Archiv für den Monat: März 2012

„Grundkurrs für den Rechtspfleger?“ – immerhin aber eine Aufhebung duch das LG

Am 23.01.2012 hatte ich dem Rechtspfleger beim AG Pirmasens einen Grundkurs in Gebührenfragen empfohlen (vgl. hier). Und es hat geklappt. Ob der Rechtspfleger nun einen Grundkurs gemacht hat, kann ich nicht sagen, aber das LG Zweibrücken als übergeordnetes LG hat die falsche Entscheidung des AG aufgehoben (vgl. LG Zweibrücken, Beschl. v. 12.03.2012 – Qs 24/12) und die vom Verteidiger geltend gemachten Mittelgebühren festgesetzt. Mit recht deutlichen Worten zur erhöhten Mindestgebühr.

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Eine Verfahrensdauer von 35 und 40 Minuten ist bei einer Sitzung des Strafrichters ebenfalls kein Indiz für eine einfache Angelegenheit, zumal vorliegend neben der Einlassung der beiden Angeklagten das Amtsgericht jeweils zwei Zeugen vernahm. Auch der Hinweis, die Angeklagte habe erst in der Hauptverhandlung die entscheidenden Zeugen benannt, ist bereits deshalb irrelevant, da dies nur im Rahmen der Kostengrundentscheidung Berücksichtigung finden könnte. Schließlich überzeugt auch nicht die Argumentation, es handele sich um keine Sache hoher Bedeutung, da die Angeklagte nach Auffassung der Rechtspflegerin wahrscheinlich bereits durch die Zeugen der Anklage nicht zu überführen gewesen wäre. Eine solche nachträgliche Beurteilung ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht möglich. Denn die Staatsanwaltschaft und das eröffnende Gericht haben zunächst eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung als für einen Freispruch gesehen. Im Übrigen ist auch anzumerken, dass der Strafrichter in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft nach Vernehmung der Zeugen der Anklage die Notwendigkeit der Vernehmung weiterer Zeugen sah und gerade nicht ein Freispruch bereits am ersten Verhandlungstag erfolgte.“

Und: Bei der Gelegenheit hat das LG gleich seine Rechtsprechung zur Frage, ob die Aktenversendungspauschale Nr. 9003 VV RVG durch die Nr. 7002 VV RVG abgegolten ist, aufgegeben und ist jetzt wie die h.M. der Auffassung, dass das nicht der Fall. Jetzt gibt es nur noch im Osten ein Enklave beim LG Leipzig, wo man das anders sieht.

„…Die unübersichtliche, zum Teil laienhaft wirkende Beweiswürdigung..“ Ohrfeige für das LG Köln…

Im BGH, Beschl. v. 06.03.2012 – 2 StR 316/11 – liest man:

1.Die unübersichtliche, zum Teil laienhaft wirkende Beweiswürdigung mit der sich das Landgericht von der Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich der Vergewaltigungstaten überzeugt hat (UA S. 38 ff.), begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Dass die Kammer die Aussage der Nebenklägerin, auf die sie sich dabei gestützt hat, als glaubhaft angesehen hat, weil sie detailreich, konstant und widerspruchsfrei ausgesagt habe, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Beweiswürdigung weist insoweit Lücken auf und ist deshalb rechtsfehlerhaft.“

Das ist schon starker Tobak – wenn nicht eine Ohrfeige – und da muss es mit der Beweiswürdigung wirklich nicht weit hergeholt gewesen sein, wenn der BGH einer Strafkammer – besetzt mit einem Vorsitzenden und mindestens einem Berufsrichter – das in den Revisionsbeschluss schreibt. Denn Vorsitzender und Beisitzer sollten es eigentlich können. Im Einzelnen beanstandet der BGH u.a.:

„..Als einziges Detail hinsichtlich der „plastischen und anschaulichen Schilderung des Geschehens“ durch die Nebenklägerin führt die Kammer insoweit an, die Nebenklägerin habe im Zusammenhang mit dem zweiten Vergewaltigungsgeschehen den Umstand mitgeteilt, eine Pflanze zertreten zu haben, die der Vermieter ihr und dem Angeklagten zum Einzug geschenkt habe (UA S. 39). Einzel- und Besonderheiten zu den Vergewaltigungsgeschehen werden nicht mitgeteilt. Der (angebliche) Detailreichtum der Aussage der Nebenklägerin ist dadurch nicht belegt.“

Das ist ja schon fast rührend, nichts zum Tatgeschehen, aber eine zertretene Pflanze

2.b) Das Landgericht geht davon aus, dass die Nebenklägerin in allen wesentlichen Punkten konstant ausgesagt habe (UA S. 41). Im Zusammenhang mit dieser Würdigung bleibt allerdings unberücksichtigt, dass die Angaben der Nebenklägerin zur Tathäufigkeit stark voneinander abweichen. ….

