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Gebühren nach Rücknahme des Strafbefehlsantrags, oder: Entsteht ggf. auch die „Befriedungsgebühr“?

Daumen

Das zweite Posting ist dann auch ein „Noch-einmal-Posting“. Denn es geht noch einmal um die Gebühren des Verteidigers nach Rücknahme des Strafbefehlsantrags. Darüber habe ich ja schon häufiger berichtet.

Dem dazu ergangegen LG Gießen, Beschl. v. 04.11.2024 – 7 Qs 147/24 – liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Rechtsanwalt hat den Beschuldigten in einem gegen diesen geführten Verfahren wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruchs vertreten. Gegen den Mandanten war in einem Strafbefehl des AG vom 12.04.2021 eine Geldstrafe festgesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 21.04.2021 zeigte der Beschwerdeführer unter beigefügter Vollmacht vom 21.04.2021 die Verteidigung des Mandanten an, beantragte Akteneinsicht und legte gleichzeitig Einspruch gegen den Strafbefehl ein.

Mit Schriftsatz vom 01.02.2022 hat der Rechtsanwalt für den Beschuldigten zu den Tatvorwürfen Stellung genommen und beantragt, die Klage gemäß § 411 Abs. 3 StPO zurückzunehmen sowie das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen, da das seinem Mandanten vorgeworfene Verhalten keine Straftat darstelle. Unter dem 23.02.2022 nahm die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage nach Maßgabe des § 411 Abs. 3 S. 1 StPO unter Bezugnahme auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen des Rechtsanwalts zurück. Mit Schreiben vom 29.03.2022 und 16.05.2022 erkundigte sich der Rechtsanwalt bei der Staatsanwaltschaft nach dem Sachstand und verwies darauf, dass das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ohne Verzögerungen einzustellen sei und dieses nicht in der Schwebe gehalten werden dürfe. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 01.02.2022 Bezug genommen. Mit Verfügung vom 24.08.2022 hat die Staatsanwaltschaft dann das Verfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das AG hat am 01.02.2023 die notwendigen Auslagen des Beschuldigte der Staatskasse auferlegt.
Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat der Rechtsanwalt die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, die Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG, die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und eine Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren nach Nr. 4104 VV RVG sowie die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht. Die Vertreterin der Staatskasse hat ablehnend Stellung genommen. Nach ihrer Auffassung soll die Nr. 4104 VV RVG nicht entstanden sein, weil der Verteidiger keine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren ausgeübt habe.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hatte Erfolg:

„Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG ist in Höhe von 181,50 € netto entstanden.

Die Gebühr Nr. 4104 VV RVG entsteht für eine Tätigkeit des Verteidigers im vorbereitenden Verfahren bis zum Eingang u.a. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht. Der Beschwerdeführer wurde hier zwar erstmals nach Eingang des Antrages auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht für den Mandanten tätig.

Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wird ein Verfahren jedoch nach Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurückversetzt (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., 2023, § 411 Rn. 8). War der Verteidiger bereits zuvor tätig, kann er die Gebühr für das vorbereitende Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG nicht erneut verdienen (§ 15 Abs. 2 RVG), da es sich insoweit um dieselbe Angelegenheit handelt. War der Anwalt dagegen — wie hier — im vorbereitenden Verfahren noch nicht tätig, dann verdient er mit der „Zurückversetzung“ des Verfahrens in das Ermittlungsverfahren nunmehr die dortige Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV-RVG, wenn er entsprechend tätig wird.

Nicht einheitlich beurteilt wird hingegen die Frage, welche Anforderungen an das erneute Tätigwerden des Verteidigers in diesem Stadium zu stellen sind, und ob hierunter auch eine Tätigkeit fallen kann, welche zugleich die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG auslöst. Das Landgericht Nürnberg-Fürth geht diesbezüglich (wohl) davon aus, dass es nach der Rücknahme des Strafbefehls zunächst erneuter Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft bedarf und erst ein hierauf reagierendes Verhalten des Verteidigers die Verwirklichung des Tatbestands des Nr. 4104 VV RVG begründen kann und daher ein etwaiges Gespräch des Verteidigers mit seinem Mandanten oder der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens hierfür nicht genügt, sondern gebührenrechtlich vielmehr in Nr. 4141 VV RVG als die dort erforderliche Mitwirkung abgegolten ist (vgl. LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 13.10.2020 — 7 Qs 56/20, BeckRS 2020, 28998 Rn.10-12).

