Archiv für den Monat: April 2021

Sonntagswitz, nach dem „Welttag des Buches“ natürlich zu Büchern

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Am Freitag, dem 23.04.2021, haben wir den „Welttag des Buches“ gefeiert. Daher gibt es hier heute Witze zu Büchern/zum Lesen, und zwar:

Chuck Norris liest keine Bücher.

Er starrt sie so lange an, bis sie ihm freiwillig sagen was er wissen will.


Eine Blondine in der Bibliothek.

Fragt die Blondine den Bibliothekar: „Gibt es auch Bücher mit schlauen Blondinen?“

Darauf der Bibliothekar: „Die Märchenabteilung ist im dritten Stock!“


Kommt ein Mann in die Bücherei: „Ich hätte gerne das Buch „Die Überlegenheit des Mannes“.

Antwort: „Phantasie und Utopie finden Sie im ersten Stock.“


und der ist immer wieder schön:
Die Oma zur Enkelin: „Du darfst dir zu Weihnachten von mir ein schönes Buch wünschen!“

„Fein, dann wünsche ich mir dein Sparbuch.“


Wochenspiegel für die 16. KW., das war Corona, Corona, EncroChat, Mandantenbrief, V-Person und VG Weimar

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Und hier ist er dann, der Wochenspiegel für die 16. KW., mit folgenden Hinweisen auf Beiträge in anderen Blogs:

  1. Keine Kündigung wegen behördlich angeordneter COVID-19-Quarantäne

  2. LG Köln: Regelungen zur virtuellen Hauptversammlung im „Covid 19-Gesetz“ sind verfassungsgemäß und europarechtskonform
  3. Die Homeoffice-Pflicht wird deutlich verschärft

  4. Interview: Ein Jahr Videoverhandlungen am Bundesgerichtshof,

  5. OLG München: Facebook darf Klarnamen-Pflicht einführen
  6. Bewegung bei EncroChat

  7. Stellungnahme von RA Stefan Conen zur gebotenen gesetzlichen Kodifizierung des Einsatzes von V-Personen anlässlich der Sachverständigenanhörung des Deutschen Bundestages online,

  8. Polizeikollegen mit Waffe zum Sex auffordern ist Dienstvergehen,

  9. Mein Brief an den Mandanten
  10. und dann noch aus meinem Blog – war klar: Außer der Reihe zu Corona: VG Weimar zur Maskenpflicht an Schulen, oder: “ausbrechender Rechtsakt”

Rechtsmissbrauch ==> Unzulässiges Rechtsmittel, oder: Nach 409 Vorgängen in fünf Jahren: Wir sind es leid

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Zum Rechtsmissbrauch bei Rechtsmitteln/Eingaben liest man m.E. wenig. Die Gerichte sind mit dem scharfen Schwert – die Annahme von Rechtsmissbrauch führt nämlich zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels/der Eingabe – sehr vorsichtig. Denn man bewegt sich da im Anwendungsbereich des Art. 19 Abs. 4 GG. Aber irgendwann ist dann doch Schluss und es wird Rechtsmissbrauch und damit dann die Unzulässigkeit eines Rechtsmittel festgestellt.

Und einen solchen Beschluss stelle ich dann heute mit dem OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.03.2021 – 1 Ws 367/19 – vor. Da ist dem OLG ersichtlich der „sprichwörtliche Draht aus der Mütze gesprungen“ und das OLG sagt: Wenn es „seit 2016 409 Vorgänge (168 familienrechtliche, 206 strafrechtliche und 35 verwaltungsrechtliche) mit den Eingaben des Antragstellers“ gibt, heißt es: Irgendwann ist Schluss, oder: Genug ist genug und die jetzt noch gestellten Anträge des Antragstellers wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig abgelehnt:

