Schlagwort-Archive: Mindestdauer

Verkehrsrecht II: Mindestdauer für Sperrfrist ist fix, oder: Weniger als drei Monate ist nicht zulässig

Bild von Karen Arnold auf Pixabay

In dem zweiten Entscheidung, dem KG, Urt. v. 17.08.2022 – ([3] 161 Ss 129/22 (44/22) – hat das KG u.a. zur Frage der Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) Stellung genommen. Das AG hatte noch eine Sperrfrist von 2 Monaten festgesetzt. Das hat das KG auf die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft beanstandet:

„2. Die Sprungrevision der Amtsanwaltschaft ist begründet. Die angeordnete Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

Gemäß § 69a Abs. 4 Satz 1 StGB verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO wirksam war. Satz 2 dieser Vorschrift sieht allerdings vor, dass das Mindestmaß drei Monate nicht unterschreiten darf. Letzteres ist hier geschehen: In dem angegriffenen Urteil hat das Amtsgericht Tiergarten grundsätzlich zutreffend § 69a Abs. 4 StGB angewandt, dessen Voraussetzungen aufgrund der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten mit Beschluss vom 10. September 2021 vorlagen. Jedoch hat es bei seiner Entscheidung § 69a Abs. 4 Satz 2 StGB nicht beachtet, indem es mit zwei Monaten eine Sperre unter dem gesetzlichen Mindestmaß angeordnet hat. Die Festsetzung einer kürzeren Sperrfrist als drei Monate ist unzulässig und kann – schon vor dem Hintergrund der eindeutigen, zwingenden gesetzlichen Regelung – auch nicht ausnahmsweise erfolgen (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 8. November 1985 – 1 Ss 252/85 –, juris; OLG Köln NJW 1967, 361; Fischer a.a.O., § 69a Rn. 12; v. Heintschel-Heinegg/Huber in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch 4. Aufl., § 69a Rn. 20; Kinzig in Hilgendorf/Kudlich/Valerius, Handbuch des Strafrechts Band 3 1. Aufl. 2021, Rn. 209; ders. in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch 30. Aufl., § 69a Rn. 13; Kretschmer in Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht 1. Aufl., § 69a Rn. 12).“

Das KG hat außerdem zu den Voraussetzungen, unter denen die Beschränkung des gegen den Strafbefehl gerichteten Einspruchs auf die Höhe des Tagessatzes und die Dauer der Sperrfrist (§ 69a StGB) wirksam ist, Stellung genommen. Insoweit verweise ich auf den verlinkten Volltext.

Fahrverbot II: aufgeteilt „auf die Dauer von 4 Wochen, aufgeteilt in 2mal 2 Wochen“, oder: Geht so nicht

© Gina Sanders – Fotolia.com

Die zweite Fahrverbotsentscheidung kommt mit dem BayObLG, Beschl. v. 20.05.2019 – 201 ObOWi 569/19 – aus Bayern. Er nimmt u.a. zur Mindestdauer eines Fahrverbotes Stellung.

Das AG hatt gegen den Betroffenen im Rahmen einer Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Fahrverbot „auf die Dauer von 4 Wochen, aufgeteilt in 2mal 2 Wochen“ festgesetzt. Geht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG so nicht, sagt das BayObLG:

„3. Hieraus folgt zwingend, dass das gesetzliche Mindestmaß des bußgeldrechtlichen Fahrver-bots einen Monat beträgt, folglich nicht unterschritten werden darf und eine Bemessung nach Wochen oder Tagen nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens in Betracht kommen kann (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.12.2010 – 3 RBs 210/10 = DAR 2011, 149 = VRS 120 [2011], 202 = VerkMitt 2011, Nr 42 m. Anm. Rueber, jurisPR-VerkR 3/2011 Anm. 6; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. [2019], § 25 StVG, Rn. 27; Deutscher, in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. [2018], Rn. 1541, 1551; Grube, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. [Stand: 02.01.2018], § 25 StVG Rn. 31; Burmann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. [2018], § 25 StVG, Rn. 35).

