Archiv für den Monat: April 2021

StGB II: Wohnungseinbruchsdiebstahl, oder: Wenn der Angeklagte in die „Werkstatt“ einbricht

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In der zweiten StGB-Entscheidung geht es um Wohnungseinbruchsdiebstahl. Das LG hatte den u.a. wegen „Wohnungseinbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung“ in vier Fällen verurteilt.  Die Revision des Angeklagten hatte dann teilweise Erfolg. Der BGH meint im BGH, Beschl. v. 24.03.2021 – 6 StR 46/21.

„1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit der Angeklagte im Fall 18 der Urteilsgründe wegen „Wohnungseinbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung“ verurteilt worden ist ( § 244 Abs. 4 StPO ; vgl. zur Tenorierung BGH, Beschlüsse vom 19. März 2019 – 3 StR 2/19 Rn. 6, NStZ 2019, 674; und vom 2. Februar 2021 – 4 StR 509/20 Rn. 3).

a) Nach den dazu getroffenen Feststellungen hebelte der Angeklagte ein Fenster der Werkstatt des Geschädigten auf und gelangte so in dessen Büroräumlichkeiten, die er nach stehlenswerten Gegenständen durchsuchte. Außerdem begab er sich in die nach dem gewaltsamen Eindringen ins Gebäude frei zugängliche und dauerhaft bewohnte Wohnung des Geschädigten im Obergeschoss, um auch dort nach Wertgegenständen zu suchen.

b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte in eine Wohnung eingebrochen ist ( § 244 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 4 StGB ). Wohnungen sind abgeschlossene und überdachte Räumlichkeiten, die Menschen wenigstens vorübergehend als Unterkunft dienen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 – 3 StR 526/19 , NJW 2020, 1750 mwN). Der Begriff umfasst auch typischerweise dem Wohnen zuzuordnende Räume, wenn sie mit dem Wohnbereich unmittelbar verbunden sind, wie etwa Kellerräume eines Einfamilienhauses (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 – 4 StR 112/16 ), nicht dagegen Geschäfts- oder Ladenlokale. Falls der Täter – wie hier – bei einem gemischt genutzten Anwesen in einen ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzten Raum einbricht und von dort ungehindert in den Wohnbereich des Tatopfers gelangt, um auch dort zu stehlen, kann darin nur dann ein Wohnungseinbruch gesehen werden, wenn der Geschäftsraum so in den Wohnbereich integriert ist, dass beide eine in sich geschlossene Einheit bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2008 – 4 StR 126/08 , BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Wohnung 2 ).

Das war hier nicht der Fall. Der Einbruch betraf vielmehr die rein geschäftlich genutzte „Werkstatt“ des Geschädigten, die von dessen Wohnbereich getrennt war.“

StGB I: (Versuchter) Diebstahl mit Waffen und dann Verspeisen einer Wassermelone, oder: Subsidiarität

So, und heute dann mal ein wenig Diebstahl und Unterschlagung, also die große Gruppe der Zueignungsdelikte. Also StGB.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 03.02.2021 – 2 StR 417/20. Das LG hat hat den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit Unterschlagung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen die Revision, die Erfolg hatte (na ja, wie man es nimmt 🙂 ):

„1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Der betäubungsmittelabhängige Angeklagte entschloss sich aus finanzieller Not, am 16. Juli 2018 die Wochenendeinnahmen eines Getränkemarkts zu stehlen. Er hatte zuvor in Erfahrung gebracht, dass eine Angestellte die Einnahmen in der Regel in einer Einkaufstasche transportierte. Als er sah, dass eine Angestellte des Getränkemarkts mit einem für den Transport der Einnahmen üblicherweise verwendeten Stoffbeutel den Parkplatz betrat, schoss er mit der von ihm mitgeführten Schreckschusswaffe in die Luft und löste damit einen lauten Knall aus.

Die Angestellte, die – wie vom Angeklagten beabsichtigt – weder ihn noch die Waffe gesehen hatte, ließ vor Schreck u.a. ihr Mobiltelefon fallen. Der Angeklagte entriss ihr in diesem Schreckmoment die Stofftasche mit den vermuteten Wochenendeinnahmen und rannte davon. Auf der Flucht bemerkte er, dass sich in der Tasche an Stelle des Geldes lediglich Zigaretten und Lebensmittel befanden. Eine Mini-Wassermelone, die er der Tasche entnahm, verspeiste er; im Übrigen warf er die Tasche nebst Inhalt weg, der später teilweise in Tatortnähe aufgefunden wurde.

