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Strafzumessungsfehlerklassiker, oder: Anfängerfehler

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Strafzumessungsfehler bei den LG findet der BGH, wenn man seine Rechtsprechung auf seiner Homepage verfolgt, häufig(er). Der ein oder andere Fehler ist seltener, der vom BGH im BGH, Beschl. v. 17.04.2012 – 2 StR 73/12 – gerügte ist in meinen Augen hingegen ein Klassiker, man könnte auch sagen: ein Anfängerfehler:

„Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Strafkammer hat in ihrer Gesamtabwägung zur Ablehnung eines minder schweren Falles Umstände angeführt, an deren Berücksichtigung sie von Rechts wegen gehindert war.

Das Landgericht durfte zu Lasten des Angeklagten weder in Rechnung stellen, dass „keine spontane Tat ohne Anlass“ vorliege, noch anführen, dass der Angeklagte „ohne Druck oder Beeinflussung Dritter“ und auch nicht „aus einer Notsituation heraus“ gehandelt habe. Nachvollziehbare, verständliche Motive für eine Tatbegehung wie ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse oder auch eine Suchterkrankung können ebenso wie die Tatverstrickung durch Dritte strafmildernd zu Buche schlagen; ihr Fehlen berechtigt allerdings nicht, dies zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 StR 35/11). Soweit die Kammer darüber hinaus in ihren Erwägungen darauf abgestellt hat, es seien „primär finanzielle Erwägungen, die Aussicht auf eine lukrative Einnahmequelle“ Anlass für die Tatbegehung gewesen, verstößt sie damit gegen das Verbot der Doppelverwertung von Strafzumessungserwägungen (§ 46 Abs. 3 StGB), da Gewinnstreben zum Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gehört und von einem besonders verwerflichen, den Rahmen des Tatbestandsmäßigen erheblich übersteigenden Gewinnstreben nach den Feststellungen nicht gesprochen werden kann.

Solche Fehler erstaunen dann doch, zumindest ein wenig.

Nachträgliche Sicherungsverwahrung: Was sind neue Tatsachen? – Auswirkungen auf die Verständigung

Der 2. Strafsenat des BGH hat noch einmal/erneut zum Begriff der „neuen Tatsachen“ i.S. des § 66b Abs. 2 StGB Stellung genommen. Das sind – so der Senat – Tatsachen, die erst nach der Verurteilung erkennbar geworden sind. Zwar können nach Auffassung des BGH auch psychiatrische Befundtatsachen im Einzelfall „neue Tatsachen“ im Sinne des § 66 b Abs. 2 StGB darstellen. Maßgeblich sei aber nicht eine neue sachverständige Bewertung von Tatsachen. Entscheidend sei vielmehr, ob die dieser Bewertung zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen im Zeitpunkt der Aburteilung bereits vorlagen und bekannt oder erkennbar waren (vgl. auch BGHSt 50, 275, 278; jetzt Beschl. v. 12.05.2010 – 2 StR 171/10).

Die Frage, was eine neue Tatsache ist, kann auch bei einer Verständigung eine Rolle spielen, wenn es darum geht, ob sich das Gericht von der Verständigung lösen lann (§ 257c StPO StGB). Die bloß andere Bewertung von bereits bei der Abgabe der Zusage/Verständigung dem Gericht bekannter oder erkennbarer Umständen ist also kein „neuer“ Umstand.

Außergewöhnliche Umstände gegen ein Fahrverbot müssen stets geprüft werden.

Ich habe ja schon häufiger geschrieben: „Man ist immer wieder erstaunt“, was alles nicht beachtet wird. So auch, wenn man die Entscheidung des OLG Hamm v. 19.01.2010 – 2 (6) Ss OWi 987/09 – liest. Der Betroffene wird wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Es wird ein Fahrverbot verhängt. Allerdings im Urteil keinerlei Ausführungen zu einem „Absehen“ vom Fahrverbot. Dabei hat schon das BVerfG 1969 darauf hingewiesen, dass die Fahrverbotsentscheidung immer verhältnismäßig sein muss. Daher muss selbst unter Berücksichtigung der sog. Indizwirkung immer dargelegt/geprüft werden, ob und warum besondere Umstände, die ein ein Absehen rechtfertigen würden, nicht vorliegen. Das darf das AG jetzt nachholen.

OLG Oldenburg: Änderung der Rechtsprechung zur nachträglichen Entziehung der Fahrerlaubnis

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass das AG den Angeklagten wegen einer Verkehrsdelikts verurteilt, immer aber trotz eines Regelfalls die Fahrerlaubnis nicht vorläufig entzieht, obwohl ein entsprechender Antrag der StA vorgelegen hat. Dann stellt sich die Frage, ob das Berufungsgericht vor der Berufungshautpverhandlung auch ohne Vorliegen neuer Umstände die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen darf. Das ist in der Rechtsprechung nicht ganz unbestritten, die Frage wird aber von der wohl h.M. bejaht.

Der hat sich jetzt auch das OLG Oldenburg in einem Beschl. v. 30.09.2009 – 1 Ws 522/09, und damit seine frühere anders lautende Rechtsprechung aufgegeben.

Der Leitsatz lautet:

„Hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen einer Straßenverkehrsgefährdung verurteilt, aber keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO angeordnet, sondern einen darauf gerichteten Antrag der Staatsanwaltschaft nicht beschieden, so kann das Berufungsgericht vor der Berufungsverhandlung auch ohne Vorliegen neuer Umstände und auch noch 9 Monate nach dem Vorfall jedenfalls dann die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen, wenn es sich dabei die Würdigung der Tat im amtsgerichtlichen Urteil zu eigen macht.“