Die vorgenannte Auffassung teilt die Kammer jedoch nicht. Vorliegend hat der Beschwerdeführer in dem „wiederaufgelebten“ Ermittlungsverfahren, also nach Rücknahme der öffentlichen Klage am 23.02.2022, gegenüber der Staatsanwaltschaft auf die Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO hingewirkt und diese erneut unter Verweis auf die zuvor dargelegte Rechtsauffassung beantragt. Insoweit handelt es sich zutreffend auch um eine Mitwirkung i.S. der Nr. 4141 VV RVG. Das RVG honoriert auf diesem Weg Tätigkeiten des Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Terminsgebühr führen (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl. 2023, RVG VV 4141 Rn. 1, 2.). Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum dieser Umstand verhindern sollte, dass zusätzlich eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VVRVG ausgelöst werden kann. Diesbezügliche Anhaltspunkte sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr gilt, dass die Verfahrensgebühr Nr. VV 4104 RVG grundsätzlich unabhängig von der Wertigkeit oder dem Umfang der Tätigkeit entsteht. Die Verfahrensgebühr entsteht für alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts, also zum Beispiel auch für Besprechungen/Telefonate mit dem Mandanten, die sich gerade nicht aus der Verfahrensakte ergeben. Es werden insoweit keine hohen Anforderungen gestellt (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl. 2023, RVG VV 4104 Rn. 6, 7). Daher überzeugt es nicht, diese Anforderungen deshalb und nur für den Fall zu stellen, weil es sich hier nicht um ein „originäres“, sondern vielmehr um ein nachträgliches/ zurückversetztes Ermittlungsverfahren handelt. Demzufolge dürften bereits die Entgegennahme der Mitteilung über die Rücknahme des Strafbefehlsantrags und die daraufhin stattfindende Besprechung oder Unterrichtung des Mandanten hinsichtlich des weiteren Verfahrensverlaufs genügen, um die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG auszulösen.

In der Folge kann die Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen auch in diesem Verfahrensstadium zusätzlich eingefordert werden, da Nr. 7002 Anm. 1 VV RVG vorgibt, dass diese in jeder Angelegenheit gefordert werden kann und § 17 Nr. 10 RVG klarstellt, dass das Ermittlungsverfahren/vorbereitende Verfahren und das erstinstanzliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind.“

Zutreffend: So z.B. auch: LG Bamberg, Beschl. v. 8.11.2023 – 13 Qs 79/23, AGS 2023, 556 ; LG Berlin, RVGreport 2017, 106 = AGS 2017, 80) und ja grds. auch das LG Nürnberg-Fürth im zitierten LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.10.2020 – 7 Qs 56/20, AGS 2021, 174. Nur bei der Nr. 4141 VV RVG irrt das LG Nürnberg-Fürth aus den dargelegten Gründen.

Abgeltungsbereiche Grund-/Verfahrensgebühr, oder: Grundkenntnissemangel beim LG Koblenz/LG Siegen

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Und dann Gebühren. Zunächst hier mit zwei „unschönen“ Entscheidungen. Die eine kommt vom LG Koblenz, die andere stammt vom LG Siegen.

Es geht noch einmal um das Zusammenspiel von Grundgebühr und Verfahrensgebühr in Zusammenhang mit der Erstreckung. Im LG Koblenz, Beschl. v. 18.11.2024 – 3 Qs 45/24 – wird nach Verbindung und Erstreckung – zum Sachverhalt bitte im Volltext nachlesen – um die Grund- und Verfahrensgebühr in mehreren der hinzuverbundenen Verfahren gestritten. Die waren nur zum Teil festgesetzt worden. Das AG hatte das damit begründet, dass es sich zum Teil um jeweils eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne gehandelt. Darüber hinaus habe der Verteidiger in drei verfahren auch keine Tätigkeit entfaltet. Die allgemein gehaltene Formulierung, er bestelle sich für alle weiteren Verfahren, stelle keine auch für diese Verfahren eine  gebührenauslösende Tätigkeit des Verteidigers dar. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger Erinnerung eingelegt, die durch das AG zurückgewiesen wurde. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verteidigers hatte nur teilweise Erfolg:

„Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG entsteht nach Übernahme des Mandats und soll den Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall abgelten. Die Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG soll dagegen nach der Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information abgelten. Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anmerkung 1 zu Nr. 4100 VV RVG neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht. Die erste Akteneinsicht ist dagegen bereits von der Grundgebühr umfasst. Wird das Verfahren nach erfolgter Erstinformation zu einem anderen Verfahren verbunden, besteht für die Annahme einer neben der Grundgebühr stets entstehenden Verfahrensgebühr (Nr. 4104) daher kein Raum (OLG Celle, Beschluss vom 26.01.2022, 2 Ws 19/22, juris Rn. 18 m.w.N.).

Danach steht dem Beschwerdeführer über die für das führende Verfahren zuerkannten Gebühren hinaus ein Anspruch auf die Grundgebühr in den Verfahren zu den Fallakten 2, 4 und 5 zu. In diesen Verfahren ist der Pflichtverteidiger durch Stellung eines Akteneinsichtsgesuchs tätig geworden. Eine über die Beantragung und Durchführung der Akteneinsicht hinausgehende Tätigkeit ist für keines der hinzuverbundenen Verfahren dargetan. Die Verfahrensgebühr ist daher nicht entstanden. Darüber hinaus kann der Pflichtverteidiger die insoweit entstandene Post- und Telekommunikationspauschale verlangen.

Da die Verbindung des Verfahrens 2040 Js 82971/23 (Fallakte 2) noch vor der Beiordnung des Beschwerdeführers als Pflichtverteidiger erfolgte, ergibt sich der Gebührenanspruch für die vorangehende Tätigkeit des Beschwerdeführers insoweit bereits aus § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG. Für die Verfahren 2040 Js 14516/23 (Fallakte- 4)und 2040 Js 14518/23 (Fallakte 5)folgt er gemäß § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG aus dem Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 11.06.2024 (131. 83 d.A.).“

Die Entscheidung zeigt mal wieder: Manche lernen es nie. Denn: Hinsichtlich des Verhältnisses und zum Anfall von Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und der Verfahrensgebühr, hier der Nr. 4104 VV RVG, macht das LG allerdings einen Fehler, den auch schon vor kurzem das LG Siegen gemacht hat (LG Siegen, Beschl. v. 19.2.2024 – 10 Qs 4/24 – dazu gleich mehr) und der auch dem OLG Celle in dem vom LG zitierten Beschluss unterlaufen ist (OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22). Gerade die Bezugnahme des LG auf die letzte Entscheidung zeigt, wie schnell falsche Ansichten ein „Eigenleben“ entwi-keln. Das insbesondere, wenn sie offenbar ohne nähere Prüfung übernommen werden, wofür m.E. spricht, dass das LG keine anderen Entscheidungen und/oder Kommentare zitiert, sondern sich nur auf die – an dieser Stelle – falsche OLG-Entscheidung bezieht.

Daher noch einmal: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr – hier die Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren – entstehen nach der Anm. zur Nr. 4100 VV RVG immer nebeneinander (vgl. Burhoff AGS 2021, 433). Voraussetzung für das Entstehen der/dieser Gebühren des Rechtsanwalts sind von ihm für den Mandanten erbrachte Tätigkeiten. Dazu stellt das LG auf die Akteneinsichtsgesuche des Pflichtverteidigers ab und meint, da der Pflichtverteidiger (offenbar) weitere Tätigkeiten nicht erbracht hat, sei die Verfahrensgebühr nicht entstanden bzw. deren Anwendungsbereich nicht erreicht. Dabei übersieht es aber, dass die jeweilige Verfahrensgebühr als sog. Betriebsgebühr immer mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts entsteht und daneben zugleich die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Diese honoriert (nur) den zusätzlichen Aufwand, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt. Sie ist eine Art Verfahrensgebühr mit dem Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert (BR-Drucks. 517/12, S. 439 = BT-Drucks. 1771471, S. 281; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4100 VV Rn 26 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Es ist nicht so, wovon offenbar das LG ausgeht, dass, wenn der Verteidiger nur Tätigkeiten erbringt, die vom Anwendungsbereich dieser Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG erfasst werden, die Verfahrensgebühr – hier die Nr. 4104 VV RVG – wieder wegfällt. Vielmehr verlagert sich die Problematik in den Bereich der Bemessung der Verfahrensgebühr, die ggf., wenn weitere Tätigkeiten „zum Betreiben des Geschäfts„ nicht erbracht werden, nur in Höhe der Mindestgebühr anfällt (so zutreffend LG Hagen, Beschl. v. 23. 4.2018 – 43 Qs 14/18). Die hätten hier also in den in den Verfahren Fallakten 2, 4 und 5 also mindestens auch noch fest-gesetzt werden müssen.

