Schlagwort-Archive: Feststellungen

Sage mir, wie er aussieht, und ich sage dir, ob der „dickere Ast“ ein „Werkzeug“ ist

Nach § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB ist ein Raub ein „schwerer Raub, wenn er unter Verwendung eines Werkzeuges i.S. dieser Vorschrift begangen worden ist. Dazu hat das OLG Köln jetzt ausgeführt, dass allein die Feststellung „dickerer Ast“ im tatrichterlichen Urteil nicht ausreicht, um diese Qualifikation ausreichend zu belegen.  Die Eignung, ein Mittel zu sein, das bei entsprechender Verwendungsabsicht geeignet ist, möglichem Widerstand gewaltsam zu begegnen „kann bei einem „dickeren Ast“ nicht ohne weiteres und ohne nähere Beschreibung seiner Beschaffenheit unterstellt werden, sondern hängt vielmehr u.a. von dessen Länge, der Stärke und der Konsistenz (hart oder [erkennbar] morsch?) ab.“

Stimmt. Nachzulesen im Beschl. v. 15.12.2009 – 83 Ss 87/09.

Wie sicher muss der Aufklärungserfolg bei § 31 BtMG sein? OLG Köln gibt die Antwort

In BtM-Verfahren spielt die Vorschrift des § 31 BtMG häufig eine große Rolle. Nach dieser Vorschrift kann sich der Täter Strafmilderung verschaffen, wenn er die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus offen legt und die Offenbarung zu einem Aufklärungserfolg führt (BGH NStZ-RR 2009, 320 mit Nachweisen). Ein solcher Erfolg ist dann gegeben, wenn der Aufklärungsgehilfe durch die Mitteilung seines Wissens die Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass gegen den von ihm Belasteten voraussichtlich mit Erfolg ein Strafverfahren geführt werden kann (BGH a.a.O.; BGH NStZ-RR 2009, 58; BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 11; § 30 II Strafrahmenwahl 4).

Dazu hat jetzt das OLG Köln noch einmal darauf hingewiesen, dass § 31 Nr. 1 BtMG eben nicht erfordert, dass ein Aufklärungserfolg „sichergestellt“ ist. Und: Nennt der Angeklagte Namen und Anschriften seiner Hintermänner, muss das Tatgericht die Verneinung eines Aufklärungserfolgs nachvollziehbar begründen.

Nachzulesen bei OLG Köln, Beschl. v. 13.04.2010, III – 1 RVs 58/10.

Trunkenheitsfahrt als Rauschtat – Feststellungen im Urteil

Das OLG Köln hat jetzt in seinem Beschl. v. 05.02.210 – III RVs 25/10 seine und die obergerichtliche Rechtsprechung zum Umfang der Feststellungen bei einer Trunkenheitsfahrt fortgeschrieben. Danach gilt der Grundsatz, dass der Tatrichter im Falle der Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt regelmäßig verpflichtet ist, auch Umstände festzustellen, die geeignet sind, den Schuldumfang näher zu bestimmen und einzugrenzen, auch dann, wenn die Tat nicht zu einer Verurteilung nach § 316 StGB, sondern zum Schuldspruch wegen Vollrauschs (§ 323a StGB) führt. Damit kann man in der Revision bei einer Sachrüge ggf. mal punkten.

KG: Fahrlässigkeitsvorwurf bei der Drogenfahrt – Schweigen ist Gold :-)

In der oberlandesgerichtliche Rechtsprechung gibt es derzeit eine Fülle von Entscheidungen, die sich mit der Frage der Fahrlässigkeit bei einer Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG auseinandersetzen. Die OLG gehen davon aus, dass der Vorwurf des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel im Hinblick auf die Wirkung von Cannabis zum Tatzeitpunkt nur dann erhoben werden kann, wenn der Konsum entweder nachgewiesener Maßen zeitnah erfolgt ist oder im Falle eines länger zurückliegenden Konsums weitere Umstände hinzutreten, die es für den Betroffenen erkennbar gemacht haben, dass die Wirkung des von ihm vor längerer Zeit genossenen Cannabis unter Umständen noch fortdauert. So jetzt (auch noch einmal) das KG in einem lesenswerten Beschluss v. 04.01.2010 – 3 Ws (B) 667/09.

Das KG arbeitet sehr schön die Prüfungsaufgaben für den Tatrichter heraus, aus denen der Verteidiger natürlich sehr schön Verteidigungsansätze ableiten kann. Da es letztlich immer auch darum geht, ob sonstige Umstände vorhanden sind, die auf einen zeitnahen Konsum schließen lassen bzw. aus denen gefolgert werden kann, dass der Betroffene die Wirkungsweise des Cannabis kannte, gilt: Schweigen ist – zumindest bei niedrigen Konzentrationen – Gold. Der Betroffene darf sich nicht vorschnell zum Beweismittel gegen sich selbst machen lassen.

Der Beinaheunfall bei §§ 315c, 315b StGB: Verteidigungsansätze

Innerhalb kurzer Zeit hat der BGH jetzt zum dritten Mal zu Fragen der konkreten Gefahr i.S. des § 315c StGB bzw. des § 315b StGB, wo die Frage ebenso eine Rolle spielt, und zum Begriff des „Beinaheunfalls“ Stellung genommen (vgl. BGH StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29 und BGH VRR 2010, 29 = StRR 2010, 72) (jetzt Beschl. v. 10.12.2009 – 4 StR 503/09). Das zeigt, welche Bedeutung die Fragen in der Praxis haben und welche Fehler hier nicht selten von den Tatgerichten gemacht werden. In der Regel mangelt es an ausreichenden Feststellungen, dass der Unfall gerade noch hat vermieden werden können. Da bieten sich gute Verteidigungsansätze (siehe dazu der BGH in StRR 2010, 71 = VRR 2010, 70 = VA 2010, 29).