Archiv für den Monat: März 2023

Ich habe da mal eine Frage: Welche Gebühren/Auslagen erhält der Vertreter nach § 53 BRAO?

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Im Gebührenfrage dann heute eine Fragestellung, die ich so auch noch nicht hatte, und zwar:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich wende mich an Sie in einer Frage zum Gebührenrecht, die ich gar nicht für so exotisch hielt, die es aber offenbar ist – jedenfalls finde ich dazu nichts.

Die Frage ist, ob ein Vertreter i.S.v. 53 BRAO, der seine Kanzlei in einem anderen Gerichtsbezirk hat (Vertreter in Br.; der Vertretene sitzt in Be.), wenn er zu Hauptverhandlungsterminen nach Be. reist in den Verfahren, die er als Vertreter bearbeitet, nur die Terminsgebühr erhält oder auch Reisekosten (für Fahrt und Übernachtung). Das KG meint ja ohnehin, Verfahrens- und Grundgebühr erhalte er nicht; zu Reisekosten finden wir aber nichts.

Wissen Sie, wie dies (insbesondere in Be.) gehandhabt wird? „

Ich hatte dann gebeten, das ein wenig „anzufüttern“ und es kam dann noch folgender „Nachschlag“:

„Moin, die Idee ist folgende:

Die vertretene Person geht für ein paar Monate in Elternzeit. Während dieser Zeit bearbeitet ein Kollege aus Br. das Dezernat der Vertretenen. Er wird über das beA der Vertretenen tätig und deren Briefkopf (wie BRAO vorsieht), als Vertreter nach 53 BRAO. Wenn er dann für einzelne Hauptverhandlungstermine aus Br. nach Be. reist (er wäre nicht dauerhaft in Be., da die SchriftSachen auch von Br. aus getätigt werden können), stellt sich die Frage, ob er sich für den jeweiligen Termin beiordnen lassen kann anstelle der Vertretenen. Und ob er dann auch die Reisekosten für jeweils diesen Termin geltend machen kann.“

Nochmals Erstattung der Aktenversendungspauschale, oder: „Kopfschüttelentscheidung“ und Zeitdiebstahl

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Im zweiten Posting dann noch einmal etwas zur Erstattung der Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG. Es handelt sich um den AG Tiergarten, Beschl. v. 21.02.2023 – 336 Cs 209/18. Das ist eine dieser – von mir so bezeichneten – „Kopfschüttelentscheidungen“, bei denen ich mich immer frage: Wozu braucht man für die Frage eigentlich eine Gerichtsentscheidung?

„Gestritten“ worden ist um Erstattung der Aktenversendungspauschale. Der Angeklagte ist frei gesprochen worden mit der Folge der Kosten- und Auslagenerstattung durch die Staatskasse. Der Verteidiger macht seine Gebühren geltend, die auch – wohl antragsgemäß – festgesetzt werden, nur eben die 12 EUR für die Aktenversendungspauschale nicht. Begründung offenbar: Hättest die Akten ja auch abholen können, daher sind die Kosten nicht notwendig. Dagegen dann die Erinnerung, die – natürlich – Erfolg hat:

„Entgegen der dem verfahrensgegenständlichen Beschluss zugrunde gelegten Auffassung stellen sich die im Zuge der Akteneinsichtnahme dem Rechtsanwalt entstandenen Versendungskosten grundsätzlich ohne Weiteres als notwendige Auslagen der Prozessführung dar und sind damit bei gegebenem Erstattungsanspruch auszugleichen. Notwendig im Sinne des § 464a Abs. 2 StPO sind Auslagen bereits dann, wenn Sie von dem Rechtsanwalt redlicherweise als Ausdruck einer verfahrenszweckgerichteten kosteneffizienten Prozessführung verstanden werden durfte, wobei dieser den ihm – etwa durch eine alternativ mögliche Abholung der Akte bei Gericht entstehenden Zeit- und Arbeitsaufwand – in die vergleichende Betrachtung miteinbeziehen darf; bei seiner Geschäftsführung im Grundsatz gar muss. Die Notwendigkeit der Kostenentstehung liegt damit bei Anfall einer Aktenversendungspauschale in Höhe von lediglich 12,00 Euro auf der Hand.“

Kostenbeamte/Rechtspfleger müssen viel Zeit haben, wenn sie solche „ausgekauten“ = mehrfach entschiedenen Fragen, immer wieder „zum Spruch stellen“. Die Zeit, die dadurch bei den Gerichten vergeudet wird, könnte man sicherlich nutzbringender einsetzen; es handelt sich also um „Zeitdiebstahl“.

