Archiv für den Monat: März 2023

OWi I: Verlesung des Messprotokolls in der HV, oder: Beschränkung des Einspruchs und Einspruch per Mail

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Heute dann mal wieder ein OWi-Tag, und zwar zunächst hier drei verfahrensrechtliche Entscheidungen, und zwar jeweils nur die Leitsätze.

1. Unabhängig von einem in § 77a Abs. 1, 2 und 4 OWiG geregelten Zustimmungserfordernis kann das Messprotokoll auf Anordnung des Vorsitzenden in der Hauptverhandlung nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden.

2. Denn das Messprotokoll ist eine Urkunde i.S.v. § 256 Abs. 1 StPO, weil sie eine Erklärung über eine amtlich festgestellte Tatsache einer Ermittlungsmaßnahme ist und keine Vernehmung zum Gegenstand hat.

3. Das Messprotokoll gibt im Sinne des § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO auch Auskunft über repressives Handeln der Polizei. Denn die Geschwindigkeitsüberwachung dient auch der Verfolgung und Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen.

1. Eine Beschränkung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch in seiner Gesamtheit ist möglich, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Enthält der Bußgeldbescheid keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform, ist unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden, ob sich dem Bußgeldbescheid die Schuldform entnehmen lässt. Dabei kann auch Beachtung finden, dass die Zentrale Bußgeldstelle im Bay. Polizeiverwaltungsamt in der Regel im Rahmen der Erhöhung der Regelgeldbuße auf die vorsätzliche Tatbegehung hinweist.
2. Bei einem wirksam auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch hat der Tatrichter den Schuldspruch so zu fassen, wie wenn er selbst entschieden hätte; die bloße Bezugnahme auf den Bußgeldbescheid genügt nicht.

Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann nicht mittels einfacher E-Mail eingelegt werden.

StPO III: Strafbare Verwendung des sog. „Z-Symbols“, oder: Verhandlung beim AG oder beim LG?

Bild von Wilfried Pohnke auf Pixabay

Und als letzte Entscheidung dann noch der OLG Hamburg, Beschl. v. 31.01.2023 – 5 Ws 5-6/23.

Das AG – Ermittlungsrichter – erließ am 03.08.2022 Haftbefehl gegen den Angeklagten zu 1), mit dem ihm zehn Fälle der öffentlichen Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) vorgeworfen wurden. Danach bestehe der dringende Verdacht, dass der Angeklagte zu 1) in zehn Postings in sozialen Medien das „Z“-Symbol verwendet und dadurch, wie sich aus dem jeweiligen Kontext ergebe, eine rechtswidrige Tat in Gestalt des Angriffskriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine (§ 13 VStGB) befürwortet habe. Der Angeklagte zu 1) wurde aufgrund dieses Haftbefehls am 04.08.2022 festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.

Mit Beschluss vom 31.08.2022 erweiterte das AG den Haftbefehl dahingehend, dass der Angeklagte zu 1) zusätzlich dringend verdächtig sei, am 04.08.2022 in seiner Wohnung zwei nach dem WaffG verbotene Einhandmesser verwahrt zu haben (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 WaffG).

Unter dem 22.09.2022 erhob der Angeklagte zu 1) Haftbeschwerde, mit der er unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des AG Bautzen geltend machte, das „Z“-Symbol habe eine vielschichtige Bedeutung und sei infolgedessen nicht eindeutig als Befürwortung des russischen Angriffskriegs zu verstehen. Das LG Hamburg verwarf die Haftbeschwerde mit Beschluss vom 10.10.2022 als unbegründet.

