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Pflichti I: Bestellung bei „drohender Gesamtstrafe“, oder: KiPo? Nein, kannst selbst Akteneinsicht nehmen.

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Heute kommen dann ein paar Entscheidungen zu Pflichtverteidigungsfragen, alle Entscheidungen stammen „aus der Instanz“.

Ich beginne mit zwei Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, und twar:

Von einem Fall notwendiger Verteidigung ist regelmäßig ab einer Straferwartung von einem Jahr Freiheitsstrafe auszugehen. Bei der Festsetzung der zu erwartenden Strafhöhe ist nicht auf Einzelstrafen, sondern auf die Gesamtstrafe abzustellen. Dies gilt auch für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung, soweit das anhängige Verfahren die Strafe nicht nur unwesentlich beeinflusst.

Das nur eingeschränkte Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten in bei der Akte befindliche Beweismittel mit kinderpornographischen Inhalten erfordert nicht die Bestellung eines Pflichtverteidigers, weil die Hauptakte auch für den Beschuldigten selbst einsehbar ist und die Beweismittelakte bei der Staatsanwaltschaft eingesehen werden kann.

Die Entscheidung des LG Frankfurt am Main ist zutreffend, sie entspricht der ständigen Rechtsprechung in der Frage.

Die Entscheidung des LG Hannover ist in meinen Augen falsch – und lebensfremd. Das LG setzt sich auch mit keinem Wort mit anders lautender Rechtsprechung zur Beiordnung in den KiPo-Fällen auseinander. Ich frage mich, wie das in der Praxis gehen soll. Der Beschuldigte erscheint bei der Geschäftsstelle der StA oder dem Gericht, um Einsicht in die Beweismittelakte zu nehmen. Er sitzt dann ggf. stundenlang dort herum, muss beaufsichtigt werden usw. Wenn er mit seinem Verteidiger kommt, müssen die beiden Gelegenheit haben, sich „unbelauscht“ zu den einzelnen Bildern austauschen zu können usw. Die Geschäftsstellen wird das freuen. Wie gesagt: Lebensfremd, aber „mia san mia“.

 

Corona I: Wenn die Hochzeitsfeier abgesagt wird, oder: Corona-Sonderzahlung als unpfändbare Zulage?

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Heute stelle ich dann nach längerer Zeit mal wieder Entscheidungen zur Thematik: „Corona und seine Folgen“ vor. Zunächst hier zwei Entscheidungen mit zivilrechtlichem Bezug.

Im AG Wiesbaden, Urt. v. 26.07.2022 – 91 C 3017/21 – hat das AG über die Rückzahlung einer Anzahlung für eine geplante Hochzeitsfeier entschieden.Die haben die Kläger von der Beklagten, die Betreiberin einer der Hochzeits- und Event Location sit, zurückgefordert. es sollte in den Räumlichkeiten der Beklagten am 04.07.2020 eine Hochzeitsfeier stattfinden. Die Kläger haben  eine Anzahlung i.H.v. 933,00 EUR gezahlt. Aufgrund der Corona-Pandemie und der dazu erlassenen Infektionsschutzverordnungen des Landes Hessen konnte die Feier nicht stattfinden und wurde auf den 14.5.2021 verschoben. An dem Tag konnte die geplante Hochzeitsfeier dann aber ebenfalls nicht stattfinden. Die Kläger haben daraufhin die Anzahlung zurückgefordert und, als nicht gezahlt wurde, geklagt. Das AG hat die Klage abgewiesen.

Hier die Leitsätze der Entscheidung:

1. Die wegen der gesetzlichen Beschränkungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie erforderliche Absage eine Hochzeitsfeier mit vereinbarter Bewirtung führt nur dann zu einer Unmöglichkeit der Leistung gemäß § 275 BGB, wenn die Hochzeitsfeier nicht nachgeholt werden kann.

2. Bei Nachholbarkeit hat grundsätzlich gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung, insbesondere durch Verlegung des Termins, stattzufinden.

3. Falls eine Verlegung trotz Zumutbarkeit von dem Brautpaar abgelehnt wird, besteht kein Anspruch auf Rückzahlung einer Anzahlung i.H.v. 10 % der erwarteten Vergütung, die deutlich unter den zu erwartenden ersparten Aufwendungen im Sinne des § 648 BGB liegt.

