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Kurioses aus dem Norden, oder: Bei Rücknahme des unzulässigen Rechtsmittels keine Kostenerstattung

© Alex White - Fotolia.com

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Ein Kollege hat mich vor ein paar Tagen angeschrieben und folgenden Sachverhalt geschildert:

„mein hier zuständiges Landgericht Stralsund hat mal wieder kuriose Ansichten zum Gebührenrecht. Bevor ich eine abschließende Stellungnahme schreibe wollte ich mal nach Ihrer Meinung hierzu fragen.

Ich habe einen Nebenkläger vertreten. In der Berufungsinstanz hat der Angeklagte nach mehreren Verhandlungstagen ein Angebot nach § 153 a StPO angenommen.

Ihm wurden die dem Nebenkläger entstandenen Kosten durch Beschluss auferlegt.

Hiergegen wandte er sich mit einem als Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel zu dem ich angehört wurde. Ich habe Stellung genommen und das LG hat einen Nichtabhilfebeschluß gefertigt und die Sache dem OLG vorgelegt. In diesem Verfahren hat der Generalstaatsanwalt deutlich gemacht dass eine Beschwerde unzulässig sei und ggf. in einen Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs umgedeutet werden müsse, auch dieser hätte aber keinen Erfolg. Hierauf hat der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel zurückgenommen.

Ich habe beantragt die notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Beschwerdeverfahren dem Angeklagten aufzuerlegen. Dies will das Gericht nach bisherigen Hinweis ablehnen, da ja eine Beschwerde schon unzulässig gewesen sei und § 473 damit nicht greift.

Nach meiner Ansicht muss auch derjenige Zahlen der unzulässige Rechtsmittel einlegt, nicht erst dann wenn diese unbegründet sind.

Liege ich da falsch ?“

Also: Ich war dann doch ein wenig erstaunt. Und habe das in meiner Antwort auch zum Ausdruck gebracht:

„Hallo,

in meinen Augen Blödsinn.  § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO unterscheidet doch nicht zwischen einem unzulässigen und einem unbegründeten Rechtsmittel.“

Ich habe dann auch nochmal ein wenig geforscht. Ich denke, dass meine Antwort richtig ist und es sich wirklich um „Kurioses aus dem Norden“ handelt

 

Bei der Nebenklage aufgepasst: Verschulden des Vertreters wird zugerechnet

© Andrey - Fotolia.com

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Eine „Selbstverständlichkeit“ ruft der OLG Hamm, Beschl. v. 27.08.2015 – 1 Ws 312/15 ins Gedächtnis, nämlich: Bei der Nebenklage wird dem Nebenkläger ein Verschulden seines Vertreters – anders als beim Verteidiger – zugerechnet.In der Entscheidung ging es um eine verfristete sofortige Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung. Das OLG hat Wiedereinsetzung (von Amts wegen) nicht gewährt:

