Schlagwort-Archiv: Entziehung der Fahrerlaubnis

Grundlagen für die Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung

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Die zweite Entscheidung kommt vom OVG Saarland. Es handelt sich um den OVG Saarland, Beschl. v. 23.10.2025 – 1 A 223/24.

Die Klägerin hatte gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund amtsärztliche Feststtelungen u.a. geltend gemacht, es sei zwar richtig, dass nach den amtsärztlichen Feststellungen eine unklare neurologisch-psychiatrische Auffälligkeit gegeben sei. Demgegenüber sei mit der Klage der endgültige Arztbericht des D. Krankenhauses in B-Stadt vom 23.03.2023 vorgelegt worden, in dem gerade nicht vermerkt sei, dass aufgrund eines Unfalls vom 22.03.2023 eine geistige und körperliche Beeinträchtigung dergestalt bei ihr eingetreten sei, dass sie nie mehr in der Lage sei, ein Fahrzeug zu führen. Daher hätte das Verwaltungsgericht ein weiteres Gutachten veranlassen müssen, so dass die unklare neurologisch-psychiatrische Auffälligkeit hätte geklärt werden können.

Dazu das OVG:

„a) Dieses Vorbringen der Klägerin ist nicht geeignet, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstlich in Zweifel zu ziehen. Es erschöpft sich im Wesentlichen in einer Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens in der Klageschrift vom 04.12.2023, ohne sich dabei mit den diesbezüglichen Ausführungen des angegriffenen Urteils auseinanderzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat darin ausführlich dargelegt, dass die – von ihm näher ausgeführten – Feststellungen der amtsärztlichen Beurteilung durch den Entlassungsbericht des D. Krankenhauses in B-Stadt vom 24.03.2023 nicht widerlegt würden. Zutreffend weise der Beklagte darauf hin, dass der Bericht vom 24.03.2023 die stationäre Behandlung in Folge des Verkehrsunfalls beschreibe. Als Diagnosen seien ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades und eine Sternumfraktur gestellt worden. Es sei insoweit keine Untersuchung der Klägerin bezüglich ihrer Fahreignung erfolgt. Dementgegen habe sich die amtsärztliche Untersuchung vom 29.06.2023 explizit mit der Fahreignung der Klägerin befasst. Die Ergebnisse der amtsärztlichen Untersuchung seien von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt worden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung sei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – hier die Entscheidung über den Widerspruch am 09.11.2023 – maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Beklagten keine den Feststellungen des amtsärztlichen Gutachtens nachfolgenden und für die Klägerin positiven Erkenntnisse vorgelegen. Nach den dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnissen sei die Klägerin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen gewesen.

Mit diesen substantiierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich das Zulassungsvorbringen der Klägerin in keiner Weise auseinander. Ihr bloßer und erneuter Verweis auf den Arztbericht des D. Krankenhauses in B-Stadt – Abteilung für Allgemein- und Visceralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie – vom 23.03.2023 übergeht insbesondere, dass nach den verwaltungsgerichtlichen Darlegungen anlässlich ihres Krankenhausaufenthalts in B-Stadt gerade keine Untersuchung der Klägerin bezüglich ihrer Fahreignung erfolgt ist und in dem angeführten Arztbericht lediglich die stationäre Behandlung in Folge des Verkehrsunfalls beschrieben wird. Dies entspricht im Übrigen auch der Aktenlage.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung folgen auch nicht aus der Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte ein „weiteres Gutachten“ veranlassen müssen. Auch insoweit setzt sich die Zulassungsbegründung bereits nicht mit der Argumentation des angegriffenen Urteils auseinander, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – hier die Entscheidung über den Widerspruch am 09.11.2023 – maßgeblich sei und zu diesem Zeitpunkt dem Beklagten keine den Feststellungen des amtsärztlichen Gutachtens nachfolgenden und für die Klägerin positiven Erkenntnisse vorgelegen hätten.

