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StPO I: Beweisantrag, oder: Der wird in der Hauptverhandlung gestellt

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Heute dann noch einmal drei „StPO-Entscheidungen“.

An der Spitze der KG, Beschl. v. 12.09.2018 – (2) 161 Ss 141/18 (40/18). Es geht um außerhalb der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge. Mit der Revisin war gerügt worden, dass das Tatgericht nicht vor der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen nachgegangen ist. Dazu das KG:

„1. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge genügt nicht der gebotenen Form. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Erhebung der Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß begründenden Tatsachen anzugeben. Sie müssen ohne Bezugnahmen und Verweisungen so umfassend und vollständig mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein aufgrund dieser Angaben prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revi­sion zutrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 2016 – 1 StR 579/15 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 3 Ws (B) 166/17 –, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. § 344 Rdn. 21, mwN).

Die Revision rügt einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und 6 StPO, obwohl – insoweit in der Gegenerklärung klargestellt – in der Hauptverhandlung am 17. April 2018 ein Beweisantrag nicht gestellt wurde. Dabei handelt es sich auch nicht – wie der Revisionsführer meint – um eine bloße Förmelei, weil der Zeuge zu den zuvor stattge­fundenen Hauptverhandlungsterminen regelmäßig geladen worden war. Nur für Beweisanträge in der Hauptverhandlung sind Ablehnungsgründe abschließend normiert (§ 244 Abs. 3, 4 und 5 StPO) und hat eine Ablehnung durch Beschluss zu erfolgen (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO). Bei der Behandlung von Beweisanträgen die vor der Hauptverhandlung gestellt wurden, ist der Tatrichter gerade nicht an § 244 Abs. 3 und 6 StPO gebunden, sondern kann im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht entscheiden (vgl. Trüg/Habetha, Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn. 93, Rn. 55). Diese verpflichtet ihn nur dann zur Erhebung des Beweises, wenn bekannte oder erkennbare Umstände vorliegen, die zur Erhebung des Beweises drängen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1952 – 3 StR 374/52 –, BGHSt 3, 169; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 12 mwN). Zudem handelt es sich bei dem von der Revision vorgetragenen Begehren schon nicht um einen Beweisantrag, da er bereits eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung vermissen lässt. Ob der Angeklagte sich „aggressiv“ verhalten und die Zeugin „verbal angegriffen“ hat, ist eine reine Wertungsfrage, die einem Beweis nicht zugänglich ist (vgl. BGHSt 37, 162).

Eine fehlerhafte Nichterhebung des beantragten Beweises könnte somit lediglich mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden. Eine solche Verfahrensrüge ist vorliegend aber nicht erhoben worden. Die Revision rügt (nur) einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und 6 StPO. Doch selbst wenn die Aufklärungsrüge in der Beweisantragsrüge mit angelegt wäre – wovon der Senat nicht ausgeht –, wäre sie erfolglos geblieben. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO wäre bereits nicht ordnungsgemäß unter Beachtung des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt und daher unzulässig. Es sind weder konkrete Tatsachen bezeichnet, die der Tatrichter unterlassen hat zu ermitteln (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 244 Rn. 102) noch ist vorgetragen, welche konkreten Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätte drängen müssen (vgl. BGH NStZ 1999, 45 mwN; KG, Beschluss vom 16. Oktober 2017 – [5] 121 Ss 143/17 [65/17] –, juris).“

Revision I: Aufklärungsrüge, oder: Das wollen wir lesen

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Heute dann mal ein wenig Revisions- bzw. Rechtsbeschwerderecht – ist ja kein so großer Unterschied – und zwar mit drei Entscheidungen zur Begründung des Rechtsmittels.