2. Die Verurteilung wegen (tateinheitlicher) Unterschlagung der Mini-Wassermelone hat keinen Bestand, weil die Unterschlagung aufgrund der Subsidiaritätsklausel in § 246 Abs. 1 StGB hinter dem versuchten Diebstahl mit Waffen zurücktritt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte die Stofftasche lediglich deshalb an sich genommen, weil er darin Bargeld vermutete, das er für sich behalten wollte. Damit hat sich der Angeklagte jedoch (noch) nicht das Behältnis nebst übrigem Inhalt zugeeignet (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 494/12, NStZ-RR 2013, 309, 310 mwN). Zutreffend ist das Landgericht deshalb auch vom fehlgeschlagenen Versuch eines Diebstahls mit Waffen ausgegangen, weil sich in der Tasche – anders als vom Angeklagten erwartet – kein Bargeld befand (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Oktober 1989 – 3 StR 336/89, BGHR StGB § 249 Abs. 1 Zueignungsabsicht 4). Dass sich der Angeklagte tatzeitnah aufgrund eines neuen Entschlusses einen Teil des Tascheninhaltes zugeeignet hat, erfüllt zwar den Tatbestand der Unterschlagung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 494/12, NStZ-RR 2013, 309, 310); wegen der Subsidiaritätsklausel, die für alle Delikte mit höherer Strafdrohung gilt, kommt ein dahin gehender Schuldspruch gleichwohl nicht in Betracht (vgl. auch Senat, Beschluss vom 16. Januar 2018 – 2 StR 527/17, NStZ-RR 2018, 118, 119; BGH, Beschluss vom 16. August 2017 – 4 StR 324/17, juris Rn. 3; Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 513/01, BGHSt 47, 243, 244 f.).“

Aber – so viel zum „Erfolg“:

„3. Die Änderung des Schuldspruches lässt den Strafausspruch unberührt. Unbeschadet dessen, dass die Verwirklichung des zurücktretenden Tatbestands bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2002 – 2 StR 477/02, juris Rn. 1; BGH, Urteile vom 20. Juli 1995 – 4 StR 112/95, NStZ-RR 1996, 20, 21, und vom 14. Januar 1964 – 1 StR 246/63, BGHSt 19, 188, 189 jeweils mwN), hat das Landgericht die tateinheitliche Begehung einer Unterschlagung bei der Bemessung der Freiheitsstrafe hier nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet. Die Strafzumessung hält auch im Übrigen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtlicher Nachprüfung stand.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht?

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Am Freitag hatte ich die Frage eines Kollegen eingestellt, der danach gefragt hatte, ob in dem von ihm zur Diskussioin gestellten Fall altes oder neues Recht zur Anwendung kommt (vgl. Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht?).

Der Kollege hatte um eine kurze Antwort gebeten. Die hat er bekommen, nämlich sinngemäß:

„Sie haben nichts übersehen.

Ich verweise auf: Zum Valentinstag ein kleines RVG-Geschenk vom BOB: Beitrag zum Übergangsrecht des KostRÄG online und auf den dort enthaltenen Verweis auf Volpert im StRR 2/2021: KostRÄG 2021: Neues Übergangsrecht in Strafsachen nach § 60 RVG.“

Corona II: Wenn der Verteidiger in der HV keine Maske tragen will, oder: Trennung, Aussetzung, Kostentragung

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Die zweite Entscheidung kommt dann vom OLG Celle. Es handelt sich um den OLG Celle, Beschl. v. 15.04.2021 – 3 Ws 91/21. Ein m.E. mehr als interessanter Sachverhalt 🙂 .

Entschieden hat das OLG über die Beschwerde gegen den Beschluss einer Wirtschaftsstrafkammer, die mit dem Beschluss das Verfahren gegen einen Angeklagten abgetrennt, die Hauptverhandlung gegen diesen nach § 145 Abs. 1 StPO wegen eines einem unentschuldigten Ausbleiben gleichzusetzenden Verhaltens seines Verteidigers in der Hauptverhandlung ausgesetzt und dem Verteidiger die durch die Aussetzung verursachten Kosten gemäß § 145 Abs. 4 StPO auferlegt. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass der Verteidiger sich wiederholt geweigert hatte, der von der Kammer getroffenen Anordnung, im Gerichtssaal einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und durch die die Kammer eine von dem Vorsitzenden zuvor getroffenen Anordnung bestätigt hat, zu folgen.

