Archiv der Kategorie: Untersuchungshaft

Ein Hauptverhandlungstag/Woche reicht nicht, oder: Wenn ein LG es besser kann als ein OLG

© Birgit Reitz-Hofmann - Fotolia.com

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Es gibt sie – „schöne Beschlüsse“ aus Dresden. Über einen weniger „schönen“ des OLG Dresden hatte ich ja neulich erst berichtet müssen (vgl. den OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2014 – 2 Ws 542/14 und dazu Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer vom OLG Dresden und dazu dann noch der VerfGH Sachsen, Beschl. v. 26.02.2015 – Vf. 7-IV-15 (EIS) mit Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer aus Sachsen – II). Heute dann auch zu einer Haftfrage der LG Dresden, Beschl. v. 30.03.2015 – 4 Qs 25/15, ein „schöner“ Beschluss. Er verhält sich u.a. zur Frage der Verletzung des Beschleunigungsgebotes durch das AG Dresden. Das hatte in einem Verfahren wegen gewerbs- u. bandenmäßigen Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. nach Auffassung des LG nicht ausreichend „hautpverhandelt“. Die Beschlussgründe sprechen m.E. für sich, wenn es heißt:

…. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 25.11.2014 wurde bei der gesetzlichen Haftprüfung im Sinne der §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft bei beiden Angeklagten angeordnet. Das bei Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot wurde u.a. auch deshalb als gewahrt angesehen, da der Vorsitzende des Schöffengerichts in Absprache mit den Verteidigern bereits Hauptverhandlungstermin auf den 21.01.2015 festgesetzt hatte. An diesem Hauptverhandlungstag, bei dem die Strafsache zwischen 13:33 Uhr und 14:55 Uhr verhandelt wurde, wurden keine Zeugen geladen. Auch der weitere Fortsetzungstermin am 10.02.2015 war erkennbar als sogenannter Schiebetermin geplant und war ausweislich des Protokolls nur von 15-minütiger Verhandlungsdauer. Gleiches gilt für den dritten Fortsetzungstermin am 03.03.2015, bei dem ebenfalls keine Zeugen gehört sondern im Wesentlichen nur Bestandteile der Akte in Augenschein genommen wurden. Auch dieser Termin erstreckte sich über lediglich 15 Minuten. Erst am weiteren Fortsetzungstermin am 13.03.2015 wurde erstmals eine Polizeibeamtin als Zeugin gehört, wobei sich die Verhandlung über einen Zeitraum von 2 Stunden und 25 Minuten – einschließlich einer Sitzungsunterbrechung von 35 Minuten – erstreckte. In diesem Hauptverhandlungstermin stellten die beiden Verteidiger der Angeklagten, die Rechtsanwälte pppp. und pppp. jeweils Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden, der noch in der Hauptverhandlung verkündet wurde, wurden die Anträge jeweils abgelehnt. Zur Begründung wurde hierbei folgendes ausgeführt: „Nach der bis her durchgeführten Beweisaufnahme besteht weiterhin dringender Tatverdacht. Auf Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.10.2014 wird Bezug genommen. Das Verfahren wurde, soweit es die Terminplanung mit den Verteidigern ermöglichte, zügig bearbeitet. Krankheitsbedingte Ausfälle der Zeugen sind nicht vom Gericht zu verantworten. In Anbetracht der Straferwartung im Falle einer Verurteilung ist die Aufrechterhaltung des Haftbefehls und Fortdauer der Untersuchungshaft zu beiden Angeklagten derzeit verhältnismäßig.“  …..