Ob und welche Tätigkeiten der Verteidiger erbracht hat, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen; ich folge dem LG allerdings darin, dass dass die angeführten pauschalen Formulierungen in Schreiben in anderen gegen den Beschuldigten gerichteten Verfahren nicht ausreichen dürften. Dazu muss der Verteidiger vortragen, sollte sich das nicht aus der Akte ergeben. Ein Mandantengespräch oder ähnliches reicht. Beim Pflichtverteidiger entsteht dann aber die gesetzliche Gebühr als Festbetragsgebühr.

Ich hoffe, dass das jetzt aber auch reicht. Aber: Offenbar nich. Denn ähnlich hatte ich auch zu dem oben angeführten LG Siegen, Beschl. v. 19.02.2024 – 10 Qs 4/24  – kommentiert (Erstreckung II: Voraussetzungen der Erstreckung, oder: Grundkenntnisse fehlen beim LG Siegen/der StA Siegen) und dem Einsender vorgeschlagen, gegen die falsche Entscheidung des LG Gegenvorstellung einzulegen – die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.  Aber leider ist sie gestorben. Das LG weiß es im LG Siegen, Beschl. v. 19.09.2024 – 10 Qs 4/24, mit dem die Gegenvorstellung zurückgewiesen worden ist, nach wie vor besser und man setzt noch einen drauf, wenn man ausführt:

„Soweit sich der Vortrag des Verteidigers zu seinen Tätigkeiten in den allgemeinen Behauptungen erschöpft, sich in Akten eingearbeitet zu haben und Besprechungen mit der Mandantin geführt zu haben, begründet dies weder die Geltendmachung einer Grundgebühr, noch einer Verfahrensgebühr. Der Vortrag des Verteidigers ist unsubstantiiert und kann nicht nachvollzogen werden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass Tätigkeiten – abgesehen von Akteneinsichten – nicht aktenkundig sein müssen. Entscheidend ist, ob der Verteidiger die Tätigkeiten erbracht hat. Da er sich tatsächlich vor der Verbindung der Verfahren in die Akten nicht hat einarbeiten können und seine Anträge vorrangig auf eine Beiordnung zielten, hätte es ergänzender Ausführungen auch zu den Besprechungen mit der Mandantin bedurft. Trotz Nachfragen erfolgte dies nicht, so dass Gebührenansprüche nicht festgestellt werden konnten.“

Was soll er denn bitte im Hinblick auf seine Schweigepflicht noch vortragen? Alles mehr als unschön.

OWi III: Kein Fahrverbot wegen beruflicher Härte, oder: Vollstreckung schon während Arbeitslosigkeit?

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Und im dritten Posting habe ich dann noch eine Entscheidung zum Fahrverbot, nämlich den OLG Naumburg, Beschl. v. 06.11.2024 – 1 ORbs 219/24. Das AG hatte gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 800,00 EUR verhängt. Gleichzeitig hat es ein Fahrverbot von 2 Monaten angeordnet. Das AG hat es abgelehnt, wegen einer beruflichen Härte vom Fahrverbot abzusehen. Das bzw. zumindest die Begründung missfällt dem OLG. Das hat daher im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben:

„Der Rechtsfolgenausspruch hält der Überprüfung auf die Sachrüge nicht stand.

Das Amtsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen unter anderem ausgeführt, dass eine Härtesituation, die ein Absehen der Verhängung eines Fahrverbotes hätte rechtfertigen können, bei dem Betroffenen nicht vorliege, da dieser vor dem Antritt seiner neuen Stelle am 19. März 2024 für ca. ein Jahr arbeitslos gewesen sei und in dieser Zeit das verhängte Fahrverbot gegen sich hätte vollstrecken lassen können.

Diese Rechtfolgenzumessungsüberlegung ist unzulässig, da sie eine unzulässige Verkürzung zulässigen Verteidigungsverhaltens darstellt.