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Zitate findet man im verlinkten Volltext-

Nichtbeibringung eines angeforderten Gutachtens, oder: Entziehung der Fahrerlaubnis

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Und dann stelle ich mal wieder zwei Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG vor.

Den Opener macht der OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.10.2025 – 16 B 449/25, und zwar: Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines Gutachtens

Dazu führt das OVG aus:

„Die mit Bescheid vom 11. März 2025 erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Für diese Entscheidung, die nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde steht, muss die Fahrungeeignetheit des Betroffenen feststehen. Dieses Erfordernis war im maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entziehungsentscheidung, dem Zeitpunkt ihres Erlasses,

vgl.  BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2024 – 3 B 11.23 -, juris, Rn. 5, m. w. N.,

gegeben. Der Antragsgegner durfte wegen der Nichtbeibringung des unter dem 25. September 2024 angeforderten Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3, § 2 Abs. 8 StVG kann die Fahrerlaubnisbehörde, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, die Beibringung eines Gutachtens u. a. einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anordnen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Schluss auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig, war.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2023 – 3 C 10.22 -, juris, Rn. 13, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 21. August 2025 – 16 E 330/24 -, juris, Rn. 9, und Urteil vom 19. Januar 2022 – 16 A 2670/19 -, juris, Rn. 31 f., m. w. N.

Die Gutachtenanordnung vom 25. September 2024 wahrt zunächst die an sie zu stellenden formellen Anforderungen.

…….“

„Aberkennung“ einer ausländischen Fahrerlaubnis, oder: Mischkonsum von Cannabis und Alkohol

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Im zweiten Samstagsposting habe ich dann hier zwei Entscheidungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Auch hier gibt es aber nur die Leitsätze.

Zunächst weise ich hin auf den VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.09.2025 – 13 S 419/25 – zur Aberkennung des Rechts, von einer ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, wegen Cannabismissbrauch. Dazu sagt der VGH:

1. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i. V. m. § 46 Abs. 5 FeV).

2. Von einem die Fahreignung ausschließenden Cannabismissbrauch im Sinne der Nummer 9.2.1 der Anlage 4 der FeV ist jedenfalls dann auszugehen, wenn eine auf anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen beruhende Prognose ergibt, dass eine Person auch in Zukunft ein Kraftfahrzeug führen wird, obwohl sie 3,5 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol im Blutserum hat.

Als zweite Entscheidung stelle ich den BayVGH, Beschl. v. 30.09.2025 – 11 ZB 25.1383 – vor. Er äußert sich zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Mischkonsums von Cannabis und Alkohol außerhalb des Straßenverkehrs nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis aufgrund einer positiven Begutachtung. Dazu meint der BayVGH:

1. Ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass der Antragsteller gelegentlich Cannabis konsumiert hat und ihm aufgrund einer festgestellten Mischkonsums von Alkohol und Cannabis die Fahreignung fehlt, rechtfertigt das die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne weiteres und ist die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung entbehrlich.

2. Ein nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehender Mischkonsum von Cannabis und Alkohol rechtfertigt jedenfalls dann die Annahme einer mangelnden Fahreignung, wenn er die Aufgabe der Trennungsbereitschaft möglich erscheinen lässt und eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Wirkung der Rauschmittel hinreichend wahrscheinlich ist. Das ist der Fall, wenn er in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann.

7 x Aktuelles zur Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Fahranfänger, CanG, Alkohol, Bindung, Eignungszweifel

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Und dann habe ich am Samstagnachmittag eine kleine Recjtsprechungsübersicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Da hat sich einiges angesammelt, das ich heute vorstelle. Aber – es handelt sich um insgesamt sieben Entscheidungen – hier gibt es nur die Leitsätze. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungen gilt das Selbstleseverfahren.

