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Dolmetscher II: Übersetzer im Vollstreckungsverfahren, oder: Es gelten die allgemeinen Regeln

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In der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, geht es um Zuziehung eines Dolmetschers im Strafvollstreckungsverfahren. Folgender Sachverhalt:

Der Verurteilte ist litauischer Staatsangehöriger und der deutschen Sprache nicht mächtig. Er verbüßte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Die bedingte Entlassung zum Zweidrittelzeitpunkt lehnte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 07.12.2022 ab.

Diesem Beschluss war am 30.11.2022 die mündliche Anhörung des Verurteilten vorausgegangen. Den Termin hatte die Strafvollstreckungskammer mit dem Verteidiger abgestimmt. Der Verteidiger hatte angekündigt, einen Dolmetscher mitbringen zu wollen. Es war insoweit vereinbart worden, dass die Staatskasse die anteiligen Kosten für den Dolmetscher übernehme, sofern dieser auch zu der gerichtlichen Anhörung hinzugezogen werde. Die Dolmetscherleistungen, die die mündliche Anhörung des Verurteilten betrafen, wurden gegenüber dem Gericht geltend gemacht und durch die Staatskasse beglichen.

Gestritten wird nun noch um weitere Auslagen in Höhe von 361,24 EUR. Diese betreffen die Dolmetscherkosten für das im Vorfeld der Anhörung geführte Gespräch zwischen dem Verurteilten und seinem Verteidiger. Die Strafvollstreckungskammer insoweit hat den Festsetzungsantrag abgelehnt. Dagegen hat der Verteidiger für den Verurteilten sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hatte beim OLG mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 30.08.2024 – 2 Ws 413/23 – Erfolg:

„c) …. Die angegriffene Entscheidung erweist sich indes in der Sache im Wesentlichen als fehlerhaft.

aa) Die Kammer ist noch zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein Anspruch auf Erstattung der Dolmetscherkosten für das Vorgespräch mit dem Verteidiger mangels Ver-handlung nicht aus § 185 GVG herleiten lassen kann.

bb) Auch aus § 187 GVG lässt sich ein Anspruch auf Erstattung der Dolmetscherkosten für ein Verteidigergespräch nicht ableiten, da die Vorschrift nur regelt, unter welchen Voraussetzungen das Gericht verpflichtet ist, einen Dolmetscher für den Verurteilten heranzuziehen. Hier geht es indes um die Erstattungsfähigkeit derjenigen Kosten, die dadurch entstanden sind, dass der Verteidiger für das Mandantengespräch mit dem Verurteilten einen Dolmetscher hinzugezogen hat.

cc) Ein Anspruch auf Erstattung der Dolmetscherkosten ergibt sich auch nicht aus Art. 6 Abs. 3 lit e) EMRK. Nach dieser Vorschrift hat jede angeklagte Person das Recht, unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. Die Vorschrift, die als Berechtigten die „angeklagte Person“ benennt, ist auf das Strafvollstreckungsverfahren nicht anwendbar (OLG Karlsruhe, 2 Ws 300/19 v. 2.9.2019, BeckRS 2019, 44105 Rn. 9 m.w.N.; BeckOK StPO/Valerius, 52. Ed. 1.7.2024, EMRK Art. 6 Rn. 2; Karpenstein/Mayer/Meyer, 3. Aufl. 2022, EMRK Art. 6 Rn. 37).

dd) Ein Anspruch auf Erstattung der Dolmetscherkosten für das Gespräch mit dem Verteidiger, das die Anhörung vor der Entscheidung über eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung vorbereiten soll, ergibt sich aber unmittelbar aus Art. 3 Abs. 3 GG.

Jeder Ausländer hat im Verfahren vor Gerichten der Bundesrepublik Deutschland dieselben prozessualen Grundrechte und denselben Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren wie jeder Deutsche. Das Recht auf ein faires Verfahren verbietet es, den der deutschen Sprache nicht oder nicht hinreichend mächtigen Angeklagten zu einem unverstandenen Objekt des Verfahrens herabzuwürdigen; er muss in die Lage versetzt werden, die ihn betreffenden wesentlichen Verfahrensvorgänge zu verstehen und sich im Verfahren verständlich machen zu können (BVerfG, 2 BI« 2032/01 v. 27.8.2003, NJW 2004, 50).

