„2. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Die Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht, wenn hierfür wegen des Umfangs oder der Schwierigkeit der Sache ein unabweisbares Bedürfnis besteht, um eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte des Angeklagten und einen ordnungsgemäßen Verfahrensverlauf zu gewährleisten. Unter anderem besteht ein solches unabweisbares Bedürfnis bei einer besonderen Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage sowie dann, wenn sich die Hauptverhandlung über einen längeren Zeitraum erstreckt und zu ihrer ordnungsgemäßen Durchführung sichergestellt werden muss, dass auch bei dem vorübergehenden Ausfall eines Verteidigers weiterverhandelt werden kann, oder aber der Verfahrensstoff so außergewöhnlich umfangreich ist, dass er auch nach Ausschöpfung aller Hilfsmittel nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken zweier Verteidiger beherrscht werden kann (vgl. KG OLGSt StPO § 140 Nr. 36; Beschlüsse vom 15. August 2011 – 4 Ws 75/11 –, 21. Juli 2003 – 4 Ws 126/03 – und 5. November 1997 – 4 Ws 236, 237/97 –; KG StV 2017, 155 = StraFo 2016, 414; OLG Hamburg aaO; OLG Frankfurt/M. StV 1993, 348; OLG Brandenburg aaO; OLG Karlsruhe StraFo 2009, 517; OLG Jena, Beschluss vom 7. Oktober 2011 – 1 Ws 433/11 – juris; Senat, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 2 Ws 176/16 –, juris; jeweils mwN).
Dabei kommt die Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers wegen der Schwierigkeit oder des Umfangs der Strafsache allein zur Ermöglichung einer wechselseitigen Vertretung der Verteidiger oder zur allgemeinen Arbeitsentlastung des bestellten Verteidigers oder des Wahlverteidigers nicht in Betracht (vgl. KG, Beschlüsse vom
22. August 2016 – 4 Ws 121/16 – und 9. Februar 2015 – 4 Ws 19/15 –; OLG Jena aaO; OLG Hamm NStZ 2011, 235 = StV 2011, 660). Im Hinblick auf die erwartete Dauer der Hauptverhandlung existiert keine starre Grenze dergestalt, dass ab einer bestimmten Anzahl von Verhandlungstagen die Beiordnung eines zweiten Pflichtverteidigers in der Regel erforderlich ist. Eine solche Bestellung im Fall einer außergewöhnlich langen Hauptverhandlung beruht auf der Erfahrung, dass eine längere Dauer der Hauptverhandlung die Wahrscheinlichkeit erhöht, ein Verteidiger werde planwidrig verhindert sein, und nimmt damit die allgemeine Prozessmaxime der Verfahrensbeschleunigung sowie gegebenenfalls auch das Gebot der besonderen Beschleunigung in Haftsachen auf (vgl. OLG Brandenburg; OLG Hamburg; OLG Frankfurt/M.; jeweils aaO; OLG Hamm NJW 1978, 1986; Senat, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 2 Ws 176/16 –, juris). Sie ist aber nur dann geboten, wenn und soweit andere Reaktionsmöglichkeiten auf die unvorhergesehene Verhinderung eines Verteidigers nicht ausreichen. In Betracht kommen insoweit unter anderem die Unterbrechung der Hauptverhandlung nach § 229 StPO, das Tätigwerden eines Vertreters gemäß § 53 Abs. 1 BRAO oder die Bestellung eines weiteren Verteidigers (erst) bei tatsächlichem Eintritt der Verhinderung oder Ausbleiben des zunächst allein beigeordneten Verteidigers (ggf. unter Rücksichtnahme auf die Vertretungssituation bei der konkreten Gestaltung des Beweisprogramms); die letztgenannte Möglichkeit einer Verteidigerbestellung in der laufenden Hauptverhandlung ist in § 145 Abs. 1 Satz 1 StPO ausdrücklich vorgesehen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Dezember 1993 – 4 Ws 291/93, 304/93 –; OLG Brandenburg; OLG Hamburg; jeweils aaO).
