Archiv für den Monat: Juli 2011

Lesetipp: Die neue Selbstanzeige – Teil 2: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.

Inzwischen ist StRR 07/2011 online. Für einen Monat haben wir aus dem Heft dann auf der Startseite von Heymanns Strafrecht den Beitrag „Die neue Selbstanzeige – 2. Teil: Die Betragsgrenze des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO n.F.“ von RD Stefan Rolletschke, Münster (StRR 2011, 254) zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Die schwarz bezahlte Hochzeitsfeier

Was es nicht alles gibt.

Ein türkisches – inzwischen – Ehepaar will den Veranstalter ihrer zunächst mit diesem geplanten Hochzeitsfeier auf Schadensersatz in Höhe von rund 12.000 € wegen Nichterfüllung eines Bewirtungsvertrages in Anspruch nehmen. Laut schriftlichem Vertrag sollte der Veranstalter im Frühjahr 2010 eine türkische Hochzeit mit 620 Personen im Veranstaltungssaal eines Landkreises durchführen. Neben dem im Vertrag genannten Preis (rund 6.300 €) sollte ein Großteil der Vergütung – 50 % – „schwarz“ gezahlt werden. Nachdem sich abzeichnete, dass der Saal am geplanten Tag noch nicht fertig gestellt sein würde, wich das Ehepaar auf andere Räumlichkeiten aus. Da in den neuen Räumen nur eine Bewirtung von 400 Personen möglich war, hätten – so das Ehepaar – 220 Gäste wieder ausgeladen werden müssen. Hierdurch seien ihnen Geld- und Goldgeschenke im Wert zwischen 50 und 100 € entgangen, was insgesamt einen Betrag 8.250 € ausmache. Diese forderte das türkische Ehepaar vom Veranstalter. Weiterhin fordert das Ehepaar von dem Veranstalter Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie weiter angefallene Kosten für die Hochzeitsfeier in den Ausweichräumen. Das Ganze sollte über PKH laufen.

Der PKH-Antrag ist dann – zum Schluss beim OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.05.2011  – 19 W 29/11 gescheitert. Zur Begründung führt das OLG aus: Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheitere schon daran, dass ein Teil der Vergütung an den Veranstalter „schwarz“ habe gezahlt werden sollen. Da dies offenbar der Steuerhinterziehung habe dienen sollen, sei der gesamte Vertrag nichtig. Es komme hinzu – so das OLG weiter -, dass es sich bei dem von dem Ehepaar geltend gemachten „entgangenen Gewinn“ in Form der Gastgeschenke nicht um einen erstattungsfähigen Schaden handele. Zwar solle der Schadensersatzanspruch den Berechtigten so stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Der Zweck einer Hochzeitsfeier sei aber nicht darauf gerichtet, wie bei einer gewerblichen Veranstaltung Gewinne zu erzielen. Die von dem Veranstalter übernommene Pflicht habe daher nicht darin bestanden, dem Ehepaar zu einem Gewinn in Form von Geld- und Goldgeschenken zu verhelfen.

Na, welchen Sinn hat denn eine Hochzeitsfeier sonst 🙂 :-). Interessant ist es, mal zu sehen, was offenbar bei solchen Feiern „umgesetzt“ wird.

Spielgeräte für den Sicherungsverwahrten

Das OLG Nürnberg, Beschl. v. 09.06.2011 – 1 Ws 242/11 setzt sich mit der Frage auseinander, ob und wann einem Sicherungsverwahrten die Genehmigung zum Betrieb einer elektronischen Spielekonsole (Playstation)  zu gewähren ist. Die JVA hatte das verweigert. Das OLG weist in seinem Beschluss dann aber darauf hin:

 

 

Bei Prüfung der Frage, ob einem Sicherungsverwahrten von ihm beantragte elektronische Spielgeräte zu gewähren sind, ist insbesondere auch das Abstandsgebot zu beachten. Hieraus folgt u.a., dass jedenfalls in der Übergangszeit bis zur gesetzlichen Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung Beschränkungen nur insoweit zulässig sind, als sie unerlässlich sind, um die Sicherheit und Ordnung des betroffenen Lebensbereiches aufrechtzuerhalten.“

Die StVK musste neu entscheiden.

