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Rechtsfolge I: Mildere Strafe bei versuchtem Mord, oder: Keine Strafmilderung nur bei Erschwerungen

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Und heute dann am letzten Tag im April – vier Monate des Jahres 2024 liegen also schon hinter uns – einige Entscheidungen zu Rechfolgen. Das war schon länger nicht mehr Thema.

Ich eröffne den Reigen mit dem BGH, Urt. v. 01.02.2024 – 4 StR 287/23, über das ich schon einmal berichtet habe (StGB II: Hat der Angeklagte „heimtückisch“ gehandelt?, oder: Überraschen in einer hilflosen Lage). Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Dagegen die  Revision des Angeklagten, der u.a. auch die Strafzumessung beanstandet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt und macht Erörterungsmängel im Rahmen der Strafzumessung und Maßregelanordnung geltend. Beide Rechtsmittel waren unbegründet:

„….

2. Entgegen der Auffassung der Revision weist die Strafzumessung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Zwar ist im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne nicht ausdrücklich strafmildernd aufgeführt, dass der Angeklagte sich zur Tat aufgrund der vorangegangenen „Provokation“ durch den Geschädigten entschloss. Der Senat schließt unter den hier gegebenen Umständen jedoch aus, dass dem Tatgericht dieser in den Urteilsgründen mehrfach erwähnte Gesichtspunkt im Rahmen der Strafzumessung aus dem Blick geraten sein könnte. Anderenfalls wäre die mit vier Jahren und neun Monaten eher milde bemessene Freiheitsstrafe nicht verständlich.

III.

Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Strafzumessung und Maßregelanordnung weisen weder einen den Angeklagten begünstigenden noch einen ihn beschwerenden (vgl. § 301 StPO) Rechtsfehler auf.

1. Die Strafrahmenwahl begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den Strafrahmen des § 211 Abs. 1 StGB gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zugunsten des Angeklagten gemildert hat, halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft liegt ein den Bestand des Strafausspruchs gefährdender Erörterungsmangel nicht vor.

a) Nach § 23 Abs. 2 StGB kann der Versuch milder bestraft werden als die vollendete Tat. Ob eine Strafrahmenverschiebung wegen Versuchs gemäß § 23 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt, ist vom Tatgericht auf der Grundlage einer Gesamtschau aller Tatumstände und der Persönlichkeit des Täters zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 2. August 2023 ‒ 4 StR 98/23 Rn. 5; Urteil vom 25. Januar 2023 ‒ 1 StR 284/22 Rn. 16; Beschluss vom 22. Oktober 2019 ‒ 5 StR 449/19 Rn. 8). Dabei ist zu beachten, dass das Vorliegen des vertypten Milderungsgrunds regelmäßig eine geringere Schuld indiziert (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 922). Eine Versagung der Strafmilderung setzt deshalb erschwerende Umstände voraus, die in den Urteilsgründen im Einzelnen festgestellt und dargelegt werden müssen. Den wesentlichen versuchsbezogenen Umständen (Nähe der Tatvollendung, Gefährlichkeit des Versuchs und aufgewandte kriminelle Energie) kommt im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau aller tat- und täterbezogenen Umstände besonderes Gewicht zu (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. September 1988 ‒ 4 StR 352/88, BGHSt 35, 347, 355). Eine sorgfältige Abwägung und umfassende Begründung ist insbesondere in Fällen geboten, in denen die Versagung der Strafmilderung wegen Versuchs die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Folge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2023 ‒ 4 StR 286/23 Rn. 12; Urteil vom 25. Januar 2023 ‒ 1 StR 284/22 Rn. 16; Beschluss vom 22. Oktober 2019 ‒ 5 StR 449/19 Rn. 8; Urteil vom 15. Juni 2004 ‒ 1 StR 39/04).

b) Den sich hieraus ergebenden Darlegungsanforderungen ist das Schwurgericht mit dem knappen, aber tragfähigen Hinweis auf die fehlende Vollendungsnähe gerecht geworden. Die hiergegen von der Revision erhobenen Einwände verfangen nicht. Eine weitere Begründung war unter den hier gegebenen Umständen von Rechts wegen nicht geboten.

2. Die Strafzumessung im engeren Sinne weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Insbesondere vermag der Senat den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass das Landgericht ‒ rechtlich bedenklich ‒ die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt hat. Es hat vielmehr zugunsten des Angeklagten bedacht, dass er als Erstverbüßer besonders haftempfindlich ist. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2021 ‒ 4 StR 457/20 Rn. 12).“

StPO I: Einspruchsbeschränkung beim Strafbefehl, oder: Ausreichende Feststellungen getroffen?

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Es ist Ostermontag, hier geht es aber heute normal weitern. Feiern war gestern. Ich stelle dann zwei StPO-Entscheidungen vor.