Hier sind dann:

Eine von einem auf Suchterkrankungen spezialisierten Bezirkskrankenhaus und dem Hausarzt mehrfach diagnostizierte Alkoholabhängigkeit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV begründet unabhängig von der berauschten Teilnahme des Abhängigen am Straßenverkehr einen Fahreignungsmangel, der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des StVG. Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Diese der Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zugrunde liegende Annahme des Verordnungsgebers wird nicht dadurch widerlegt, dass Alkoholfahrten des Antragstellers trotz langjähriger Abhängigkeit nicht bekannt geworden sind oder dass er sich aufgrund seiner Krankheitseinsicht bei einem Rückfall oder Lapsus freiwillig wieder in Behandlung begab und begibt. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, ohne dass es hierfür weiterer Abklärung bedarf.

1. Die Verwaltungsbehörde ist an eine strafrichterliche Eignungsbeurteilung nur dann gebunden, wenn diese auf ausdrücklich in den schriftlichen Urteilsgründen getroffenen Feststellungen beruht und wenn die Behörde von demselben und nicht von einem anderen, umfassenderen Sachverhalt als der Strafrichter auszugehen hat.

2. Wenn das Amtsgericht anstelle einer Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) ein Fahrverbot (§ 44 StGB) verhängt hat, ist dies nicht schon für sich genommen Ausdruck einer stillschweigenden Prüfung und Bejahung der Fahreignung.

Neue Erkenntnisse, die sich nach einer Gutachtensanforderung ergeben, sind insoweit von Bedeutung, als eine ursprünglich gerechtfertigte Beibringungsanordnung aufzuheben ist, wenn die Bedenken gegen die Fahreignung auch ohne Vorlage des geforderten Gutachtens in sonstiger Weise vollständig – auch für den (medizinisch und psychologisch nicht geschulten) Laien nachvollziehbar – eindeutig ausgeräumt sind. Davon ist allerdings nur dann auszugehen‚ wenn keinerlei Restzweifel hinsichtlich der Fahreignung mehr verbleiben und die ursprünglichen Bedenken eindeutig widerlegt sind.

1. Bei Fahranfängern in der Probezeit ist ab einer THC-Konzentration von 1 ng/ml im Blutserum von einem Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung von THC im Sinne von § 24c Abs. 1 StVG auszugehen.

2. Ein Anhaltspunkt für Cannabismissbrauch aufgrund des Führens eines Kraftfahrzeugs mit nicht fernliegender verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung liegt – auch bei Fahranfängern in der Probezeit – erst vor, wenn der in § 24a Abs. 1a StVG genannte Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum erreicht oder überschritten ist.

3. Ein Antrag auf Herausgabe des Führerscheins im Wege der Vollzugsfolgenbeseitigung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) setzt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Führerscheinablieferung voraus.

1. Im Regelfall schließt bereits die einmalige Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. BtMG die Fahreignung aus und zwar unabhängig davon, ob der Betroffene unter dem Einfluss eines solchen Betäubungsmittels ein Kraftfahrzeug geführt oder Ausfallerscheinungen gezeigt hat, sowie unabhängig von der Höhe einer festgestellten Wirkstoffkonzentration.

2. Bei einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln scheidet eine Fahreignung nur aus, sofern eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliegt, was grundsätzlich nur durch die Einholung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzuklären sein dürfte.

3. Bei einer Dauerbehandlung mit einem betäubungsmittelhaltigen Arzneimittel i. S. v. Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zu FeV ist zu prüfen, ob dessen Einnahme indiziert und ärztlich verordnet ist, es zuverlässig nach ärztlicher Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, und ob zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch die Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird.

1. Nach § 13a Satz 1 Nr. 2a 2. Alt. FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens von einem Fahrerlaubnisinhaber anordnen, wenn sonstige Tatsachen die Annahme eines Cannabismissbrauchs begründen. Die einmalig gebliebene Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss kann in diesem Sinne die Annahme von Cannabismissbrauch nur begründen, wenn zusätzliche aussagekräftige Umstände(„Zusatztatsachen“) hinzutreten.