Nach Verbindung mit dem Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten zu 2) erhob die Generalstaatsanwaltschaft am 3.11.2022 Anklage gegen die Angeklagten zu 1) und 2). Gegenstand der Anklage sind die haftbefehlsgegenständlichen Tatvorwürfe gegen den Angeklagten zu 1) einschließlich des Verstoßes gegen das Waffengesetz, sowie 34 weitere als Billigen von Straftaten (§ 140 Nr. 2 StGB) gewertete Fälle der Verwendung des „Z“-Symbols in verschiedenen Kanälen der sozialen Medien. Dem Angeklagten zu 2) wird vorgeworfen, in drei Fällen zu den Taten des Angeklagten Beihilfe geleistet zu haben, indem er dem Angeklagten zu 1) jeweils Grafikdateien zur Verfügung stellte, die das „Z“-Symbol zeigen, damit dieser die Dateien für seine Postings verwenden kann. Zugleich beantragte die Generalstaatsanwaltschaft die Eröffnung des Verfahrens vor der Großen Strafkammer des LG sowie die Aufrechterhaltung des Haftbefehls nach Maßgabe der Anklageschrift. Die Eröffnung vor der Großen Strafkammer des LG sei im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Falles (§ 24 Nr. 3, 3. Var. i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 2 GVG) geboten, weil die Frage, ob die Verwendung des „Z“-Symbols auch ohne einen damit verbundenen ausdrücklichen Hinweis auf den russischen Angriffskrieg als dessen „Billigung“ im Sinne des § 140 Nr. 2 StGB gewertet werden könne, höchstrichterlich ungeklärt sei, so dass es angesichts der Vielzahl ähnlich gelagerter Ermittlungsverfahren zu öffentlichen Verwendungen des „Z“-Symbols ein Bedürfnis nach rascher höchstrichterlicher Klärung gebe.

Mit Beschluss vom 14.12.2022 ließ das LG Hamburg die Anklage zur Hauptverhandlung zu, eröffnete die Hauptverfahren jedoch in Abweichung vom Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vor dem AG – Strafrichter –, weil die begehrte Klärung der aufgeworfenen Frage keine besondere Bedeutung des Falles i.S.d. § 24 Nr. 3 i.V.m. § 74 Abs. 1 S. 2 GVG begründe; auch die Straferwartung begründe keine Zuständigkeit des LG. Zugleich hob es den Haftbefehl gegen den Angeklagten zu 1) auf, weil die Fortdauer der Untersuchungshaft mit Blick auf die Rechtsfolgenerwartung nicht mehr verhältnismäßig sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat gegen den Beschluss des LG Hamburg am 19.12.2022 Beschwerde eingelegt, mit der sie die Eröffnung des Verfahrens beim LG – Große Strafkammer – sowie die Inkraftsetzung des Haftbefehls und dessen Ergänzung nach Maßgabe der Anklage begehrt. Die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft hatte Erfolg.

Wegen der Einzelheiten der umfangreichen Begründung verweise ich auf den verlinkten Volltext. Ich stelle hier nur die Leitsätze ein. Das OLG meint u.a., das müsse am LG verhandelt werden:

    1. Die Frage, ob sich eine auf Symbole zurückgreifende Äußerung als „Billigung einer Straftat“ i.S.d. § 140 Nr. 2 StGB darstellt (hier: Verwendung des „Z“-Symbols als Billigung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine), ist keine der höchstrichterlichen Klärung zugängliche und damit ggf. die „besondere Bedeutung des Falles“ i.S.d. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GVG begründende Rechtsfrage, sondern eine Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall, bei der sowohl der jeweilige Äußerungskontext als auch etwaige weitere, innerhalb der Äußerung liegende Umstände in den Blick zu nehmen sind.
    2. Die in § 140 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Eignung der billigenden Äußerung zur Störung des öffentlichen Friedens liegt in Fällen, in denen die gebilligte Katalogtat im Ausland begangen wurde, nicht nur dann vor, wenn die billigende Äußerung geeignet ist, die allgemeine Bereitschaft zur Begehung ähnlicher Delikte im Inland zu fördern („kriminogene Inlandswirkung“); jedenfalls bei Katalogtaten, die ein kollektives und supranationales Rechtsgut schützen (hier: Aggressionsverbrechen, § 13 VStGB), kann es ausreichen, wenn die kriminogene Wirkung im Ausland eintritt oder die Billigung der Tat in der Bevölkerung die Besorgnis begründen kann, dass in Zukunft vermehrt mit der Begehung entsprechender Auslandstaten zu rechnen ist (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 3 StR 435/16).