Den Opener macht das OLG Bamaberg, Urt. v. 09.02.2018 – 3 OLG 110 Ss 138/17, das zu den Anforderungen an die Aufklärungsrüge bei Zeugenbeweis und wegen unterbliebener Schuldfähigkeitsbegutachtung Stellung nimmt. Es reichen – wie häufig beim OLG Bamberg – die (amtlichen) Leitsätze. Die lauten:

  1. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung eines Zeugen beanstandet wird, ist nicht zulässig erhoben, wenn dessen ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt wird .
  2. Eine zulässige Aufklärungsrüge erfordert ferner den Vortrag, welche konkreten Angaben der nicht vernommene Zeuge hätte machen können.
  3. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterlassene Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB gerügt wird, ist unzulässig, wenn ausreichend bestimmte Behauptungen dazu, welche konkreten Tatsachen das Gericht hätte aufklären können und was es zu der vermissten Beweiserhebung drängen musste, unterbleiben.

Also: Beachten!!

StPO II: Anfängerfehler, oder: Wenn die StA die Aufklärungsrüge „nicht auf die Reihe bekommt“.

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Und als zweite Entscheidung dann eine weitere BGH- Entscheidung, und zwar der BGH, Beschl. v. 08.08.2018  – 2 StR 131/18. Ergangen ist der Beschluss ebenfalls in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtMG. Das LG hatte nicht über das Ergebnis einer Wohnungsdurchsuchung, auf das sich der Anklagevorwurf maßgeblich stützte, Beweis erhoben und hatte die aufgefundenen Beweismittel nicht verwertet, da die Durchsuchung und damit auch die Bekundung der durchsuchenden Beamten einem Beweisverwertungsverbot unterfielen. Hierzu hat die Strafkammer im Urteil festgestellt, dass die Polizei am 06.08.2016 im Zuge von Ermittlungen wegen eines Raubes einen Fahndungsaufruf veröffentlicht habe, in welchem der Tathergang und eine Täterbeschreibung mitgeteilt worden seien. Aufgrund dieses Fahndungsaufrufes habe ein anonymer Anrufer der Polizei (lediglich) mitgeteilt, dass der Angeklagte K. neben einem N. und einer Frau an der Raubtat beteiligt gewesen seien. Gleichwohl habe das Amtsgericht Aachen in Kenntnis des vorangegangenen Fahndungsaufrufs am 09.09.2016 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss gegen den Angeklagten K. und den weiteren benannten Täter N. erlassen. Den insoweit erforderlichen Anfangsverdacht habe es allein auf die Angaben des anonymen Anrufers und den Umstand gestützt, dass eine Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls auf den Beschuldigten N. passe.

Die Strafkammer hat die Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung als willkürlich angesehen, was ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe, so dass die bei der rechtswidrigen Durchsuchung erlangten Beweise in der Hauptverhandlung nicht zu erheben gewesen seien. Weitere Beweismittel, durch die den Angeklagten die ihnen vorgeworfene Tat mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung hätte nachgewiesen werden können, seien nicht vorhanden. Sie hate frei gesprochen. Dagegen dann die Revision der StA, die keinen Erfolg hatte, u.a. hatte die StA die Aufklärungsrüge „nicht auf die Reihe bekommen“:

1. Die auf die unzutreffende Annahme eines Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots gestützte Aufklärungsrüge (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. März 1995 – 4 StR 77/95, NStZ 1995, 462) ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).

Rügt der Beschwerdeführer, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes für Beweismittel angenommen, die aufgrund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt worden sind, ist in aller Regel zunächst der Beschluss mitzuteilen, durch den das zuständige Amtsgericht die Wohnungsdurchsuchung angeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, NStZ 2011, 471, 472). Fehlt es an einer ausreichenden Darstellung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Übrigen konkret in Zweifel gezogen, ist darüber hinaus die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17, juris Rn. 17; Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, aaO). Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung umfassend beurteilen und gegebenenfalls weitergehend prüfen, ob, sollte die ermittlungsrichterliche Anordnung rechtsfehlerhaft sein, aus dem Verfahrensfehler im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Denn über das Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes ist regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte sowie der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO).

b) Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen nicht gerecht. Die Beschwerdeführerin hat die Darstellung der Verfahrenstatsachen auf die von ihr in die Revisionsbegründung eingerückten Urteilsgründe, die vom Senat ohnehin zur Kenntnis zu nehmen sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; KK-StPO/Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN), sowie auf die Wiedergabe von Teilen des Ablaufs der Hauptverhandlung beschränkt. Dies genügt hier nicht.

