Archiv für den Monat: Februar 2012

HV-Termin vergessen – Wiedereinsetzung dahin…

In dem dem OLG Hamm, Beschl. v. 08.12.2011 – III – 5 RVs 99/11 und III – 5 Ws 345/11 – zugrunde liegenden Verfahren hatte der Angeklagte den Berufungshauptverhandlungstermin vergessen. Er hat dann gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das OLG hat ihm die verwehrt. Gerettet hat den Angeklagten auch nicht, dass zwischen Ladung und Termin vier Monate gelegen haben:

So hat das Oberlandesgericht Saarbrücken — nachvollziehbar – darauf hin­gewiesen, dass dann, wenn zwischen Ladung und Termin ein Jahr liegt und der Angeklagte „nur“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war, verurteilt worden war, er also auch im Berufungsverfahren keinen Verlust der Freiheit zu vergegenwärtigen hatte, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden könne, dass die drohenden Auswirkungen der erstinstanzlich ver­hängten Strafe ihn in einem solchen Maße belasten mussten, dass er ver­ständlicherweise stets seine Gedanken auf sie und den auf ihre für ihn günstige Änderung zielenden Berufungstermin hätte richten müssen.

Der hier zu entscheidende Fall weicht davon indes grundlegend ab. Der An­geklagte war zu einer ganz erheblichen, ihn massiv belastenden — vollstreck­baren — Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Zudem lagen zwischen Ladung und Termin vorliegend in einer Nicht­haftsache auch unter Berücksichtigung des natürlich auch in diesen Verfahren zu berücksichtigenden Beschleunigungsgebots vertretbare vier Monate (vgl. zum Terminsvorlauf in Haftsachen: OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2008, 5 Ws 247-250/08, S. 5).

Unter Abwägung sämtlicher vorgenannter Umstände, war der Angeklagte in besonderem Maße gehalten, den Termin zur Berufungsverhandlung, der schon, aber auch nur vier Monate nach der Zustellung der Ladung lag, im Auge zu behalten. Vor diesem Hintergrund entschuldigt das bloße Vergessen ihn nicht.

Rückforderung des Rechtsschutzversicherers – „venire contra factum proprium“

Werden die Rechtsschutzversicherer nicht gerne gelesen haben, was das LG Wuppertal ihnen in LG Wuppertal, Urt. v. 26.07.2011 – 16 S 10/11 ins Stammbuch geschrieben hat.

Danach gilt: Wird von der Rechtsschutzversicherung eine Gebühr, über deren Voraussetzungen in Rechtsprechung und Literatur Streit besteht, ohne Vorbehalt gezahlt, dann kann sich die RSV nach einer streitentscheidenden höchstrichterlichen Entscheidung nicht darauf berufen, es sei zu Unrecht gezahlt worden. Mit einem Rückforderungsbegehren verhält sie sich dann widersprüchlich und setzt sich in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten.

In der Sache ging es um den unseligen Streit um das Entstehen der Nr. 4141 VV RVG, wenn ein Strafverfahren eingestellt und das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben wird. Der BGH hatte in den Fällen gegen die gesamte h.M. entschieden, was die RSV wohl überrascht hatte. Da wollte man sich das Geld dann schnell wiederholen. Das hat das LG Wuppertal zutreffend abgelehnt.

Aber vielleicht tröstet es die RSV:  Die dem Verfahren zugrunde liegende Streitfrage, ob in vergleichbaren Konstellationen die Nr. 4141 VV RVG entsteht oder nicht, hat sich die für die Zukunft wohl erledigt. Der Referentenentwurf für das 2. KostRMoG sieht vor, dass in Nr. 4141 VV RVG eine Klarstellung dahin erfolgt, dass die Nr. 4141 VV RVG auch in diesen Fällen anfällt.

Aufgepasst bei der Pflichtverteidigerbestellung – nie im eigenen Namen!!!!!

OLG München, Beschl. v.13.01.2012 – 1 Ws 25/12 gibt Anlass zu einem warnenden Hinweis hinsichtlich des Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung und der Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiordnung des Pflichtverteidigers.

Das OLG München hat nämlich in seinem Beschluss ausgeführt, dass sowohl eine entsprechende Beschwerde des Verteidigers als auch schon der Beiordnungsantrag „unzulässig“ gewesen sei, da er nicht im Namen des Beschuldigten gestellt sei, sondern offensichtlich im Namen des Rechtsanwalts. Der habe aber weder ein eigenes Antrags- noch ein Beschwerderecht. Also: Im Antrag bzw. in der Beschwerde deutlich machen, dass diese im Namen des Mandanten gestellt werden.

Das OLG hat zudem die Frage der rückwirkenden Beiordnung behandelt. Insoweit „alter Wein in neuen Schläuchen“, wobei die Besonderheit bestand, dass der Antrag erst nach Eintritt der Rechtskraft gestellt war.

„Ich habe einen Beurkundungstermin“ – allein das rettet nicht vor einem Verwerfungsurteil

Gegen den Betroffenen, der als Rechtsanwalt und Notar tätig ist, ergeht ein Bußgeldbescheid. Dagegen wird Einspruch eingelegt. Das AG beraumt die Hauptverhandlung an. Der Betroffene beantragt Terminsverlegung und führt zur Begründung an, er habe als Notar an dem Tag der Hauptverhandlung einen Beurkundungstermin wahrzunehmen. Die daraufhin per Telefax an ihn gerichtete Anfrage des Gerichts vom 15. Februar 2011, darzulegen und zu belegen, wann der Beurkundungstermin vereinbart worden sei, ließ der Betroffene unbeantwortet.

Zum Hauptverhandlungstermin erscheint der Betroffene dann nicht. Der Einspruch wird verworfen. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte keinen Erfolg, was das OLG Hamm in OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2011 – III – 5 RBs 185/11 wie folgt begründet:

Der Betroffene hat – trotz Aufforderung durch das Gericht – nicht vorgetragen, wann der von ihm als Notar wahrzunehmende Beurkundungstermin vereinbart worden ist und ob dieser tatsächlich unaufschiebbar ist. Sein Vortrag stellt eine durch nichts belegte inhaltslose Behauptung der angeblichen beruflichen Verhinderung dar, so dass es nicht zu beanstanden ist, dass das  Amtsgericht den Beurkundungstermin nicht als genügende Entschuldigung für sein Fernbleiben anerkannt hat. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Gericht zu erscheinen, geht der Wahrnehmung privater Angelegenheiten, zu denen auch die Berufsausübung gehört, grundsätzlich vor (vgl. OLG Hamm VRS 87, 138; Senge in KK, OWiG 2. Aufl., § 74 Rdn. 32 m. w. N.). Anders ist die Situation nur dann, wenn berufliche Belange unaufschiebbar und von so großem Gewicht sind, dass deren Zurückstellung für den Betroffenen mit gravierenden, insbesondere wirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre, so dass dem Betroffenen das Erscheinen zum Termin billigerweise nicht zugemutet werden kann. Derartige Umstände hat der Betroffene jedoch nicht dargelegt.“