 

StPO II: Unerreichbarkeit eines (flüchtigen) Zeugen, oder: Fünfmonatige ergebnislose Fahndung

Bild von Hebi B. auf Pixabay

Die zweite Entscheidung kommt mit dem BGH, Beschl. v. 01.11. 2022 – 6 StR 219/22 – vom BGH. Der nimmt zur Frage der Unerreichbarkeit eines Zeugen im Falle mehrmonatiger ergebnisloser Fahndung auf Grund eines (internationalen) Haftbefehls Stellung:

Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei den Geschäften soll er unter Einsatz eines Encro-Chat-Accounts Betäubungsmittel von einem S. erworben haben, das S. zuvor aus Spanien nach Deutschland eingeführt haben soll. Die Verteidi­ger hat zum Beweis der Tatsache, dass „nicht der Angeklagte, sondern ein ande­rer, nicht aus Griechenland stammender Mensch den Encro-Chat-Account genutzt hat“, beantragt, den gesondert verfolgten S. zu vernehmen. Diesem sei der Nutzer des Accounts persönlich bekannt, was namentlich Chat­protokolle belegten. Zwar sei der Zeuge derzeit nicht unter seiner Meldeanschrift anzutreffen. Sein „anwaltlicher Vertreter“ sei aber mit einer „Vollmacht ausgestattet worden“, von der auch die Ent­gegennahme von Ladungen umfasst sei. Der Vertreter der StA erklärte hierzu, dass sich der Zeuge vor den Ermittlungsbehörden verborgen halte; nach ihm werde mit einem internationalen Haftbefehl – bislang ergebnis­los – gesucht. Die Strafkammer lehnte den Antrag wegen Unerreichbarkeit des Zeugen ab.

Die Revision des Angeklagten wurde als unbegründet verworfen:

„2. Der Verfahrensrüge bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

a) Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei dem Beweisbegehren überhaupt um einen Beweisantrag im Rechtssinne gehandelt hat (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO), der eine Bescheidung nach § 244 Abs. 3 Satz 3 StPO ermöglicht hat. Grundsätzlich ist der Zeuge als Beweismittel im Antrag mit vollständigem Namen und genauer Anschrift zu benennen; nur wenn der Antragsteller dazu nicht in der Lage ist, genügt es, im Einzelnen den Weg zu beschreiben, auf dem dies zuverlässig ermittelt werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 7; vom 17. Juli 2014 – 4 StR 78/14; KK-StPO/Krehl, 9. Aufl., § 244 Rn. 79, jeweils mwN). Zweifelhaft erscheint indes, ob den Formerfordernissen eines Beweisantrags bei einem an seiner früheren Meldeadresse nicht mehr zu ladenden Zeugen der pauschale Hinweis auf eine nicht näher beschriebene Ladungsvollmacht als hinreichender Ansatz für gerichtliche Nachforschungen genügt. Ohne näheren Vortrag, etwa zum Umfang der Vollmacht, dem Zeitpunkt ihrer Erteilung und zum Kontakt des Vollmachtnehmers zum Zeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 620/09, NStZ 2010, 403; Basdorf, FS Widmaier, 2008, S. 51, 61), dürfte dem Tatgericht eine sinnvolle Prüfung des Ablehnungsgrundes der Unerreichbarkeit regelmäßig verschlossen sein.

b) Die Strafkammer ist ohne Rechtsfehler von einer Unerreichbarkeit des Zeugen ausgegangen (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 StPO).

aa) Unerreichbar ist ein Zeuge, wenn das Tatgericht unter Beachtung der ihm obliegenden Sachaufklärungspflicht alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit als Beweismittel herangezogen werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 8. März 1968 – 4 StR 615/67, BGHSt 22, 118, 120; vom 24. August 1983 – 3 StR 136/83, BGHSt 32, 68, 73; vom 2. November 2016 – 2 StR 556/15; st. Rspr.). In die tatgerichtliche Bewertung dürfen die Gesamtumstände, die dem Erscheinen und der Aussage des Zeugen in der Hauptverhandlung entgegenstehen, einbezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1965 – 5 StR 413/65). Ist das Gericht nach gewissenhafter Prüfung der maßgebenden Umstände davon überzeugt, dass der Zeuge einer Vorladung zur Hauptverhandlung keine Folge leisten werde, so ist es nicht verpflichtet, vor der Ablehnung eines Beweisantrages den aussichts- und zwecklosen Versuch einer Ladung zu unternehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1979 – 4 StR 691/78, NJW 1979, 1788; vom 6. Dezember 1989 – 1 StR 559/89, NJW 1990, 1124, 1125). Dies gilt gleichermaßen, wenn Bemühungen zur Herbeischaffung des Beweismittels von vornherein für aussichtslos gehalten werden dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1961 – 5 StR 12/61, ROW 1961, 252, 253; Alsberg/Güntge, Der Beweisantrag im Strafprozess, 8. Aufl., Kapitel 5; Rn. 527).