In der zweiten Entscheidung, die ich hier vorstelle, dem LG Hannover, Beschl. v. 08.07.2022 – 11 T 23/22 -, geht es um die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob eine Corona-Sonderzahlung des Arbeitgebers als unpfändbare Erschwerniszulage anzusehen und deshlab „pfändungsfrei“ ist. Im entschiedenen Fall hat es sich um eine Corona-Sonderzahlung für Lehrer gehandelt. Das LG hat die Frage bejaht.

Hier der Leitsatz der Entscheidung:

Die Corona-Sonderzahlung des Arbeitgebers kann im Einzelfall eine unpfändbare Erschwerniszulage i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO, damit dem Zugriff der Gläubiger gem. § 36 Abs. 1 InsO entzogen und folglich freizugeben sein.

Pflichti II: Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, oder: Vollstreckung, stationäre Therapie, Einziehung

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Im zweiten Posting zu Pflichtverteidigungsentscheidungen dann hier drei Entscheidungen zu den Bestellungsvoraussetzung, und zwar:

    1. Das „Gebot bestmöglicher Sachaufklärung“ (BVerfG, Beschluss vom 8. November 2006 – 2 BvR 578/02) erhebt die gerichtliche Verpflichtung zur Einholung eines kriminalprognostisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens in § 454 Abs. 2 Satz 1 StPO zum gesetzlichen Regelfall und indiziert damit zugleich eine besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage im Sinne von § 140 Abs. 2 StPO.
    2. Die Verneinung des „Erwägens“ einer Strafaussetzung in § 454 Abs. 2Satz 1 StPO kommt nur dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer Aussetzung der Vollstreckung völlig fernliegend ist und als ernsthafte Alternative zur Fortdauer der Strafhaft von vornherein ausgeschlossen erscheint (Festhalten an Senat, Beschluss vom 13. Juli 2009 – 2 Ws 291/09, NJW 2009, 3315 m.w.N.).
    3. Ob eine solche Ausnahme im konkreten Einzelfall vorliegt, stellt eine im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO schwer zu beurteilende Sachfrage dar, die regelmäßig nicht allein nach Aktenlage, sondern erst nach der durch § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich vorgeschriebenen und aufgrund der Gesetzessystematik vorbehaltlich Satz 4 der Bestimmung grundsätzlich zuvor durchzuführenden mündlichen Anhörung des Verurteilten beantwortet werden kann.
    1. Zu der Anstaltsunterbringung im Sinne des § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO gehören insbesondere die verschiedenen Formen der Haft sowie die Unterbringung nach §§ 63, 64 StGB, ebenso indes auch – in analoger Anwendung – die stationäre Behandlung in einer Drogentherapieeinrichtung nach § 35 BtMG sowie ein die persönliche Freiheit erheblich einschränkender Aufenthalt in einer stationären Alkoholentzugsbehandlung.
    2. Die Regelung des § 141 Abs. 2 Satz 3 StPO ist sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrer systematischen Stellung nach lediglich auf Fälle der Pflichtverteidigerbestellung von Amts wegen nach § 141 Abs. 2 StPO anzuwenden, nicht jedoch auf Fälle der Bestellung auf Antrag des Beschuldigten nach § 141 Abs. 1 StPO.

Auch wenn es sich bei der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB nicht um eine Nebenstrafe handelt, sondern um eine Maßnahme im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB eigener Art, ist sie als sonstige Rechtsfolge, die einem Angeklagten ggf. im Fall seiner Verurteilung droht, bei der Beurteilung der „Schwere der Rechtsfolge“ i.S. des § 140 Abs. 2 StPO zu berücksichtigen.

 

 

Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens, oder: Ermessen wie?

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In der zweiten Entscheidung, dem LG Hannover, Beschl. v. 18.12.2019 – 96 Qs 114/19, hat das LG über die Frage der Auslagenerstattung nach einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO entschieden, also Problematik: § 467  Abs. 4 StPO. Das AG hatte ein Verfahren wegen  unerlaubten Entfernens vom Unfallort eingestellt und dann abweichend von § 467 Abs. 1 StPO die notwendigen Auslagen des Angeklagten diesem nach § 467 Abs. 4 StPO auferlegt. Dagegen die sofortige Beschwerde des Angeklagten, die keinen Erfolg hatte:

„Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 467 Abs. 2 StPO ist zunächst, dass das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wurde, die das Verfahren endgültig abschließt. Eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ist im Hinblick auf die Kostenentscheidung eine endgültige und verfahrensbeendende Entscheidung, und zwar unabhängig davon, ob die Einstellung bereits endgültig, oder aber vorerst nur vorläufig erfolgt (KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 464 Rn.2).

