Revision III: Hauptverhandlung ohne Dolmetscher, oder: Anforderungen an die Verfahrensrüge

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Und im dritten Posting komme ich dann noch einmal auf den KG, Beschl. v. 17.03.2022 – 3 Ws (B) 33/22 – zurück. Über den hatte ich schon hier unter Rechtsmittel II. Beschränkung des Einspruchs in der HV, oder: Erinnerungslücke beim Verteidiger? berichtet.

Heute weise ich auf die Ausführungen des KG zur Rüge des Betroffenen, das AG habe die Hauptverhandlung ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers durchgeführt, hin. Dazu das KG:

„a) Soweit der Betroffene rügt, die Hauptverhandlung vom 30. November 2021 sei ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers durchgeführt worden, obwohl er über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfüge, ist die Rechtsbeschwerde bereits unzulässig, weil sein Vorbringen nicht den Darlegungsvoraussetzungen von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.

Will ein Betroffener – gestützt auf §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 338 Nr. 5 StPO, 187 Abs. 1 Satz 1 GVG – rügen, es sei ohne Dolmetscher verhandelt worden, obwohl dies zur Ausübung seiner prozessualen Rechte erforderlich gewesen sei, ist im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen er der Hauptverhandlung wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht folgen konnte. Ist ein Betroffener nur teilweise des Deutschen mächtig, liegt die Entscheidung des Gerichts, ob es die Hinzuziehung eines Dolmetschers für geboten hält – anders als bei Verfahrensbeteiligten, die keinerlei Deutschkenntnisse haben – in seinem Ermessen (vgl. BGH NStZ 1984, 328). Damit das Rechtsbeschwerdegericht feststellen kann, ob die Rechtsfolge von § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG vom Tatgericht zwingend anzuwenden war oder in seinem Ermessen stand, bedarf es der Angabe, ob der Betroffene der deutschen Sprache nicht oder nur teilweise mächtig war. War ein Betroffener nur teilweise der deutschen Sprache mächtig, sind zudem genaue Angabe der einzelnen Umstände, die bei einem wesentlichen Verfahrensteil die Zuziehung eines Dolmetschers geboten (Franke in Löwe/Rosenberg StPO 26. Aufl. § 338 Rdn. 138), erforderlich. Insbesondere ist darzulegen, wie weit die sprachlichen Fertigkeiten des Betroffenen reichten und was Gegenstand des in Rede stehenden Verhandlungsteiles war, zu dem er der Mitwirkung eines Dolmetschers bedurft hätte (vgl. BGH StV 1992, 54; BayObLG, Beschluss vom 28. Juni 2001 – 5St RR 168/01 -, juris).

Diesen Anforderungen genügt das Rechtsbeschwerdevorbringen nicht, denn es wird schon nicht mit der gebotenen Klarheit mitgeteilt, bei welchem – wesentlichen – Teil der Hauptverhandlung der Betroffene eines Dolmetschers bedurft hätte. Zudem finden sich keine hinreichend genauen Angaben zu den sprachlichen Fähigkeiten des Betroffenen, denn dieser hat lediglich pauschal behauptet, er sei des Deutschen nur “sehr eingeschränkt” mächtig bzw. seine Deutschkenntnisse seien “rudimentär”, zugleich aber vorgetragen, er habe sich in der Hauptverhandlung vom 30. November 2021 zur Sache eingelassen. Auf der Grundlage dessen vermag der Senat die Entscheidung des Amtsgerichts, ohne Dolmetscher zu verhandeln, auf seine Ermessensfehlerhaftigkeit und dem folgend auch nicht darauf zu überprüfen, ob die Hauptverhandlung im Sinne von §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 338 Nr. 5 StPO, 187 Abs. 1 Satz 1 GVG in Abwesenheit einer Person stattgefunden hat, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt.“

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