bb) Das Landgericht ist ohne Rechtsverstoß zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge als Beweismittel unerreichbar und die Ladung aussichtslos gewesen sei. Die hierfür maßgebenden Erwägungen hat die Strafkammer noch zureichend in ihrem Ablehnungsbeschluss niedergelegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 1986 – 1 StR 605/86, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 1; vom 21. Dezember 2010 – 3 StR 462/10, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Unerreichbarkeit 22). Eingedenk der durch die Anklageschrift mitgeteilten Informationen und des Stands der Beweisaufnahme bedurfte hier weder die Bedeutung des Beweismittels noch die Dauer des ergebnislosen Fahndens einer Erwähnung.

(1) Rechtsfehlerfrei hat die Strafkammer mit Blick auf die besonderen Umstände des Falles weitere Bemühungen zur Aufenthaltsermittlung als zwecklos angesehen. Mit der mehr als fünfmonatigen ergebnislosen internationalen Fahndung – wegen grenzüberschreitender Betäubungskriminalität im „dreistelligen Kilogrammbereich“ – war das effektivste Mittel, einer sich vor den Ermittlungsbehörden verborgen haltenden Person habhaft zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 1961 – 5 StR 12/61, ROW 1961, 252, 253), über einen hinreichend aussagekräftigen Zeitraum (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1982 – 5 StR 688/81, NStZ 1982, 212) ausgeschöpft (vgl. demgegenüber BGH, Beschluss vom 19. März 1975 – 3 StR 5/75, MDR 1975, 726; RG, Urteil vom 25. Januar 1932 – 2 D 28/32, JW 1932, 1224, 1225; OLG München, NStZ-RR 2007, 50, 51). Weitere Ermittlungsschritte waren daneben nicht geboten. Insbesondere lag es ohne näheren Vortrag außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich belastbare Erkenntnisse zum Aufenthaltsort des sich verborgen haltenden Zeugen von dem – einer anwaltlichen Schweigepflicht unterliegenden – „Vertreter“ ergeben würden. Vor diesem Hintergrund waren in der Beschlussbegründung auch weitere Erwägungen, etwa zu rechtshilferechtlichen Fragen oder zu einem sicheren Geleit (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1982 – 5 StR 688/81, NStZ 1982, 212), entbehrlich.

(2) Schließlich hat die Strafkammer auch von einem Ladungsversuch über den im Antrag benannten „anwaltlichen Vertreter“ ohne Rechtsfehler unter Hinweis auf die mehrmonatige internationale Fahndung abgesehen. Eine Durchsetzung der Zeugenpflichten war vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens tatsächlich wie rechtlich (§ 51 StPO) aussichtslos. Bei dieser Ungewissheit brauchte das Gericht trotz der Bedeutung der Sache nicht abzuwarten, ob einer späteren Ladung möglicherweise ein – denktheoretischer – Erfolg beschieden sein würde.

 

StPO I: Vollzug des strafprozessualen Arrestes, oder: Ein bisschen Eile tut schon not

Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay

Heute eine StPO-Tag.

Den beginne ich mit einer Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth u.a. zur zulässigen Dauer der Vollziehungsfrist eines strafprozessualen Arrestbeschlusses.

