Die Westfälischen Nachrichten vom 12.06.2010 berichten unter dem Titel „Schlägern geht es an den Führerschein“ von der Praxis der münsterischen Ordnungsbehörden, die Fahrerlaubnis auch bei anderen Delikten als Verkehrsdelikten zu entziehen. Das hat dann beim VG Münster gehalten. Das wird Herrn Busemann (JM Niedersachsen) freuen, vgl. hier und hier.
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Entschädigung für entgangene Nutzungsmöglichkeit eines Computers
Das Szenario ist in der Praxis nicht selten: Durchsuchung, Beschlagnahme eines Computers, Entzug der Nutzungsmöglichkeit über einen längeren Zeitraum, Einstellung des Verfahrens: Dann stellt sich die Frage: Ist die Entziehung der Nutzungsmöglichkeit nach dem StrEG zu entschädigen (§ 2 StrEG)?
Das LG Stuttgart sagt in seinem Urteil v. 15.05.2009 – 15 O 306/08: Ja. Manchmal helfen solche Entscheidungen ja und führen dazu, dass die Ermittlungsbehörden sich ggf. mal Gedanken über eine frühere Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände machen.
Teilnahme an einem Aufbauseminar hilft nur Fahranfängern, sie bringt nichts im Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren
Der Betroffene war wegen Fahrens unter Drogeneinfluss auffällig geworden. Es stand die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Um dagegen argumentieren zu können, nahm der Betroffene an einem sog. Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger teil.
Das OVG Bremen meint aber in seinem Beschluss v. 20.04.2010 – 1 B 23/10: Bringt nichts. Denn fehlt einem Verkehrsteilnehmer wegen gelegentlichen Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, Konsum und Fahren zu trennen, die Kraftfahreignung, ist die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger für sich genommen nicht geeignet, die negative Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Die verpflichtende Teilnahme an einem Aufbauseminar stellt eine zusätzliche Maßnahme für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe dar, die der spezifischen Anfängersituation Rechnung trägt, verdrängt aber nicht die allgemeinen Regelungen über die Fahrerlaubnisentziehung bei fehlender Kraftfahreignung. Eine positive Feststellung eines Einstellungswandels kann allein durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten getroffen werden.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad
Vor einiger Zeit ist in der allgemeinen Presse über eine Entscheidung des BayVGH berichtet worden, nach der dieser keine Bedenken hatte gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad und nicht beigebrachtem MPU-Gutachten und einem Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich hatte je erst Zweifel, aber: Der Beschl. v. 08.02.2010 – 11 C 09.2200 ist eindeutig und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Anordnung der Beibringung des Gutachtens war zwingend, Gutachten war nicht beigebracht, daher Entziehung der FE und auch Verbot fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich bin selbst ein wenig überrascht. Verwaltunsgrecht ist nicht unbedingt mein Metier. Aber man lernt ja nie aus.
Zu der Problematik passt dann ganz gut die Entscheidung des VG Karlsruhe v. 09.02.2010 – 9 K 3681/09. Danach gelten die vom BVerwG im Urteil vom 21.05.2008 (– 3 C 32/07 –, BVerwGE 131, 163) aufgestellten Maßstäbe, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrerlaubnisinhaber, der nur als Fahrradfahrer alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat, zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, auch nach der zum 30. 10. 2008 in Kraft getretenen Änderung von Nr. 8.1. der Anlage 4 FeV. Also: Aufgepasst!
Rückkehr zum Unfallort …………Regelvermutung widerlegt
Das LG Köln hat sich vor einiger Zeit mit einer in der täglichen Praxis sicherlich nicht seltenen Konstellation beschäftigt, die zeigt, dass es sich für den Beschuldigten „lohnen“ kann, zum Unfallort zurückzukehren, nachdem er sich unerlaubt entfernt hatte (§ 142 StGB). Das LG weist darauf hin, dass dann, wenn der Beschuldigte, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, nachträglich freiwillig die Feststellungen zu seiner Unfallbeteiligung ermöglicht, das einen schwer wiegenden Verstoß in einem weniger gefährlichen Licht erscheinen lassen kann mit der Folge, dass die gesetzliche Vermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB widerlegt ist (Beschl. v. 20.10.2009, 103 Qs 86/09). Schöne Entscheidung, an die man als Verteidiger in geeigneten Fällen denken sollte. Hier hat der Beschuldigte nicht nur die Fahrerlaubnis wiederbekommen, sondern das Verfahren ist auch noch nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße von 400 € eingestellt worden.