Und:

Ergänzend bemerkt der Senat, dass ein Abstellen darauf, die beantragte Spielekonsole diene lediglich der Freizeitbeschäftigung kein geeignetes Argument für deren Versagung ist. Wie das Oberlandesgericht bereits entschieden hat (Ws 62/02NStZ-RR 2002, 191), soll das Leben im Vollzug – umso mehr in der Sicherungsverwahrung – den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angepasst werden. Der Gebrauch von elektronischen Spielgeräten ist aber zwischenzeitlich fester Bestandteil der allgemeinen Lebensverhältnisse geworden.“

Ist der Vertragsarzt Amtsträger?

Die Antwort auf die Frage „Ist der Vertragsarzt Amtsträger?“ ist für die Frage der Strafbarkeit – Bestechung im geschäftlichen Verkehr pp. – von entscheidender Bedeutung und in Rechtsprechung und Literatur heftig umstritten (vgl. dazu hier OLG Braunschweig).

Gestern hat jetzt auch der 5. Strafsenat des BGH zu der Problematik Stellung genommen (vgl. hier die PM). und die Frage – ebenso wie schon im Mai der 3. Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt.

Also demnächst: Neues aus Karlsruhe, und zwar von (fast) ganz oben.

Genaues Hinschauen kann sich lohnen und Rechtsmittel retten

Manchmal haben OLG-Beschlüsse ja auch etwas Gutes. Sie können nämlich daran erinnern, dass es sich lohnen kann, mal genauer hinzuschauen. Das gilt gerade für Fristen/Fristabläufe und Zustellungsfragen. Da können OLG-Richter richtige Künstler sein. Den Schluss kann man aus dem OLG Bamberg, Beschl. v. 18.04.2011 – 2 Ss Owi 243/11 ziehen.

Der Fall: In der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens ist der Betroffene nicht anwesend. Für ihn tritt Rechtsanwalt N. in Untervollmacht für den Verteidiger R auf. Zwar verfügte der Unterbevollmächtigte über eine schriftliche Untervollmacht, allerdings lag dem AG eine gemäß § 73 Abs. 3 OWiG erforderliche, zur Vertretung berechtigende schriftliche Vollmacht für Rechtsanwalt R nicht vor. Sie wurde erst später an das Amtsgericht überrsandt. Der Einspruch des Betroffenen wird verworfen. Frage: Wann beginnt die Rechtsbeschwerdefrist?

Nun, das OLG sagt: Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bzw. des Zulassungsantrags gegen ein Urteil in Abwesenheit des Betroffenen beginnt erst mit der Zustellung des Urteils, wenn in der Hauptverhandlung für den den abwesenden Betroffenen vertretenden Verteidiger nicht eine schriftliche Vertretungsvollmacht vorliegt. Hintergrund dieser Entscheidung ist § 79 Abs. 4 OWiG, der durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz geändert worden ist. Während früher bei in Abwesenheit verkündeten Urteilen die Rechtsbeschwerdefrist für den Betroffen immer erst mit der Zustellung begonnen hat, ist das jetzt nur noch der Fall, wenn der Betroffene in der Hauptverhandlung nicht durch einen vertretungsberechtigten Verteidiger vertreten worden ist. Ansonsten beginnt die Rechtsbeschwerdefrist mit der Verkündung des Urteils. Hier lag keine Vollmacht vor, also späterer Fristbeginn…

Und: Hinsichtlich der Zustellung des Urteils ist darauf zu achten, dass diese, um wirksam zu sein, vom Richter angeordnet worden sein muss. Eine nur durch die Geschäftsstelle veranlasste Zustellung ist unwirksam und führt nicht zum Fristbeginn. War hier auch der Fall.

Solche Finessen 🙂 können Rechtsmittel retten.