Folgender Sachverhalt: Der Beschwerdeführer (Bf.) wendet sich gegen einen Pfändungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Dem liegt zugrunde: Die Staatsanwaltschaft A (Italien) führt gegen den Bf. ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. Am 19.05.2017 wurde der Bf. von Beamten des Zollfahndungsamtes M. einer Kontrolle unterzogen. Dabei wurden bei ihm Geldpakete gefunden, zu denen er aussagte, sie enthielten insgesamt 249.050 EUR, die aus dem Verkauf von Goldschmuck stammen sollten. Die Geldpakete wurden vorläufig sichergestellt. Am 17.05.2018 erließ das Amtsgericht Nürnberg in Erfüllung des italienischen Rechtshilfeersuchens einen Arrestbeschluss gegen den Bf. über 249.050 EUR. Am 09.07.2018 brachte das Zollfahndungsamt M. einen Vermerk zur Akte, wonach die Öffnung der in der Zollzahlstelle eingelieferten Geldpakete und die Zählung des Geldes lediglich einen Betrag von 200.000 EUR erbracht habe. Die 200.000 EUR wurden am 03.07.2018 gepfändet.

Der Bf. macht vor dem LG Nürnberg-Fürth gegen den Freistaat Bayern nunmehr im Klagewege einen Schadenersatzanspruch geltend, der darauf gestützt wird, dass 49.050 EUR aus seinem mitgeführten und dann sichergestellten Bargeld vor der Einlieferung in der Zollzahlstelle abhanden gekommen seien. In dem Zivilprozess ist unstreitig, dass von den 21 sichergestellten Geldpaketen nur 16 bei der Zollzahlstelle eingeliefert wurden. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erließ am 07.09.2022 einen Pfändungsbeschluss über 49.050 EUR, mit dem der etwaige Schadenersatzanspruch des Bf. gegen den Freistaat Bayern gepfändet werden sollte.

Gegen diesen Pfändungsbeschluss wandte sich die Verteidigerin des Bf. Das AG Nürnberg hat das Beschwerdeschreiben als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 111k Abs. 3 StPO ausgelegt und ihn als unbegründet abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Verteidigerin mit der Beschwerde. Das Amtsgericht half nicht ab. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Verwerfung der Beschwerde als unbegründet.

Das LG hat im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 22.02.2023 – 12 Qs 75/22 – die Beschwerde als begründet angesehen:

„Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Pfändungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 07.09.2022 erweist sich als unwirksam, weil er erst vier Jahre und über drei Monate nach Erlass des zugrundeliegenden Arrestbeschlusses beauftragt und vollzogen worden ist.

1. Nach § 111k Abs. 3 StPO kann gegen Maßnahmen, die in Vollziehung der Beschlagnahme oder des Arrestes getroffen werden, gerichtliche Entscheidung beantragt werden.

Die Unwirksamkeit der angegriffenen Pfändung folgt aus dem Ablauf der konkret zulässigen Vollziehungsfrist. § 111f StPO nennt allerdings keine Frist für den Vollzug des Arrestes. § 111f Abs. 1 Satz 2 StPO verweist auch nicht auf § 929 Abs. 2 Satz 1 ZPO und die dortige Monatsfrist (OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2018 – 18 W 20/18, juris Rn. 17 ff.). Gleichwohl besteht im Grundsatz Einigkeit darüber – und die Kammer schließt sich dem an –, dass ein Arrestbeschluss nach seinem Erlass zeitlich nicht unbegrenzt vollzogen werden darf. So wird vorgeschlagen, die Vollziehungsfrist bei strafprozessualen Arresten entsprechend § 929 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf einen Monat zu begrenzen (Buchholz/Weber, NZWiSt 2020, 306, 308; MüKoStPO/Bittmann, 2. Aufl., § 111f Rn. 14; Rönnau, Die Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2. Aufl., Rn. 207). Nach anderer Auffassung soll in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vollstreckung von Durchsuchungsanordnungen der Vollzug nach sechs Monaten unzulässig sein (Johann in Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 111f Rn. 3; Cordes, NZWiSt 2021, 45, 50; Kempf/Schilling, StraFo 2006, 180, 187). Die Rechtsprechung vermeidet demgegenüber, soweit erkennbar, starre Festlegungen, sondern wägt einzelfallbezogen ab (anders wohl AG Kiel, Beschluss vom 11.03.2020 – 43 Gs 516/20 [n.v., zitiert von Cordes, aaO Fn. 91]: sechs Monate). Je länger eine Arrestanordnung nicht vollzogen wird, umso mehr nimmt die Rechtfertigung für die Annahme einer Gefährdung des gesicherten Anspruchs und damit für den Arrestgrund ab (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 08.04.2009 – 1 Ws 339/08, juris Rn. 37; OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2018 – 18 W 20/18, juris Rn. 20). Mit der den Eigentumseingriff intensivierenden Fortdauer der Maßnahme wachsen zudem die Anforderungen an die Rechtfertigung der Anspruchssicherung (vgl. zur Rechtmäßigkeit der Dauer eines Arrestes OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.08.2021 – Ws 718/21, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 23.06.2022 – III-5 Ws 94/22, juris Rn. 33). Auch wenn die Rechtsprechung damit teilweise nicht die Vollziehungsfrist zum Ausgangspunkt ihrer Erwägungen macht, müssen sich die weichen Argumentationstopoi des Sicherungsbedürfnisses oder der Verhältnismäßigkeit bei der Beurteilung eines Falles konkret in Bewertungen von Fristen umformulieren lassen: Die Pfändung konnte bei einem Zeitablauf von x Monaten/Jahren noch oder nicht mehr vollzogen werden.