Bei der Entscheidung, ob der Auslagenersatz versagt wird oder nicht, handelt es sich weder um eine Strafe noch um eine strafrechtliche Sanktion, welche nur zulässig wäre, wenn die strafrechtliche Schuld positiv festgestellt ist. Vor einer Schuldspruchreife darf daher bei der Entscheidung nicht auf die strafrechtliche Schuld abgestellt werden (KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 467 Rn. 11). Bei der Ermessensentscheidung nach § 467 Abs. 4 StPO sollen aber dennoch Verdachtsgründe berücksichtigt und für die Entscheidung bewertet werden. So kann die Versagung des Auslagenersatzes insbesondere dann begründet sein, wenn das Gericht den Angeklagten als prozessordnungsgemäß überführt ansieht. Nur wenn Zweifel an der vollständigen Tatbestandsverwirklichung oder ihrer Nachweisbarkeit bleiben, muss die Grundregel des Abs. 1 StPO Anwendung finden (BVerfG, Beschl. v. 16.8.2013 -2 BvR 864/12).

In der Sache war gegen den Angeklagten der Erlass eines Strafbefehls wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB beantragt worden, gegen den der Angeklagte Einspruch eingelegt hatte. Der geschädigte Zeuge pp., war am 16.10.2017 bei der Polizei erschienen und gab dort zu Protokoll, dass der Angeklagte am 14.10.2017 beim Ausparken rückwärts gegen sein Fahrzeug gefahren sei. Der Geschädigte habe sich zu diesem Zeitpunkt mit Freunden neben seinem Fahrzeug stehend unterhalten. Der Angeklagte sei dann ein Stück vorwärtsgefahren und hätte angehalten. Er hätte zu dem Geschädigten gesagt, dass dieser wegen der Personalien im benachbarten Kiosk nachfragen solle, dort würde man ihn kennen. Dann sei er weggefahren. An dem Fahrzeug des Geschädigten sei es infolge des Unfalls an der Fahrertür in einer Höhe von ca. 71 cm zu einer drei mm große Lackabplatzung und kaum erkennbaren oberflächlich Lackkratzern gekommen. Zwei der Freunde des Geschädigten, die den Vorfall auch beobachtet hätten, sagten ebenfalls bei der Polizei aus und bestätigten die Aussage des Geschädigten. Die Aussage des Geschädigten nahm POK’in pp. auf, die auch das Fahrzeug in Augenschein nahm. Im Rahmen der Hauptverhandlung über den Einspruch des Angeklagten am 16.08.2018 waren ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung (BI. 70 ff. d. A.) POK’in pp., der Geschädigte sowie seine beiden Freunde als Zeugen geladen und erschienen. Der Angeklagte ließ im Rahmen der Hauptverhandlung dahingehend ein, dass sein Fahrzeug an den betreffenden Abend zugeparkt gewesen sei und er gefragt hätte, ob er rausfahren könne. Er habe sich von den anderen anwesenden Personen bedroht gefühlt. Er habe kein Piepen in sein Fahrzeug gehört und für ihn sei es kein Unfall gewesen. An seinem Fahrzeug habe er keine Schäden feststellen können, für ihn habe es kein Zusammenstoß gegeben. Der Geschädigte hätte ihm auch nicht gezeigt, wo an seinem Fahrzeug Schäden zu sehen sein. Die Zeugin POK’in pp. sagt im Rahmen der Hauptverhandlung aus, dass der Geschädigte zwei Tage später auf der Wache erschienen sei und die vorliegende Anzeige aufgegeben habe. Sie habe an dem Tag leichte Kratzer an der Fahrertür und ein Lackschaden am Fahrzeug wahrnehmen können. Daraufhin wurde das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, da die zu erwartende Strafe im Hinblick auf die im Verfahren 231 Cs 2853 Js 71015/17 (256/17) festgesetzte Strafe nicht ins Gewicht falle, und beschlossen, dass die Kosten des Verfahrens die Landeskasse zu tragen habe und dass der Angeklagte seine notwendigen Auslagen gemäß S 467 Abs. 4 StPO selbst getragen habe.

