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Verkehrsrecht I: Aufrechterhaltung einer Sperrfrist, oder: Neue einheitliche oder isolierte Sperrfrist?

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In die 11. KW/2025 geht es dann mit zwei verkehrsrechtlichen Entscheidungen.

Die erste kommt vom BGH. Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 18.122024 – 3 StR 462/24. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen BtM-Delikten. Das LG hat den Angeklagten insoweit „unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Leer vom 29. März 2022 (Az. 604 Cs 388/22 (420 Js 33437/21)) . Zudem hat es die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Leer vom 29.03.2022 aufrechterhalten und eine weitere isolierte Sperrfrist von drei Jahren verhängt.

Die Revision des Angeklagten hat in der Hauptsache keinen Erfolg. Aber:

„Die Aufrechterhaltung der Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Leer hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Dazu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift das Folgende ausgeführt:

„1. Wurde bereits in der früheren Entscheidung auf Entziehung der Fahrerlaubnis oder – wie vorliegend – auf eine (gegebenenfalls nur isolierte) Sperrfrist erkannt, ist danach zu unterscheiden, ob auch die neu abzuurteilenden Taten die Anordnung einer solchen Maßregel nach §§ 69, 69a StGB gestatten oder nicht. Im letzteren Fall ist die in der einzubeziehenden Entscheidung ausgesprochene Maßregel nach § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten, sofern sie sich nicht durch die neue Entscheidung oder im Fall der Sperrfrist durch Zeitablauf erledigt hat und damit gegenstandslos geworden ist. Sind hingegen auch bei der neu abzuurteilenden Tat – wie vorliegend auf Grund des jeweils tateinheitlich verwirklichten vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis – die Voraussetzungen der Maßregeln der §§ 69, 69a StGB gegeben, ist der Gesamtstrafenrichter grundsätzlich an die Rechtskraft der früheren Maßregelentscheidung nicht mehr gebunden. Er hat vielmehr eine neue einheitliche Sperre festzusetzen, welche die frühere Sperre im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB gegenstandslos werden lässt, weil sie ihrer Wirkung nach in den Rechtsfolgen enthalten ist, die in der neuen Entscheidung angeordnet werden. Jedoch beginnt sie mit der Rechtskraft der früheren Entscheidung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. Februar 2020 – 4 StR 1/20, juris Rn. 5; LK/Valerius, StGB, 14. Auflage, § 69a Rn. 78 ff. mwN; MüKoStGB/v. Heintschel-Heinegg, 4. Auflage 2020, StGB § 55 Rn. 47 mwN). Im vorliegenden Fall besteht indes zusätzlich die Besonderheit, dass die in dem einzubeziehenden Strafbefehl des Amtsgerichts Leer vom 29. März 2022 (rechtskräftig seit dem 29. April 2022) angeordnete Sperre von einem Jahr zum Zeitpunkt des Urteils der Strafkammer (17. Juni 2024) bereits abgelaufen war. Daher musste das Landgericht wegen der neu abzuurteilenden Taten – das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 69, 69a StGB hat es rechtsfehlerfrei bejaht – eine selbstständige Sperre verhängen, wobei die Dauer der bereits verstrichenen und die Dauer der neu festzusetzenden (zeitigen) Sperre zusammen fünf Jahre nicht übersteigen durfte (vgl. hier-zu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. September 1990 – 5 Ss 277/90 – 111/90, NZV 1991, 317; LK/Valerius, StGB, 14. Auflage, § 69a Rn. 78 ff. mwN; MüKoStGB/v. Heintschel-Heinegg/Huber, 4. Aufl. 2020, StGB § 69a Rn. 36).

2. Dies zu Grunde gelegt, geht die Aufrechterhaltung der mit Strafbefehl des Amtsgerichts Leer vom 29. März 2022 verhängten isolierten Sperrfrist von einem Jahr durch die Strafkammer fehl. Denn zum einen hat sie sich durch Zeitablauf bereits erledigt, zum anderen wäre selbst bei noch laufender Sperrfrist auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verhängung einer Maßregel nach §§ 69, 69a StGB auch hinsichtlich der abgeurteilten Taten eine neue einheitliche Sperre festzusetzen gewesen. Der insoweit im Tenor erfolgte Ausspruch über die Aufrechterhaltung hat daher zu entfallen.

3. Zutreffend hat das Landgericht jedoch eine neue isolierte Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) von drei Jahren verhängt. Auf Grund der Formulierung, das Landgericht erachte eine solche von „noch“ drei Jahren für ausreichend und erforderlich, kommt dies hinreichend zum Ausdruck. Die Voraussetzungen für die Verhängung einer isolierten Sperre hat die Strafkammer angesichts der einschlägigen Vorstrafen und der Umstände des Tatgeschehens rechtsfehlerfrei bejaht (UA S. 47 f.; vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. März 2020 – 4 StR 544/19, juris Rn. 18).“

Hier dann also mal der 3. Strafsenat des BGH zur Sperrfrist und nicht der sonst „sonderzuständige“ 4. Strafsenat.