Die Überschreitung der noch angemessenen Vollziehungsfrist – wie lang sie auch konkret bemessen sein mag – führt dazu, dass die Vollstreckung aus dem Arrestbeschluss unzulässig wird, wenn sie nicht vorher eingeleitet wurde; Vollstreckungsmaßnahmen nach Ablauf der Frist sind unwirksam (BGH, Urteil vom 10.06.1999 – VII ZR 157/98, juris Rn. 8 f.; MüKoStPO/Bittmann, 2. Aufl., § 111f Rn. 15 f., § 111k Rn. 37).

2. Hier führt der große zeitliche Abstand zwischen dem Erlass des Arrestbeschlusses am 17.05.2018 und dem Vollstreckungsauftrag der Staatsanwaltschaft vom 07.09.2022 jedenfalls dazu, dass die Pfändung nicht mehr wirksam vollzogen werden konnte.

a) Das Amtsgericht Nürnberg erließ den Arrestbeschluss am 17.05.2018. Die Staatsanwältin beauftragte am 22.05.2018 den Rechtspfleger mit dessen Vollziehung. Dieser erteilte am 28.05.2018 den Pfändungsauftrag, der am 03.07.2018 vom Zollfahndungsamt München vollzogen wurde. Der Pfändungsauftrag war auf die Pfändung des beim Zollfahndungsamt verwahrten Bargeldes im (fälschlich angenommenen) Umfang von „circa 250.000 €“ gerichtet. Diese zweifelsfrei wirksame Pfändung des Bargeldes hatte allerdings nicht zur Folge, dass damit die weitere Vollstreckungsmaßnahme – die Pfändung des Schadenersatzanspruchs des Bf. gegen den Freistaat Bayern am 07.09.2022 – auch rechtzeitig eingeleitet worden wäre. In der zivil- und finanzrechtlichen Judikatur ist geklärt, dass auch wenn die Vollziehungsfrist eines Arrestbeschlusses durch den Antrag auf Vornahme einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gewahrt ist, dieser Arrestbeschluss keine neue, erst nach Ablauf der Vollziehungsfrist beantragte Vollstreckungsmaßnahme trägt (BGH, Urteil vom 25.10.1990 – IX ZR 211/89, juris Rn. 9; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.09.1982 – 16 U 119/82, MDR 1983, 239; BFH, Urteil vom 27.11.1973 – VII R 100/71, juris Rn. 14 und LS). Der Schuldner kann deshalb nach § 766 ZPO die Aufhebung der nach Ablauf der Vollziehungsfrist vorgenommenen Vollstreckungsakte verlangen (BGH, Urteil vom 09.02.1989 – IX ZR 17/88, juris Rn. 11; Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., § 929 Rn. 24).

b) Das ist nach Auffassung der Kammer auf den strafprozessualen Arrest übertragbar. Wegen der Anschlussfähigkeit an diese allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Erkenntnisse ist auch die Formulierung der Problemstellung als eine Frage der Fristen erforderlich. Andernfalls geriete man in Aporien, weil mit dem Angriff gegen die Vollstreckungsmaßnahme – und diese allein ist Gegenstand des § 111k Abs. 3 StPO –, die materiell-rechtliche Wirksamkeit des zugrundeliegenden Titels, also auch seine fortbestehende Verhältnismäßigkeit, grundsätzlich nicht zur Prüfung gestellt werden kann (BGH, Urteil vom 14.05.1992 – VII ZR 204/90, juris Rn. 15, zutreffend auch AG Nürnberg im angegriffenen Beschluss; anders MüKoStPO/Bittmann, 2. Aufl., § 111k Rn. 37, der im Rahmen des § 111k Abs. 3 StPO die ursprüngliche und fortbestehende Wirksamkeit des Arrestes inzident prüfen will).

