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Genug ist genug, oder: Drei Monate Mindestsperrfrist reichen

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Der Angeklagte ist wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,14 Promille zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem wurde ein Sperrfrist von sechs Monaten verhängt. Die hat das AG Dresden jetzt im AG Dresden, Beschl. v. 11.08.2014 – 215 Cs 701 Js 18067/14 – auf die Mindestsperrfrist von drei Monaten reduziert, nachdem der Angeklagte erfolgreich an einem Aufbauseminar teilgenommen hat.

„PP. ist nicht einschlägig vorbestraft. Seine Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit betrug 1,14 Promille im Mittelwert. Über seinen Verteidiger hat er ein Tellnahmezertiflkat über ein besonderes Aufbauseminar vorgelegt. Darin wird bestätigt, dass er in der Zeit vom 05.07.2014 bis 09.07.2014 an einem besonderen Aufbauseminar (Modell NAFAPlus) teilgenommen hat. Durch die leitende Diplompsychologin wird ihm in diesem Zertifikat betätigt, dass er engagiert an den Kurssitzungen teilgenommen und die Gruppengespräche für eine selbstkritische Diskussion seiner Vorgeschichte genutzt hatte. Der Verurteilte hat die auslösenden Bedingungen für die alkoholbeeinflusste Verkehrsteilnahme mit Hilfe der Gruppe und des Kursleiters reflektiert und Wissen im Bereich der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und alkoholisierter Verkehrsteilnahme erworben. Er hat sich Informationen zu Alkoholkonsum und dessen Auswirkung auf die psychische und physische Leistungsfähigkeit und damit auf die Verkehrssicherheit erarbeitet und konnte eine Motivation zur konsequenten Trennung von Alkoholkonsum und Straßenverkehrsteilnahme aufbauen und bestärken. Es wurde empfohlen, die Sperrfrist nach § 69a Abs. 7 StGB vorzeitig aufzuheben.

Bei Verkehrsteilnehmern, die mit einer Blutalkoholkonzentration von bis zu 1,8 Promille und erstmals einschlägig auffällig geworden sind, wird die erfolgreiche Teilnahme an einem geeigneten Nachschulungskurs regelmäßig zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände gegen eine solche Entscheidung sprechen (vgl. LG Hildesheim DAR 2004, 110). Aus dem Nachschulungszertifikat ist auch ersichtlich, dass diese durch einen amtlich anerkannten Seminarleiter nach § 38 Abs. 6 FeV durchgeführt wurde.“

Teilnahme am Kurs „Dekra Mobil“ – es gibt die „Fleppe“ wieder/Sperre entfällt

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Aus dem Reservoir, der Entscheidungen, die sich mit einer nachträglichen Abkürzung oder gar Aufhebung einer Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis befassen, heute der Hinweis auf den AG Kehl, Beschl. v. 21.03.2014 -2 Cs 206 Js 15342/13. Kann man vielleicht ganz gut mit argumentieren. Das AG hat nach einer Verurteilung wegen einer fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) mit einer BAK von 1,21 Promille nach nur rund 5 (!!) Monaten die Sperre aufgehoben. Begründung u.a.: Der Verurteilte hatte erfolgreich an einem Aufbauseminar „Dekra mobil“ teilgenommen.

Das AG verweist darauf, dass nach dem StGB das Gericht die Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis vorzeitig aufheben kann, wenn sich Grund zu der Annahme ergibt, dass der Verurteilte nicht mehr ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, und die Sperre mindestens drei Monate bzw. im Fall des § 69 Abs. 3 StGB ein Jahr gedauert hat. Dazu bedürfe es aber keiner zweifelsfreien Feststellung, dass die Ungeeignetheit entfallen sei. Vielmehr genüge eine auf neue Tatsachen gestützte hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich der Verurteilte im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen werde. Dies könne der Fall sein, wenn der Verurteilte nachgewiesen habe, dass er erfolgreich an einem besonderen Aufbauseminar nach dem Modell „DEKRA-Mobil“ teilgenommen habe. Eine erfolgreiche Kursteilnahme sei aber nur ein Indiz für den Fortfall des Eignungsmangels, weshalb insbesondere bei einer hohen Blutalkoholkonzentration bei der Tat noch weitere Umstände hinzutreten müssen. Hier hat das AG auf die verhältnismäßig geringe BAK abgestellt und „die Fleppe wieder rausgerückt“.