„Grundsätzlich garantiert Artikel 19 Abs. 4 GG jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, einen offenstehenden Rechtsweg. Dieser Gewährleistung liegt der rechtsstaatliche Gedanke einer allgemeinen und lückenlosen gerichtlichen Sicherung gegen Maßnahmen von Trägern der öffentlichen Gewalt im Bereich der individuellen Rechte zu Grunde (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 9). Diese Rechtsweggarantie gilt allerdings nur im Rahmen der jeweiligen Prozessordnung. Es ist insoweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Literatur anerkannt, dass ein Rechtsmittel als rechtsmissbräuchlich und somit unzulässig zurückgewiesen werden kann, wenn der Missbrauch der einzige Zweck des Rechtsmittels ist (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 11; BGH, Urteil vom 7. November 1991 – 4 StR 252/91, juris Rn 37; Urteil vom 11. August 2006 – 3 StR 284/05, juris Rn 16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2019 – I-3 VA 6/19, juris; OLG Rostock, Beschluss vom 9. Februar 2005 – 2 Ss (OWi) 14/05 I 25/05, juris; Meyer/Goßner, StPO, 63. Aufl. 2020, Vor § 33 Rn 10 f; KK-StPO, 8. Aufl. 2019, § 171 Rn 7; BeckOK StPO/Gorf, 38. Edition, 2020, StPO § 171 Rn 7 BT-Drucksache 18/4621, Änderung des § 171 StPO, Seite 26). Ein Rechtsmittel ist dann als rechtsmissbräuchlich einzustufen, wenn der Rechtsmittelführer die ihm eingeräumten prozessualen Möglichkeiten nicht zur Wahrung seiner Belange, sondern gezielt zu verfahrensfremden und verfahrenswidrigen Zwecken einsetzt etwa um den Antragsgegner zu schädigen oder das Gericht zu belästigen. Ein sachliches, von der eingeräumten prozessualen Befugnis gedecktes Anliegen wird dann nicht mehr verfolgt (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 15; BGH, Urteil vom 7. November 1991 – 4 StR 252/91, juris Rn 37; Urteil vom 11. August 2006 – 3 StR 284/05, juris Rn 17; OLG Stuttgart, Beschluss von 15. März 2002 – 1 Ws 41/02, juris Rn 3; OLG Rostock, Beschluss vom 09. Februar 2005 – 2 Ss (OWi) 14/05 I 25/05, juris OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. April 2018 – 2 VAs 25/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2019 – I-3 VA 6/19, juris BT- Drucksache 18/4621, Änderung des § 171 StPO, Seite 26). Neben dem Verhalten des Rechtsmittelführers im konkreten Verfahren kann auch eine Gesamtbetrachtung seines bisherigen Verhaltens gegenüber der Justiz bei der Beurteilung, ob ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt, herangezogen werden (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21. August 2001 – 2 BvR 282/20, juris Rn. 15).

Vorliegend ist ein solcher Rechtsmissbrauch zweifellos zu bejahen. Der Antragsteller überzieht die Justiz seit Jahren mit einer Vielzahl an familiengerichtlicher und strafrechtlicher Verfahren. Ausgangspunkt war eine familiengerichtliche Streitigkeit mit seiner früheren Ehefrau bezüglich der Scheidung und des Sorge- und Umgangsrechts für den gemeinsamen Sohn, deren Ergebnis nicht den Vorstellungen des Antragstellers entsprach.

Im Anschluss kam es zu mehreren Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz, die die Kindsmutter gegen ihn beantragt hatte, und zu Verurteilungen des Antragstellers wegen diesbezüglichen Verstößen. Bereits zu Beginn wurde nahezu jede Entscheidung der Gerichte – und später auch der Staatsanwaltschaften – vom Antragsteller angefochten und nach Abschluss der Rechtsmittelinstanz Gehörsrügen und Gegenvorstellungen erhoben. An die gerichtlichen Verfahren knüpften sich regelmäßig neue Strafanzeigen gegen die verfahrensbeteiligten Personen (Antragsgegner, Zeugen, Rechtsbeistände, Richter etc.) an, die im Falle einer Einstellung des Verfahrens wiederum zu Kettenanzeigen der mit dem Vorgang befassten Dezernenten der Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft führten. Hierbei schöpfte der Antragsteller gewöhnlich den vollen Rechtsweg aus. Darüber hinaus lehnte er schematisch und durch alle Rechtsinstanzen hindurch die mit seinen Verfahren befassten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab – oft ohne nähere Begründung und selbst dann, wenn ihm die Gerichtsbesetzung nicht bekannt war -, und rügte die gerichtliche Besetzung, mehrfach verbunden mit Anträgen, Einsicht in die gerichtsinternen Geschäftsverteilungspläne der letzten Jahre nehmen zu dürfen. Auch hier führte eine Ablehnung seines Ansinnens wiederkehrend zu neuen Befangenheitsanträgen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen gegen die entscheidenden Gerichtspersonen. Die Folge war ein schier unendlicher Kreislauf, den keine der erfolgten gerichtlichen Bescheidungen durchbrechen konnte, da jede Entscheidung eine Flut neuer Anträge und Anzeigen nach sich zog und ähnlich einem Schneeballsystem zu einer Ausuferung der Verfahren führte. Die dargestellte Vorgehensweise beschränkte sich auch nicht nur auf Vorgänge beim Pfälzische Oberlandesgericht, sondern wurde vom Antragsteller bei allen Gerichten von den Amtsgerichten bis zum Bundesgerichtshof in einer Vielzahl von Fällen praktiziert. Allein beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken befassen sich seit 2016 409 Vorgänge (168 familienrechtliche, 206 strafrechtliche und 35 verwaltungsrechtliche) mit den Eingaben des Antragstellers, wobei diese oftmals eine Vielzahl an Entscheidungen beinhalteten. Hierbei entfernten sich die Verfahren zunehmend von ihrem ursprünglichen Belang, aber auch von einem sachlichen Kern. Aus den Schriftsätzen und den über Internetplattformen wie Youtube und Facebook verbreiteten Äußerungen des Antragstellers lässt sich deutlich entnehmen, dass dieser sich inzwischen als Opfer einer behördenübergreifenden, justiziellen Verschwörung sieht. Justizpersonen, die seinen Anträgen nicht stattgeben, unterstellt er willkürliche, sachfremde oder generell väterfeindliche Motive. Er sieht sich einer ihm negativ gesinnten, aus „verfassungsfeindlichen Freisler-Juristen“ bestehenden Unrechtsjustiz gegenüber, die ihn gezielt verfolgt, ihm schaden und ihn letztlich zum Schweigen bringen will, und die er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen muss. Hierbei ist der Antragsteller inzwischen derart in seinem Verfolgungs- und Verschwörungsideen verhaftet, dass er schon bei einfachen prozessualen Handlungen der angerufenen Gerichte reflexartig und ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Sache mit neuen Befangenheitsanträgen oder Strafanzeigen reagiert.