Das Amtsgericht dufte die Möglichkeit eines Absehens vom Fahrverbot nicht von vornherein mit dem Argument ablehnen, der Betroffene habe dieses bereits vor Antritt seiner neuen Stelle als Bauleiter antreten können.

Diese Argumentation läuft auf eine unzulässige Verwertung zulässigen Verteidigungsverhaltens zum Nachteil des Betroffenen hinaus, mit der das Amtsgericht die Grenzen des ihm gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG übertragenen tatrichterlichen Bewertungsspielraums in ermessensfehlerhafter Weise überschritten hat. Zwar hat sich ein Betroffener bei Erhalt eines Bußgeldbescheides auf ein mögliches Verbot einzustellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Absehen vom Fahrverbot wegen besonderer beruflicher Härten ausgeschlossen ist, wenn ein Betroffener erst nach Erhalt eines Bußgeldbescheides und anschließender Arbeitslosigkeit eine neue Arbeit aufnimmt (OLG Bamberg, Beschl. v. 9. November 2017, 3 Ss OWi 1556/17, juris; OLG Jena Beschl. v. 24. Mai 2004 — 1 Ss 328/03, BeckRS 2004, 6690).

Die Ausführungen des Amtsgerichts lassen sich auf die unzulässige, nämlich mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbare Erwägung zuspitzen, dass dem Betroffenen angelastet wird, gegen den ihn beschwerenden Bußgeldbescheid überhaupt den Rechtsbehelf des Einspruchs zur gerichtlichen Kontrolle des Bußgeldbescheids eingelegt bzw. den Einspruch aufrechterhalten zu haben, statt hiervon im wohlverstandenen Eigeninteresse abzusehen, um das Fahrverbot alsbald und noch vor Arbeitsantritt zu verbüßen.“

Denjenigen, der mehr zum Fahrverbot wissen möchte, verweise ich <<Werbemodus an>> auf die Ausführungen des Kollegen Deutscher in Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWoi-Verfahren, 7. Aufl., 2024, das man hier bestellen kann. Sollte dann noch vor Weihnachten 🙂 kommen.<<Werbemodus aus>>.

OWi II: Urteil beim qualifizierten Rotlichtverstoß, oder: Besonderheiten bei Messung mit Traffipax Traffiphot III

Im zweiten Posting geht es dann um den OLG Köln, Beschl. v. 29.11.2024 – III 1 ORBs 280/24. Der nimmt zu den Anforderungen an die Urteilsgründe Stellung, wenn die Messung bei einem sog. qualifizierten Roltichtverstoß mit Traffipax Traffiphot III erfolgt ist.

Nach den Feststellungen hatte die Betroffene einen qualifizierten Rotlichtverstoß begangen, indem sie mit ihrem Pkw innerorts trotz einer Rotlichtzeit von 1,01 s zunächst die Haltelinie und anschließend die Kreuzung überquerte. Das OLG hat die Feststellungen des AG als lückenhaft beanstandet und aufgehoben und zurückverwiesen:

„Das angefochtene Urteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass der vom Amtsgericht festgestellte qualifizierte Rotlichtverstoß im Sinne von §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 4 Abs. 1 BKatV i.V.m. Nr. 132.3 BKat frei von Rechtsfehlern festgestellt worden ist. Hinsichtlich der Annahme, das Rotlicht habe bereits „länger als 1 Sekunde“ angedauert, ist die Beweiswürdigung lückenhaft.

Allerdings geht das Amtsgericht im Ausgangspunkt zu Recht davon aus, dass es sich bei der automatischen Rotlichtüberwachung um ein standardisiertes Messverfahren handelt (vgl. Hentschel/König/Dauer, StVO, 47. Aufl., § 37 Rdn. 49).

In einem solchen Fall kann sich das Urteil im Grundsatz, wie allgemein beim Einsatz standardisierter Messverfahren, auf die Angabe des verwendeten Gerätetyps und des gewonnenen Messergebnisses sowie etwaig zu beachtender Toleranzwerte beschränken (vgl. OLG Hamm BeckRS 2006, 15059; OLG Braunschweig NJW 2007, 391; OLG Bremen NZV 2010, 42; OLG Schleswig ZfS 2014, 413; OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 127656; OLG Karlsruhe BeckRS 2022, 8920; OLG Karlsruhe BeckRS 2024, 11920). Näherer Darlegungen über die Messmethode und deren technische Zuverlässigkeit bedarf es damit grundsätzlich nicht, um dem Rechtsmittel-gericht die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen worden sind (vgl. BGH NJW 1993, 3081).