Die Kammer hat hierzu ausgeführt, die Anordnung, in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, sei aus Gründen des vorbeugenden Infektionsschutzes ergangen, zumal die Hauptverhandlung gegen zwei 74-jährige Angeklagte geführt werde, von denen einer auch unter Asthma leide und daher einer Risikogruppe zuzuordnen seien. Eine Fortsetzung der Hauptverhandlung unter Mitwirkung des Verteidigers sei ausgeschlossen, weil nicht das unnötige Risiko eingegangen werden könne, dass eine möglicherweise infizierte Person die Luft im Gerichtssaal durch Ausatmen mit Viren so anreichere, dass sich andere im Saal anwesende Personen infizieren könnten. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes stelle hiernach das geeignetste und mildeste Mittel dar, um diesen Schutz zu gewährleisten. Das Befolgen der Anordnung sei dem Verteidiger ohne weiteres möglich gewesen; ein ärztliches Attest, welches ihm vom Tragen einer entsprechenden Maske hätte befreien können, habe dieser nicht vorgelegt. Die Kammer sehe in diesem Verhalten des Verteidigers einen Pflichtenverstoß, der einem Entfernen aus der Hauptverhandlung zur Unzeit oder einem Nichterscheinen gleichzusetzen sei. Von jedem Verfahrensbeteiligten dürfe erwartet werden, vor Gericht so aufzutreten und rechtmäßig ergangene Anordnungen zu befolgen, dass ihm unter Beachtung der Unversehrtheit der Rechtsgüter der anderen im Gerichtssaal anwesenden Personen der Aufenthalt gestattet werden kann. Dies gilt insbesondere in Zeiten einer Pandemie, die ihre Ursachen in einem über die Atem- und Raumluft durch Aerosole übertragbaren Virus habe. Bei dem Verhalten des Verteidigers handele es sich nicht um eine bloße Ungebühr, die vom Gericht zunächst zu tolerieren und gegebenenfalls auf berufsrechtlichen Weg zu ahnden wäre. Denn vorliegend gehe es um den Schutz der weiteren am Verfahren beteiligten Personen vor einer unnötigen Steigerung des Infektionsrisikos.

Die Beiordnung eines weiteren Verteidigers stelle nach 19 Verhandlungstagen und einer weitgehend durchgeführten Beweisaufnahme keine Alternative zur Aussetzung dar. Auch in Anbetracht des Verfahrensumfangs wäre einem neuen Verteidiger ein Zeitraum zur Einarbeitung zu gewähren, der eine dreiwöchige Unterbrechung der Hauptverhandlung übersteigen würde. Die Auferlegung der Verfahrenskosten gemäß § 145 Abs. 4 StPO sei geboten, da das schuldhafte Verhalten des Verteidigers die Aussetzung erforderlich gemacht habe. Der Verteidiger habe es ohne gewichtige Gründe abgelehnt, der Anordnung zu folgen. Auch die Möglichkeit der Beibringung eines ärztlichen Attests sei von ihm entgegen seiner Ankündigung vom 20. Hauptverhandlungstag nicht genutzt worden.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde des Angeklagten, mit welcher er sich namentlich gegen die Annahme eines Pflichtenverstoßes sowie die hierauf gestützte Abtrennung des Verfahrens, die Aussetzung der Hauptverhandlung sowie die Auferlegung der hierdurch verursachten Kosten wendet. Die Anordnung, im Sitzungssaal einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, könne nicht auf § 176 Abs. 2 GVG gestützt werden und entbehre daher einer rechtlichen Grundlage. Die Abstände im Sitzungssaal seien gewahrt, es werde regelmäßig gelüftet und auch um seinen Sitzplatz seien Plexiglaseingrenzungen installiert worden. Er selbst sei weder von der Hauptverhandlung ausgeblieben noch habe er sich geweigert, die Verteidigung zu führen. Überdies hätte ein anderer Verteidiger beigeordnet und die Hauptverhandlung hiernach fortgeführt werden können. Die Kammer habe ihr insoweit zustehendes Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Das OLG hat die Beschwerde verworfen. Ich stelle hier dann nur die Leitsätze des Beschlusse ein. Den Rest der umfassend begründeten Entscheidung bitte selbst lesen:

1. Eine auf § 176 GVG gestützte Anordnung, zum Schutz vor einer Covid19-Infektion in der Hauptverhandlung eine medizinische Maske zu tragen, ist regelmäßig nicht zu beanstanden.

2. Eine grundlose Weigerung des Verteidigers, dieser Anordnung zu folgen, kann eine Aussetzung des Verfahrens und hiernach eine Kostentragungspflicht nach § 145 Abs. 4 StPO zur Folge haben.

