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BVerfG: Beweismittel können auch nach rechtswidriger Wohnungsdurchsuchung verwertet werden

Das Amtsgericht München ordnete die Durchsuchung der Wohnungen des Beschwerdeführers im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen eines Verstoßes gegen das Markenrecht zum Zwecke der Beschlagnahme von Rechneranlagen sowie von weiteren Unterlagen an. Bei den Durchsuchungen fand die Polizei keine Beweismittel, die im Zusammenhang mit diesem Tatvorwurf standen. Das Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Markenrecht wurde daher eingestellt. Der zugrundeliegende Durchsuchungsbeschluss wurde durch die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 13. November 2005 – 2 BvR 728/05 u.a. – deswegen aufgehoben, weil der mit der Durchsuchung verbundene Grundrechtseingriff außer Verhältnis zu dem allenfalls geringen Tatverdacht gestanden habe.

Bei der Durchsuchung einer der Wohnungen des Beschwerdeführers, die dieser gemeinsam mit anderen Personen bewohnte, fanden die Ermittlungspersonen in einem dem Beschwerdeführer zugeordneten Zimmer Haschisch in nicht geringer Menge sowie zwei Feinwaagen. Der Beschwerdeführer wurde deswegen vom Amtsgericht wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Dieses Urteil wurde auf die Revision des Beschwerdeführers hin vom Oberlandesgericht wegen lückenhafter Beweiswürdigung insoweit aufgehoben, als es um die Zuordnung des Haschischs zum Besitz des Beschwerdeführers ging. Die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel sah das Gericht aber als verwertbar an. Der Beschwerdeführer legte gegen diesen Beschluss Verfassungsbeschwerde ein, die nicht zur Entscheidung angenommen wurde.

Nach Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht sprach dieses den Beschwerdeführer vom Tatvorwurf des § 29a BtMG frei. Es bejahte ein Verwertungsverbot bzgl. der gewonnenen Beweismittel im Hinblick auf den mit der Wohnungsdurchsuchung verbundenen schwerwiegenden Grundrechtsverstoß. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht wiederum das amtsgerichtliche Urteil auf und verurteilte den Beschwerdeführer wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht verneinte ein Verwertungsverbot mit der Begründung, dass dieses nur aus übergeordneten Gründen im Einzelfall anzunehmen sei. Die Revision des Beschwerdeführers blieb ohne Erfolg.

Die erneute Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verwertung der bei dieser Durchsuchung gewonnenen Beweismittel im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verstoß gegen das BtmG verstößt nicht gegen Art. 13 Abs. 1 GG. Zwar verletzte die Anordnung und Durchführung der Durchsuchung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG, wie die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 13. November 2005 festgestellt hat. Es besteht aber kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre. Für die Beurteilung der Frage, welche Folgen ein möglicher Verstoß gegen strafprozessuale Verfahrensvorschriften hat und ob hierzu insbesondere ein Beweisverwertungsverbot zählt, sind in erster Linie die Fachgerichte zuständig. Diese gehen in gefestigter, willkürfreier Rechtsprechung davon aus, dass dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß bei der Beweisgewinnung ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd ist, und dass die Frage jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden ist. Ein Beweisverwertungsverbot bedeutet eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Insbesondere die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers können – müssen indes nicht in jedem Fall – danach ein Verwertungsverbot nach sich ziehen. Die Gerichte haben im vorliegenden Fall die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ausreichend beachtet. Insbesondere wurde die Schwere der Grundrechtsverletzung bei der Durchsuchung in ihrer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren wegen des Verbrechenstatbestandes des § 29a Abs. 1 BtMG angemessen berücksichtigt.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Recht des Beschwerdeführers auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG vor. Denn es liegen keine Anhaltspunkte für eine willkürliche, den Fairnessgrundsatz ignorierende Handhabung der strafprozessualen Grundsätze über Beweisverwertungsverbote vor.