Art. 3 Abs. 3 GG verbietet jede Diskriminierung wegen der Sprache oder anderer dort auf-geführter Merkmale. Die Norm verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, indem sie der dem Gesetzgeber darin eingeräumten Gestaltungsfreiheit engere Grenzen zieht. Die in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG genannten Merkmale dürfen grundsätzlich weder unmittelbar noch mittelbar als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Dem Beschuldigten, der die Gerichtssprache nicht versteht oder sich nicht in ihr ausdrücken kann, dürfen daher keine Nachteile im Vergleich zu einem dieser Sprache kundigen Beschuldigten entstehen. Dementsprechend ist für das Ermittlungs- und Erkenntnisverfahren in Ausfüllung dieser Maßstäbe anerkannt, dass der fremdsprachige Angeklagte zum Ausgleich seiner sprachbedingten Nachteile in jedem Verfahrensstadium einen Dolmetscher hinzuziehen darf und ihm die Dolmetscherkosten für die erforderlichen Mandantengespräche nicht nur mit dem Pflichtverteidiger, sondern auch mit einem Wahlverteidiger zu ersetzen sind (BGH, 3 StR 6/00 v. 26.10.2000, NJW 2001, 309; OLG Karlsruhe 2 Ws 305/09 v. 9.9.2009, BeckRS 2009, 139810 Rn. 4 Hilger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 464a, Rn. 9). Die unentgeltliche Beistandsleistung eines Dolmetschers auch für die vorbereitenden Gespräche mit dem Verteidiger ist unabdingbar, da eine wirksame Verteidigung und damit ein faires Verfahren ohne vorbereitende Verteidigergespräche kaum denkbar sind (BVerfG, a.a.O.). Das mit den zusätzlichen Dolmetscher-kosten erhöhte Kostenrisiko soll den Verurteilten auch nicht an der Zuziehung eines Verteidigers hindern (BVerfG, a.a.O.; Brandenburgisches Oberlandesgericht, 1 Ws 83/05 v. 27.7.2005, BeckRS 2005, 30360540).

Diese Grundsätze finden auch auf den vorliegenden Fall Anwendung, bei dem es im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens um die Vorbereitung der Entscheidung über die bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB geht. Auch hier verbietet sich gerade in Anbetracht der unmittelbaren Grundrechtsrelevanz (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) der anstehenden Entscheidung, bei der es um die Frage geht, ob der Verurteilte zum Halb- oder Zweidrittelzeitpunkt auf freien Fuß gelangt, einen fremdsprachigen Verurteilten im Verhältnis zu einem der deutschen Sprache mächtigen Verurteilten auf Grund seiner fehlenden Sprachkenntnisse ungleich zu behandeln (LG Dresden, 3 Qs 11/19 v. 8.4.2019, Rn. 28, juris; LG Kassel, 3 StVK 62/12 v. 29.1.2019, juris).

Dies gilt auch für das vorbereitende Gespräch mit seinem Verteidiger. Würde man einem fremdsprachigen Verurteilten die Erstattung von Dolmetscherkosten für dieses Gespräch mit seinem Verteidiger verweigern, so stünde er schlechter als ein deutschsprachiger. Beiden stünde zwar gleichermaßen das in § 137 Abs. 1 StPO normierte Recht zu, sich in jeder Lage des Verfahrens – wozu insoweit auch das Strafvollstreckungsverfahren gehört (KK-StPO/Willnow, 9. Aufl. 2023, StPO § 137 Rn. 2 m.w.N.; BeckOK StPO/Wessing, 52. Ed. 1.7.2024, StPO § 137 Rn. 2) – des Beistandes eines Verteidigers zu bedienen. Dabei muss ein Verurteilter – soll dieses Recht nicht leerlaufen – die Möglichkeit haben, sich in Vorbereitung der Anhörung mit dem Verteidiger zu besprechen. Dem deutschsprachigen Verurteilten ist dies möglich, ohne dass ihm zusätzliche Kosten durch Dolmetscherleistungen entstehen. Der Verurteilte, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, kann dieses Gespräch nur führen, wenn er einen Dolmetscher hinzuzieht, was mit weiteren Kosten verbunden ist. Würden man nunmehr dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Verurteilten die Erstattung dieser Kosten verweigern, würde er allein auf Grund seiner Sprache schlechter gestellt sein, als ein deutschsprachiger Verurteilter, ohne dass ein sachlicher Grund vorläge (so auch Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Auflage 2021, 7. Strafvollstreckung Rn. 54).