Ich beginne hier mit einer Entscheidun aus dem Strafbefehlsverfahren, und zwar mit dem KG, Beschl. v. 31.01.2024 – 1 ORs 1/24 – 161 Ss 3/24 – zur Frage der ausreichenden Feststellungen in einem Strafbefehl im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Einspruchbeschränkung. Dazu führt das KG da aus, was auch für eine Berufungsbeschränkung gilt: nämlich:

„a) Entgegen der Revisionsbegründung ist das Landgericht zu Recht von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen. Die Wirksamkeit der Beschränkung hat das Rechtsmittelgericht, ungeachtet dessen, in welchem Verfahrensstadium diese vorgenommen worden ist, wegen der damit verbundenen Frage der (Teil-)Rechtskraft der Entscheidung stets vom Amts wegen zu prüfen. Dabei steht nicht jeder Fehler im nicht angefochtenen Teil der Entscheidung der Wirksamkeit der Beschränkung entgegen. Vielmehr hat das Rechtsmittelgericht im. Fall eines auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittels die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung grundsätzlich auf der Basis des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils vorzunehmen, auch wenn dieser auf einer rechtsfehlerhaften Subsumtion und damit unzutreffenden rechtlichen Einordnung des Tatgeschehens beruht (vgl. BGH NStZ-RR 2022, 290; Schmitt in; Meyer-Goßner/Schmitt, 66. Aufl. 2023, § 318 Rn 17a; jew. m.w.N.). Erst wenn die dem Schuldspruch im angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art unklar, lückenhaft, widersprüchlich oder so dürftig sind; dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maß bestimmen lassen oder unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht hat, ist die Beschränkung unwirksam (vgl. BGH NStZ 2018, 367 m.w.N.).

Art und Umfang der Schuld des Angeklagten sind in dem Strafbefehl in einem zur Überprüfung des Strafausspruchs notwendigen Maß bestimmt.“

Außerdem hat das KG dann u.a. noch zu den erfoderlichen Feststellungen bei der gefährlichen Körperverletzung Stellung genommen, und meint zum „gefährlichen Werkzeug“

Zu der Frage der Geeignetheit eines Gegenstandes zur Verletzung von Menschen, müssen nicht ausdrücklich zur Beschaffenheit usw. Feststellungen getroffen werden, wenn sich die Geeignetjeit bereits aus der hier festgestellten Art der konkreten Verwendung ergibt.

 

Strafe I: Mindeststrafe für schwere sexuelle Nötigung?, oder: Mindeststrafe ist immer „gefährlich“

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Und heute, am letzten Arbeitstag vor Ostern, ein wenig Strafzumessung.

Ich beginne mit dem BGH, Urt. v. 21.02.2024 – 6 StR 541/23. Das LG hat den Angeklagten wegen besonders schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung einer im Mai 2023 gegen ihn verhängten Strafe u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat verurteilt. Dagegen richtet sich die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte:

Das LG hatte folgende Feststellungen getroffen:

W1. Nach den Feststellungen hatte sich der Angeklagte über eine Internetplattform mit der Zeugin R. für ein Wochenende in seiner Wohnung verabredet, um gegen Zahlung von 10.000 Euro diverse sexuelle Handlungen an ihr vorzunehmen; tatsächlich war er zu der Zahlung weder bereit noch in der Lage. Obwohl er ihr das Geld absprachewidrig nicht vorab gab, ließ R. zunächst sexuelle Handlungen über sich ergehen. Als sie anschließend darauf bestand, das Geld ausgehändigt zu bekommen, bedrohte der Angeklagte sie mit einem Küchenmesser, das er ihr direkt vor das Gesicht hielt, um sie zur Duldung weiterer sexueller Handlungen zu zwingen. Er forderte die unbekleidete Zeugin wiederholt auf, sich bäuchlings auf das Bett zu legen und ihre Beine zu spreizen, was sie schließlich aus Angst tat, nachdem er die Schneide des Messers gegen ihren Hals gedrückt hatte. Dann legte er das Messer zur Seite und strich mit einem Finger Creme um ihren Darmausgang, was sie unter dem Eindruck der vorangegangenen Bedrohung duldete. Als sie ihn aufforderte aufzuhören und er kurz von ihr abließ, versuchte sie aufzustehen, indem sie sich aufrichtete und auf die Bettkante setzte. Der Angeklagte stieß sie jedoch zurück, so dass sie wieder nach hinten auf das Bett fiel und Schmerzen im Bereich der Schulter erlitt. Anschließend richtete sie sich erneut auf und sagte, dass sie sein Geld nicht haben, sondern gehen wolle. Daraufhin nahm der Angeklagte das Messer wieder an sich, hielt die Schneide an ihre linke Brust und drohte, ihre Brüste abzuschneiden, falls sie nicht tue, was er sage. Sie versuchte, das Messer von sich wegzudrücken, was ihr aber nicht gelang. Nachdem er ihr nochmals mit der Anwendung von Gewalt gedroht hatte, ergriff er eine Rolle „Panzertape“, um sie zu fesseln, und forderte sie auf, ihre Hände auf den Rücken zu legen. Aus Angst, dem Angeklagten im Falle ihrer Fesselung schutzlos ausgeliefert zu sein, geriet R. in Panik. Es gelang ihr schließlich, ihm mit dem Fuß zwischen die Beine zu treten, worauf er sie mit beiden Händen so stark würgte, dass sie Luftnot bekam und Schmerzen im Bereich des Kehlkopfes erlitt. Er fragte sie, ob ihr das jetzt gefalle, worauf sie ihm so stark in die Nase biss, dass er nicht unerheblich blutete. Zugleich stieß und trat sie ihn von sich, so dass er mit dem Rücken gegen den Wohnzimmertisch fiel. Diese Situation nutzte sie aus, um zu fliehen.“