Das Amtsgericht benennt in den Urteilsgründen auch wesentliche Anknüpfungstatsachen, indem die Dauer des Gelblichts, das Vorhandensein einer Haltelinie und zweier Induktionsschleifen, der Abstand zwischen der Haltelinie und der ersten Induktions-schleife, der Abstand zwischen der ersten und der zweiten Induktionsschleife und die gestoppten Rotlichtzeiten mitgeteilt werden (vgl. zum Erfordernis der Mitteilung von Anknüpfungstatsachen: OLG Hamm BeckRS 2006, 15059; OLG Karlsruhe NZV 2009, 201; OLG Schleswig ZfS 2014, 413; OLG Dresden, BeckRS 2017, 157846; OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 127656; OLG Karlsruhe BeckRS 2022, 8920; OLG Karlsruhe BeckRS 2024, 11920; vgl. auch Hentschel/König/Dauer, StVO, 47. Aufl., § 37 Rdn. 49). Zudem wird die Tatörtlichkeit hinsichtlich der Wechsellichtzeichenanlage und der verkehrstechnischen Gestaltung des Verkehrsbereiches beschrieben; auf die Skizzen Bl. 29 f. d. A. wird in zulässiger Weise Bezug genommen.

Indes ist die Rotlichtzeit von der Anlage Traffipax Traffiphot III nicht direkt an der Haltelinie gemessen worden. Das erste Beweisfoto mit der ersten gemessenen Rotlichtzeit wurde vielmehr erst beim Überfahren der ersten Induktionsschleife ausgelöst. Da es aber für den Beginn der Rotlichtdauer auf das Überfahren der Haltelinie ankommt (SenE v. 21.08.1998 – Ss 378/98 = BeckRS 1998, 155014; SenE v. 22.05.2003 – Ss 198/03; Hentschel/König/Dauer, StVO, 47. Aufl., § 37 Rdn. 50 m.w.N.), stellt die auf dem ersten Foto eingeblendete Rotlichtzeit nicht die vorwerfbare Rotzeit dar. Das maßgebliche Überfahren der Haltelinie erfolgte zu einem früheren Zeitpunkt. Vor diesem Hintergrund muss die Zeit zwischen Überschreiten der Haltelinie und dem Erreichen des ersten Messpunkts abgezogen werden, um den betroffenen Fahrzeugführer nicht zu benachteiligen.

Während einige Rotlichtüberwachungsanlagen die vorzuwerfende Rotzeit automatisch (geräteintern) berücksichtigen, ist bei Rotlichtüberwachungen älterer Bauart in aller Regel eine manuelle Rückrechnung der gemessenen Rotzeit in Bezug auf den Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie vorzunehmen (SenE v. 21.08.1998 – Ss 378/98 = BeckRS 1998, 155014; OLG Braunschweig NJW 2007, 391; Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl. § 1 Rdn. 1581 u. 1584; Hentschel/König/Dauer, StVO, 47. Aufl., § 37 Rdn. 48).

Auch bei der hier verwendeten Rotlichtüberwachungsanlage Traffipax Traffiphot III ist die Fahrzeit von der angezeigten Rotzeit zu subtrahieren, die das Fahrzeug vom Überfahren der Haltelinie bis zu der Position benötigt, die auf dem ersten Messfoto abgebildet ist (vgl. Hentschel/König/Dauer, StVO, 47. Aufl., § 37 Rdn. 48; Löhle/Beck DAR 2000, 1 [4]). Sie gehört zu den Anlagen ohne automatische Berechnung der vorwerfbaren Rotzeit (Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl. § 1 Rdn. 1589 ff., 1599). Das Auswerteverfahren ist nicht Bestandteil der Innerstaatlichen Bauartzulassung. Die Berechnungen haben sich an den konkreten Gegebenheiten zu orientieren (Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl. § 1 Rdn. 1599).