Die Beschwerdeführerin hat bereits den Wortlaut der amtsgerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung vom 9. September 2016 nicht mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis vermag der Senat die Rechtsmäßigkeit des Beschlusses nicht zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem im angegriffenen Urteil dargestellten Inhalt erschöpft. Daneben fehlt es an der Mitteilung maßgeblicher Teile des Ermittlungsstandes zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Beschlussfassung. Es mangelt an der Darlegung des Inhalts der anonymen Anzeige und des Fahndungsaufrufs sowie der Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls, sodass der Senat nicht beurteilen kann, ob das Amtsgericht dem Umstand, dass diese Täterbeschreibung auf den weiteren benannten Täter N. passte, zu Recht als ein den anonymen Hinweis stützendes Beweismittel angesehen hat. Zudem hätte es der näheren Darstellung des Verfahrensganges, mithin des Inhalts des Widerspruchs der Verteidigung gegen die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Beweiserhebung, sowie des Beschwerdeverfahrens bedurft, in dem das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 31. Oktober 2016 die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses festgestellt hat. Ohne Mitteilung des Beschwerdeverfahrens bleibt offen, ob dieses weitere Erkenntnisse zum Ermittlungsverfahren offenbart.

Tja, das nennt man dann wohl Anfängerfehler. Den sollte man als Verteidiger vermeiden 🙂 .

Strenge bei der Aufklärungsrüge, oder: Stand das Verkehrsschild vor oder nach der Messstelle?

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Und als zweite Entscheidung am „Fast-Feiertag“ dann der OLG Bamberg, Beschl. v. 26.06.2017 – 3 Ss OWi 800/17. Für mich eine etwas zwiespältige Entscheidung. Es geht um die Anforderungen an die Aufklärungrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bei einer durch Verkehrszeichen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung. Der Betroffene hatte gegen eine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geltend gemacht, die erlaubte Geschwindigkeit habe an der Messstelle nicht 50 km/h betragen, wovon das AG ausgegangen war, sondern 60 km/h. Dazu hatte er auf ein Lichtbild Bezuig genommen.

Das OLG sieht die Aufklärungsrüge als unzulässig an:

„a) Die Verfahrensrüge ist bereits unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen des § 79 III 1 OWiG i.V.m. § 344 II 2 StPO nicht entspricht. Danach muss der Beschwerdeführer die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 19.05.2015 – 1 StR 128/15 = BGHSt 60, 238 = NStZ 2015, 541 = StV 2016, 78 = StraFo 2015, 381 = JR 2016, 78 m.w.N.). Für die Aufklärungsrüge bedarf es hierzu unter anderem des Vortrags, weshalb sich der Tatrichter zu entsprechender Aufklärung gemäß § 46 I OWiG i.V.m. § 244 II StPO gedrängt sehen musste (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 13.12.2016 – 3 StR 193/16 = NStZ-RR 2017, 119 und 31.05.2016 – 1 StR 22/16 [bei juris], jew. m.w.N.). Hieran fehlt es aber. Die Rechtsbeschwerde behauptet hierzu lediglich, aus den in einer vorangegangenen Hauptverhandlung am 23.02.2016 vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, dass die Geschwindigkeit „im gegenständlichen Bereich“ auf 60 km/h beschränkt gewesen sei. Es wird aber bereits nicht vorgetragen, ob das auf den Fotos abgebildete Verkehrszeichen vor oder nach der Messstelle angebracht war. Der nach Ablauf der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde eingegangene, ergänzende Vortrag ist nicht berücksichtigungsfähig. Schon gar nicht wird dargetan, was dem Tatgericht zum Standort des Verkehrszeichens mitgeteilt worden war. Aufgrund dessen kann allein nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde nicht beurteilt werden, ob sich das AG zu weiterer Beweiserhebung gedrängt sehen musste. Denn wenn das abgebildete Verkehrsschild nicht vor der Messstelle, sondern erst danach angebracht worden war, konnte es im Hinblick auf § 41 II StVO für den Geschwindigkeitsverstoß von vornherein keine Bedeutung erlangen und bot daher auch keinen Anlass zur weiteren Aufklärung.“