Mit seinem Charakter als vorläufiges Sicherungsinstrument wäre es nicht vereinbar, wenn die Staatsanwaltschaft aufgrund desselben Arrestbeschlusses auch nach erheblichem Zeitablauf wieder und wieder – quasi ad infinitum – in immer neue Vermögenswerte vollstrecken könnte, nur weil sie am Anfang rechtzeitig eine gegenständlich begrenzte Vollstreckungsmaßnahme vollzogen hat. Denn der Richter übernimmt mit seiner Arrestanordnung die Verantwortung für die rechtliche Würdigung eines bei seiner Entscheidung so und so gestalteten, aktuellen Sachverhaltes, der sich im Zeitablauf aber regelmäßig verändern kann. Wann der Zeitablauf nicht mehr hingenommen werden kann, die Vollziehungsfrist mithin überschritten wurde, muss hier nicht allgemein festgelegt werden. Im konkreten Fall war sie jedenfalls – nach Wertung der Kammer: offenkundig – abgelaufen.“

Haft III: Voraussetzungen der Auslieferungs(haft), oder: Beiderseitige Strafbarkeit bei einer Trunkenheitsfahrt?

© roostler – Fotolia.com

Die letzte Entscheidung des heutigen Tages kommt aus dem Auslieferungsrecht, also ggf. Auslieferungshaft 🙂 . Das OLG Celle hat aber im OLG Celle, Beschl. v. 22.02.2023 – 2 AR (Ausl) 45/22 – die beantragte Auslieferung für unzulässig erklärt.

Betrieben wurde das Verfahren von den polnischen Justizbehörden auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls des Bezirksgerichts Poznan wegen der Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung. Das AG Grodzisk Wielkopolski hat den Verfolgten am 19.06.2013 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verfolgte war in der Hauptverhandlung nicht anwesend. Inzwischen ist die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung durch Beschluss des AG Nowy Tomysl vom 13.11.2018 widerrufen. Die Freiheitsstrafe ist von dem Verfolgten noch vollständig zu verbüßen.

Nach den Angaben in dem Europäischen Haftbefehl führte der Verfolgte bei der ihm zur Last gelegten Straftat am 25.3.2013 gegen 17.25 Uhr in der S. K. in der Ortschaft N. T. in der W. W. ein Kraftfahrzeug und stand hierbei ausweislich der bei ihm durchgeführten Atemalkoholkontrolle und der festgestellten Atemalkoholkonzentration von 0,56 mg/l unter Alkoholeinfluss. Auf Nachfrage der GStA haben die polnischen Justizbehörden mit Schreiben im Auslieferungsverfahren mitgeteilt, dass sich aus den der Verurteilung des Verfolgten zugrundeliegenden Aktenvorgängen keine Anhaltspunkte für einen Fahrfehler des Verfolgten zum Tatzeitpunkt ergeben hätten.

Die GStA hat beantragt, über die Zulässigkeit der Auslieferung zu entscheiden. Sie erachtet die Auslieferung für unzulässig, da es bei der dem Europäischen Haftbefehl zugrunde liegenden abgeurteilten Tat des Verfolgten an der nach § 3 Abs. 1 IRG erforderlichen beiderseitigen Strafbarkeit fehle. Das OLG hat die Entscheidung über den Antrag der GStA im Hinblick auf das beim BGH anhängige Vorlageverfahren 4 ARs 13/21 zunächst zurückgestellt. Es hat jetzt dann festgestellt, dass die Auslieferung des Verfolgten unzulässig ist:

„2, Die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Vollstreckung der in dem o.g. Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts Poznan vom 01.02.2022 bezeichneten Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgericht Grodzisk Wielkopolski vom 19.06.2013 (Az. VII K 376/13) ist unzulässig.