Sind – wie hier – zwei Induktionsschleifen vorhanden, durch die zwei Beweisfotos ausgelöst werden, besteht die Möglichkeit, die von dem Betroffenenfahrzeug zwischen den beiden Aufnahmen gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit des Fahrzeugs zu berechnen. Mit Hilfe der errechneten mittleren Geschwindigkeit des Fahrzeugs lässt sich die Zeit berechnen, die der Betroffene für das Zurücklegen der Strecke ab dem Überfahren der Haltelinie bis zum Auslösen des ersten Rotlichtfotos benötigt hat. Diese Zeit ist von der auf dem ersten Foto eingeblendeten Rotlichtzeit abzuziehen, um die rechtlich relevante vorwerfbare Rotlichtzeit zu erhalten. Durch eine solche Weg-Zeit-Berechnung kann – auf der Grundlage einer rekonstruierten Geschwindigkeit – ausgerechnet werden, wann die Haltelinie passiert wurde (vgl. OLG Hamm BeckRS 2006, 15059; OLG Braunschweig, NJW 2007, 391; OLG Dresden, BeckRS 2017, 157846; OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 127656; OLG Karlsruhe BeckRS 2022, 8920; zur Rückrechnung näher Löhle/Beck, DAR 2000, 1 ff.). Die beschriebene Art der Berechnung geht dabei davon aus, dass das Fahrzeug mit gleichbleibender Geschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren ist.

Die Rückrechnung der vorwerfbaren Rotlichtzeit muss nachvollziehbar unter Berücksichtigung aller relevanten Parameter erfolgen (Wegstrecke, Lampenverzögerungs-zeit, Dauer der Rotphase beim Überfahren der ersten Induktionsschleife und Dauer der Rotphase bei Überfahren der zweiten Induktionsschleife). Eine etwaige Lampenverzögerungszeit, welche von der Art des verwendeten Leuchtmittels abhängt, ist ab-zuziehen (Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl. § 1 Rdn. 1599 u. 1601). Lampenverzögerungszeit ist die Zeit vom elektrischen Einschalten der Lampe einer Lichtzeichenanlage bis zum sichtbaren Aufleuchten (vgl. Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 6. Aufl. § 1 Rdn. 1582; Löhle/Beck, DAR 2000, 1 [4]). Die Rückrechnung kann eine Verminderung der vorwerfbaren Rotlichtzeit um bis zu 0,3 Sekunden, bei sehr langsamer Fahrt sogar um bis zu 0,5 Sekunden zur Folge haben (vgl. Krumm SVR 2006, 436 [439]; Burhoff, ZAP 2016, 407; Löhle/Beck DAR 2000, 1 [7]; Beck/Berr/Schäpe/Kärger/Weigel, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. Rdn. 676; zu Fehlerquellen bei Traffiphot III vgl. auch: Buck/Smykowski in Buck/Gieg, Sachverständigenbeweis im Verkehrs- und Strafrecht, 3. Aufl., § 7 Rdn. 45 ff.).

Nach diesen Maßgaben erweisen sich die Ausführungen im angefochtenen Urteil als unzureichend.

Das Amtsgericht hat zwar erkannt, dass eine Rückrechnung auf den Zeitpunkt des Überfahrens der Haltelinie zu erfolgen hat. Auch ist eine Rückrechnung dahin erfolgt, dass der Betroffenen das Missachten einer Rotzeit von 1,01 s vorgeworfen wird, während das erste Beweisfoto bei 1,20 s ausgelöst hat.

Für den Senat ist indes allein anhand der Urteilsgründe nicht überprüfbar, ob die Rückrechnung auf die vorwerfbare Rotlichtdauer nachvollziehbar und ohne jede Benachteiligung der Betroffenen erfolgt ist. Denn das Amtsgericht nimmt nur pauschal auf die „Berechnungen Bl. 158 f. d. A.“ Bezug, ohne mitzuteilen, wer diese erstellt und auf welcher Grundlage, insbesondere aufgrund welcher Berechnungsparameter, die Berechnungen erfolgt sind und ob und ggf. welche Toleranzen bzw. Sicherheitsabschläge hierbei zugunsten der Betroffenen vorgenommen worden, gerade auch im Hinblick auf eine etwaige Lampenverzögerungszeit. Eine solche Darstellung war im vorliegenden Einzelfall auch nicht verzichtbar, da die Grenze zum qualifizierten Rotlichtverstoß – mit der erheblichen Folge eines Fahrverbotes – überhaupt nur denkbar knapp überschritten ist.