Nun ja, ob zu einem ausreichenden Vortrag in solchen Fällen nun wirklich auch noch gehört, dass der Betroffene vorträgt, dass das entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungsschild vor der Messstelle aufgestellt war, wage ich zu bezweifeln. Man könnte, wenn man will – aber das OLG Bamberg will eben nicht – auch davon ausgehen, dass in dem entsprechenden Vortrag des Betroffenen grundsätzlich auch (immer) die Aussage enthalten ist, dass das Schild vor der Messstelle aufgestellt war. Der vom OLG Bamberg geforderte Vortrag würde die Anforderungen also überspannen. Im Übrigen müsste man dann m.E. auch von dem tatrichterlichen Urteil in den Fällen verlangen, dass es ex pressis verbis mitteilt, dass das geschwindigkeitsbegrenzende Schild vor der Messstelle aufgestellt war. Auf die Idee ist bisher aber – so weit ich das übersehe – noch kein OLG gekommen.

Im entschiedenen Fall hätten die Überlegungen dem Betroffenen allerdings nichts gebracht. Denn er hatte Bilder vorgelegt, aus denen sich nach den Feststellungen des OLG im Freibeweisverfahren ergeben hat, dass das Schild erst nach der Messstelle aufgestellt war. Und damit war die Aufklärungs zumindest unbegründet. Man/Das OLG hätte sich also wegen der Zulässigkeit gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen müssen.

Verfahrensrüge III:, oder: Bei der Aufklärungsrüge muss alles auf den Tisch

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Der dritte Beitrag zur revisionsrechtlichen Verfahrensrüge betrifft den OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2016 – 3 RVs 80/16. In ihm hat das OLG u.a. eine Aufklärungsrüge behandelt, die – wie fast alle – Aufklärungsrügen – natürlich unzulässig war:

„c) Die Aufklärungsrüge, das Landgericht habe den behandelnden Arzt des Angeklagten als Zeugen vernehmen und ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen, ist auch nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend begründet worden. Eine ordnungsgemäße Aufklärungsrüge verlangt die Angabe der Beweistatsachen, des Beweismittels und der Tatsachen, die den Tatrichter zum Gebrauch des Beweismittels gedrängt oder dessen Gebrauch zumindest nahegelegt haben sollen. Ferner ist mitzuteilen, welche – dem Angeklagten günstige – Tatsache die unterlassene Beweisaufnahme ergeben hätte, wobei es nicht genügt, ein günstiges Ergebnis lediglich als möglich darzustellen. Ferner ist auszuführen, in welchem Umfang eine Beweiserhebung bereits stattgefunden hat. Diesen Anforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht. Es fehlt die schlüssige Mitteilung von Umständen, die das Gericht zu einer weiteren Aufklärung gedrängt haben können. Aus dem Rügevorbringen ergibt sich lediglich, dass der Verteidiger des Angeklagten (pauschale) Angaben zu Rauschmittelkonsum und Medikamenteneinnahme des Angeklagten im Tatzeitraum gemacht hat. Es fehlen Angaben zu Art und Menge der eingenommenen Schmerzmedikamente und zur Häufigkeit des Suchtmittelkonsums. Unklar bleibt auch, ob der Angeklagte sich zu den Angaben seines Verteidigers und wenn ja wie eingelassen hat. Auf der Grundlage der mitgeteilten Tatsachen ist keine Beurteilung möglich, ob ein Kausalzusammenhang zwischen Medikamenten- und Suchtmittelkonsum und den abgeurteilten Taten überhaupt ernsthaft in Betracht kam.“

Also: Da muss alles auf den Tisch….