Die Zulässigkeit der Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung setzt nach § 3 Abs. 1 IRG voraus, dass die dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegende Tat des Verfolgten auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre. Dies gilt auch, wenn dem Ersuchen ein Europäischer Haftbefehl zugrunde liegt (vgl. § 81 Nr. 1 IRG; Art. 4 Nr. 1 des Rahmenbeschlusses Europäischer Haftbefehl). Das Erfordernis der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit entfällt nur dann, wenn es sich um eine sog. Katalogtat i.S. von Art. 1 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses handelt.

Die vorliegend in dem Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts Poznan vom 01.02.2022 näher beschriebene Tat des Verfolgten, welche seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Grodzisk Wielkopolski vom 19.06.2013 zugrunde lag, stellt keine Katalogtat im vorgenannten Sinne dar. Daher wäre die Auslieferung des Verfolgten nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht strafbar wäre. Auf der Grundlage des in dem Europäischen Haftbefehl mit-geteilten Tatgeschehens käme insoweit lediglich eine Strafbarkeit wegen Trunkenheit im Ver-kehr gemäß § 316 StGB in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre in objektiver Hinsicht, dass sich der Verfolgte zur Tatzeit im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit befunden hat. Diese wäre tatbestandlich nur dann gegeben, wenn bei dem Verfolgten eine relative oder absolute Fahruntüchtigkeit vorgelegen hätte. Ob dies der Fall war, ist anhand des in dem Europäischen Haftbefehl mitgeteilten Tatgeschehens, das zu der dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegenden Verurteilung geführt hat, zu prüfen. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt ergeben sich insoweit über die auf der Grundlage der gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,56 mg/l festgestellte Alkoholisierung des Verfolgten hinaus keine Anhaltspunkte für einen alkohol-bedingten Fahrfehler. Die Annahme einer relativen Fahruntüchtigkeit kommt deshalb nicht in Betracht. Daher müsste tatbestandlich eine absolute Fahruntüchtigkeit bei ihm vorgelegen haben. Dies wäre nur bei einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 o/oo zu bejahen. Nach den Angaben in dem Europäischen Haftbefehl wurde dem Verfolgten jedoch weder eine Blutprobe zwecks Ermittlung der Blutalkoholkonzentration entnommen noch sind Feststellungen zu Art und Menge des von ihm vor der Tat konsumierten Alkohols getroffen worden. Seine Verurteilung beruht allein auf der zum Tatzeitpunkt gemessenen Atemalkoholkonzentration von 0,56 mg/l. Indes reicht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte der Messwert der Atemalkoholkonzentration allein für die Feststellung der Blutalkoholkonzentration nicht aus. Denn er bietet nach derzeitigem Stand der medizinischen Wissenschaft und Forschung nicht die in einem Strafverfahren erforderliche Sicherheit für die Bestimmung des Wertes der Blutalkoholzentration (vgl. BGH, NStZ 1995, 539; KG, DAR 2008, 273; OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.04.2009 – 2 Ss 159/09 –, juris; OLG Naumburg, Beschl. v. 05.12.2000 – 1 Ws 496/00 – juris; Kudlich in BecKOK StGB, 55. Edition, Stand 01.11.2022, § 315c Rd. 27 mwN). Eine hohe Atemalkoholkonzentration stellt allenfalls ein starkes Indiz für eine Fahruntüchtigkeit dar, lässt aber die Annahme einer absoluten Fahr-untüchtigkeit nicht zu (vgl. OLG Stuttgart, aaO). Für eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB bedarf es deshalb zumindest eines weiteren, tragfähigen Indizes für die Fahruntüchtigkeit des Täters. Da im vorliegenden Fall des Verfolgten jedoch – wie bereits ausgeführt – neben dem Wert der Atemalkoholkonzentration keine weiteren ihn belastenden Indizien festgestellt worden sind, scheidet eine Strafbarkeit der ihm in dem Europäischen Haft-befehl zur Last gelegten Tat nach § 316 StGB aus.

Nach alledem steht der Auslieferung des Verfolgten an die polnischen Justizbehörden das Zulässigkeitshindernis der fehlenden beiderseitigen Strafbarkeit nach § 3 Abs. 1 IRG entgegen.“