Die Sache bedarf nach alledem – gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen (vgl. OLG Braunschweig NJW 2007, 391; Löhle/Beck, DAR 2000, 1 [7]; Krumm SVR 2006, 436 [439]; Burhoff, ZAP 2016, 407; Beck/Berr/Schäpe/Kärger/Weigel, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 8. Aufl. Rdn. 676) – neuer tatrichterlicher Behandlung und Entscheidung.“

OWi I: Keine Schätzungen beim Nachfahren, oder: Gründe (auch) bei Geschwindigkeitsüberschreitung

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Heute dann ein OWi-Tag, ein bisschen habe ich. Nichts Besonderes, aber immerhin 🙂 .

Hier zunächst zwei Entscheidungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung. Die eine befasst sich mehr allgemein mit den Urteilsgründe, in der anderen geht es um die Schätzung der Geschwindigkeit. Also:

Zunächst die Gründe, und zwar hat sich dazu das OLG Naumburg im OLG Naumburg, Beschl. v. 04.10.2024 – 1 ORbs 201/24 – geäußert:

„2. Die Feststellungen zum Schuldspruch beruhen nicht auf einer tragfähigen Grundlage; die Angaben hierzu genügen nicht, um dem Senat eine Überprüfung zu ermöglichen.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass sich die Vorwürfe aus dem Bußgeldbescheid vom 07.11.2022, mit dem dem Betroffenen vorgeworfen wird, am 24.08.2022 um 9:19 Uhr auf der BAB 36 km 41,5 auf Höhe Ilsenburg in Richtung Abbenrode als Führer des Kleintransporters pp. die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 48 km/h überschritten, die Zulassungsbescheinigung Teil I und den vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt zu haben, obwohl er die durch Verkehrszeichen 274 angeordnete erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h hätte erkennen können und müssen, im Rahmen der Hauptverhandlung bestätigt haben (UA S. 2).

Dabei beruhen die Feststellungen zur Person des Betroffenen auf dessen schriftlicher Einlassung sowie auf dem verlesenen FAER vom 08.04.2024; die Feststellungen zur Sache auf dem in Augenschein genommenen Messvideo, auf dem der Kleintransporter mit einer Geschwindigkeit von 128 km/h abzüglich eines nicht genannten Toleranzwertes zu erkennen ist (UA S. 2), sowie der im Rahmen der Hauptverhandlung ausgewerteten Unterlagen, insbesondere der Eichbescheinigung, der Lebensakte des Messgerätes und der Bedienungsberechtigung der Messbeamten, zudem auf den Vermerk der Polizeibeamten auf der Bescheinigung über die maßgebliche Verkehrskontrolle des Betroffenen.

Kein Hinweis findet sich in den Gründen dazu, dass der Betroffene eingeräumt hat, zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt den maßgeblichen Transporter geführt zu haben.

Zudem fehlen – worauf die Rechtsbeschwerde ebenfalls zutreffend hinweist – Angaben zum konkret angewandten Messverfahren, insbesondere ob ein sog. standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen ist. Auch zur konkreten Höhe des zugrunde gelegten Toleranzwertes werden Ausführungen vermisst.

Eine Nachprüfung anhand der Urteilsgründe ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich. Schon deshalb kann das Urteil keinen Bestand haben. „

Und dann das AG Dortmund, Urt. v. 17.10.2024 – 729 OWi-267 Js 1305/24-100/24 – mit folgendem Leitsatz:

Kann bei einer Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug mit nicht geeichtem Tacho in einem 1,5 km langen Tunnel nur eine Geschwindigkeit von vielleicht 135, 140 oder 145 km/h bei gleichbleibendem oder sich vergrößerndem Verfolgungsabstand von nicht festzustellender Länge („vielleicht 50 m, vielleicht auch 200 m“) festgestellt werden, so liegen keine ausreichenden Feststellungen vor, die nach hergebrachten Maßstäben eine Messung durch Nach-fahren darstellen. Insbesondere ist in einem solchen Fall auch eine Verdoppelung der eigentlich zu gewährenden Toleranz von 20 % nicht ausreichend, die Messung “ret-ten“ zu können.