Im Übrigen der VerfGH Berlin lässt das AG Tiergarten mit (mindestens) einer Entscheidung grüßen: VerfGH Berlin, Beschl. v. 18.05.2022 – VerfGH 91/21.

Welche Tätigkeiten führen zur Verfahrensgebühr? oder: Keine „nach außen erkennbare Tätigkeit“ erforderlich

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Am RVG-Freitag komme ich dann zunächst noch einmal auf einen Beschluss des OLG Braunschweig zurück, den ich bereits vor einigen Tagen vorgestellt habe. In dem Posting ging es um Nebenklage III: Anfechtung der Kostenentscheidung, oder: Statthaftigkeit und/oder Beschwer.

Heute dann also der OLG Braunschweig, Beschl. v. 19.01.2023 – 1 Ws 309/22 – noch einmal. Dieses mal aber wegen der anderen vom OLG angesprochen Gebührenfrage, nämlich zum Entstehen der Verfahrensgebühr. Dazu das OLG:

„Diese Gebühr ist auch schon entstanden. Zwar entsteht die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung 4 Abs. 2 der Anlage 1 zum RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, woraus teilweise gefolgert wird, dass die Gebühr zumindest dann noch nicht entsteht, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung zurücknimmt. Diese Ansicht beruht aber auf der Erwägung, dass die Staatsanwaltschaft gemäß § 156 Abs. 1 RiStBV jedes von ihr eingelegte Rechtsmittel begründen muss, weshalb ein Verteidiger grundsätzlich davon ausgehen kann, dass eine Berufung der Staatsanwaltschaft innerhalb der Frist des § 317 StPO begründet wird und eine sinnvolle Verteidigung erst möglich ist, wenn die Berufungsbegründung den Umfang und die Zielsetzung des Rechtsmittels aufzeigt (OLG Köln, Beschluss vom 3. Juli 2015, 2 Ws 400/15, Rn. 19, BeckRS 2015, 12573; Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, VV 4124 Rn. 3, zit. nach beck-online). Diese Annahme ist auf den Beratungsbedarf eines Nebenklägers bei einer, nicht begründungspflichtigen, Berufung des Angeklagten nicht übertragbar.

2. Die sofortige Beschwerde des Nebenklägers ist auch begründet.

Gemäß § 473 Abs. 1 S. 2 StPO haben die Angeklagten, die ein Rechtsmittel erfolglos eingelegt haben, auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen. Im hier vorliegenden Fall führt dieser Grundsatz dazu, dass in der Kostenentscheidung vom 19. Oktober 2022 die notwendigen Auslagen des Nebenklägers für die Berufungsinstanz den Angeklagten aufzuerlegen sind. Soweit teilweise unter Rückgriff auf die Regelung in § 472 Abs. 1 S. 3 StPO hiervon eine Ausnahme gemacht wird, wenn der Angeklagte durch sein Verhalten keinen vernünftigen Grund für den Anschluss als Nebenkläger gegeben hat oder den Verletzten ein Mitverschulden trifft (OLG Hamm, Beschluss vom 4. März 2003, 1 Ws 63/03, Rn. 8, zit. nach juris), liegt eine solche Fallgestaltung hier nicht vor.

Soweit mit dem Verteidigerschriftsatz für den Angeklagten pp. vorgetragen wird, der Nebenklägervertreter habe keinerlei Tätigkeiten im Berufungsverfahren ausgeübt, wird verkannt, dass die Gebühr nach VV 4124 der Anlage 1 zum RVG schon bei der erstmaligen Tätigkeit im Berufungsverfahren entsteht, wofür keine nach außen erkennbare Tätigkeit erforderlich ist, sondern auch eine (interne) Beratung des Mandanten über den Gang des Verfahrens ausreichen kann (Gerold/Schmidt, RVG, 25. Auflage 2021, VV 4124 Rn. 5, zit. nach beck-online). Ob eine solche Tätigkeit tatsächlich stattgefunden hat, welchen Umfang sie hatte und ggf. in welcher Höhe die Verfahrensgebühr festzusetzen ist, ist ggf. im Kostenfestsetzungsverfahren zu klären und nicht im Rahmen der Kostengrundentscheidung.“

OWi III: Teilnahme an verkehrspsychologischem Kurs, oder: Reduzierung der Geldbuße?