Um eine solche Ungleichbehandlung zu vermeiden, ist dem Verurteilten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, jedenfalls im Verfahren über die Reststrafenaussetzung nach § 57 StGB ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Dolmetschers zu dem die Anhörung vorbereitenden Gespräch mit dem Verteidiger zuzuerkennen (so auch LG Dresden, a.a.O.). Die Inanspruchnahme eines Dolmetschers für Mandantengespräche durch einen Verteidiger ist nicht von der vorherigen Bewilligung durch das Tatgericht abhängig (OLG Karlsruhe, a.a.O.; BVerfG, a.a.O.).

Dementsprechend kann der Verurteilte hier dem Grunde nach Ausgleichung der verfahrens-gegenständlichen Auslagen verlangen.

d) Bedenken gegen die in Ansatz gebrachten Kosten der Höhe nach bestehen in Bezug auf die Einzelpositionen nicht, zumal die geltend gemachten Dolmetscher- und Fahrkosten den JVEG-Sätzen entsprechen.

……“

Dolmetscher I: Anhören aufgezeichneter Gespräche, oder: Wenn der Verteidiger nicht russisch spricht

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Heute beginnt dann die 40 KW., in die ich mit zwei Entscheidungen zu Dolmetscherfragen starte.

Ich stelle zunächst den LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 02.09.2024 – 18 Qs 41/24 – vor. Gestritten wird um den Anspruch des/der Beschuldigten auf Beiordnung eines Dolmetschers gemäß § 187 Abs. 1 GVG. Die russischsprachige Beschuldigte möchte, dass, ihrem (wohl) nicht der russischen Sprache mächtigen Verteidiger bei durch ihn in ihrer Abwesenheit erfolgendem Anhören aufgezeichneter Gespräche in russischer Sprache – mithin bei deren Inaugenscheinnahme als Form der Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke gemäß § 147 Abs. 1 StPO – auf Staatskosten ein Dolmetscher (oder Sprachsachverständiger) zur Verfügung gestellt werden, damit ihr Verteidiger den Inhalt der aufgezeichneten Gespräche verstehen und nachvollziehen könne.

Das LG äußert sich zunächst zum richtigen Weg -insofern ist die Entscheidung für all diejenigen interessant, die sich mit der Frage immer wieder schwer tun. Das LG lässt die Frage dann aber offen, denn:

„2. Letztlich kann diese Frage – Antrag auf Beiordnung oder auf Feststellung der Erforderlichkeit – hier dahinstehen, weil ein Anspruch auf – in diesem Sinne gesonderte – Beiordnung eines Dolmetschers im vorliegenden Fall nicht besteht. Zur Ausübung ihrer strafprozessualen Rechte (Akteneinsicht gemäß § 147 Abs. 1 StPO durch ihren Verteidiger, Erörterung des Inhaltes der Gespräche mit diesem und anschließender Vortrag gegenüber den Ermittlungsbehörden) ist die (gesonderte) Heranziehung eines (zusätzlichen) Dolmetschers oder Übersetzers nicht erforderlich. Bei sachgerechter Verfahrensweise würde die Beschwerdeführerin über ihren Verteidiger beantragen, die Gespräche gemeinsam mit diesem anzuhören, deren Inhalt unter Zuhilfenahme des gleichzeitig anwesenden und bereits beigeordneten Dolmetschers erörtern und im Anschluss zu den Gesprächen über ihren Verteidiger vortragen lassen.

a) aa) § 187 Abs. 1 GVG begründet nach den Vorgaben von Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK unabhängig von der finanziellen Lage des fremdsprachigen Beschuldigten oder Verurteilten einen von Amts wegen zu beachtenden Anspruch auf unentgeltliche Hinzuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers für das gesamte Strafverfahren, auch außerhalb der Hauptverhandlung und damit auch für vorbereitende Gespräche mit dem Verteidiger, unabhängig davon, ob es sich um einen Wahl- oder einen Pflichtverteidiger handelt. Der Anspruch nach § 187 Abs. 1 S. 1 GVG ist aber auf das zur Wahrnehmung der strafprozessualen Rechte Erforderliche beschränkt (vgl. KK-StPO/Diemer, 9. Aufl. 2023, GVG § 187 Rn. 1 m. w. N.). Die Bestimmung von Art und Umfang der zur Wahrnehmung der strafprozessualen Rechte des Beschuldigten als erforderlich anzunehmenden Dolmetscher- und Übersetzungsleistung obliegt dem für die Hinzuziehung zuständigen Gericht unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. Simon in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Auflage 2022, § 187 GVG, Rn. 4; Kissel/Mayer/Mayer, 10. Aufl. 2021, GVG § 187 Rn. 14).