Die Haftbeschwerden sind zulässig und sind auch in der Sache begründet……

Darüber hinaus liegt zugleich auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor. Zwar hat das Amtsgericht mit dem ersten Hauptverhandlungstermin am 21.01.2015 dem Beschleunigungsgebot noch genügt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts reicht eine Verhandlungsdichte von durchschnittlich einem oder knapp über einem Verhandlungstag pro Woche jedenfalls dann nicht mehr aus, wenn die Untersuchungshaft schon lange andauert bzw. an einzelnen Verhandlungstagen nur kurz verhandelt wird. Das Beschleunigungsgebot ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn die in Haftsachen gebotene Terminierungsdichte nicht annähernd eingehalten wird und es sich bei den bislang stattgefunden Hauptverhandlungsterminen seit dem 21.01.2015 – wie dargestellt – überwiegend um sogenannte Schiebetermine gehandelt hat, mit denen nur ein äußerst geringer Verfahrensfortschritt erzielt werden konnte. Es kommt hinzu, dass die weiteren geplanten Hauptverhandlungstermine (07.04., 28.04. und 12.05.2015) mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden können. Dies gilt umso mehr, da sich die Angeklagten derzeit bereits mehr als 10 Monate ununterbrochen in Untersuchungshaft befinden.“

Weniger schön für das AG im Übrigen auch die Ausführungen des LG zur Nichtabhilfeentscheidung:

„Vorliegend enthält weder die Nichtabhilfeentscheidung noch der Beschluss vom 13.03.2015 eine – wenn auch noch so rudimentäre – Auseinandersetzung mit dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme….

Dies gilt umso mehr, da die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts jegliche Auseinandersetzung mit den in den beiden Beschwerdeschriftsätzen vorgetragenen Umständen vermissen lässt.

Ach so. Nein, ich habe kein „O“ vergessen, es ist „nur“ ein LG Beschluss, aber manchmal können die es besser als ein OLG 🙂 .

Verdunkelungsgefahr? – aber nicht mehr nach Vernehmung

© cunaplus - Fotolia.com

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Manche längst obergerichtlich entschiedene Fragen tauchen immer mal wieder auf. Das gilt auch für Haftfragen. Und da ist es das Problem/die Frage des zeitlichen Umfangs des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr. Wobei dann mich (immer wieder) erstaunt, dass manche Fragen dann offenbar bei den Amtsgerichten doch noch nicht angekommen sind. So auch in dem dem LG Braunschweig, Beschl. v. 05.03.2015 – 15 Ns 53/15 – zugrunde liegenden Verfahren wegen Verstoßes gegen das BtMG. Das AG hatte gegen den Angeklagten am 15.12.2014 Untersuchungshaft angeordnet. Als Haftgrund wurde Verdunkelungsgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO angenommen, da Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Angeklagte – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – unlauter auf die Zeugen S und B einwirken würde. Der  Zeuge B hatte aber bereits zeitlich vor Erlass des Haftbefehls in einem Fortsetzungstermin in der Hauptverhandlung am 01.12.2014 Angaben zur Sache gemacht, die Gegenstand des Hauptverhandlungsprotokolls geworden sind. Der Zeuge S hatte in einem weiteren Fortsetzungstermin in der Hauptverhandlung am 15.12.2014 ebenfalls Angaben zur Sache gemacht.

Die Berufungskammer hat den Haftbefehl dann aufgehoben,

„da der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr nicht mehr besteht.

Ob der Angeklagte überhaupt wirksam auf die Zeugen B. und S. einwirken kann, erscheint bereits fraglich. Der Zeuge B. hat sich letztlich bislang unbeeindruckt gezeigt. Der Aufenthaltsort des Zeugen S. ist dem Angeklagten unbekannt. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Denn der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr erfordert jedenfalls auch, dass die konkrete Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert wird. Daran fehlt es, wenn die Beweise so gesichert sind, dass ein Beschuldigter/Angeschuldigter/Angeklagter die Wahrheitsfindung grundsätzlich nicht mehr behindern kann. Bei der Gefahr der Einflussnahme auf Zeugen kann dies insbesondere dann angenommen werden, wenn – wie vorliegend – eine richterlich protokollierte Aussage des jedenfalls im Vernehmungszeitpunkt unbeeinflussten Zeugen vorliegt (LG Zweibrücken, StV 2002, 147; sehr ausführlich LG Hamburg StV 2000, 373). Das mag aus Gründen des Opferschutzes unbefriedigend erscheinen, der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr aber dient ausschließlich der Durchsetzung des Anspruchs auf vollständige Aufklärung der Tat (LG Zweibrücken, a.a.O.; zum Zweck der Untersuchungshaft gem. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., vor § 112, Rn. 4).