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Und dann zum Tagesschluss hier noch etwas zu den Rechtsfolgen, und zwar heute mal etwas zur Geldbuße. Es geht um die Frage, ob die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme Auswirkungen haben kann. Dazu verhält sich der OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.03.2023 – 1 OWi 2 SsRs 64/22 -, den mir die Kollegin S. Karipidou aus Mainz-Kastel geschickt hat, und zwar mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Hier die Ausführungen des OLG, die zu dem lachenden Augen geführt haben:

„1. Die Ausführungen des Amtsgerichts, dass die Teilnahme an einer freiwilligen verkehrspsychologischen Maßnahme nicht zu einer Reduzierung der Geldbuße führen kann, halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Insoweit gilt:

a) Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 OWiG ist Grundlage für die Bemessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und des Vorwurfs, der den Täter trifft. Als Ausgangspunkt für die Bemessung einer Geldbuße, die für eine straßenverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeit verhängt werden soll, ist grundsätzlich der Bußgeldkatalog heranzuziehen. Dieser dient der gleichmäßigen Behandlung sehr häufig vorkommender, wesentlich gleichgelagerter Sachverhalte (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22, juris Rn. 17, vgl. auch BR-Drucks. 140/89 S. 22 f.). Er hat die Qualität eines für Gerichte verbindlichen Rechtssatzes. Die darin enthaltenen Bußgeldbeträge sind Regelsätze (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BKatV) und als solche Zumessungsrichtlinien, die im Rahmen des § 17 Abs. 3 OWiG Berücksichtigung zu finden haben (s. BGH, Beschluss vom 28.11.1991 – 4 StR 366/91, BGHSt 38, 125, 132, OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22, juris 17, jeweils mwN, KG, Beschluss vom 18.05.2015 – 3 Ws [B] 168/15, juris Rn. 8, Janiszewski, NJW 1989, 3113, 3115). Dabei geht § 1 Abs. 2 BKatV von fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen aus. Bei der gleichwohl vorzunehmenden individuellen Zumessungsentscheidung ist zu prüfen, ob Milderungs- oder Erschwerungsgründe vorliegen, die ein Abweichen von den Regelsätzen rechtfertigen (KG, aaO, OLG Karlsruhe, Beschluss 13.10.2006 – 1 Ss 82/06, NJW 2007, 166). Hierbei kann grundsätzlich auch das Verhalten des Betroffenen nach dem begangenen Verstoß Berücksichtigung finden und zu einer Erhöhung oder Ermäßigung der Regelgeldbuße führen (vgl. Mitsch in KK-OWiG, 5. Aufl., § 17 Rn. 66, Krenberger in BeckOK StVR, 18. Ed., § 17 OWiG Rn. 5).

Aufgrund des vorgenannten Zwecks des Bußgeldkatalogs rechtfertigt indes lediglich ein deutliches Abweichen vom Normalfall betreffend die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit oder die Vorwerfbarkeit eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Sind hingegen außergewöhnliche, besondere Umstände hinsichtlich der Tatausführung und der Person des Täters nicht gegeben, darf nicht von ihm abgewichen werden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.09.2022 – 3 Ss-OWi 1048/22, juris Rn. 18, OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. November 2018 – 1 Rb 25 Ss 1157/18, juris Rn. 7, vgl. auch Senat, Beschluss vom 31.05.2022 – 1 OWi 2 SsBs 89/21, juris Rn. 10, Janiszewski, NJW 1989, 3113, 3116).

b) Hieran gemessen ist eine freiwillige verkehrspsychologische Maßnahme wie die hier vorliegende nicht schlechterdings ungeeignet, im Rahmen der Bemessung der Geldbuße Berücksichtigung zu finden und gegebenenfalls zu einer Reduzierung der Regelgeldbuße zu führen. Denn sie kann auf ein erhöhtes Maß an Einsicht und Besinnung in die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen hindeuten. Anders als das Amtsgericht meint, handelt es sich vorliegend nämlich nicht um eine Maßnahme, durch die er gemäß § 4 Abs. 7 StVG eine Reduzierung seines bereits eingetragener Punktes im Fahreignungs-Bewertungssystem hätte herbeiführen können. Denn hierzu müsste der Fahrer freiwillig an einem Fahreignungsseminar im Sinne des § 4a StVG teilnehmen, welches aus einer verkehrspädagogischen und einer verkehrspsychologischen Teilmaßnahme besteht (s. § 4a Abs. 2 Satz 1 StVG, § 42 FeV). Der Betroffene hingegen hat nur an einer verkehrs-psychologischen Beratung teilgenommen, die zudem nicht den Vorgaben des § 42 Abs. 6 bis 9 StVG entsprach.

