Schlagwort-Archive: Fahrrad

Wochenspiegel für die 22. KW – oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über:

  1. Die Jagd auf radelnde Richter gab es hier. Dazu passt ganz gut: KG – der qualifiziert qualifizierte Rotlichtverstoß.
  2. Um Richter und anwaltliche Gebühren ging es hier und hier.
  3. Der Kollege Ferner beschäftigt sich mit der Kameraüberwachung in Gerichten.
  4. Was tun, wenn der eigene Stellplatz zugeparkt wird? Die Frage beschäftigt mich hier in der Innenstadt von Münster immer wieder: Die Polizei tut nämlich zunächst mal gar nichts :-(.
  5. Die Frage, ob man „Fachanwalt für geringe Streitwerte“ ist/werden will/soll, wurde hier und hier diskutiert.
  6. Durchsuchung ohne Beschluss„, geht das überhaupt?
  7. Mit der Verwertbarkeit eine Blutprobe im Verwaltungsverfahren befasst man sich hier.
  8. Und: Das Kfz-Kennzeichen nach Wunsch.

Welthauptstadt des Fahrrades: Münster votiert knapp gegen Abschleppen

Wer schon mal in Münster war, weiß: Hier herrschen im Straßenverkehr andere Regeln als in anderen Städten. Denn hier beherrscht das Fahrrad den öffentlichen Verkehrsraum. Manchmal hat man den Eindruck, dass es einen § 1 StVO-Ms gibt, in dem es heißt: Der Führer eines Fahrrades hat immer Vorfahrt. Die StVO ist im übrigen für ihn außer Kraft gesetzt. Das gilt nicht nur für den fließenden Verkehr, sondern auch für den ruhenden. Fahrräder werden wild und ohne Rücksicht darauf, ob andere Verkehrsteilnehmer behindert werden, abgestellt.

In der Vergangenheit hat die Stadt Münster, um dem „Chaos“ , insbesondere im Bereich des HBF, Herr zu werden, teilweise die Fahrräder „umgestellt“, damit aber vor dem VG Schiffbruch erlitten. Derzeit wird (wieder) eine neue Abschleppregelung geprüft, wie vor einigen Tagen die WN berichtet haben (vgl. dazu auch hier). Zu den Fragen hat es ein Online-Voting gegeben. Das Ergebnis: Rund 43 % für den Vorschlag, rund 53 % dagegen, der Rest unentschieden (hier nachzulesen). Also weder in die eine noch in die andere Richtung eine klare Linie. Allerdings: Passieren sollte m.E. etwas.

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad

Vor einiger Zeit ist in der allgemeinen Presse über eine Entscheidung des BayVGH berichtet worden, nach der dieser keine Bedenken hatte gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad und nicht beigebrachtem MPU-Gutachten und einem Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich hatte je erst Zweifel, aber: Der Beschl. v. 08.02.2010 – 11 C 09.2200 ist eindeutig und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Anordnung der Beibringung des Gutachtens war zwingend, Gutachten war nicht beigebracht, daher Entziehung der FE und auch Verbot fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich bin selbst ein wenig überrascht. Verwaltunsgrecht ist nicht unbedingt mein Metier. Aber man lernt ja nie aus.

Zu der Problematik passt dann ganz gut die Entscheidung des VG Karlsruhe v. 09.02.2010 – 9 K 3681/09. Danach gelten die vom BVerwG im Urteil vom 21.05.2008 (– 3 C 32/07 –, BVerwGE 131, 163) aufgestellten Maßstäbe, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrerlaubnisinhaber, der nur als Fahrradfahrer alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat, zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, auch nach der zum 30. 10. 2008 in Kraft getretenen Änderung von Nr. 8.1. der Anlage 4 FeV. Also: Aufgepasst!

Kein Fahrradverbot nach Alkoholmissbrauch

Alle Jahre wieder, denkt man zunächst, stellt dann aber fest: Es ist eine Variante. Denn es geht nicht um das Verbot, ein Kfz zu führen nach Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss, sondern um das Verbot des Fahrradfahrens. Dazu das OVG Koblenz: Einem Fahrradfahrer, der keine Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge besitzt und erstmals mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss aufgefallen ist, darf das Fahrradfahren nicht verboten werden.

