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Bei der Nebenklage aufgepasst: Verschulden des Vertreters wird zugerechnet

© Andrey - Fotolia.com

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Eine „Selbstverständlichkeit“ ruft der OLG Hamm, Beschl. v. 27.08.2015 – 1 Ws 312/15 ins Gedächtnis, nämlich: Bei der Nebenklage wird dem Nebenkläger ein Verschulden seines Vertreters – anders als beim Verteidiger – zugerechnet.In der Entscheidung ging es um eine verfristete sofortige Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung. Das OLG hat Wiedereinsetzung (von Amts wegen) nicht gewährt:

„3. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Hamm sieht der Senat keinen Anlass, der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen zu gewähren. Die Nebenklägerin muss sich ein etwaiges Verschulden ihres Vertreters – anders als ein Angeklagter im Verhältnis zu seinem Verteidiger – anrechnen lassen (vgl. BGH NJW 1982, 1544; OLG Karlsruhe, NStZ-RR 1997,157). Wenn der Vertreter der Nebenklägerin und Adhäsionsklägerin nach Verkündung des Beschlusses des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013, der entgegen der §§ 464 Abs. 2, 472 S. 1 StPO keinen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin enthielt, dies hingenommen und kein Rechtsmittel eingelegt hat bzw. mangels hinreichender Information seinerseits über die Folgen dieser unterbliebenen Entscheidung für die Nebenklägerin die fristgerechte Einlegung der sofortigen Beschwerde unterlassen hat, gereicht ihm dies zum Verschulden (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O.). Dem Nebenklagevertreter war nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls vom 13.12.2013 allerdings keine Rechtmittelbelehrung erteilt worden und aus den Akten lässt sich auch nicht entnehmen, dass in der Folgezeit eine solche übersandt worden ist. Gemäß § 44 S. 2 StPO ist die Versäumung einer Rechtsmittelfrist zwar als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach § 35 S. 1 StPO versäumt worden ist. Die gesetzliche Vermutung bei unterbliebener Rechtsmittelbelehrung hebt aber nur das Erfordernis des fehlenden Verschuldens des Rechtsmittelführers auf. Den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Belehrungsmangel und der Fristversäumnis setzt die Wiedereinsetzung aber auch bei einer solchen Fallgestaltung voraus (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 44 Rdnr. 22; OLG Karlsruhe a.a.O.). Aus der Beschwerdeeinlegungsschrift vom 17.01.2015 lässt sich aber weder aufgrund einer entsprechenden ausdrücklichen Behauptung noch konkludent entnehmen, dass gerade die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung die Ursache dafür war, dass gegen die unterbliebene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt worden ist. Vielmehr legen die Anbringung des Kostenfestsetzungsantrags, der den Erlass einer entsprechenden Kostengrundentscheidung voraussetzt, sowie die Ausführungen des Vertreters der Nebenklägerin in der Beschwerdeeinlegungsschrift, er habe erstmals durch die Mitteilung der Rechtspflegerin vom 09.01.2015 Kenntnis davon erhalten, dass der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 13.12.2013 eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklage sowie über die Kosten des Adhäsionsverfahrens in der Berufungsinstanz nicht enthalte, was aufgrund seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung allerdings nicht zutrifft, die Annahme nahe, dass der Nebenklägervertreter den Beschluss vom 13.12.2013 in Bezug auf eine darin enthaltene Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht weiter überprüft hat.“

„für Rechtsanwalt…“ unterzeichnet – Schriftform gewahrt? Ja, aber!

entnommen openclipart.org

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Es hat sich mal wieder der 2. Strafsenat des BGH 🙂 zu Wort gemeldet, und zwar dem BGH, Urt. v. 13.08.2014 – 2 StR 573/13, das zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ist. Der 2. Strafsenat nimmt in der Entscheidung zu einer Frage Stellung, die in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung nicht ganz eindeutig geklärt ist. Nämlich die Frage, wie im Hinblick auf die Schriftform bei einem Rechtsmittel/Rechtsbehelf umzugehen ist, wenn der unterzeichnende Rechtsanwalt mit einem Zusatz unterzeichnet. Also z.B. mit „für Rechtsanwalt….“ oder „i.V….“. Es stellt sich dann immer die Frage: Ist das Rechtsmittel/der Rechtsbehelf wirksam eingelegt/begründet oder nicht. Die OLG sehen das verhältnismäßig streng. Der BGH sieht es m.E. weiter – ich will nicht sagen „lockerer“ 🙂 – und meint für die Revisionsbegründung des Nebenklägerbeistandes:

„Unterzeichnet ein unterbevollmächtigter Rechtsanwalt die von dem eigentlich mandatierten Rechtsanwalt verfasste Revisionsbegründungsschrift mit dem Zu-satz „für Rechtsanwalt …“, so rechtfertigt allein dieser Umstand keinen Zweifel da-ran, dass er sich den Inhalt der Schrift zu eigen gemacht und dafür auf Grund eigener Prüfung die Verantwortung übernommen hat (§ 390 Abs. 2 StPO).“

Ich wäre aber trotz dieser „lockeren“ Auffassung des 2. Strafsenats vorsichtig und würde alles an Zusätzen unterlassen, aus dem man Zweifel an der Verantwortungsübernahme herleiten könnte.

Für mich ist die Entscheidung noch aus einem weiteren Grund von Bedeutung: Der BGH hat nämlich auch zu der Frage Stellung nehmen müssen, ob ein  vom Nebenkläger bevollmächtigter und danach beigeordneter Rechtsanwalt für bestimmende Revisionsschriftsätze Untervollmacht erteilen kann. Die bejaht er. In dem Zusammenhang macht er dann auch Ausführungen zum Pflichtverteidiger und weist – noch einmal – darauf hin, dass der keine Untervollmacht erteilen, sich also nicht vertreten lassen kann. Das hat m.E. gebührenrechtliche Auswirkungen, wenn es um den sog. „Terminsvertreter“ geht. Denn bei dessen Abrechnung argumentieren die OLG häufig damit, dass der „nur“ Vertreter“ sei  und deshalb Grund- und Verfahrensgebühr nicht noch einmal entstehen können, sie seien schon in der Person des Vertretenen entstanden. Ist m.E. falsch, weil es eben einen Vertreter des Pflichtverteidigers nicht gibt. Das habe ich schon immer gesagt. Und das wird durch den BGH bestätigt. Also: Man kann mit der o.a. Entscheidung auch gebührenrechtlich argumentieren.