2. Solche Tatsachen können u.a. der Zeitpunkt des Cannabiskonsums und das Verhalten während der Verkehrskontrolle sein.

Die Eignungsvoraussetzungen der der Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV sind auch weiterhin maßgeblich. Sie werden nicht modifiziert durch die umfassenden und grundlegenden Änderungen, welche die bis zum Inkrafttreten des CanG vom 27.3.2024 am 1.4. 2024 geltende Fassung der Nr. 9.2 der Anlage 4 zur FeV durch das CanG und durch das Sechste Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 16. August 2024 erfahren hat.

StGB III: Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter, oder: „Innovatives“ gegen Fahrerlaubnisentziehung

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Und als dritte Entscheidung dann noch ein Beschluss des LG Potsdam. Der Beschluss hat eine verkehrsrechtliche Problematik zum Gegenstand, nämlich die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter.

Der straf- und verkehrsrechtlich nicht vorbelastete Beschuldigte, der im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B ist, befuhr am frühen Morgen des 03.10.2024 um 3:50 Uhr mit einem E-Scooter der Marke O. des Sharing-Anbieters T. den Radweg der B.- Straße in Potsdam in Richtung L.-Brücke. Dabei legte er eine Fahrtstrecke von mindestens 150 Metern zurück. Die um 4:45 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 1,44 ‰.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft u.a. auf Entziehung der Fahrerlaubnis wurde mit Beschluss des AG mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Voraussetzungen der Regelvermutung gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB im Hinblick auf das mit sog. Pedelecs (Pedal Electric Cycles) vergleichbare Gefährdungspotential, eine geringere Fahrgeschwindigkeit sowie eine geringere Eigen- und Fremdgefährdung nicht vorlägen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Beschwerde. Die hatte beim LG keinen Erfolg.

Ich stelle hier nicht die Begründung des LG im LG Potsdam, Beschl. v. 18.09.2025 – 25 Qs 7/25 – ein. Nicht, weil wir mit der Frage ja schon häufiger zu tun hatten, sondern wegen des Umfangs der Begründung. Die umfasst nämlich rund 27 Seiten, was hier den (Platz)Rahmen sprengen würde. Aber ich kann das Selbstlesen des Beschlusses nur empfehlen. Das LG hat sich viel Mühe gemacht. Es stellt seine Ablehnung auf zwei Füße, und zwar: Zunächst geht es davon aus, dass auf der Grundlage des derzeitigen Standes der Wissenschaft für E-Scooter nach der eKFV ein Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit nicht bestimmt oder zumindest ein (Mindest-)Grenzwert im Wege einer Vergleichsanalyse nicht ermittelt werden kann. Also: § 316 StGB derzeit schon nicht anwendbar. Und im zweiten Schritt sagt man dann, dass auch § 69 StGB auf E-SCooter dem Grunde nach nicht anwendbar ist. Und man geht – insoweit eine Hilfserwägung – von einem Ausnahmefall vom Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 316 StGB aus, und zwar allein aufgrund des Umstandes, dass es sich bei dem Tatmittel um einen E-Scooter gehandelt hat .

Mich würde interessieren, wie  das OLG Brandenburg, wenn es nicht „nur“ eine Beschwerdeentscheidung wäre, sondern ein Berufungsurteil, entscheiden würde. Ich vermute mal, dass man den Weg des LG nicht mitgehen und sich der h.M. anschließen würde, die § 316 StGB für anwendbar erachtet und „nur“ einen Ausnahmefall diskutiert. Ich denke, der „innovative Weg“ des LG Potsdam wird sich nicht durchsetzen.

Hier dann noch meine Leitsätze:

1. Es ist zweifelhaft, ob auf der Grundlage des derzeitigen Standes der Wissenschaft für E-Scooter nach der eKFV ein entsprechender Grenzwert mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit bestimmt werden kann oder zumindest ein (Mindest-)Grenzwert im Wege einer Vergleichsanalyse ermittelt werden kann.
2. § 69 StGB ist auf E-Scooter als Elektrokleinstfahrzeuge nach eFKV schon dem Grunde nach nicht anwendbar.