Das LG hat der Strafzumessung den Strafrahmen des § 177 Abs. 8 StGB zugrundegelegt. Das Vorliegen eines minder schweren Falles der besonders schweren sexuellen Nötigung i.S. des § 177 Abs. 9 StGB hat es verneint. Dabei hat es zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Tat bereits zwei Jahre und acht Monate zurücklag, er im Tatzeitpunkt noch nicht vorbestraft war, zudem die Verfahrensdauer von mehr als zwei Jahren und die besondere Strafempfindlichkeit des Angeklagten als „Erstverbüßer“. Strafmildernd hat es darüber hinaus gewertet, dass die Geschädigte keine lang anhaltenden Schmerzen und keine psychischen Folgeschäden erlitt. Zum Nachteil des Angeklagten hat das LG demgegenüber darauf abgestellt, dass sie seinen Einwirkungen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt war, dass er durch das Stoßen und Würgen in mehrfacher Form Gewalt gegen sie anwandte und tateinheitlich zwei Straftatbestände sowie zwei Qualifikationstatbestände i.S. des § 177 Abs. 5 StGB verwirklichte. Unter Bezugnahme auf diese Erwägungen hat das LG sodann auf die Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt und unter Einbeziehung der im Mai 2023 gegen den Angeklagten verhängten Geldstrafe von 60 Tagessätzen die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Monat gebildet.

Das gefällt dem BGH nicht:

„2. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft zu Recht.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es hat die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts kommt nur in engen Grenzen in Betracht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. August 1982 – 1 StR 435/82, NStZ 1982, 464, 465; vom 27. Juli 1988 – 3 StR 273/88, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 3). Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn dem Tatgericht Abwägungsfehler unterlaufen sind und das gefundene Ergebnis deshalb nicht mehr vertretbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 – 1 StR 116/11, NStZ 2012, 162, 163; vom 28. Juni 2022 – 6 StR 511/21, NStZ-RR 2022, 342, 343; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1530). So verhält es sich hier.

In Anbetracht der vom Landgericht als erheblich strafschärfend gewerteten Umstände entbehrt die Verhängung der Mindeststrafe einer tragfähigen Begründung. Die Mindeststrafe ist zwar nicht nur denkbar leichtesten Fällen vorbehalten; auf sie darf auch erkannt werden, wenn Strafzumessungsgesichtspunkte vorliegen, die den Angeklagten belasten (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 1983 – 3 StR 437/83, NStZ 1984, 359; vom 27. Juli 1988 – 3 StR 273/88, aaO). Dies setzt aber – wie bei der Verhängung der Höchststrafe (vgl. BGH Urteil vom 15. Dezember 1982 – 2 StR 619/82, NStZ 1983, 268, 269) – eine eingehende Begründung und Abwägung der wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände voraus (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 1983 – 4 StR 617/83, NStZ 1984, 117; vom 23. Februar 1989 – 4 StR 8/89, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 7).

Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Ihnen lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Erwägungen das Landgericht innerhalb des Regelstrafrahmens trotz der den Angeklagten erheblich belastenden Faktoren die Mindeststrafe für schuldangemessen gehalten hat.“

Also noch einmal das Ganze. Mindesstrage ist nie einfach 🙂

Strafe I: Ein wenig vom BGH zur Strafzumessung, oder: Unbestraft, polizeiliche Überwachung, gleiche Strafe

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So, und heute dann Strafzumessungsentscheidungen. Es ist ein bisschen mehr als sonst, da sich einiges angesammelt hat. Hier zunächst einige BGH-Entscheidungen, allerdings nur mit „Leitsätzen“. Den Rest bitte selbst nachlesen. Hier kommen dann:

Auch im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 StGB muss die Strafe einen gerechten Schuldausgleich für das begangene Tatunrecht nach Maßgabe der Schwere der Tat und des Grads der persönlichen Schuld des Täters darstellen muss. Deshalb legen ggf. die bisherige Unbestraftheit der Angeklagten, das Gewicht ihrer Tathandlung sowie – bei einem BtM-Delikt – die Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge des Wirkstoffgehalts THC (allein) um das 1,6-fache eine vertiefte Erörterung nahe, weshalb eine Geldstrafe (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 StGB) das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts ernsthaft beeinträchtigen würde.