Zuletzt führten bereits gewöhnliche und gesetzlich vorgeschriebene Handlungen des Senatsvorsitzenden wie die Gewährung rechtlichen Gehörs oder die Zustellung von Stellungnahmen zu neuen Befangenheitsanträgen gegen den verfügenden Richter. Eine sachliche Auseinandersetzung mit den staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Argumenten findet nicht mehr statt, stattdessen überhäuft der Antragsteller die Justiz automatisch und unreflektiert mit immer weiteren Anträgen und Beschwerden, größtenteils durch wortidentische Schriftsätze aus anderen Verfahren und ohne eine auf die Sache bezogene, konkrete Begründung. Ein von seinen prozessualen Rechten gedecktes Anliegen in der Sache selbst ist hierbei nicht mehr ersichtlich. Die Schriftsätze verfolgen offenkundig den alleinigen Zweck, als Vergeltung für die vom Antragsteller als Unrecht empfundene früheren Gerichtsentscheidungen die Justiz unnötig zu beschäftigen, Kosten zu erzeugen und den Abschluss der Verfahren zu verhindern. Soweit der Antragsteller sich wiederkehrend auf eine Verfahrensunfähigkeit seiner Person beruft und die Aussetzung der Verfahren begehrt, war dem nicht mehr weiter nachzugehen. Anhaltspunkte für eine solche ergeben sich weder aus dem wiederholt vorgelegten Attest des Z vom 24. Oktober 2019, noch aus dem forensisch-psychiatrischen Gutachten von C vom 16. April 2019, das dieser im Auftrag des 6. Zivilsenats erstattet hat. Das Verhalten und die weiteren Eingaben des Antragstellers geben auch keinen Hinweis darauf, dass sich sein geistiger Gesundheitszustand seitdem verschlechtert haben könnte. Dagegen spricht insbesondere, dass der Antragsteller zuletzt selbst wieder schriftlich gegenüber den Justizbehörden tätig wurde und nicht (vorgeblich) dritte Personen mit der Abfassung von Schriftsätzen beauftragte. Es drängt sich vielmehr der nachhaltige Eindruck auf, dass der Antragsteller auch mit diesem Vortrag nur die Behinderung des Verfahrensfortgangs sowie die unnötige Beschäftigung der Justiz beabsichtigt. Insoweit waren die Anträge des Antragstellers insgesamt wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig abzulehnen.

Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass eventuell eingehende weitere Schreiben in den Verfahren, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, zwar inhaltlich überprüft werden, aber seitens des Senats keine Reaktion mehr erfolgen wird, soweit sich daraus keine neuen rechtlichen oder tatsächlich bedeutsamen Umstände ergeben. Ein Gericht muss es nicht hinnehmen, durch sinnlose Inanspruchnahme seiner Arbeitskapazität bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert zu werden, so dass anderen Rechtssuchenden nur verzögert Rechtsschutz gewährt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2017 – 5 AR (VS 4/17); Beschluss vom 11. Mai 2017 – 2 ARs 290/16; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. April 2018 – 2 VAs 25/18, unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse vom 23. Februar 2016 – 2 BvR 63/16 und 2 BvR 60/16 – und vom 29. Juni 2010 – 1 BvR 2358/08).“

Das enthebt das OLG nun, wie es richtig schreibt, nicht von der inhaltlichen Prüfung, aber im Zweifel wird es keinen weiteren Beschluss mehr geben, es sei denn es kommt etwas Neues.

