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OWi II: Kein Absehen vom Fahrverbot, oder: Hausbesuche eines Zahnarztes?

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Urheber RosarioVanTulpe

Und als zweite Entscheidung dann der schon etwas ältere KG, Beschl. v. 13.05.2019 – 3 Ws (B) 111/19 – 162 Ss 46/19 – zum Absehen vom Fahrverbot bei einem Zahnarzt.

Das KG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt und ein Fahrverbot verhängt. Dagegen die Rechtsbeschwerde, die ohne Erfolg geblieben ist:

„c) Die Verhängung des einmonatigen Fahrverbots begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn der Gesetzgeber sieht für innerorts begangene Geschwindigkeitsüberschreitungen von 33 km/h ausweislich der § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV in Verbindung mit Nr. 11.3.6 des Anhangs (Tabelle 1) zur laufenden Nr. 11 der Anlage (BKat) zu § 1 Abs. 1 BKatV regelmäßig die Anordnung eines einmonatigen Fahrverbots neben der Verhängung einer Geldbuße vor. Soweit die Rechtsbeschwerdeschrift ausführt, der Betroffene sei aus beruflichen Gründen auf den Führerschein angewiesen, ist anzumerken, dass er sich hierauf grundsätzlich nicht berufen kann, wenn er den Führerschein in Kenntnis der Bedeutung, die dieser für ihn hat, infolge mangelnder Verkehrsdisziplin leichtfertig riskiert (std. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 18. Februar 2019 – 3 Ws (B) 33/19 – m.w.N.). Von der Anordnung eines Fahrverbots kann vielmehr nur dann abgesehen werden, wenn der Sachverhalt so erheblich vom Regelfall abweicht und deswegen Ausnahmecharakter besitzt, dass die Verhängung der regelhaften Sanktionen der BKatV – insbesondere die Anordnung eines Fahrverbots – eine unangemessene Härte darstellt (vgl. Senat, Beschluss vom 12. März 2019 – 3 Ws (B) 53/19 –, juris m.w.N.). Dass die Anordnung des Fahrverbots für den Betroffenen eine solche ganz außergewöhnliche Härte darstellen würde, die er auch nicht durch ihm zumutbare Maßnahmen abfedern kann (vgl. Senat NJW 2016, 1110 m.w.N.), ist nicht ersichtlich.

Das Amtsgericht hat sich im angefochtenen Urteil mit dieser Frage umfangreich auseinandergesetzt und kam rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung, dass mit der Verhängung des Fahrverbotes – auch unter Berücksichtigung seiner beruflichen Tätigkeit – keine unangemessene Härte für den Betroffenen einhergehe. Zwar nimmt er als freiberuflich tätiger Zahnarzt – außerhalb der Sprechzeiten seiner Praxis – unter Nutzung seines Pkws Hausbesuche bei Patienten wahr. Dies macht jedoch nach den Urteilsgründen nicht den Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit aus, sodass der Kernbereich seiner Berufsausübung durch das Fahrverbot nicht tangiert wird und eine Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz durch das Fahrverbot nicht ersichtlich ist. Angesichts dessen sowie der Dauer des angeordneten Fahrverbotes von einem Monat ist es ihm auch unter Berücksichtigung seiner vom Amtsgericht festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse zuzumuten, das Fahrverbot durch eine entsprechende Urlaubsplanung zu überbrücken (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 2004 – 3 Ws (B) 418/04 -, juris m.w.N.) oder in anderer Weise Vorkehrungen zu treffen, was ihm überdies durch die ausgesprochene Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG erleichtert wird.

Schließlich lassen die Urteilsgründe auch ausdrücklich erkennen, dass sich die Bußgeldrichterin der Möglichkeit bewusst war, nach § 4 Abs. 4 BKatV von der Anordnung des Fahrverbots abzusehen, falls der notwendige Warneffekt durch eine angemessene Erhöhung der Geldbuße zu erreichen gewesen wäre.“