„3. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm sieht der Senat keinen Anlass, der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen zu gewähren. Die Nebenklägerin muss sich ein etwaiges Verschulden ihres Vertreters – anders als ein Angeklagter im Verhältnis zu seinem Verteidiger – anrechnen lassen (vgl. BGH NJW 1982, 1544; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997,157). Wenn der Vertreter der Nebenklägerin und Adhäsionsklägerin nach Verkündung des Beschlusses des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013, der entgegen der §§ 464 Abs. 2, 472 S. 1 StPO keinen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin enthielt, dies hingenommen und kein Rechtsmittel eingelegt hat bzw. mangels hinreichender Information seinerseits über die Folgen dieser unterbliebenen Entscheidung für die Nebenklägerin die fristgerechte Einlegung der sofortigen Beschwerde unterlassen hat, gereicht ihm dies zum Verschulden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Dem Nebenklagevertreter war nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 13.12.2013 allerdings keine Rechtmittelbelehrung erteilt worden und aus den Akten lässt sich auch nicht entnehmen, dass in der Folgezeit eine solche übersandt worden ist. Gemäß § 44 S. 2 StPO ist die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zwar als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach § 35 S. 1 StPO versäumt worden ist. Die gesetzliche Vermutung bei unterbliebener Rechtsmittelbelehrung hebt aber nur das Erfordernis des fehlenden Verschuldens des Rechtsmittelführers auf. Den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Belehrungsmangel und der Fristversäumnis setzt die Wiedereinsetzung aber auch bei einer solchen Fallgestaltung voraus (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 44 Rdnr. 22; OLG Karlsruhe a.a.O.). Aus der Beschwerdeeinlegungsschrift vom 17.01.2015 lässt sich aber weder aufgrund einer entsprechenden ausdrücklichen Behauptung noch konkludent entnehmen, dass gerade die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung die Ursache dafür war, dass gegen die unterbliebene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt worden ist. Vielmehr legen die Anbringung des Kostenfestsetzungsantrags, der den Erlass einer entsprechenden Kostengrundentscheidung voraussetzt, sowie die Ausführungen des Vertreters der Nebenklägerin in der Beschwerdeeinlegungsschrift, er habe erstmals durch die Mitteilung der Rechtspflegerin vom 09.01.2015 Kenntnis davon erhalten, dass der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013 eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklage sowie über die Kosten des Adhäsionsverfahrens in der Berufungsinstanz nicht enthalte, was aufgrund seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung allerdings nicht zutrifft, die Annahme nahe, dass der Nebenklägervertreter den Beschluss vom 13.12.2013 in Bezug auf eine darin enthaltene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht weiter überprüft hat.“

Die Nebenklägerrevision: Ist alles kein „Hexenwerk“, oder doch?

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Mein Gott, ist das denn so schwer, eine Nebenklägerrevision ausreichend/richtig zu begründen? Offenbar ja, denn sonst würde man nicht – gefühlt – fast jede Woche eine Entscheidung eines der Strafsenate des BGH auf der Homepage des BGH finden, in der der BGH mal wieder – gebetsmühlenartig – zu der Frage Stellung, sprich eine Revision als unzulässig verwerfen muss. Es kann doch noch so schwierig sein, dass man sich als Rechtsanwalt merkt, dass man die Nebenklägerrevision eben nicht nur mit ein paar dürren Worten begründen kann/darf. Das steht in jedem Anleitungsbuch und eben auch immer wieder in BGH, Beschlüssen, so z.B. mal wieder im BGH, Beschl. v. 18.12.2014 – 4 StR 361/14:

Die Revision ist unzulässig, weil sich aus dem Vorbringen nicht mit der gebotenen Klarheit ergibt, dass die Beschwerdeführerin ein nach § 400 Abs. 1 StPO zulässiges Anfechtungsziel verfolgt. Im Hinblick auf diese Vorschrift kann der Nebenkläger ein Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird. Deshalb bedarf es bei einer Nebenklagerevision grundsätzlich der Mitteilung, dass das Urteil mit dem Ziel einer Ände-rung des Schuldspruchs hinsichtlich einer zum Anschluss als Nebenkläger be-rechtigten Gesetzesverletzung angefochten wird (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 459/08, NStZ-RR 2009, 57 mwN). Die nicht näher ausgeführte Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts reicht dafür nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2000 – 5 StR 129/00, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Zulässigkeit 10). Die Absehensentscheidung in Bezug auf ihren Adhäsionsantrag kann die Nebenklägerin nicht mit einem Rechtsmittel angreifen (§ 406a Abs. 1 Satz 2 StPO).

Ist alles kein „Hexenwerk“.

