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50.000 € Schmerzensgeld nach einem Mord nicht zu viel…

Das OLG Bremen hat im OLG Bremen, Beschl. v. 16.03.2012 – 3 U 6/12 PKH für eine Berufung verweigert, mit der der der Beklagte ein vom LG Bremen festgesetztes Schmerzensgeld von 50.000 € auf 25.000 € reduzieren wollte. Ausgangspunkt war eine Verurteilung des Beklagten wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren. Das LG hat das von ihm festgesetzte Schmerzensgeld wie folgt begründet:

Zur Begründung der Verurteilung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte der Tochter der Klägerin vorsätzlich Verletzungen zugefügt habe, aufgrund derer die Tochter der Klägerin verstorben sei. Zwar sei zu beachten, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur die Körper- und Gesundheitsverletzung, nicht aber die Vernichtung des Lebens als solche Schmerzensgeldansprüche auslösen könne. Nach den sachverständigen Ausführungen stehe aber fest, dass die Tochter der Klägerin nach dem ersten Würgeangriff das Bewusstsein wiedererlangt habe. Sie sei für einen nennenswerten Zeitraum bei vollem Bewusstsein gewesen und habe die ihr zugefügten Verletzungen – insbesondere auch die schwere Afterverletzung – vollständig wahrgenommen.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes sei ausschlaggebend, dass die Tochter der Klägerin nach dem Würgeangriff nicht nur starke Schmerzen und erhebliche Verletzungen durch den Beklagten erlitten, sondern insbesondere auch aufgrund des als sicher erkannten Todeseintritts eine Todesangst ausgestanden habe. Eine Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten aufgrund Alkoholisierung oder sonstiger Stoffe könne nach den Sachverständigenangaben ausgeschlossen werden. Der relativ kurze Zeitraum des Überlebens sei angesichts der vorsätzlichen und mit Misshandlungen verbundenen Tat kein taugliches Bemessungskriterium für das Schmerzensgeld und trete völlig hinter die Kombination aus verletzungsbedingtem Schmerz und der Angst vor dem als vom Beklagten beabsichtigt erkannten Tod zurück. Durch diese Kombination hebe sich der Fall von anderen Vergleichsfällen aus den Schmerzensgeldtabellen ab und rechtfertige eine Verurteilung in der tenorierten Höhe. „

Das OLG hat das „gehalten: Bei einer vorsätzlich begangenen gefährlichen Körperverletzung, die zum Tode der Geschädigten führt, trete bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes hinter dessen Genugtuungsfunktion zurück. Nach den Umständen des Einzelfalls könen deshalb ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 auch dann angemessen sein, wenn die Geschädigte die Verletzungshandlung lediglich für einen kurzen Zeitraum (hier ca. 30 Minuten) überlebt, sie jedoch die ihr zugefügten schweren Verletzungen und Schmerzen bewusst und in Todesangst wahrnehme.

Verfahrens-/Terminsgebühr – das OLG Bremen sagt uns, was Sache ist. Wirklich?

Ich habe länger überlegt, ob ich zu OLG Bremen, Beschl. v. 24.11.2010 – II AR 115/10 bloggen soll oder nicht. Ist immer so eine Sache, wenn ein OLG sich die Literatur vornimmt und erklärt, wie es richtig geht.

So in dem Beschluss, wobei auffällt: Warum eigentlich nur meine Ausführungen in Burhoff (Hrsg.) RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl.,? Ich bin nämlich – Gott sei Dank – nicht der Einzige, der es richtig macht, wenn es um die Abgrenzung der Abgeltungsbereiche der Verfahrens- und der Terminsgebühr geht und um die Frage: Wo sind eigentlich Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten einzustellen/abzurechnen.

M.E. – und nach der Auffassung der h.M. in Rechtsprechung und Literatur bei der Terminsgebühr. Das OLG Bremen meint bei der Verfahrensgebühr und erklärt mir dabei dann auch gleich, was ich mir beim Schreiben der Gesetzesbegründung zum RVG wohl an der Stelle wohl gedacht habe. Damit habe ich Probleme. Andere OLGs werden damit Schwierigkeiten haben, wenn das OLG Bremen ihnen attestiert, ihre Beschlüsse seien „wenig überzeugend“ Nun ja, in Bremen weiß man es offenbar (besser). Ach übrigens: Der BGH macht es in seiner Rechtsprechung zur Pauschgebühr für die Teilnahme an einer Hauptverhandlung beim BGH auch anders. Aber das erwähnt das OLG Bremen dann nicht.