Seine eigentliche Bedeutung gewinnt § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG in den Fällen, in denen es über die unmittelbare gegenseitige Verständigung mit den Strafverfolgungsorganen hinaus allgemein um die Unterstützung des Beschuldigten bei der Ausübung seiner strafprozessualen Rechte geht. Soweit erforderlich, hat das Gericht einen Dolmetscher oder Übersetzer danach auch für interne Besprechungen der sprachunkundigen Person mit ihrem Verteidiger oder Beistand heranzuziehen, ebenso für die Vorbereitung und Formulierung von Prozesserklärungen, Anträgen und sonstigen Eingaben, z. B. schriftlichen Einlassungen, Anträgen auf Beweiserhebungen, Anschlusserklärungen, Adhäsionsanträgen, Rechtsmittelschriften (vgl. Kissel/Mayer/Mayer, a. a. O. Rn. 6). Ein Dolmetscher ist etwa erforderlich, wenn zu befürchten ist, der Sprachunkundige könne sich dem Verteidiger bzw. dem Beistand nicht vollständig mitteilen oder umgekehrt dessen Erklärungen nicht vollständig zur Kenntnis nehmen. Gleichermaßen ist ein Übersetzer erforderlich, wenn es (lediglich) auf die Kenntnis des Inhalts eines Schriftstücks ankommt, den vollständig zu erfassen die Person aber nicht in der Lage ist (vgl. Kissel/Mayer/Mayer, a. a. O. Rn. 14).

bb) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen (§ 147 Abs. 1 StPO). Dem Wortlaut des § 147 Abs. 4 Satz 1 StPO entsprechend ist nur der unverteidigte Beschuldigte in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 des § 147 StPO befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen. Das Recht auf Einsicht in die Akten und Beweismittel konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und ist zur Verwirklichung der Rechte aus Art. 6 EMRK und aus dem Rechtsstaatsprinzip zwingend erforderlich (vgl. MüKoStPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl. 2023, StPO § 147 Rn. 1). Der Verteidiger nimmt insoweit nicht eigene, sondern strafprozessuale Rechte des Beschuldigten wahr.

Bei den Originalaufzeichnungen einer Telefonüberwachung handelt es sich – jedenfalls soweit sie noch auf einem Server der Ermittlungsbehörde originär gespeichert sind – um Augenscheinsobjekte und damit um Beweisstücke, die nur am Ort der amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 1 StR 355/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2013 – 3 Ws 897/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Mai 2012 – 2 Ws 146/12; OLG Stuttgart, Beschluss vom 3. Dezember 2012 – 2 Ws 295/12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 – 3 Ws 853/01; LG Regensburg, Beschluss vom 24. Juli 2017 – 6 Qs 29/17)

Von einer ausreichenden Gewährung des Rechts auf Akteneinsicht und Besichtigung dieser amtlich verwahrten Beweisstücke ist auszugehen, wenn der Verteidigung die Möglichkeit eingeräumt wird, sich aufgezeichnete Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Justizbehörden oder der Polizei anzuhören, erforderlichenfalls auch mehrfach und unter Hinzuziehung von Dolmetschern sowie gegebenenfalls auch zusammen mit dem Beschuldigten (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 1 StR 355/13; OLG Celle, Beschluss vom 5. Juli 2016 – 2 Ws 114/16). Ein dem Art. 6 Abs. 3 EMRK entsprechendes Verfahren gebietet es, dass nicht nur der Verteidiger, sondern auch der Beschuldigte die in diesem Verfahren relevanten Gespräche als amtlich verwahrtes Beweisstück im Sinne des § 147 Abs.1 StPO „besichtigen“ kann. Der Umfang von Gesprächen, deren oftmals schlechte Qualität sowie der Umstand, dass die Gespräche nicht auf Deutsch geführt sind, können es notwendig machen, dass der Beschuldigte selbst Gelegenheit erhält, sich zur Vorbereitung eines Mandantengesprächs die Telefonate anzuhören (vgl. LG Düsseldorf, Verfügung vom 17. Januar 2008 – 11 KLs 60 Js 1789/07 – 28/07; BeckOK StPO/Wessing, 52. Ed. 1.7.2024, StPO § 147 Rn. 26; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., 2001, Rdnr. 19 zu § 147; Jahn in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27., neu bearbeitete Auflage 2021, § 147 StPO, Rn. 126). So darf der Verteidiger Tonbandaufzeichnungen über eine Telefonüberwachung nicht nur unter Hinzuziehung eines vereidigten Dolmetschers, sondern auch im Beisein des Beschuldigten anhören, wenn für den Verteidiger ohne Beteiligung des Beschuldigten die Aufzeichnungen nicht hinreichend verständlich sind und nur mit dessen Hilfe zu klären ist, welche Stimmen wem zuzuordnen sind, ob Verwechslungen stattgefunden und welchen Sinngehalt bestimmte Äußerungen haben (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30. September 1994 – 2 Ws 400/94; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2001 – 3 Ws 853/01).