Mit seiner Begründung hat sich das Amtsgericht den Blick dafür verstellt, in einem eigenen Zumessungsvorgang zu prüfen, ob die verkehrspsychologische Beratung vorliegend einen mildern-den Umstand darstellt, der auf die Bemessung der konkreten Geldbuße Einfluss gehabt hätte. Der Senat vermag deshalb nicht auszuschließen, dass das Urteil hierauf beruht.“

Und hier dann die Ausführungen, die zu dem weinenden Auge geführt haben:

„Aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat aber gemäß § 79 Abs. 6 OWiG eine eigene Sachentscheidung treffen. Für die festgestellte Überschreitung der zu-lässigen Höchstgeschwindigkeit ist eine Geldbuße in Höhe von 100 € angemessen.

Der zum Tatzeitpunkt geltende Bußgeldkatalog sah für den vorliegenden Verstoß in Nr. 11.3.5 BKat eine Regelgeldbuße in Höhe von 80 € vor. Die bloße Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme führt hier unter Anwendung des oben dargestellten Maßstabs nicht dazu, von dieser abzuweichen. Um zu einer Reduzierung der Regelgeldbuße zu führen, müssen vielmehr weitere Umstände, die zugunsten des Betroffenen sprechen, hinzutreten, um diesen Umstand dergestalt aus den gewöhnlichen Fällen herauszuheben, dass ein Abweichen vom Regelsatz gerechtfertigt erscheint (vgl. insoweit zur Frage der Berücksichtigung einer solch freiwilligen Maßnahme bei der Prüfung des Absehens vom Regelfahrverbot Senat, Beschluss vom 12.05.2017 – 1 OWi 2 SsBs 5/17, juris; OLG Bamberg, Beschlüsse vom 17.03.2008 – 2 Ss OWi 265/08, juris Rn. 12 ff.; vom 02.01.2018 – 3 Ss OWi 1704/17, juris Rn. 7). Entsprechende Umstände sind nicht festgestellt. Einzig zugunsten des Betroffenen spricht noch, dass er sich zur Fahrereigenschaft geständig eingelassen hat. Weitere Umstände ergeben sich weder aus den Urteilsgründen, noch sind sie mit der Rechtsbeschwerdebegründung vorgetragen. Es kann deshalb ausgeschlossen werden kann, dass solche Umstände noch festgestellt werden könnten.

Trotz dieser zugunsten des Betroffenen sprechenden Umstände ist die Regelgeldbuße aufgrund der Voreintragung des Betroffenen maßvoll um 20 € zu erhöhen (vgl. § 3 Abs. 1 BKatV). Der im Straßenverkehr begangene Rotlichtverstoß steht in einem sachlichen Zusammenhang mit der vorliegend begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung. Der vorherige Verstoß und seine Ahndung lagen bei Begehung der erneuten Ordnungswidrigkeit auch noch keine zwei Jahre zurück, sodass beide Verkehrsverstöße in einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang standen. Im Hinblick auf die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von 200 € und eines einmonatigen Fahrverbots kann zudem ausgeschlossen, dass diese dem Betroffenen nach dieser überschaubaren Zeitspanne in Vergessenheit geraten war. Durch die erneute Begehung einer straßenverkehrs-rechtlichen Ordnungswidrigkeit hat er vielmehr nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass er sich die Ahndung nicht hat zur Warnung dienen lassen, weshalb auch unter Berücksichtigung der Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme eine Erhöhung des Regelsatzes angezeigt war.“

OWi II: Abweichen von der Bedienungsanleitung, oder: Nachfahren zur Nachtzeit auf der Berliner Stadt-BAB

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Und hier dann im zweiten Posting zwei Entscheidungen zu Messverfahren und was damit zusammenhängt. Auch hier gibt es nur die Leitsätze:

Nicht jede Abweichung von der Bedienungsanleitung nimmt einer Messung den Charakter als standardisiertes Messverfahren. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn einer vorgeschriebenen Dokumentation keine eigenständige Bedeutung für die Integrität des Messvorgangs zukommt (hier: Datum der durch die Konformitätserklärung gesondert nachgewiesenen Konformitätsbewertung).

    1. Die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tacho ist kein standardisiertes Messverfahren, so dass sich das Tatgericht in jedem Einzelfall mit der Zuverlässigkeit der Messung und der Einhaltung der Voraussetzungen für die Verwertbarkeit auseinandersetzen muss.
    2. Bei einer GeschwindigkeitsmessungdurchNachfahren zur Nachtzeit müssen die Urteilsgründe grundsätzlich Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen enthalten und Darlegungen dazu, ob der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug durch Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Lichtquellen aufgehellt war und damit ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte. Etwas anderes kann gelten, wenn die Beleuchtungsverhältnisse gerichtsbekannt sind.
    3. Der zum Ausgleich von Messungenauigkeiten gewährte Toleranzabzug von 22,5 % auf die gefahrene Geschwindigkeit von 160 km/h beschwert den Betroffenen nicht.