Dauerbrenner: Hier dann: Ausländische Fahrerlaubnis nach Verzicht auf inländische

Ein Dauerbrenner in der verkehrsstrafrechtlichen Diskussion ist sicherlich derzeit immer noch die ausländische Fahrerlaubnis, über die wir hier ja auch schon häufiger berichte haben. Eine neue Facette hat sich jetzt mit dem OLG Hamburg, Beschl. v. 29.09.2011 -3-44/11 (Rev) aufgetan, der die Frage der Anerkennung einer EU-Fahrerlaubnis nach einem dem Entzug gleichzusetzendem Verzicht auf inländische Fahrerlaubnis behandelt.

Das OLG führt dazu aus, dass dann, wenn ein Verkehrsteilnehmer – wie hier – im Wiederholungsfall ein Fahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel geführt hat und er dem Entzug der Fahrerlaubnis durch Verzicht auf dieselbe zuvorgekommen ist, er im Inland keine Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen mit einer später ausgestellten EU-Fahrerlaubnis hat. Der Verzicht sei in einem solchen Fall mit dem Entzug gleichzusetzen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass es den Mitgliedstaaten untersagt sei, einem Bewerber, dessen Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist, einen Führerschein auszustellen, der ihn berechtigt, auch in dem Mitgliedstaat ein Kraftfahrzeug zu führen, in dem gegen ihn eine Maßnahme verhängt worden war.

Also: § 21 StVG, aber Teilerfolg bei der angeordneten Sperrfrist (§ 69a StGB). Da muss das AG nachbessern, da es die weitere charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten nicht dargelegt hatte.

Entziehung der Fahrerlaubnis beim Jugendlichen: Kein Unterschied zum Erwachsenen

Das OLG Nürnberg, Beschl. v. 26.08.2011 – 1 St OLG Ss 156/11 befasst sich mit der Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem Heranwachsenden im JGG-Verfahren. Das OLG weist darauf hin, dass bei der Entziehung der Fahrerlaubnis eines Jugendlichen gemäß § 69 StGB i.V.m. § 7 Abs. 1 JGG es allein auf dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und nicht auf erzieherische Erwägungen ankommt. Die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB finde daher auch im Rahmen des § 7 Abs. 1 JGG uneingeschränkt Anwendung.

Auch die Dauer der Sperrfrist gem. § 69 a StGB ist allein an der Ungeeignetheit des Jugendlichen bzw. Heranwachsenden auszurichten. Sie darf nicht allein aus erzieherischen Gründen verkürzt werden. Zu der Frage bedarf es daher also keinerlei Ausführungen in den Urteilsgründen.

Abkürzung der Sperrfrist – so ganz häufig gibt es das ja nicht

Die Abkürzung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 7 StGB) – so ganz häufig sind diese Fälle in der Praxis ja nicht. Deshalb ist der Beschl. des LG Erfurt v. 25.05.2011 – 7 Qs 135/11 einen Hinweis wert. Das AG hatte den Antrag des Verurteilten abgelehnt, das LG hat dann auf die Beschwerde hin um einen Monat verkürzt (nicht viel viel, aber immerhin). Aus der Begründung:

…Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration (hier: 2,04 Promille) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von hier sechs Monaten angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berück­sichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwi­ckelt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 02.08.2010, 533 Qs 97/10, zit. Nach Juris).

Für eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 7 StGB spricht im vorliegen­den Fall die mit der Beschwerde vorgelegte Bestätigung der DEKRA vom 11.04.2011. Da­nach hat der Verurteilte in der Zeit vom 07.02. bis zum 02.03.2011 an einer verkehrspsychologischen Intervention teilgenommen, die drei Einzelgespräche zu je 90 Minuten umfasste. Ziel jener Maßnahme war es, die Voraussetzungen für ein verkehrsgerechtes Verhalten so zu verbessern, dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Trunkenheitsdeliktes vermindert wird. Insbesondere wurden, wie die Bescheinigung aufzeigt, die Ursachen der Alkoholauffälligkeit diskutiert.

Der die Bescheinigung ausstellende Dipl.-Psychologe K.M. bestätigt, dass der Verurteilte regelmäßig und pünktlich die Sitzungen besucht und aktiv an den Gesprächen teilgenommen hat. Es sei ein deutliches Bemühen erkennbar gewesen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu überdenken und zu ändern. Dem Verurteilten könne eine in diesem Sinne erfolgreiche Kursteilnahme bescheinigt werden.

Die Kammer hält dem Verurteilten zugute, dass er an der verkehrspsychologischen Interven­tion freiwillig und aus eigenem Antrieb teilgenommen und dabei finanziellen und zeitlichen Aufwand auf sich genommen hat. Es steht zu hoffen, dass der Verurteilte seine Trinkgewohnheiten mittlerweile geändert hat bzw. bei vorangegangenem Alkoholkonsum nicht mehr fahren wird.“