b) Die hier in Rede stehenden strafprozessualen Rechte der Beschwerdeführerin bestehen bei lebensnaher Betrachtung vorliegend darin, dass ihrem Verteidiger nach den obigen Vorgaben die Möglichkeit gewährt wird, sich die noch auf einem Server der Ermittlungsbehörde originär gespeicherten und nicht auf einem gesonderten Datenträger vervielfältigten Originalaufzeichnungen als Beweisstücke anzuhören und dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Fremdsprachigkeit und möglicherweise schwerer Verständlichkeit des Zusammenhangs, in dem die Gespräche stehen, die Gelegenheit erhält, sich diese Gespräche gemeinsam mit ihrem Verteidiger anzuhören, um ein zeitgleich in diesem Zusammenhang geführtes Mandantengespräch vorbereiten und durchführen zu können, und letztlich eine Verteidigungsschrift fertigen zu lassen. Für die Ausübung dieser strafprozessualen Rechte bedarf es allerdings nicht der (zusätzlichen) Beiordnung eines Dolmetschers für die russische Sprache. Dieses ist zur Ausübung ihrer strafprozessualen Rechte – anders als es § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG voraussetzt – nicht erforderlich. Der Verteidiger hat lediglich „uneingeschränkten Zugang zu den aufgezeichneten Gesprächen im Original sowie die Genehmigung, diese Gespräche ggfls. gemeinsam mit einem Dolmetscher zur Kenntnis nehmen zu können“ beantragt. Die (rechtliche) Möglichkeit, sich die aufgezeichneten Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Justizbehörden oder der Polizei gemeinsam anzuhören, erwog er weder erkennbar noch stellte er einen entsprechenden Antrag. Anlässlich eines solchen Termins, bei dem auch der der Beschwerdeführerin bereits am 06.08.2024 für Verteidigergespräche beigeordnete Dolmetscher antragsweise zugegen wäre, könnten die in russischer Sprache geführten Gespräche von der Beschuldigten gehört und im Rahmen eines gleichzeitig unter Zuhilfenahme des beigeordneten Dolmetschers geführten Mandantengesprächs zwischen der Beschuldigten und ihrem Verteidiger erörtert werden. Hernach wäre es der Beschuldigten über ihren Verteidiger ohne Weiteres möglich vorzutragen, ob und inwiefern einzelne Gespräche durch die Ermittlungsbehörden inhaltlich falsch bewertet worden sein könnten. Der Verteidiger mag ein persönliches Interesse daran haben, unabhängig von den ihm gegenüber abgegebenen Erklärungen der Beschuldigten zum Inhalt der Gespräche im Rahmen einer zusätzlichen Übersetzung durch einen Sprachsachverständigen die Richtigkeit ihrer Äußerungen zu überprüfen. Für die Ausübung der strafprozessualen Rechte der Beschuldigten selbst ist dieses jedoch nicht erforderlich.

2. Unabhängig hiervon hätten die Beschwerdeführerin und ihr Verteidiger – wie die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg und das Amtsgericht Nürnberg zutreffend ausgeführt haben – keinen Anspruch darauf, sämtliche im Rahmen der Telefonüberwachung aufgezeichnete, in russischer Sprache geführte Telefongespräche in Übersetzung zur Verfügung gestellt zu bekommen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Juni 1995 – 1 Ws 322/95). Ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 147 Abs. 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 – 3 StR 404/07). Ein Anspruch auf Erstellung weiterer Aktenteile besteht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 – 1 StR 355/13).