Hinsichtlich des Vorliegens einer solchen Ausnahme steht dem Gerichtsvorsitzenden ein Beurteilungsspielraum bzw. ein Entscheidungsermessen zu (vgl. Senat, Beschlüsse vom 15. August 2011 und 21. Juli 2003; jeweils aaO; OLG Hamm NStZ 2011, 235 = StV 2011, 660; OLG Frankfurt/M. aaO mwN). Der zur Beiordnungsentscheidung berufene Vorsitzende verletzt den ihm eingeräumten Ermessensspielraum erst dann, wenn konkrete Gefahren für die ordnungsgemäße Vertretung des Angeklagten oder den Ablauf der Hauptverhandlung zu besorgen sind und diesen Gefahren anders als durch die Beiordnung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers nicht begegnet werden kann (vgl. KG OLGSt StPO § 140 Nr. 36 mwN).
b) Bei Anlegung des hiernach eingeschränkten Prüfungsmaßstabes hält die angefochtene Entscheidung des Kammervorsitzenden der beschwerdegerichtlichen Überprüfung stand, da eine fehlerhafte Beurteilung und Ermessensausübung durch ihn nicht erkennbar ist.
Das Verfahren weist mit einem Angeklagten und einem Tatvorwurf des Totschlags für ein Schwurgerichtsverfahren weder eine besondere Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage noch einen außergewöhnlichen Umfang auf.
Insbesondere der Umstand, dass auch „fachfremde“ – nämlich insbesondere medizinische Fragen – Gegenstand der Hauptverhandlung sind (u.a. wurde neben einem Schuldfähigkeits- und einem Obduktionsgutachten ein Gutachten zur Altersbestimmung des Angeklagten eingeholt), unterscheidet das vorliegende Verfahren in keiner Weise von anderen Schwurgerichtsverfahren, kennzeichnet solche Verfahren vielmehr regelmäßig.
Weder der bisherige Umfang der Beweisaufnahme (geplant waren ursprünglich neun Verhandlungstage) noch deren weitere Planung (terminiert sind jetzt 15) machen die Mitwirkung eines zweiten Verteidigers im Sinne der oben skizzierten Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, notwendig.
Selbst möglicherweise nachträglich entstehenden Terminkollisionen – die hier bislang nicht geltend gemacht worden sind – führen nicht etwa dazu, dass ein weiterer Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Da als vom Staat zu bezahlender Pflichtverteidiger nur in Betracht kommt, wer gewährleisten kann, dem Verfahren mit seiner Arbeitskraft weitestgehend zur Verfügung zu stehen (vgl. OLG Hamm aaO; NJW 2006, 2788 mwN; OLG Naumburg OLGSt StPO § 142 Nr. 7), wäre bei einer nachhaltigen Verhinderung des Pflichtverteidigers vielmehr dessen Beiordnung aufzuheben (vgl. KG, Beschluss vom 22. August 2016 – 4 Ws 121/16 –). Weil es in Haftsachen jedenfalls öfter zu einem Widerstreit zwischen dem Interesse eines Angeklagten, sich durch den Verteidiger seines Vertrauens vertreten zu lassen, und dem haftrechtlichen Beschleunigungsgebot kommen kann, haben Verteidiger bereits vor der Übernahme eines Mandats und jedenfalls vor Entgegennahme ihrer Beiordnung gewissenhaft zu prüfen, ob ihnen die Teilnahme an einer bevorstehenden Hauptverhandlung voraussichtlich in vollem Umfang oder zumindest im Wesentlichen möglich sein wird, und unterliegen sie auch der Verpflichtung, rechtzeitig auf die Belastung sowie mögliche Terminkollisionen durch andere Verfahren und insbesondere auf bereits konkret absehbare Verhinderungen hinzuweisen (vgl. KG, Beschluss vom 25. November 2016 – [4] 161 HEs 31/16 [30-34/16] – bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 2. Februar 2015 – 5 Ws 36/15 – [juris] mwN). Entsprechendes ist hier bisher nicht geschehen oder auch nur absehbar.