BverfG, Beschl. v. 02.07.2009 – 2 BvR 2225/08

Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 85/2009 vom 28. Juli 2009

OLG Celle: Beweisverwertungsverbot bei der Blutentnahme

Inzwischen hat auch das OLG Celle (Beschl. v. 16.06.2009 – 311 SsBs 49/09) ein Beweisverwertungsverbot bejaht, und zwar – so weit ich es sehe – zum ersten Mal bei einer Drogenfahrt. Das OLG hat „Gefahr im Verzug“ mit der Begründung verneint, dass in den zur Verfügung stehenden 20 Minuten zwischen Anhalten und Blutentnahme an einem Wochentag ohne weiteres ein Richter zu erreichen gewesen wäre. Wenn man bei der Sachlage dann nicht zu einem „evidenten Verstoß“ komme, sei das eine glatte Umgehung des Richtervorbehalts. Das OLG hat außerdem noch darauf hingewiesen, dass es kein Einverständnis mit der Blutentnahme sei, wenn der Betroffene diese bloß widerspruchslos hinnehme.

Es bewegt sich also doch etwas, auch wenn das den Ermittlungsbehörden nicht schmecken wird.

Künstliches Heroin auf Rezept

Nun ist es perfekt: Nach langem Streit über die staatliche Abgabe von künstlichem Heroin an Abhängige in speziellen Einrichtungen unter staatlicher Aufsicht hat der der Bundestag am 28.05.2009 einen von der SPD initiierten Gesetzentwurf beschlossen, der von der CDU abgelehnt und der Opposition unterstützt worden ist (Entwurf eines Gesetzes zur diamorphinen Substitutionsbehandlung, BT-Drs. 16/11515). Danach ist die Abgabe von künstlichem Heroin künftig zulässig.

Voraussetzung für die Teilnahme an dem „Programm“ ist:

  • Die Betroffenen müssen seit mindestens fünf Jahren opiatabhängig sein,
  • mindestens zwei erfolglose Therapien hinter sich haben und
  • mindestens 23 Jahre alt sein.
  • Dazu ist Diamorphin als verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel eingestuft worden.

Ob man es begrüßen soll, ist mir noch nicht ganz klar.

Eigenerwerb, -konsum pp soll straffrei sein/werden

Der Ansatz, den Konsum von Cannabis mit Hilfe des Strafrechts zu verhindern, ist nach Auffassung der Grünen den Nachweis seiner Wirksamkeit bislang schuldig geblieben und faktisch gescheitert, heißt es in einem Antrag der Fraktion (BT-Drs. 16/11762). Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz – BtMG) vorzulegen, der den Wegfall der Strafbarkeit vorsieht, wenn der Täter Cannabiskraut (Marihuana) oder Cannabisharz (Haschisch) zum Eigengebrauch anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion gemeinsam mit Suchtexperten und den Ländern ein nationales Aktionsprogramm zur Cannabisprävention entwickeln. Das Programm solle ein differenziertes Maßnahmenpaket zur Verhaltens- und Verhältnisprävention riskanten Cannabisgebrauchs insbesondere bei Jugendlichen sowie zur Schadensminderung und zur Therapie von Abhängigkeitserkrankungen enthalten. Den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 16/11762

Spice-Verbot in Kraft getreten

Jetzt ist es amtlich: Das Bundesgesundheitsministerium hat die in der Modedroge „Spice“ enthaltenen synthetischen Cannabinoide „CP-47,497“ und „JWH-018“ durch die Zweiundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung – 22. BtMÄndV dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt. Damit ist jede Form von unerlaubter Herstellung, Handel und Besitz nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) untersagt.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat zudem auf Antrag einer Landesbehörde zwei Spice-Mischungen („SMOKE Aromatherapy Incense“ und „Genie Enjoy Genie Blend“) als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft. Damit ist das Inverkehrbringen dieser Produkte auch nach dem Arzneimittelgesetz verboten.

Am 21.01.2009 ist die im Eilverfahren beschlossene Zweiundzwanzigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (Zweiundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung – 22. BtMÄndV) im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 49) verkündet worden. Sie ist am Tag nach ihrer Verkündung, also am 22.01.2009, in Kraft.