Zum Sachverhalt: Der 1947 geborene Antragsteller aus der Pfalz, welcher nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge ist, fiel im Dezember 2008 einer nächtlichen Polizeistreife auf, weil er mit einem Fahrrad auf einem Radweg „Schlangenlinien“ fuhr. Die Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,33 ?. Wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilte das Amtsgericht den Antragsteller zu einer Geldstrafe von 400,– ?. Die zuständige Verkehrsbehörde forderte ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Nachdem er sich – auch aus Kostengründen – geweigert hatte, ein solches Gutachten beizubringen, verbot ihm die Behörde mit sofortiger Wirkung das Führen von Fahrrädern. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die hiergegen beim Oberverwaltungsgericht eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.

Bei dem gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Verbot des Führens von Fahrrädern habe die Verkehrsbehörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet. Zwar könne eine Fahrt mit dem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 2,33 ? Zweifel an der Eignung zum Fahrradfahren begründen. Jedoch seien die Besonderheiten erlaubnisfreier Fahrzeuge zu berücksichtigen. Ihre Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr falle in den Kernbereich der grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit. Deshalb könnten alle Personen, z.B. auch kleine Kinder, voraussetzungslos mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen. Außerdem werde die Sicherheit des Straßenverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer durch Fährrader erheblich weniger beeinträchtigt als durch Kraftfahrzeuge. Die Verursachung schwerer Verkehrsunfälle durch betrunkene Fahrradfahrer sei die Ausnahme. Dementsprechend könne ein Fahrradfahrverbot nur angeordnet werden, wenn die Gefährdung des öffe
ntlichen Straßenverkehrs durch den alkoholisierten Radfahrer aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs vergleichbar sei. Daran fehle es im Fall des Antragstellers. Er sei erstmals auffällig geworden. Dabei habe er den Fahrradweg benutzt und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. Anhaltspunkte dafür, dass er in Zukunft betrunken Fahrrad fahren und deshalb eine ständige Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen werde, lägen – auch wegen der dem Antragsteller auferlegten Geldstrafe – nicht vor.

Beschluss vom 25.09.2009 – 10 B 10930/09.OVG

Quelle: PM 41/09 des OVG Koblenz

Fahrradentfernung in Münster vor dem HBF nicht rechtens

Nur hat auch das OVG Münster, das Entfernen von Fahrrädern vor dem HBF Münster gerügt. (vgl. Beschl. v. 30. 01. 2009, 5 A 2239/08)  und damit ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 11.07. 2008 bestätigt. Der Kläger hatte sein Fahrrad auf dem Gehweg unmittelbar an der südlichen Seiten­wand des Treppenabgangs zur Fahrradstation am HBF Münster abgestellt. Im Laufe des Tages verbrachten Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Münster das Rad zu einer Sammelstelle, wo der Kläger es einige Tage später abholte. Auf seine Klage stellte das Verwaltungsgericht fest, dass das Entfernen des Fahrrads rechtswidrig war Den Antrag der beklagten Stadt auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG hat das OVG mit dem o.g. Beschluss abge­lehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Fahrrad des Klägers habe andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert. Es habe nur ca. 70 cm in den am Abstellplatz über 6 m breiten Gehweg hineingeragt und damit jedem Fußgänger – auch in der Gruppe, mit Gehhilfe oder mit Gepäck – und jedem Rollstuhlfahrer genügend Raum gelassen, den Bereich zügig zu passieren. Der Kläger habe durch das Abstellen des Fahrrads auch nicht gegen brandschutzrechtliche Vorschriften verstoßen, nach denen Rettungs- und Fluchtwege ständig freizuhalten seien. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass die durch das Fahrrad belegte Fläche als Rettungs- und Fluchtweg benötigt werde. Die Fläche sei weder entsprechend beschildert gewesen noch gebe es – bislang – ein Brandschutzkonzept, aus dem sich eine Freihaltepflicht entneh­men lasse.

Ein Hoffnungsschimmer für die Stadt: Nach Auffassung des OVG ist es der Stadt  unbenommen, eine Freihaltepflicht auf der Grundlage eines Brandschutzkonzepts künftig anzuordnen.

Quelle: PM des OVG Münster