3. Die durch die Beschwerde vorgetragenen Argumente rechtfertigen keine andere Betrachtung.

Der Einwand, bei sinngemäßen Wiedergaben könnten der wesentliche Inhalt und der Kontext, sowie die Nuancen der Gespräche verloren gehen, was eine fundierte und faire Beurteilung des Inhalts erschwere, ist nach kriminalistischer Erfahrung zutreffend. Wortprotokolle (hier in Form einer Übersetzung) können insoweit einen detailreicheren Inhalt und höheren Beweiswert haben. Allerdings besteht zum einen nach dem Dargelegten kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf die Fertigung und Vorlage von Wortprotokollen, zum anderen wird erfahrungsgemäß häufig auch deren Inhalt mit der gleichen Begründung beanstandet. Selbst wenn in der vom Verteidiger beabsichtigten Vorgehensweise (Anhören der Gespräche in Anwesenheit eines – beigeordneten oder für erforderlich erklärten – Sprachmittlers und Übersetzung durch diesen) verfahren würde, wäre nicht ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin auch die Richtigkeit dieser Übersetzung beanstanden würde.

Der Verweis auf § 168b StPO, nach dessen Absatz 1 das Ergebnis von Untersuchungshandlungen aktenkundig zu machen ist, geht fehl. Die (durchgeführte) ermittlungsbehördliche Maßnahme besteht in der Überwachung der Telekommunikation und der Übersetzung einzelner Gespräche in der geschehenen Art und Weise. Dieses ist in den Akten dokumentiert. Aus § 168b StPO kann – anders als die Beschwerde meint – kein „Recht auf eine umfassende Aufklärung der Tatsachen“ abgeleitet werden, wozu „die vollständige und wortgetreue Übersetzung der abgehörten Gespräche“ gehöre. Im Übrigen berührt dieses auch nicht die Frage, ob in dem beantragten Sinne ein weiterer Sprachmittler nach § 187 Abs. 1 GVG als erforderlich anzusehen ist.

Aus Art. 6 EMRK ergibt sich kein Anlass für eine anderslautende Entscheidung. Gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. e hat jede angeklagte Person das Recht, unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. Im deutschen Recht ist der Umfang der nötigen Übersetzungen nunmehr in Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/64/EU in § 187 GVG geregelt (vgl. KK-StPO/Lohse/Jakobs, 9. Aufl. 2023, MRK Art. 6 Rn. 116), dem folgend allerdings – nach dem Dargelegten – eine Beiziehung nicht erforderlich ist. Für die Verständigung zwischen verdächtigen oder beschuldigten Personen und ihrem Rechtsbeistand sollen Dolmetschleistungen gemäß der EU-Richtlinie 2010/64/EU vom 20.10.2010 zur Verfügung gestellt werden. Verdächtige oder beschuldigte Personen sollten unter anderem imstande sein, ihrem Rechtsbeistand ihre eigene Version des Sachverhalts zu schildern, auf Aussagen hinzuweisen, denen sie nicht zustimmen, und ihren Rechtsbeistand über Sachverhalte in Kenntnis zu setzen, die zu ihrer Verteidigung vorgebracht werden sollten (Ziffer 19). Nach dem Dargelegten wäre dieses der Beschwerdeführerin möglich, auch ohne dass der Verteidiger sich anlässlich der „Besichtigung“ der Gespräche diese übersetzen ließe.

Das vom fairen Verfahren (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) implizierte Prinzip der Waffengleichheit ist nicht verletzt, wenn die Staatskasse nicht die Kosten dafür übernimmt, dass der Verteidiger beim – alleinigen – Anhören der Gespräche diese übersetzt erhält. Der Angeklagte bzw. die Verteidigung soll den Strafverfolgungsbehörden verfahrensrechtlich prinzipiell gleichgestellt sein (vgl. MüKoStPO/Gaede, 1. Aufl. 2018, EMRK Art. 6 Rn. 302 m. w. N.). Die „Waffengleichheit“ kann aber nur bezüglich solcher Information einen Auskunftsanspruch gegenüber der Ermittlungsbehörde begründen, die sie tatsächlich erhoben und gesammelt hat, hingegen begründet auch das Recht auf ein faires Verfahren keine Pflicht zur Aktenerweiterung (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 4. Januar 2021 – 202 ObOWi 1532/20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. April 2024 – 2 ORbs 35 Ss 425/23; KG Berlin, Beschluss vom 17. April 2023 – 3 ORbs 78/23). Die Ermittlungsbehörden verfügen ihrerseits aber auch nur über die auf ihrem Server originär gespeicherten und nicht auf einem gesonderten Datenträger vervielfältigten Originalaufzeichnungen (zum Teil in russischer Sprache), die sich der Verteidiger im Rahmen der Akteneinsicht anhören kann, und über die in den Akten enthaltenen Gesprächszusammenfassungen, in die der Verteidiger bereits Einblick genommen hat. Das Verlangen nach Fertigung zusätzlicher Wortprotokolle stellte ein Begehren nach Aktenerweiterung dar, auf die kein Anspruch besteht.“