Die Zeugin POK’in pp.bestätigte mit ihrer Aussage, dass der Geschädigte den Sachverhalt wie oben dargestellt bei der Polizei zur Anzeige brachte. Darüber hinaus konnte die Zeugin POK’in pp. die Schäden am Fahrzeug des Geschädigten bezeugen. Sie konnte sich augenscheinlich noch an einen Vorgang und die Schäden am Fahrzeug des Geschädigten erinnern. Im Übrigen bestreitet der Angeklagte auch nicht, an dem Abend das Fahrzeug gefahren zu sein. Er bestreitet auch nicht, neben einem dicht neben ihm gepackten Fahrzeug rückwärts ausgepackt zu haben. Er bestreitet lediglich, dass es bei dem Ausparkversuch zu einem Zusammenstoß gekommen sei. Die Aussage der Zeugin POK’in pp. stellt somit einen Verdachtsgrund dafür dar, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Tat schuldhaft begangen hat. Sie rechtfertigt somit ein Abweichen vom Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO und damit eine Versagung des Auslagenersatzes. Dabei hat die Kammer auch nicht unberücksichtigt gelassen, dass der Geschädigte selbst und seine beiden Freunde im Rahmen der Hauptverhandlung zeugenschaftlich nicht vernommen worden sind. Anhaltspunkte, um an der Glaubhaftigkeit der gegenüber der Polizei getätigten Aussagen des Geschädigten und seiner beiden Freunde, die sämtlichst zur Hauptverhandlung erschienen waren zu zweifeln, bestehen nicht, da insbesondere die von der Zeugin POK’in pp. dargestellten Schäden zu dem geschilderten Unfallgeschehen passen.2

Nun ja, die Argumentation des LG halte ich nicht für zwingend. Die Versagung der Erstattung wird allein auf die Aussage der Poliziebeamtin gestützt. Das hätte man auch anders lösen können…..

Edit: Mich weist gerade ein Kollege darauf hin, dass die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung unzulässig (gewesen) sein dürfte. Recht hat er. Peinlich (für mich) 😀

Keine Gebühren ohne Erstreckungsantrag, oder: Sicher ist sicher

entnommen wikidmedia.org
Fotograf Faßbender, Julia

Bei der zweiten Gebührenentscheidung, die ich heute vorstelle handelt es sich im Grunde um einen „Reminder“ aus dem Bereich der gebührenrechtlichen Erstreckung, also § 48 RVG. Das LG Hannover sagt im LG Hannover, Beschl. v. 23.05.2019 – 33 Qs 34/19 – nämlich: Ohne Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG besteht kein rückwirkender Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für der Beiordnung vorausgehende Tätigkeiten als Wahlverteidiger in den hinzuverbundenen Verfahren:

„Die Beschwerde ist gemäß § 56 RVG statthaft und zulässig. Sie hat jedoch in der Sache auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.10.2018 den Antrag des Verteidigers auf eine weitergehende Erstreckung der Beiordnung als Pflichtverteidiger für die Verfahren 6132 Js 32839/17 und 6132 Js 78364/17 zurückgewiesen. Diesen Beschluss hat der Verurteilte nicht angefochten.

Pflichtverteidigergebühren – auch für die Tätigkeit vor der förmlichen Bestellung — kann jedoch nur der beigeordnete Verteidiger gemäß § 48 Abs. 5 RVG [Anm. Muss § 48 Abs. 6 RVG heißen] verlangen. In den beiden hier in Rede stehenden hinzuverbundenen Verfahren ist der Verteidiger aber vor der Verbindung nicht beigeordnet gewesen. Eine kostenrechtlich relevante Rückwirkung der Beiordnung auf die nachträglich hinzu verbundenen Verfahren nach § 48 Abs. 5 RVG [Anm.: Muss § 48 Abs. 6 RVG heißen] scheidet hier aus, denn das Amtsgericht hat ausdrücklich die nach dem Wortlaut des Gesetzes erforderliche Erstreckung der Beiordnung auch auf die verbundenen Verfahren abgelehnt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber in § 48 Abs. 6 S. 3 RVG ausdrücklich klargestellt, dass die Rückwirkung einer Beiordnung sich nicht automatisch auf verbundene Verfahren erstrecken, sondern dem Gericht (nur) die Möglichkeit zur Erstreckung eingeräumt werden soll (HansOLG Hamburg, Beschluss vom 20. November 2017 — 2 Ws 179/17 —, Rn. 12, juris; OLG Celle, Beschluss vom 02. Januar 2007 — 1 Ws 575/06 —, Rn. 21 – 23, juris). Ohne Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG besteht kein rückwirkender Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für der Beiordnung vorausgehende Tätigkeiten als Wahlverteidiger in den hinzuverbundenen Verfahren.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen, da die entschiedene Frage keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 33 Abs. 6 S. 1 RVG).

Fazit: Es ist dringend zu empfehlen, immer Erstreckung zu beantragen, auch wenn das m.E. nicht in allen Fällen erforderlich ist. Aber: Sicher ist sicher.