Fahrerlaubnis : Länge der Fahrerlaubnissperre, oder: Wenn die Sperrfrist falsch berechnet wird….

Und dann Wochenstart. Ich beginne die 34. KW. mit zwei Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 69, 69a StGB.

Den Opener macht der BGH, Beschl. v. 11.04.2023 – 4 StR 47/23. Nichts Dolles, aber immerhin mal wieder der BGH. Das LG hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Jugendstrafe verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und eine Fahrerlaubnissperre von vier Jahren verhängt.

Das Rechtsmittel des Angeklagten hat hinsichtlich der Fahrerlaubnissperre aufgehoben.

1. Die Anordnung einer Fahrerlaubnissperre für die Dauer von vier Jahren (§ 69a Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Dauer der Sperre hat das Landgericht ? worauf es in den schriftlichen Urteilsgründen ausdrücklich hingewiesen hat ? unter Berücksichtigung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse T (vgl. § 111a StPO), die seit dem 2. Mai 2019 angeordnet worden ist, bemessen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Dauer der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung auf die verhängte und mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils beginnende Sperre voll eingerechnet wird und hat nicht bedacht, dass gemäß § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB nur die Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis eingerechnet wird, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist. Das Landgericht hat die Sperre deshalb zu lange bemessen, so dass die Anordnung schon deshalb der Aufhebung unterliegt.

2. Der Senat hebt ? dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend ? auch die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 1 StGB) auf. Zwar ist die Maßregelanordnung rechtsfehlerfrei begründet. Angesichts des Zeitablaufs erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht die Frage der charakterlichen Ungeeignetheit des Angeklagten zum Führen von Fahrzeugen der Klasse T abweichend bewerten könnte.

3. Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlung und Entscheidung.

Sollte das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht erneut die Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen, wird es eine Entscheidung über die Einziehung des Führerscheins des Angeklagten zu treffen haben (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 2 StGB). Dies kann noch im zweiten Rechtsgang geschehen. Das Verbot der reformatio in peius (§ 358 Abs. 2 StPO) stünde einer Nachholung dieses Maßnahmenausspruchs nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2019 ? 4 StR 390/19 Rn. 22; Beschluss vom 8. Oktober 2014 ? 4 StR 262/14; Urteil vom 5. November 1953 ? 3 StR 504/53, BGHSt 5, 168, 178 f.).“

Der § 69a Abs. 5 StGB wird häufig übersehen….

Verkehrsrecht II: Mindestdauer für Sperrfrist ist fix, oder: Weniger als drei Monate ist nicht zulässig

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In dem zweiten Entscheidung, dem KG, Urt. v. 17.08.2022 – ([3] 161 Ss 129/22 (44/22) – hat das KG u.a. zur Frage der Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) Stellung genommen. Das AG hatte noch eine Sperrfrist von 2 Monaten festgesetzt. Das hat das KG auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft beanstandet:

„2. Die Sprungrevision der Amtsanwaltschaft ist begründet. Die angeordnete Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

Gemäß § 69a Abs. 4 Satz 1 StGB verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO wirksam war. Satz 2 dieser Vorschrift sieht allerdings vor, dass das Mindestmaß drei Monate nicht unterschreiten darf. Letzteres ist hier geschehen: In dem angegriffenen Urteil hat das Amtsgericht Tiergarten grundsätzlich zutreffend § 69a Abs. 4 StGB angewandt, dessen Voraussetzungen aufgrund der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten mit Beschluss vom 10. September 2021 vorlagen. Jedoch hat es bei seiner Entscheidung § 69a Abs. 4 Satz 2 StGB nicht beachtet, indem es mit zwei Monaten eine Sperre unter dem gesetzlichen Mindestmaß angeordnet hat. Die Festsetzung einer kürzeren Sperrfrist als drei Monate ist unzulässig und kann – schon vor dem Hintergrund der eindeutigen, zwingenden gesetzlichen Regelung – auch nicht ausnahmsweise erfolgen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 8. November 1985 – 1 Ss 252/85 –, juris; OLG Köln NJW 1967, 361; Fischer a.a.O., § 69a Rn. 12; v. Heintschel-Heinegg/Huber in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch 4. Aufl., § 69a Rn. 20; Kinzig in Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts Band 3 1. Aufl. 2021, Rn. 209; ders. in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 30. Aufl., § 69a Rn. 13; Kretschmer in Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht 1. Aufl., § 69a Rn. 12).“

Das KG hat außerdem zu den Voraussetzungen, unter denen die Beschränkung des gegen den Strafbefehl gerichteten Einspruchs auf die Höhe des Tagessatzes und die Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) wirksam ist, Stellung genommen. Insoweit verweise ich auf den verlinkten Volltext.