Sorry, ist ein wenig viel – und das gleich zum Wochenanfang. Ist aber leider unter den Aktenzeichen „18 Qs“ des LG Nürnberg-Fürth häufig der Fall und leider auch nicht immer richtig. So m.E. auch hier. M.E. lässt sich das mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK nicht vereinbaren und auch nicht mit den Akteneinsichtsrecht des Verteidigers. Aber: Was will der Verteidiger nun tun? Rechtsmittel gibt es nicht. Er wird also jetzt nicht allein die Gespräche abhören, sondern die Beschuldigte mitnehmen müssen. Viel Spaß. Die Ermittlungsbehörden werden sich freuen.

Pflichti I: Kleines Potpourri der Beiordnungsgründe, oder: Strafvollstreckung, Betreuung, Ausländer

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Heute dann zur Wochenmitte mal wieder ein „Pflichti-Tag“.

Ich beginne in diesem Posting mit drei Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen, und zwar:

Die Mitwirkung eines Verteidigers im Verfahren zur Erledigung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist regelmäßig in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO erforderlich, wenn die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen fehlender Erfolgsaussicht trotz Fortbestehens des Therapiewillens des Untergebrachten gem. § 67d Abs. 5 StGB für erledigt erklärt wird.

1. Insbesondere bei einem unter Betreuung mit dem „Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden“ stehenden Angeklagten ist regelmäßig von einer Einschränkung der Verteidigungsfähigkeit auszugehen, so dass ein Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2 StPO zu bestellen ist.

2. Gegen die Bestellung der Pflichtverteidigerin spricht nicht der Umstand, dass das Verfahren zum Zeitpunkt der Entscheidung nach § 154f StPO eingestellt ist.

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers wird bei einem nicht hinreichend sprachkundigen Angeklagten nicht bereits deshalb entbehrlich, wenn die sich aus den Sprachschwierigkeiten ergebenden Einschränkungen seiner Verteidigungsmöglichkeiten durch die Hinzuziehung eines Dolmetschers „abgemildert“ werden. Vielmehr kann in solchen Fällen nur dann von der Verteidigerbestellung abgesehen werden, wenn die Einschränkungen durch den Dolmetscher völlig ausgeglichen werden, was bei einer schwierigen Sach- oder Rechtslage fraglich sein kann.

 

Revision III: Hauptverhandlung ohne Dolmetscher, oder: Anforderungen an die Verfahrensrüge

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Und im dritten Posting komme ich dann noch einmal auf den KG, Beschl. v. 17.03.2022 – 3 Ws (B) 33/22 – zurück. Über den hatte ich schon hier unter Rechtsmittel II. Beschränkung des Einspruchs in der HV, oder: Erinnerungslücke beim Verteidiger? berichtet.

Heute weise ich auf die Ausführungen des KG zur Rüge des Betroffenen, das AG habe die Hauptverhandlung ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers durchgeführt, hin. Dazu das KG:

„a) Soweit der Betroffene rügt, die Hauptverhandlung vom 30. November 2021 sei ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers durchgeführt worden, obwohl er über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfüge, ist die Rechtsbeschwerde bereits unzulässig, weil sein Vorbringen nicht den Darlegungsvoraussetzungen von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.