Nicht schon wieder!!! Doch, immer wieder die Nebenklägerrevision

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Ich weiß gar nicht, wie oft ich hier schon auf Entscheidungen des BGH zur Nebenklägerrevision hingewiesen habe. Wenn man jeden Beschluss des BGH dazu vorstellen würde, wäre die Berichterstattung sicherlich sehr kopflastig. Denn es gibt kaum ein Thema, zu dem der BGH auf seiner Homepage so viele Entscheidungen veröffentlicht. So zuletzt den BGH, Beschl. v. 14.08.2014 – 4 StR 163/14, in dem mal wieder eine Nebenklägerrevision als unzulässig verworfen worden ist:

„Ergänzend bemerkt der Senat:

Der Umstand, dass eine Begründung der Sachrüge nicht vorgeschrieben ist, entbindet den Nebenkläger nicht von der Verpflichtung, einen genauen Antrag zu stellen oder wenigstens eine Begründung anzubringen, die deutlich macht, dass eine Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich eines Nebenklagedelikts angestrebt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2012 – 3 StR 221/12, Rn. 2 mwN). Dafür reicht die unausgeführte allgemeine Sachrüge grundsätzlich nicht aus (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 459/08, NStZ-RR 2009, 57; Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 400 Rn. 6 mwN).“

Ich frage mich bei den Verfahren immer – aber auch sonst bei unzulässigen Revisionen: Warum setzt man sich als Vertreter des Nebenklägers, wenn man denn schon Revision eingelegt hat, eigentlich nicht mit den Zulässigkeitesvoraussetzungen auseinander? Wenn man es tuen würde, würde man nämlich sehr schnell überall lesen, welche Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Revision zulässig ist. Das ist nun wirklich kein Revisionsrecht am Hochreck, sondern ganz einfache „Grundübungen am Boden“. 🙂

Versagung von PKH – Beschwerde des Nebenklägers zulässig?

ParagrafenNach § 397a Abs. 3 Satz 3 StPO a.F. waren Entscheidungen über die Prozesskostenhilfe beim Nebenkläger unanfechtbar. Was häufig übersehen wird. Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) vom 26.06.2013 (BGBl. I, S. 1805) mit Wirkung vom 01. 09.2013 aufgehoben worden. Damit sind Beschwerden des Nebenklägers in diesem bereich zulässig. Darauf weist ausdrücklich der KG, Beschl. v. 06.03.2014 – 2 Ws 88/14 – hin. Danach war die Beschwerde der Nebenklägerin zwar zulässig, aber: Sie hatte in der Sache keinen Erfolg, und zwar:

„Es entspricht der überwiegenden Auffassung in der Literatur und Rechtsprechung (vgl. Lutz Meyer-Goßner, StPO 56. Auflage, § 397a Rdnr. 9 m.w.N.), dass in Fällen, in denen sich das Rechtsmittel des Angeklagten nur gegen den Strafausspruch richtet, in der Regel dem Nebenkläger keine Prozesskostenhilfe gewährt wird. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte seine Berufung nicht nur allgemein auf den Strafausspruch, sondern konkret auf die Tagessatzhöhe der verhängten Geldstrafe und die Höhe des im Adhäsionsverfahren verhängten Schmerzensgeldes beschränkt, soweit es 1.300,00 Euro übersteigt. Gegenstand der Berufungsverhandlung wird daher lediglich die Frage sein, ob die Tagessatzhöhe und die Höhe des zugesprochenen Schmerzensgeldes mit den derzeitigen Einkommensverhältnissen des Angeklagten vereinbar sind. Da darüber hinausgehende Fragen der Strafzumessung, insbesondere die Anzahl der Tagessätze nicht Gegenstand des Rechtsmittels und damit auch nicht Gegenstand der Erörterung in der Berufungshauptverhandlung sind, ist nicht ersichtlich, warum die Beschwerdeführerin ihre Interessen nicht selbst wahrnehmen kann oder ihr dies nicht zuzumuten ist, selbst wenn aufgrund der erheblichen Verletzungen, die die Beschwerdeführerin erlitten hat, von einer psychischen Betroffenheit durch die Tat auszugehen ist.“

Beides sollte man bedenken.