a) Daran ändert sich nichts dadurch, dass von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot aus Gründen des verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes (vgl. etwa schon OLG Bamberg, Be-schl. v. 14.12.2005 – 3 Ss OWi 1396/05 = ZfSch 2006, 412), infolge Zeitablaufs (vgl. hierzu etwa OLG Zweibrücken, Beschl. v. 13.11.2017 – 1 OWi 2 Ss Bs 48/17 = ZfSch 2018, 113; OLG Naumburg, Beschl. v. 13.06.2017 – 2 Ws 132/17 = Blutalkohol 54 [2017], 314; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 31.03.2014 – Ss [B] 18/14 = VRS 126, 203 und schon OLG Hamm, Beschl. v. 24.01.2012 – 3 RBs 364/11 = DAR 2012, 340 und OLG Bamberg, Beschl. v. 02.01.2018 – 3 Ss OWi 1704/17 = OLGSt StVG § 25 Nr 69 [zur freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Schulung bzw. zum Besuch eines sog. Aufbau- oder Fahreignungs-seminars]) oder aber bei Vorliegen anerkannter privilegierender Fallkonstellationen, insbesondere bei Vorliegen eines sog. ‚Augenblicksversages‘ (vgl. neben BGH, Beschl. vom 11.09.1997 – 4 StR 638/96 = BGHSt 43, 241/249 ff. = NJW 1997, 3252 = NZV 1997, 525 z.B. OLG Bamberg, Beschl. v. 12.02.2018 – 2 Ss OWi 63/18 [bei Juris]; 22.12.2015 – 3 Ss OWi 1326/15 = OLGSt StVG § 25 Nr 64 = VA 2016, 48; 04.01.2016 – 3 Ss OWi 1490/15 = OLGSt StVG § 25 Nr 65 = VA 2016, 47 [m. Anm. Krenberger jurisPR-VerkR 7/2016 Anm. 6] und 17.07.2012 – 3 Ss OWi 944/12 DAR 2012, 528 = ZfSch 2012, 648 = OLGSt StVG § 25 Nr 52 = VM 2013, Nr 3 = VA 2012, 156 und OLG Oldenburg, Beschl. v. 26.09.2013 – 2 SsBs 280/13 = DAR 2014, 99 = VRS 125 [2013], 223 = NZV 2014, 331), eines ‚atypischen Rotlichtverstoßes‘ (vgl. z.B. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.03.2018 – 1 OWi 2 SsBs 107/18 = ZfSch 2018, 290; OLG Bamberg, Beschl. v. 10.08.2015 – 3 Ss OWi 900/15 = ZfSch 2016, 50 und 24.07.2008 – 3 Ss OWi 1774/07 = DAR 2008, 596 = OLGSt BKatV § 4 Nr 7 = VRR 2008, 433 [m. Anm. Gieg]; 29.06.2009 – 2 Ss OWi 573/09 [‚Frühstarter‘] = NJW 2009, 3736 = NZV 2009, 616 = DAR 2009, 653 = OLGSt BKatV § 4 Nr. 8 = StRR 2010, 403 = VRR 2010, 34 [m. Anm. Gieg]), bei Vorliegen eines vermeidbaren Verbotsirrtums (vgl. hierzu etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 01.12.2015 – 3 Ss OWi 834/15 = StraFo 2016, 116 [m. Anm. Sternberg-Lieben] = OLGSt O-WiG § 11 Nr 5) oder einer sog. ‚notstandsähnlichen Lage‘ (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.11.2004 – 1 Ss 94/04 = NJW 2005, 450 = NStZ 2005, 414 = NZV 2005, 54 = DAR 2005, 46 = VRS 108, 39; OLG Bamberg, Beschl. v. 04.09.2013 – 3 Ss OWi 1130/13 = DAR 2014, 394 = VM 2014, Nr 40 und 25.02.2015 – 3 Ss OWi 160/15 = NJW 2015, 1320 = NZV 2015, 309 = DAR 2015, 396) oder weiterer besonderer Fallgruppen gänzlich abgesehen oder ein an sich über der Mindestdauer von einem Monat festgesetztes Regelfahrverbot auf dieses abgekürzt (hierzu z.B. OLG Bamberg, Beschl. v. 02.07.2018 – 3 Ss OWi 754/18 = Blutalkohol 55 [2018], 369 = NStZ-RR 2018, 325; 04.05.2017 – 3 Ss OWi 550/17 = OLGSt StVG § 25 Nr 68 und 18.03.2014 – 3 Ss OWi 274/14 = DAR 2014, 332 = VM 2014 Nr 36 = ZfSch 2014, 471) oder das Fahrverbot unter bestimmten Umständen nach § 25 Satz 1 a.E. StVG auf Kraftfahrzeuge bestimmter Art beschränkt (instruktiv etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 09.11.2017 – 3 Ss OWi 1556/17 = DAR 2018, 91 = StraFo 2018, 84 = VM 2018, Nr 18 und schon Beschl. v. 19.10.2007 – 3 Ss OWi 1344/07 = NStZ-RR 2008, 119 = VRS 113, 357 = VRR 2008, 75) wer-den kann.

b) Erst recht ändert sich an der gebotenen Anordnung der einmonatigen Mindestdauer des bußgeldrechtlichen Fahrverbots auch dann nichts, wenn diese aufgrund einer von Amts wegen zu beachtenden rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach Maßgabe der sog. „Vollstreckungslösung‘ mit dem Ergebnis einer faktischen Unterschreitung der (anzuordnenden) Mindestdauer – gegebenenfalls teilweise – zu kompensieren ist (vgl. hierzu schon OLG Bam-berg, Beschl. v. 04.12.2008 – 3 Ss OWi 1386/08 = NZV 2009, 201 = ZfSch 2009, 229 = NJW 2009, 2468 = OLGSt StVG § 25 Nr 44; ferner OLG Hamm, Beschl. v. 24.01.2012 – 3 RBs 364/11 = DAR 2012, 340 und 24.03.2011 – 3 RBs 70/10 = DAR 2011, 409; Deutscher a.a.O. Rn. 1551).“