Hätte man drauf kommen können, oder?

„Du, du …“, oder: Das folgenlose Überschreiten von Fristen

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Wenn ich solche Beschlüsse wie den KG, Beschl. v. 14.10.2014 – 1 Ws 83/14 – lese, dann frage ich mich immer, warum es eigentlich gesetzliche Fristen gibt, wenn deren Überschreitung doch keine Folgen nach sich zieht, außer vielleicht einem symbolischen „Du, du“. Die Frage stellt sich für mich z.B. bei der Verletzung der Drei-Tages-Frist des § 306 Abs. 2 StPO, aber auch bei der Zwei-Wochen-Frist des § 118 Abs. 5 StPO. Die letztere sieht vor, das eine mündliche Haftprüfung „unverzüglich“ durchzuführen „ist“ und sie – ohne Zustimmung des Beschuldigten „nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden darf“. M.§. deutlich, oder?

Nun, leider nicht, wie der erwähnte KG, Beschluss mal wieder zeigt, den man dahin zusammenfassen kann: Die Überschreitung der Zwei-Wochen-Frist ist dann nicht schlimm, wenn sie nur geringfügig überschritten worden ist.

Der Senat hatte dabei auch die vom Angeklagten geltend gemachte Verletzung des § 118 Abs. 5 StPO bedacht. Zu der mit der Beschwerde erneut vorgetragenen Rüge bemerkt der Senat:

„Richtig ist zwar, daß die in dieser Vorschrift normierte Zweiwochenfrist für die Durchführung der mündlichen Haftprüfung nach dem Gesetzeswortlaut nicht überschritten werden „darf“ und hier bei dem auf den 31. Juli 2014 durch das Landgericht anberaumten Termin zu der am 14. Juli 2014 noch vor dem Amtsgericht beantragten mündlichen Haftprüfung nicht eingehalten worden ist. Das hat jedoch auch unter Beachtung des grundrechtlich geschützten Freiheitsanspruchs des Beschuldigten (Art. 104 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) nach herrschender Meinung nicht zur Folge, daß er bei einer Fristüberschreitung stets aus der Haft zu entlassen ist (vgl. KG, Beschluß vom 20. Juli 2009 – 4 Ws 72/09 -; OLG Köln StV 2009, 653; OLG Hamm NStZ-RR 2006, 17; Schmitt in Meyer-Goßner, StPO 57. Aufl., Rdn. 4 zu § 118; Hilger in LR, StPO 26. Aufl., Rdn. 20 zu § 118). Das steht auch im Einklang mit der zu § 121 Abs. 1 StPO ergangenen Rechtsprechung, wonach allein die verspätete Vorlage der Akten beim Oberlandesgericht noch kein Grund ist, den Haftbefehl aufzuheben (vgl. OLG Hamm NJW 2007, 3221 und NStZ-RR 2003, 143; OLG Karlsruhe StV 2000, 513 – bei juris). Für die Regelung des § 118 Abs. 5 StPO bedeutet das nach Auffassung des Senats, daß jedenfalls in den Fällen, in denen die Verspätung nur geringfügig ist und nicht auf groben Bearbeitungs- oder Organisationsfehlern beruht, wie in den vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidungen des AG Frankfurt/Main (StV 1993, 33) und des AG Hamburg-Harburg (StraFo 2005, 198), die Nichteinhaltung der Frist unschädlich ist. So liegt es hier.