Rechtsmittel I: Beschränkung der Berufung auf die Sperrfrist, oder: Wirksam?

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Urheber Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerium des Innern

Heute dann mal ein Rechtsmitteltag. Und den eröffne ich mit dem KG, Urt. v. 15.08.2018 – (3) 121 Ss 123/18 (18/18) –, das u.a. zu den Voraussetzungen, unter denen die nach § 69a StGB (hier: nicht) verhängte Sperrfrist von der Berufung ausgenommen werden kann, Stellung nimmt. Das KG meint dazu:

1. Zur Überprüfung steht der gesamte Rechtsfolgenausspruch. Die Entscheidung des Amtsgerichts über die Sperrfrist ist nicht rechtskräftig geworden, denn der Angeklagte konnte sie nicht wirksam von seiner Berufung ausnehmen.

a) Zwar hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger erklärt, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil auf „das Strafmaß“ zu beschränken. Die Sperrfrist ist eine Maßregel der Besserung und Sicherung und keine Strafe im Rechtssinne, so dass bereits rechtstechnisch im Raum steht, dass der Verteidiger die Sperrfrist von der Berufung ausgenommen wissen wollte (vgl. Senat, Urteil vom 26. März 2018 – [3] 161 Ss 32/18 [1/18] –; OLG Jena OLGSt StPO § 327 Nr. 2). Dass der Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung gleichwohl einen Antrag zur Sperrfrist gestellt hat, würde eine zuvor wirksam erfolgte Beschränkung der Berufung nachträglich nicht beseitigen können.

b) Jedoch war der Angeklagte aus Rechtsgründen an einer solchen Beschränkung des Rechtsmittels gehindert. Zwar ist eine Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der Sperrfrist nicht schlechterdings ausgeschlossen (vgl. BGH NStZ 1992, 586; Senat, Urteil vom 26. März 2018 a.a.O. sowie Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 3 Ss 107/15 –; Paul in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 318 Rn. 8a m.w.N.). Eine wirksame Beschränkung setzt aber voraus, dass die Gründe der Sperrfristanordnung selbstständig beurteilt werden können und nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit der Hauptstrafe stehen (vgl. BGH NJW 2001, 3134; Senat NZV 2002, 240 sowie Urteil vom 28. März 2018 und Beschluss vom 19. Oktober 2015 jeweils a.a.O.). Grundlage für die Beurteilung, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist grundsätzlich das angefochtene Urteil; andere, im Urteil nicht erwähnte Umstände bleiben bei der Beurteilung ohne Berücksichtigung (vgl. Senat, Urteil vom 28. März 2018 und Beschluss vom 19. Oktober 2015 jeweils a.a.O.; OLG Dresden NStZ-RR 2012, 289 zu § 47 Abs. 1 StGB).

c) Abgesehen davon, dass ein solcher Zusammenhang bei den hier ersichtlich angenommenen charakterlichen Mängeln naheliegt (und eine Beschränkung der Berufung nur auf das Strafmaß damit nach verbreiteter Ansicht schon deshalb ausscheidet [Streitstand vom OLG Frankfurt instruktiv dargestellt in NZV 2002, 382]), hat das Amtsgericht in seinem Urteil in der Begründung zur Sperrfristanordnung Bezug auf seine Feststellungen zur Tat und in der Begründung zur festgesetzten Sperrfristdauer Bezug auf seine Strafzumessungserwägungen genommen, so dass hier jedenfalls deshalb zwischen den Gründen der Sperrfristanordnung und der Festsetzung der Hauptstrafe ein untrennbarer Zusammenhang besteht.“

Auf die Entscheidung des KG komme ich in einem anderen Zusammenhnag noch einmal zurück.

Aufhebung der Sperrfrist, oder: Checkliste vom AG Rheinberg

entnommen openclipart.org

Und zum Schluss des „Verkehrsrechtstag“ dann noch der AG Rheinberg, Beschl. v. 23.08.2018 – 4 Cs 418 Js 126/18 (271/18). Er behandelt die Aufhebung der Sperffrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 7 StGB.Er fasst noch einmal sehr schön die Umstände zusammen – quasi wie eine kleine Checkliste -, auf die man als Verteidiger, wenn man einen Aufhebungsantrag gestellt hat oder stellen will, achten muss:

„Bei der Abwägung hat das Gericht vorliegend neben der nachgewiesenen Teilnahme an einem verkehrspsychologischen Kurses auch die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt, die Dauer der bisherigen Entziehung der Fahrerlaubnis, die Begehungswese der Tat, den Grad der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und das sonstige Verhalten des Verurteilten im Straßenverkehr berücksichtigt. Die Abwägung führt hier zu einer hinreichend sicheren Tatsachengrundlage, den Verurteilten nicht mehr als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr anzusehen.