Verzögerungsrüge, oder: Auch bei mehr als vier Jahre Dauer des Berufungsverfahrens feilscht man noch

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Im „Kessel Buntes“ stelle ich dann zunächst das BGH, Urt. v. 26.11.2020 – III ZR 61/20 – vor. Schon etwas älter, aber erst jetzt veröffentlicht.

Gegenstand des Verfahrens war eine Entschädigung nach den §§ 198, 199 GVG, also nach bzw. in Zusammenhang mit einer Verzögerungsrüge. Geltend gemacht wurde die wegen überlanger Dauer eines zivilrechtlichen Berufungsverfahrens.

Die Klägerin hatte im Jahr 2015 einen Zivilrechtsstreit vor dem LG Hamburg geführt, das ihr mit Urteil vom 02.09.2015 einen Betrag von 55.000 EUR nebst Zinsen zusprach. Dagegen legte der damalige Beklagte Berufung beim OLG Hamburg ein, die er mit Schriftsatz vom 09.11.2015 mit dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung begründete. Die Klägerin erwiderte unter dem 14.12.2015 auf das Berufungsvorbringen. Mit Schriftsatz vom 29.02.2016 bat sie unter Hinweis auf das Datum der Berufungserwiderung um einen Sachstandsbericht. Daraufhin teilte das Berufungsgericht ihr mit richterlicher Verfügung vom 02.03.2016 mit, dass wegen zeitlich vorrangig zu bearbeitender Eilverfahren und älterer Verfahren mit einer Förderung der Sache vor dem vierten Quartal 2017 nicht gerechnet werden könne. Der Senat sei jedoch bemüht, die Bearbeitung schon vorher in Angriff zu nehmen.

Unter dem 22.12.2016 übersandte die Klägerin die Kopie einer Anklageschrift gegen den damaligen Beklagten und bat um eine möglichst zeitnahe Terminierung. Da auch nach Ablauf des vierten Quartals 2017 eine Förderung des Verfahrens durch das Berufungsgericht nicht feststellbar war, wies die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.05.2018 unter Bezugnahme auf die am 29.08.2017 erfolgte endgültige Einstellung des Strafverfahrens gegen den Beklagten nach Zahlung einer Geldauflage auf die Entscheidungsreife des Berufungsverfahrens und dessen „enorme Verfahrensdauer“ hin. Dabei verband sie die Spiegelstrichauflistung des bisherigen Verfahrensgangs mit der erneuten Bitte um eine zeitnahe Terminierung.

Mit Verfügung vom 06.08.2018, die sich mit einer weiteren Sachstandsanfrage der Klägerin unter dem 09.08.2018 überschnitt, erteilte das Berufungsgericht den Parteien den Hinweis, dass der Senat beabsichtige, die Berufung des Beklagten (des Ausgangsverfahrens) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Die dem Berufungskläger eingeräumte Stellungnahmefrist bis zum 24.08.2018 ließ dieser ungenutzt verstreichen.

Da eine mit Schriftsatz der Klägerin vom 09.10.2018 vorgetragene dringende Bitte um kurzfristigen Abschluss des Verfahrens fruchtlos blieb, rügte die Klägerin unter dem 28.03.2019 mit ausführlicher Begründung die dreieinhalbjährige Dauer des Berufungsverfahrens gemäß § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG und behielt sich einen Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG ausdrücklich vor. Mit Beschluss vom 02.12.2019 wies das Oberlandesgericht schließlich die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Berufungsverfahren jedenfalls seit Oktober 2017 unangemessen verzögert worden sei und ihr deshalb eine Entschädigung für immaterielle Nachteile in Höhe von mindestens 2.300 € (nebst Zinsen) zustehe.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die geltend gemachte Entschädigungsforderung scheitere daran, dass die Verzögerungsrüge vom 28.032019 keine Rückwirkung bis Oktober 2017 entfalten könne (Hinweis auf BFHE 253, 205).

Das Oberlandesgericht hat die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 2.200 € (nebst Zinsen) verurteilt und die Revision zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter, soweit sie zur Zahlung eines Betrages von mehr als 800 € (nebst Zinsen) verurteilt worden ist.

Die Revision beim BGH hatte keinen Erfolg.