Die Überschreitung der Frist von nur drei Tagen war dadurch bedingt, daß die Staatsanwaltschaft nach der Inhaftierung des Angeklagten unter Beachtung des Beschleunigungsgebots bereits am 23. Juli 2014 Anklage erhoben hatte und damit wegen des umfangreichen Prozeßstoffes ersichtlich auch aus prozeßökonomischen Gründen die weiteren Entscheidungen über die Haftverhältnisse dem für das Hauptverfahren zuständigen Gericht überlassen wollte, das sich ohnehin umfassend in die Sache einarbeiten mußte. In den Akten ist zudem ausführlich dokumentiert, daß unter Berücksichtigung einer angemessenen Vorbereitung der Strafkammer und zeitlicher Verhinderung der Richter sowie des Verteidigers ein früherer Termin nicht möglich war. Dem Angeklagten wäre zudem nicht damit gedient gewesen, wenn das Landgericht die mündliche Haftprüfung fristgerecht durchgeführt und wegen unzureichender Vorbereitung die Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Gesetz (§ 118a Abs. 4 StPO) um eine Woche hinausgeschoben hätte.

Also – wie gehabt: Gerade mal ein verstecktes „Du, du“. Noch nicht mal ein: „Aber nicht wieder tun, dann …..“

Middelhoff bleibt drin – auch 900.000 € Kaution reichen nicht

HaftDas OLG Hamm hat gestern über eine (weitere) Haftbeschwerde von Thomas Middelhoff entschieden. Und: Es hat die Aufhebung des Haftbefehls gegen Middelhoff abgelehnt (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 17.03.2015 – 5 Ws 81/15, zu dem es bisher nur eine PM gibt). Fazit: Middelhoff „bleibt drin“. Es besteht weiterhin Fluchtgefahr und die angebotenen 900.000 € Kaution reichen für eine Außervollzugsetzung nicht aus. Aus der PM:

„Die im Fall des Angeklagten fortbestehende Straferwartung von derzeit immer noch 20 Monaten Freiheitsstrafe begründe einen erheblichen Fluchtanreiz. Der Angeklagte mache weiterhin geltend, dass er gegenwärtig weder über privates Vermögen verfüge noch eine realistische Chance habe, aufgrund eigener Arbeitstätigkeit in Deutschland bzw. dem benachbarten europäischen Ausland Einkommen zu erzielen, mit dem er den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen könne. Der Angeklagte werde sich deshalb schnellstmöglich eine neue wirtschaftliche Existenzgrundlage aufbauen müssen. Dies begründe einen Fluchtanreiz. Der Senat gehe nach wie vor davon aus, dass der Angeklagte nach seinen früheren umfangreichen Auslandskontakten im außereuropäischen Ausland weiterhin geschäftlichen Perspektiven habe.

……..

Der Zweck der Untersuchungshaft lasse sich nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreichen. Eine vom Angeklagten angeboteneSicherheitsleistung in Höhe von nahezu 900.000 Euro, die von Dritten erbracht werden solle, sei nicht ausreichend. Dabei könne offen bleiben, ob die angebotene Sicherheitsleistung im Fall des wegen Untreue in 27 Fällen verurteilten Angeklagten überhaupt ein geeignetes Haftsurrogat sei. Die Höhe der angebotenen Kaution sei nicht geeignet, einen derartigen Druck auf den Angeklagten auszuüben, dass er den Verfall der Kaution nicht riskieren werde. Man könne zwar in der angebotenen Sicherheitsleistung durch Familienmitglieder und enge Freunde ein stabilisierendes Element sehen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass der Angeklagte über viele Jahre hinweg ein jährliches Einkommen erzielt habe, dass die angebotene Kaution um ein Vielfaches übersteige. Für den Fall, dass es ihm auch nur annähernd gelingen sollte, mit dem Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz an frühere Verdienstmöglichkeiten anzuknüpfen, könne er alle Sicherungsgeber binnen kürzester Zeit schadlos stellen.“

Das hat das OLG früher auch schon mal anders gesehen. Noch 20 Monate Straferwartung = noch nicht einmal 2 Jahre reichen zur Begründung der Fluchtgefahr aus? Und der kann ich dann nicht mit einer Kaution von 900.000 € begegnen. Ich habe Zweifel, ob das richtig ist.

