 Rz. 8; SK-StPO-Frisch, 5. Auflage 2016, § 329 Rz. 39; KK-StPO-Paul, 8. Auflage 2019, § 329 Rz. 13; SSW-StPO-Brunner, 3. Auflage 2018, § 329 Rz. 54; Duttge NStZ 2001, 442; wohl auch Radtke/Hohmann-Beukelmann, StPO, § 329 Rz. 37). Für einen Vorrang der Einstellung vor der Verwerfung spricht, dass es sich bei den Verfahrensvoraussetzungen um Umstände handelt, die so schwer wiegen, dass von ihrem Vorhandensein die Zulässigkeit des Verfahrens im Ganzen abhängt. Sie bestehen nicht nur im Interesse des Angeklagten, sondern vielmehr auch im allgemeinen Interesse (BGHSt 46, 230 [236]). Dass – wie die Gegenauffassung annimmt – die Anwesenheit des Angeklagten eine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts darstelle (Meyer-Goßner, Prozessvoraussetzungen und Prozesshindernisse S. 46; Duttge NStZ 2001, 442 [443]) ist demgegenüber jedenfalls keine vom Gesetz bruchlos durchgeführte Konzeption, wie die Vorschrift des § 329 Abs. 6 erweist, die (zwar nur, aber immerhin) eine Sachentscheidung über die Gesamtstrafe bei Abwesenheit des Angeklagten gestattet.

c) aa) Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 7. Juni 2018 – 666 Js 821/18 – gegen die Revisionsführerin zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde, ist in den Akten nicht vorhanden.

bb) Die fehlende Eröffnungsentscheidung ist auch nicht durch andere Beschlüsse oder Vorgänge im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens ersetzt worden. Zwar kann ein (konkludenter) Eröffnungsbeschluss auch in einer anderen, vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils schriftlich ergangenen Entscheidung gesehen werden, der eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleichzeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts, zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. BGH NStZ 1987, 239; BGH NStZ 1988, 236; BGH NStZ-RR 2011, 150 m. w. N. recherchiert über juris; SenE v. 18.12.2007 – 81 Ss 88/07 -; SenE v. 11.08.2009 – 81 Ss 35/09 -; SenE v. 29.06.2016 – III-1 RVs 128/16; SenE v. 25.09.2018 – III-1 RVs 181/18; LR-StPO-Stuckenberg, StPO, 26. Auflage, § 207 Rz. 54). Vorliegend lässt jedoch der einzig insoweit in Betracht zu ziehende Verfahrensvorgang – der Verbindungsbeschluss vom 5. September 2018 (Bl. 55 d. A.) – eine sachliche Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen gerade nicht erkennen. Dort ist nämlich eine weitere Anklage (vom 31. August 2018 – 666 Js 1339/18) zur Hauptverhandlung zugelassen worden; hinsichtlich des hier in Rede stehenden Tatvorwurfs findet sich hingegen nur eine Entscheidung über die Verfahrensverbindung.“

Revision I: Unbegründeter Revisionsantrag, oder: Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung im JGG?

Author nach den drei verschiedenenen TGLs entnommen wikimedai.org
interpretiert und digital umgesetzt durch Mediatus

Die 42. KW. beginne ich mit zwei revisionsrechtlichen Entscheidungen.

Die erste, der BGH, Beschl. v. 28.07.2020 – 2 StR 64/20 – nimmt zum Revisionsantrag Stellung. Der Angeklagte hatte gegen seine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das BtMG Revision eingelegt. Der BGH nimmt zur Zulässigkeit der Revision Stellung:

„1. Das ohne nähere Ausführungen zum Angriffsziel auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel ist hier zulässig. Der ohne Einschränkung auf Aufhebung des Urteils gerichtete Revisionsantrag macht – anders als bei der strukturell anders gelagerten Nebenklage (vgl. Eisenberg/Kölbel, JGG, 21. Aufl. § 55 Rn. 46a; zu den strengeren Anforderungen an die Revisionsbegründung bei der Nebenklage vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2019 – 2 StR 592/18, juris Rn. 2; BGH, Beschluss vom 8. April 2020 – 3 StR 606/19, juris Rn. 3, jeweils mwN) . noch hinreichend deutlich, dass sich der Revisionsangriff gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtet. Anhaltspunkte, dass mit dem Rechtsmittel ein unzulässiges Angriffsziel verfolgt werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 323/13, juris Rn. 2), sind der Rechtsmittelschrift nicht zu entnehmen. Auch die Urteilsurkunde, ausweislich derer sich die Angeklagte in der Hauptverhandlung schweigend verteidigt hat, bietet – anders als bei geständigen Angeklagten (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2013 – 1 StR 278/13, juris Rn. 14; vom 7. September 2017 – 5 StR 407/17, juris Rn. 3, vgl. auch Radtke, NStZ 2013, 660, 661) – keinen Anhaltspunkt für eine Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung aus § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG. Angesichts dessen kann offen bleiben, ob dem Senat zur weiteren Auslegung des Anfechtungsumfangs der Rückgriff auf die bestreitende Darstellung der Angeklagten gegenüber der Jugendgerichtshilfe oder den auf Freispruch lautenden Schlussantrag des Verteidigers, dem sich die Angeklagte im letzten Wort angeschlossen hat, eröffnet war, obwohl weder der Bericht der Jugendgerichtshilfe noch das Hauptverhandlungsprotokoll Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind (vgl. zum möglichen Rückgriff auf das Hauptverhandlungsprotokoll BGH, Beschluss vom 18. Juli 2018 – 4 StR 59/18).“

Im Übrigen hatte die Revision dann auch Erfolg.

StPO III: Die zulässige Erhebung der Sachrüge, oder: Lieber etwas mehr schreiben….

entnommen wikimedia.org
Urheber Harald Bischoff

Und zum Tagesschluss dann noch der BGH, Beschl. v. 19.06.2019 – 5 StR 107/19. Es geht um die Zulässigkeit der Revision des Angeklagten. Der GBA hatte beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen, weil die „allein“ erhobene Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entspräche.

Der BGH hat ein Einsehen und lässt den Angeklagte bzw. seinen Verteidiger mit einem blauen Auge davon kommen 🙂 :

„1. Die Revision ist zulässig erhoben. Denn der Beschwerdeführer hat nicht nur eine Verfahrensrüge erhoben, deren Unzulässigkeit zur Unzulässigkeit der Revision selbst führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 2 StR 510/07, StraFo 2008, 332). Vielmehr bemängelt er auch einen Widerspruch an „zentraler Stelle der Beweisführung“. Damit lässt sein Revisionsvorbringen noch hinreichend erkennen, dass er die Überprüfung des Urteils auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt. Dies genügt für die zulässige Erhebung der Sachrüge. Sie ausdrücklich als solche zu bezeichnen, ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017 – 3 StR 476/16).“

Also gerade noch einmal gut gegangen, oder: Lieber etwas mehr schreiben….