Der BGH verwendet auf die Frage der Unangemessenheit der Dauer des Berufungsverfahrens in seinem Urteil nicht viel Platz und führt  nur kurz – und zutreffend – aus, dass „diese Verfahrensweise (objektiv) nicht mehr verständlich.“ M.E. noch nett. Man hätte auch schreiben können: „unverschämt“.

Im Übrigen nimmt er zu den Anforderungen an die Verzögerungsrüge wie folgt Stellung:

1. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG stellt keine besonderen Anforderungen an die Form oder den Mindestinhalt einer Verzögerungsrüge, sondern verlangt lediglich, dass die „Dauer des Verfahrens gerügt“ wird. Daraus folgt, dass auch eine nicht ausdrücklich als „Verzögerungsrüge“ bezeichnete Äußerung eines Verfahrensbeteiligten im Wege der Auslegung als Verzögerungsrüge anzusehen ist, wenn sich ihr nur entnehmen lässt, dass der Beteiligte die Dauer des Verfahrens beanstandet oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringt, mit der Verfahrensdauer nicht einverstanden zu sein.

2. Ein Anlass zur Besorgnis im Sinne des § 198 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 GVG ist gegeben, wenn ein Betroffener erstmals Anhaltspunkte dafür hat, dass das Ausgangsverfahren keinen angemessen zügigen Fortgang nimmt. Auf ein rein subjektives Empfinden des Verfahrensbeteiligten kommt es hierbei nicht an. Vielmehr müssen objektiveGründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtungsweise geeignet sind, zu einer unangemessenen Verfahrensdauer zu führen, ohne dass ein allzu strenger Maßstab angelegt werden darf (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 21.05.2014 III ZR 355/13, NJW 2014, 2443).

Und: Bei einer wirksam gegenüber dem mit der Sache befassten Ausgangsgericht erhobenen Verzögerungsrüge ist auch der vor dem Rügezeitpunkt liegende Zeitraum in die Entschädigungsprüfung einzubeziehent. Daran ändert auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Verzögerungsrüge später – hier erst rund acht Monate nach Eintritt der Überlänge des Verfahrens – erhoben worden ist.

Mich wundert immer, warum und wieso eigentlich die Justizverwaltungen bei solchen Verfahrensabläufen – Entscheidung im Berufungsverfahren mehr als vier Jahre nach dem erstinstanzlichen Urteil – noch um die Entschädigung feilschen müssen. Auch das ist peinlich.

Ich habe da mal eine Frage: Altes oder neues Recht?

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Und dann noch das Rätsel.

Die heutige Frage ist erst gestern eingegangen, der Kollege hatte aber „befürchtet“ hier zu „landen“. Und da ist die Frage:

„Hallo Herr Kollege Burhoff,

auf die mögliche Gefahr hin, aufgrund der Aktualität meiner Frage in Ihrem Blog zu landen, möchte ich mich dennoch an Sie wenden, da ich ausschließen möchte, ein Brett vor dem Kopf zu haben.

Es geht um eine Verkehrs-Bußgeldsache, die sich chonologisch wie folgt darstellte:

  • 13.05.2020 – Auftragserteilung im Verfahrensstadium der Anhörung des Betroffenen
  • 22.07.2020 – Erlass des Bußgeldbescheides
  • 28.07.2020 – Einspruch
  • 11.12.2020 – Abgabe der Sache an das Amtsgericht
  • Eingang der Akten beim Amtsgericht: infolge des Aktenzeichens irgendwann im Januar 2021
  • 01.03.2021 – Verurteilung 55 Euro im Beschlusswege

Ich habe nun gegenüber dem Mandanten die Verfahrensgebühren Nr. 5109 VV RVG und Nr. 5115 VV RVG nach dem RVG 2021 abgerechnet und mich dabei auf § 17 Nr. 11 RVG bezogen. Während dies bei anderen – eher knauserigen – RSV’en anstandslos durchgeht, setzt sich die – sonst eher großzügige – einem großen Automobilclub angehörige RSV nun zur Wehr und verweist auf die Auftragserteilung im Jahre 2020. Dementsprechend wurde nach RVG 2013 abgerechnet. Auch nach meinem Verweis auf Schneider in ZAP 2021, 59 bleibt die RSV hart. Ich sehe mich hier im Recht, aber habe nun doch Zweifel, ob ich nicht etwas übersehen habe. Könnten Sie mir diesbezüglich auf die Sprünge helfen? Es geht zwar nur um ein paar Taler, aber die Problematik dürfte sich wohl noch des Öfteren stellen.

Vielen Dank bereits im Voraus für eine kurze Antwort!“