Nachtrag: Danke für den Hinweis eines Lesers auf Facebook: Da war in der Überschrift eine „0“ zu viel. Es war keine Kaution von 9.000.000 € angeboten 🙂 . Sorry.

Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer aus Sachsen – II

HaftIch hatte am 06.01.2015 über den OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2014 – 2 Ws 542/14 berichtet (vgl. hier Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer vom OLG Dresden). Nun liegt dazu inzwischen die Entscheidung des VerfGH Sachsen vor, der im VerfGH Sachsen, Beschl. v. 26.02.2015 – Vf. 7-IV-15 (EIS)  – die Verfassungsbeschwerde gegen die Haftentscheidung des OLG Dresden verworfen hat.

Nun, es ist ein ziemlich umfangreicher Beschluss – wie das eben bei Verfassungsgerichten manchmal so ist. Aber mich überzeugen die vielen Worten aus Leipzig nicht. Ich will – und kann aus Platzgründen – das hier nun nicht im Einzelnen ausbreiten, das mag jeder Leser nach Lesen des Beschlusses auch für sich entscheiden. Und so ganz toll ist der Beschluss für das OLG nicht. Mir wären da als OLG-Senat und/oder Berichterstatter zu viele „noch“ enthalten:

„Die Entscheidung lässt die gerichtliche Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie die gerichtlichen Erwägungen zur Frage der Verhältnismäßigkeit allgemein in derzeit noch hinreichendem Maße erkennen….“

Soweit der Senat davon ausgeht, dass die Erstellung des Sachverständigengutachtens den Anforderungen des Beschleunigungsgrundsatzes genügt, lässt die Entscheidungsbegründung gleichfalls in noch hinreichendem Maße eine Überprüfung des Abwägungsergebnisses für den Betroffenen selbst und für die Fachgerichte zu.

Denn der Senat stellt ausdrücklich und in der Sache nach dem oben Gesagten noch hinreichend schlüssig und nachvollziehbar fest, …..“

Und schon gar nicht lesen wollte ich:

„Diese Erwägungen führen insbesondere nicht dazu, dass insoweit schon jetzt hinreichend deutlich absehbare Verfahrensverzögerungen im gerichtlichen Zwischenverfahren bevorstünden, die bereits eingetretenen Verfahrensverzögerungen gleichzustellen wären (vgl. SächsVerfGH, Beschluss vom 22. Januar 2015 — Vf. 112-IV-14 [HSI/Vf, 1134V-14 [e.A.}). Denn die verfassungsrechtlich bedenkliche pauschale Betrachtungsweise des Senats ändert nichts daran, dass die Strafkammer grundrechtlich gehalten sein wird, ihre Verfahrensbehandlung auch im Zwischenverfahren an der im Einzelfall gebotenen Beschleunigung auszurichten. Sie wird hierbei zu berücksichtigen haben, dass an den zügigen Fortgang des Verfahrens umso strengere Anforderungen zu stellen sind, je länger die Untersuchungshaft schon andauert.“

In meinen Augen ist das, was der VerfGH dem OLG Dresden da bescheinigt sicherlich kein „sehr gut“, auch kein „gut“ und m.E. auch kein „befriedigend“, sondern allenfalls eine „4 -„. Man könnte auch sagen: (Gerade) noch einmal gut gegangen. Und wenn in der Sache von der StA dann endlich Anklage erhoben worden ist – auch der VerfGH macht dazu in meinen Augen keinen bzw. zu wenig Druck nach einer U-Haft-Dauer von jetzt weit über einem Jahr: Das LG wird sich nicht ausruhen dürfen. Denn die vom OLG Dresden vorgebene/angedeutete Argumentationsschiene: Ihr dürft so lange, wie die StA gebraucht hat, die sieht der VerfGH als „verfassungsrechtlich bedenkliche pauschale Betrachtungsweise“ an.

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2015 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…