Wird ein Urteil auf ein Rechtsmittel zugunsten eines Angeklagten im Strafausspruch aufgehoben und vermag der neue Tatrichter Feststellungen nicht zu treffen, die im ersten Rechtszug als bestimmende Zumessungstatsachen strafschärfend herangezogen worden waren, hält er aber dennoch eine gleich hohe Strafe für erforderlich, so hat er nach ständiger Rechtsprechung seine Entscheidung eingehend zu begründen. Die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung in der aufgehobenen Entscheidung sind zwar kein Maßstab für die neue Bemessung der Strafe, jedoch hat der Angeklagte einen Anspruch darauf zu erfahren, warum sie trotz des Wegfalls eines Strafschärfungsgrundes nun gleich hoch bestraft wird.

Allein eine polizeiliche Überwachung stellt keinen Strafmilderungsgrund dart, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Straftat hätte verhindert werden können; ein Straftäter hat keinen Anspruch darauf, dass die Ermittlungsbehörden rechtzeitig gegen ihn einschreiten, um seine Taten zu verhindern. Es kann indes einen über die Sicherstellung hinausgehenden Strafmilderungsgrund darstellen, wenn die polizeiliche Überwachung der Tat mit dem Wegfall einer Gefahr für Rechtsgüter des Tatopfers verbunden ist. Dieses Gewicht resultiert aus dem Gewinn an Sicherheit, den eine derartige Überwachung schon während der Tatbegehung bewirkt, indem sie bereits von Beginn an die Möglichkeit für eine spätere Sicherstellung schafft und so eine tatsächliche Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter ausschließt; insoweit reduziert sie das Handlungsunrecht zusätzlich gegenüber Fällen, in denen eine Sicherstellung trotz fehlender Überwachung letztlich gelingt.

Die erfolgte Sicherstellung der zum Eigenkonsum bestimmten Betäubungsmittel stellt einen bestimmenden Strafzumessungsgrund zugunsten des Angeklagten dar. Entfällt durch die Sicherstellung die auch beim Besitz von Betäubungsmitteln stets bestehende abstrakte Gefahr für die Allgemeinheit durch eine Weitergabe, ist dies ebenso wie beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln regelmäßig zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen.

Das Vorliegen insbesondere einschlägiger Vorstrafen stellt einen Strafschärfungsgrund dar. Umgekehrt vermag das Fehlen von Strafschärfungsgründen regelmäßig eine Strafmilderung nicht zu begründen.

Strafzumessung III: Verhängung einer Geldstrafe, oder: Einkommen, Tagessatzhöhe, Zahlungserleichterung

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Und im Nachmittagsposting dann noch zwei Entscheidungen des BayObLG zur (Bemessung) der Geldstrafe. Von beiden Entscheidungen stelle ich aber nur die Leitsätze vor, und zwar:

1. Bei der Verhängung einer Geldstrafe ist deren möglicherweise entsozialisierende Wirkung zu berücksichtigen.
2. Verfügt der Angeklagte lediglich über Einkommen in der Nähe des Existenzminimums, hat das Gericht bei einer hohen Tagessatzanzahl schon bei der Bemessung der Höhe des einzelnen Tagessatzes in einem einheitlich ermessensähnlich ausgestalteten Strafzumessungsakt über Zahlungserleichterungen (§ 42 StGB) zu entscheiden.
3. Die Tagessatzhöhe ist in der Weise zu berechnen, dass dem Angeklagten der zur Sicherung seines Lebensbedarfs unerlässliche Betrag in Höhe von 75 % des Regelsatzes der Sozialhilfe (heute des Bürgergeldes) nach Abzug des auf die Geldstrafe zu zahlenden monatlichen Teilbetrages noch verbleibt.
4. Insoweit hängt die Tagessatzhöhe in derartigen Fällen auch von der Höhe und Dauer einer zu gewährenden Ratenzahlung ab, weil sich die verhängte Geldstrafe in der vom Gericht vorgesehenen Ratenzahlungsdauer in Raten bezahlen lassen muss, die dem Angeklagten den zur Sicherung seines Lebensbedarfs unerlässlichen Betrag belassen.

Bei der Bemessung der Tagessatzhöhe einer Geldstrafe muss das Tatgericht auch in ausreichender Weise erkennen lassen, dass es sich möglicher entsozialisierender Wirkungen der Geldstrafe bewusst gewesen ist.