Corona I: Unterbrechung der Hauptverhandlung?, oder: § 10 EGStPO – Unterbrechung wegen Corona – rettet

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Ich beginne die 17. KW. mit zwei Entscheidungen zu Corona.

Am Start zunächst der BGH, Beschl. v. 11.03.2021 – 1 StR 458/20. Es geht noch einmal um die Frage der Unterbrechung der Hauptverhandlung und die Einhaltung der entsprechenden Fristen. Die Angeklagten hatten gegen die Verurteilung durch das LG mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass die Unterbrechungsfrist gemäß § 229 Abs. 2 StPO nicht gewahrt worden sei, weil eine Krankheit im Sinne des § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht vorgelegen habe.

Der BGH sagt: Zumindest unbegründet:

„Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

1. Die Hauptverhandlung, die am 19. September 2019 begonnen hatte, wurde am 28. Februar 2020, dem 15. Hauptverhandlungstag, unterbrochen und sollte am 17. März 2020 fortgesetzt werden. An diesem Tag teilte ein Schöffe dem Landgericht telefonisch mit, dass er am 16. März 2020 nach einem Kurzurlaub aus Österreich zurückgekehrt sei und sogleich seinen Hausarzt wegen der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus aufgesucht habe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass er aus Kapazitätsgründen eine Testung im Hinblick auf eine mögliche Ansteckung mit diesem Virus nicht vornehmen könne. Das Landgericht hat daraufhin am 17. März 2020 auf Grundlage des § 229 Abs. 3 StPO durch Beschluss festgestellt, dass wegen Besorgnis der Infizierung des Schöffen und der Gefahr einer Ansteckung die Fristen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO gehemmt seien.

Nachdem eine beisitzende Richterin am 21. März 2020 telefonisch mitgeteilt hatte, dass ihr Kind zu einem Kind ihres Nachbarn Kontakt gehabt habe, der anschließend positiv auf den SARS-CoV-2-Virus getestet worden sei, und sich ihre Familie auf Rat des Gesundheitsamtes in häusliche Quarantäne begeben und eine Testung auf den Virus durchgeführt habe, hat das Landgericht am 25. März 2020 mit gleicher Begründung erneut eine Hemmung der Fristen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO nach § 229 Abs. 3 StPO beschlossen.

Mit Beschluss vom 31. März 2020 hat das Landgericht schließlich das Ende der Fristenhemmung zum 29. März 2020 festgestellt, nachdem zu diesem Zeitpunkt die Testung der Familienmitglieder der beisitzenden Richterin auf den Virus jeweils negativ ausgefallen und beim Schöffen keine Krankheitssymptome aufgetreten waren. Am 2. April 2020 hat das Landgericht die Hauptverhandlung mit den Schlussanträgen fortgesetzt und am nächsten Tag das Urteil verkündet.

2. Ein Verstoß gegen die Unterbrechungsvorschriften des § 229 Abs. 2 und 3 StPO liegt nicht vor. Der Ansicht der Revision, dass das Landgericht die Hauptverhandlung spätestens zum 30. März 2020 (Montag) hätte fortsetzen müssen, um die Ein-Monatsfrist des § 229 Abs. 2 StPO zu wahren, trifft nicht zu. Das Landgericht konnte zwar die Hemmung der Fristen nicht auf § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO stützen, weil eine Krankheit im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgelegen hat. Jedoch ist § 10 Abs. 1 EGStPO mit Wirkung vom 28. März 2020 in Kraft getreten, der eine Hemmungswirkung konstituiert, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) nicht durchgeführt werden kann, längstens jedoch für zwei Monate, wobei die Fristen frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung enden.

Die Hemmung des § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO tritt kraft Gesetzes ein. Der Feststellungsbeschluss nach Satz 2 hat nur insofern konstitutive Bedeutung, als er den Beginn und das Ende der Hemmung unanfechtbar feststellt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – 4 StR 431/20 mwN). Demnach war vorliegend – die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 EGStPO lagen unzweifelhaft vor – die Hemmung der Fristen am 28. März 2020 kraft Gesetzes eingetreten und fand ihr Ende am 29. März 2020. Innerhalb der Zehn-Tagesfrist wurde die Hauptverhandlung am 2. April 2020 fortgesetzt. Einer erneuten Beschlussfassung des Landgerichts nach dem 28. März 2020, dass die Unterbrechung auf die neu eingeführte Vorschrift des § 10 Abs. 1 EGStPO gestützt werde, bedurfte es nicht.“

Da war dann der § 10 EGStPO die Rettung.