Vorsatz bei der Drogenfahrt – Höhe der Geldbuße – alles nicht ausreichend begründet….

Oft übersehen, von den OLG aber immer wieder gefordert und angemahnt – die tatsächlichen Feststellungen zum Vorsatz, also zur subjektiven Seite, und auch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen, wenn es um höhere Geldbußen geht. Beides vermisst das OLG Bremen, Beschl. v. 24.06.2011 – Ss (Bs) 120/11 und hat deshalb das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben. An sich nichts bahnbrechend Neues, aber eine Erinnerung an den Verteidiger, bei der Begründung der Sachrüge, den Finger in diese ggf. vorliegenden Wunden zu legen. Im Beschluss heißt es:

…Diesen Anforderungen wird der angefochtene Beschluss nicht gerecht, da er keine Feststellungen zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen enthält und insoweit die Annahme einer vorsätzlichen Tatbegehung nicht zu tragen vermag. Die Generalstaatsanwaltschaft weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die im Blut des Betroffenen festgestellte Betäubungsmittelkonzentration von 2,2 ng/l THC den Nachweisgrenzwert von 1,0 ng/l THC nur geringfügig überschritten hat und vor diesem Hintergrund eine fahrlässige Tat ernstlich in Betracht zu ziehen war.

Auch der Rechtsfolgenausspruch weist durchgreifende sachlich-rechtliche Mängel auf.

Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um die Verhängung einer Geldbuße und die Anordnung des Fahrverbotes rechtfertigen zu können. Das angefochtene Urteil enthält nämlich keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen, insbesondere den wirtschaftlichen und beruflichen Verhältnissen des Betroffenen. Damit ist es dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich zu prüfen, ob die Festsetzung der Geldbuße auf den Regelsatz von 500,00 Euro durch das Tatgericht rechtsfehlerfrei erfolgt ist.

Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 OWiG in erster Linie die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. In zweiter Linie kommen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG hierfür auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in Betracht. Zwar bleiben diese in der Regel unberücksichtigt, wenn die Ordnungswidrigkeit „geringfügig“ ist. Diese Geringfügigkeitsgrenze wird aber derzeit bei 250,00 Euro angenommen. Bei einer nach dem Bußgeldkatalog vorgesehenen Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro sind außergewöhnlich schlechte oder gute wirtschaftliche Verhältnisse in die

Zumessungserwägungen aufzunehmen (vgl. Göhler, OWiG, 15. Auflage Rn. 29, Mitsch in KK-OWiG, 3. Auflage, § 17 Rn. 92). Die Notwendigkeit, hierzu Feststellungen zu treffen, entfällt nicht deshalb, weil der Regelfall aus Ziffer 242 BKat vorliegt. Denn gemindert ist in solchen Fällen für den Tatrichter allein der notwendige Begründungsaufwand (vgl. OLG Hamm vom 28.06.2003, 3 Ss Owi 182/03).“

Bringt zumindest Zeitgewinn und der kann dann im zweiten Durchlauf von Bedeutung sein/werden.

OLG Hamm bejaht inzidenter Pflichtverteidiger im OWi-Verfahren

Hallo, es bewegt sich dann allmählich doch etwas in der Frage der Beiordnung eines Pflichtverteidigers im OWi-Verfahren. Jetzt hat dazu auch das OLG Hamm in seinem Beschl. v. 19.11.2009 – 5 Ss OWi 401/09 Stellung genommen. Zwar nicht tragend, also nur in einem obiter dictum, aber doch sehr deutlich und m.E. nicht nur bezogen auf die Drogenfahrt/das Beweisverwertungsverbot bei einem Verstoß gegen § 81a StPO. Mit dem Beschluss kann man m.E. ganz gut argumentieren. Also: Auf geht`s.

Pflichtverteidger im OWi-Verfahren? Immer häufiger wird bestellt….

Es mehren sich die OWi-Verfahren, in denen dem Betroffenen ein Pflichtverteidiger bestellt wird. Nach LG Mainz und OLG Bremen, jetzt auch LG Köln bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Das LG führt aus, dass dem Betroffenen im OWi-Verfahren ein Pflichtverteidiger dann beizuordnen ist, wenn er die Fahrerlaubnis für seinen Arbeitsplatz in einem kleinen Betrieb benötigt und gegen den Betroffenen noch weitere Bußgeldverfahren wegen ähnlicher — zum Teil auch erheblicher — Geschwindigkeitsüberschreitungen laufen.

LG Köln, Beschl. v. 09.12.2009 – 105 Qs OWi 382/09