Der Angeklagte ist abgesehen von der Verurteilung durch den Strafbefehl des Gerichts zu keinem Zeitpunkt strafrechtlich oder verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten. Weder existieren Voreintragungen im Bundeszentralregister, noch im Fahreignungsregister noch bestehen nach aktueller Auskunft von Polizei und Staatsanwaltschaft laufende Verfahren gegen den Verurteilten.

Der Grad der Alkoholisierung lag mit 1,5 Promille zwar spürbar über der Schwelle der absoluten Fahruntüchtigkeit, jedoch gleichzeitig noch in einem Bereich, der nicht auf einen vollkommen ausartenden Umgang mit Alkohol generell schließen lässt (vgl. insoweit Richtwerte des LG Hildesheim lt. Beschluss vom 14.05.2003, NStZ-RR 2003, 312).

Aufgrund der Sicherstellung des Führerscheins zum Zeitpunkt der Tat (03.02.2018, BI. 2, 23 d.A.) entbehrt der Verurteilte zum Entscheidungszeitpunkt bereits für die Dauer von knapp sieben Monaten seine Fahrerlaubnis.

Die der Anordnung der Sperre zugrundeliegende Tat ist fahrlässig begangen worden. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ist in Form einer (leichten) Verletzung des Zeugen K. eingetreten, wobei jedoch nach Aktenlage ein nicht ganz unerhebliches Mitverschulden des Zeugen K. nicht ausgeschlossen werden kann.

Des Weiteren hat der Verurteilte nach Erlass des Strafbefehls und Anordnung der Sperrfrist an einem verkehrspsychologischen Kurs teilgenommen. Zwar führt die bloße Teilnahme an einem verkehrspsychologischen Kurs (hier „avanti 16″ der Nord-Kurs GmbH) nicht grundsätzlich dazu, dass der Teilnehmer als geeignet anzusehen ist (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl. 2018, § 69a Rn. 44 m.w.N.). Indes handelt es sich dennoch um einen im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigungsfähigen Umstand.

Vorliegend hält das Gericht die Ausgestaltung und Qualität des Kurses für ausreichend, um in der Abwägung Berücksichtigung zu finden. Das Gericht hält es anders als die Staatsanwaltschaft nicht für zwingend erforderlich, dass das Seminar durch einen gem. § 36 Abs. 6 FeV anerkannten Fachleiter durchgeführt wird bzw. dieser Umstand vom Verurteilten dargelegt wird (so allerdings LG Hildesheim a.a.O.). Soweit die verwaltungsrechtlichen Vorschriften der §§ 2b Abs. 2 5.2, 4 Abs. 8 S. 4 StVG für vergleichbare Aufbauseminare entsprechende Vorgaben machen, betreffen diese Vorgaben nicht zugleich die Frage der Verkürzung der strafrechtlich angeordneten Sperrfrist. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber — in Kenntnis der seit langem bekannten Problematik der Berücksichtigung von Aufbauseminaren bei der Dauer der Sperrfrist — bislang nicht dafür entschieden, vergleichbare Qualitätsanforderungen bei den entsprechenden Regelungen des StGB einzuführen. Insoweit will der Gesetzgeber offenbar die Einzelfallentscheidung durch das Gericht nicht durch formale Gesichtspunkte beschränken. Einer solchen Einzelfallprüfung hält die vom Verurteilten vorgelegte Teilnahmebescheinigung jedoch stand. Dieser ist zu entnehmen, dass das Seminar über die Dauer von 16 Einheiten durchgeführt wurde und eine hinreichend individualisierte Beratung durch geschultes Personal zum Gegenstand hatte.

Auch die Vorlage eines Gutachtens einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle hält das Gericht anders als die Staatsanwaltschaft nicht für erforderlich, um die Ungeeignetheit zu widerlegen. Ein solches Gutachten dürfte lediglich in den Fällen erforderlich sein, in denen von der Regelfallbewertung gem. § 69 StGB abgewichen werden soll und trotz Vorliegen eines Regelfalles die Fahrerlaubnis erst gar nicht entzogen werden soll (vgl. Fischer, a.a.O., § 69 Rn. 36).

Seit Ableistung des Kurses sind zum Entscheidungszeitpunkt ca. 5 Wochen vergangen. Soweit manche Stimmen eine Zeit nach Abschluss des verkehrspsychologischen Kurses zur Reflexion des Erlernten und dessen Umsetzung im Alltag verlangen (vgl. LG Heilbronn, Beschl. v. 27.04.2018, BeckRS 2018, 9533), wäre durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf auch diese Voraussetzung hinreichend erfüllt.“

Besten Dank an den Kollegen Möckel aus Oldenburg für die Übersendung der Entscheidung.