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Die zweite Entscheidung kommt vom BVerfG. Das hat im BVerfG, Beschl. v. 28.09.2023 – 2 BvR 739/17 – zur Kostenerstattung im verfassungsgerichtlichen Verfahren Stellung genommen.
Gestritten worden ist um die Erstattung von Kopierkosten in einem erfolgreichen beendeten Verfassungsbeschwerdeverfahren und um Reisekosten für eine vor Ort durchgeführte Akteneinsicht. Der beschwerdeführende Rechtsanwalt hatte im März 2017 Verfassungsbeschwerde gegen ein von Bundestag und Bundesrat beschlossenes Gesetz eingelegt und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Der Vorsitzende des Zweiten Senats ordnete die Zustellung der Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 94, 77 BVerfGG an und gab verschiedenen Verbänden nach § 27a BVerfGG Gelegenheit zur Stellungnahme. Dem Rechtsanwalt wurde mitgeteilt, welchen Stellen bis wann Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde und dass ihm beim Gericht eingehende Stellungnahmen zur Kenntnis gebracht würden. Der Vorsitzende ordnete dann mit am 21.2.2018 versandten schreiben die Übersendung der eingegangenen Stellungnahmen auch an den Rechtsanwalt an.
Im Laufe des Verfahrens beantragte der Rechtsanwalt mehrfach die Gewährung von Akteneinsicht. Das Gericht kam den Gesuchen in der Weise nach, dass es dem Rechtsanwalt am 22.11.2017 und am 15.03.2018 jeweils ermöglichte, die Verfahrensakten am Gerichtssitz einzusehen.
Mit Beschluss vom 13.02.2020 hat das BVerfG der Verfassungsbeschwerde stattgegeben und die Erstattung notwendiger Auslagen gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG angeordnet; mit Beschluss v. 01.12.2020 wurde ergänzend angeordnet, dass die Bundesrepublik Deutschland dem Rechtsanwalt seine notwendigen Auslagen sowohl für das Hauptsacheverfahren als auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten habe. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wurde für das Hauptsacheverfahren auf 250.000 EUR und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 125.000 EUR festgesetzt. Der Rechtsanwalt hat zuletzt beantragt, für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Kosten in Höhe von 3.047,35 EUR und für das Verfassungsbeschwerdeverfahren Kosten in Höhe von 5.392,01 EUR festzusetzen. Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat er eine 1,6-Verfahrensgebühr, eine Pauschale für Post und Telekommunikation sowie Umsatzsteuer geltend gemacht, im Verfassungsbeschwerdeverfahren eine 1,6-Verfahrensgebühr, Auslagen für die Erstellung von insgesamt 2.420 Mehrfertigungen, Reisekosten für die An- und Abreise zur Akteneinsicht am 22.11.2017 und am 15.03.2018 mit der Bahn nebst Tage- und Abwesenheitsgeldern, eine Pauschale für Post und Telekommunikation sowie Umsatzsteuer.
Die Rechtspflegerin des Zweiten Senats hat die zu erstattenden Kosten auf insgesamt 7.175,30 EUR, und zwar 2.970,53 EUR für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und 4.204,77 EUR für das Verfassungsbeschwerdeverfahren, festgesetzt. Die beantragten Auslagen für Kopierkosten in Höhe von 380,50 EUR und Reisekosten für zwei Akteneinsichtnahmen in Höhe von 385,80 EUR und dabei angefallene Tage- und Abwesenheitsgelder in Höhe von 140,00 EUR sind als nicht erstattungsfähig angesehen worden, weil sie nicht notwendig gewesen seien.
Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte in der Sache teilweise Erfolg. Die Ablehnung der Erstattung der geltend gemachten Auslagen für die Kopien hat das BVerfG bestätigt, die Ablehnung der Festsetzung von Kosten für die zwei Akteneinsichtnahmen hat es hingegen beanstandet.
Zu der umfangreich begründeten Entscheidung passen folgende Leitsätze:
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- Im verfassungsgerichtlichen Verfahren eingereichte Mehrfertigungen sind nicht stets erstattungsfähig, sondern nur in den in der Nr. 7000 VV RVG geregelten Fällen.
- Vor dem Hintergrund, dass nach der Praxis des Bundesverfassungsgerichts Akteneinsicht im verfassungsgerichtlichen Verfahren in der Weise gewährt wird, dass entweder die Möglichkeit eingeräumt wird, die Verfahrensakte am Gerichtssitz einzusehen, oder indem das Gericht Kopien aus der Verfahrensakte fertigt und dem Beteiligten übersendet ist es, zumal, wenn die Akten einen erheblichen Umfang haben, nicht zu beanstanden, wenn der Akteneinsichtsberechtigte die Entscheidung trifft, die Akten vor Ort einzusehen und so von seinem Akteneinsichtsrecht Gebrauch zu machen.
Anzumerken ist: Die Entscheidung betrifft das verfassungsgerichtliche Verfahren. Sie ist auf andere Verfahren m.E. nur bedingt übertragbar.
1. Die Antwort auf die Frage der Erstattung der Kosten für die Anfertigung von Kopien ist/war hier der Regelung in § 23 Abs. 3 BVerfGG geschuldet. Danach kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen. Sind aber Mehrfertigungen nur auf Anforderung zu erstellen und einzureichen, dann kann der Verfahrensbeteiligte keine Erstattung unaufgefordert eingereichter Kopien verlangen. § 23 Abs. 3 BVerfGG geht insoweit der Regelung im RVG vor. In Zivil- und Strafverfahren gilt die Regelung der Nr. 7000 VV RVG.
2. Auch die Ausführungen des BVerfG zu den Reisekosten wird man nicht 1 zu 1 auf andere Verfahren, wie z.B. das Strafverfahren, übertragen können. Denn in diesen wird i.d.R. Akteneinsicht durch Zuverfügungstellen einer Kopie der Verfahrensakte am Kanzleisitz des Rechtsanwalts gewährt. Ist das allerdings (ausnahmsweise) nicht der Fall, sind die entsprechenden Reisekosten erstattungsfähig und der Rechtsanwalt kann sich auf diese Entscheidung berufen. Der Pflichtverteidiger hat insoweit die Möglichkeit, sich abzusichern und einen Antrag nach § 46 Abs. 2 RVG zu stellen.