Will ein Betroffener – gestützt auf §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 338 Nr. 5 StPO, 187 Abs. 1 Satz 1 GVG – rügen, es sei ohne Dolmetscher verhandelt worden, obwohl dies zur Ausübung seiner prozessualen Rechte erforderlich gewesen sei, ist im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen er der Hauptverhandlung wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht folgen konnte. Ist ein Betroffener nur teilweise des Deutschen mächtig, liegt die Entscheidung des Gerichts, ob es die Hinzuziehung eines Dolmetschers für geboten hält – anders als bei Verfahrensbeteiligten, die keinerlei Deutschkenntnisse haben – in seinem Ermessen (vgl. BGH NStZ 1984, 328). Damit das Rechtsbeschwerdegericht feststellen kann, ob die Rechtsfolge von § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG vom Tatgericht zwingend anzuwenden war oder in seinem Ermessen stand, bedarf es der Angabe, ob der Betroffene der deutschen Sprache nicht oder nur teilweise mächtig war. War ein Betroffener nur teilweise der deutschen Sprache mächtig, sind zudem genaue Angabe der einzelnen Umstände, die bei einem wesentlichen Verfahrensteil die Zuziehung eines Dolmetschers geboten (Franke in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 338 Rdn. 138), erforderlich. Insbesondere ist darzulegen, wie weit die sprachlichen Fertigkeiten des Betroffenen reichten und was Gegenstand des in Rede stehenden Verhandlungsteiles war, zu dem er der Mitwirkung eines Dolmetschers bedurft hätte (vgl. BGH StV 1992, 54; BayObLG, Beschluss vom 28. Juni 2001 – 5St RR 168/01 -, juris).

Diesen Anforderungen genügt das Rechtsbeschwerdevorbringen nicht, denn es wird schon nicht mit der gebotenen Klarheit mitgeteilt, bei welchem – wesentlichen – Teil der Hauptverhandlung der Betroffene eines Dolmetschers bedurft hätte. Zudem finden sich keine hinreichend genauen Angaben zu den sprachlichen Fähigkeiten des Betroffenen, denn dieser hat lediglich pauschal behauptet, er sei des Deutschen nur “sehr eingeschränkt” mächtig bzw. seine Deutschkenntnisse seien “rudimentär”, zugleich aber vorgetragen, er habe sich in der Hauptverhandlung vom 30. November 2021 zur Sache eingelassen. Auf der Grundlage dessen vermag der Senat die Entscheidung des Amtsgerichts, ohne Dolmetscher zu verhandeln, auf seine Ermessensfehlerhaftigkeit und dem folgend auch nicht darauf zu überprüfen, ob die Hauptverhandlung im Sinne von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 338 Nr. 5 StPO, 187 Abs. 1 Satz 1 GVG in Abwesenheit einer Person stattgefunden hat, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt.“

Pflichti III: Potpourri von Beiordnungsgründen, oder: Ausländer, Steuer, „ungeimpft“, Betreuung, Beweislage

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Und zum Tagesschluss dann noch einige Entscheidungen zu den Beiordnungsgründen – also i.d.R. §3 140 Abs. 2 StPO. Hier stelle ich aber nur die Leitsätze vor, sonst wird es zu viel. Den Volltext muss man dann ggf. selbst lesen 🙂 . Und da sind dann.

Zur (verneinten) Bestellung eines Pflichtverteidigers für ein ukrainische Beschuldigte, der ein Vergehen gem. § 235 StGB vorgeworfen wird, deren Sprachdefizite durch die Zuziehung eines Dolmetschers ausgeglichen werden können.

Steht der Beschuldigte unter Betreuung und zählt zum Aufgabenkreis des Betreuers die Vertretung vor Behörden, ist insoweit stets von einer notwendigen Verteidigung wegen Unfähigkeit der Selbstverteidigung auszugehen.

Es liegt eine schwierige Beweislage, die die Bestellung eines Pflichtverteidigers erfordert vor, wenn zwei Justizorgane die Beweislage unterschiedlich beurteilen.

1. Es besteht schon eine schwierige Rechtslage, wenn divergierende obergerichtliche zu einer Rechtsfrage vorliegen, ohne dass bislang der BGH dazu entschieden hat (im Hinblick auf die Frage der Volksverhetzung für ein Profilbild, auf dem der gelbe Stern mit der Aufschrift „Ungeimpft“ abgebildet ist.
2. Eine schwierige Rechtslage besteht wohl auch, wenn eine Verständigung erörtert wird.
3. Bei der Beurteilung der Schwere der Rechtsfolge sind in die Beurteilung ggf. durch eine Verurteilung drohende Nebenfolgen einzubeziehen.

In einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung ist die Mitwirkung eines Verteidigers wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geboten (§ 140 Abs. 2 StPO).