Ohne Kommentar

3. c) Die Kammer verwirft die Hypothese einer absichtlichen Falschaussage, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass die Nebenklägerin sich an dem Angeklagten habe rächen wollen (UA S. 42). Zur Begründung stützt sie sich auf einen Erfahrungssatz, wonach bei einer solchen Motivation nicht mit einer derart differenzierten und sachlichen Darstellung zu rechnen sei. Es mag dahin stehen, ob es einen solchen Erfahrungssatz tatsächlich gibt und ob dessen Voraussetzung für den Ausschluss eines Rachemotivs, eine detaillierte, sachliche Aussage, vorliegend gegeben ist. Denn die Geschehnisse, die zur Trennung der Nebenklägerin von dem Angeklagten geführt haben, lassen eine solche Motivation jedenfalls als möglich erscheinen.

Auch da also, Wesentliches übersehen.

Wie sagte/formulierte der BGH? – „zum Teil laienhaft wirkende Beweiswürdigung

Lesetipp: Rechtsprechung zu den Teilen 4 und 5 VV RVG

Auf meiner Homepage ist inzwischen der von mir stammende Beitrag aus RVGreport 2012, 87: „Rechtsprechungsübersicht zum Paragrafenteil des RVG aus dem Jahr 2011 – Teil 1„. eingestellt werden. Der Beitrag, der kostenlos herunter geladen werden kann, enthält in tabellarischer Form eine Zusammenstellung der Rechtsprechung der letzten Monaten zum sog. Paragrafenteil des RVG betreffend die Teile 4 und 5 VV RVG.
In dem Zusammenhang dann noch einmal Werbung für „Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., 2012“.

Polizisten können auch nicht alles – jedenfalls muss das AG sagen, warum sie es richtig gemacht haben

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Etwas sperrige Überschrift, aber sie trifft m.E. den Kern des OLG Köln, Beschl. v. 20.03.2012 – III-1 RBs 65/12 -, in dem es um einen sog. qualifizierten Rotlichtverstoß ging. Also um mehr als eine Sekunde Rotlichtzeit und damit nach Nr. 132.3 BKat um ein Fahrverbot. Die hatte das AG auf der Grundlage von Schätzungen eines Polizeibeamten ermittelt. Das OLG sagt: Grds. möglich, aber:

„Stützt das Tatgericht seine Überzeugung vom Vorliegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (hier: länger als 1 Sekunde Rot) auf die Entfernungsschätzungen von Zeugen (hier: Polizeibeamte), bedarf es in der Regel einer wertenden Auseinandersetzung mit Grundlagen und Beweiswert dieser Schätzung.“

Also: Die Schätzung und ihre Grundlagen müssen überprüfbar sein. Kann ein Ansatz sein, um zumindest im ersten Anlauf ein solches Urteil „zu kippen“ und Zeit zu gewinnen.

Sonntagswitz: Dämliche Diebe VI

Die Serie mit/zu den „Dämlichen Dieben“ setze ich fort mit:

Der geräusch- und erfolgloseste Bankraub spielte sich 1969 in Ohio ab.
Dort reichte ein ausgesprochen unauffälliger Bankräuber einen Zettel an dem Kassierer, auf dem handschriftlich geschrieben stand: „Dies ist ein Überfall – ich besitze eine Waffe“ Der Kassierer las – und dann entriss ihm der Bankräuber wieder das Papier, um noch einen Satz draufzuschreiben: „Stecken sie das Geld in eine Papiertüte!“ Erneut bekam der Kassierer das Papier hingehalten. Er las es, nahm einen Kugelschreiber und setzte unter des Bankräubers letzten Satz: „Ich habe keine Papiertüte.“ Dann gab er den Zettel zurück. Worauf der schweigsame Bankräuber die Flucht ergriff.

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Im dänischen Munkebo sprengten drei Einbrecher den Safe einer Bank.
Das Bankgebäude stürzt ein, der Safe bleibt heil.
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Nicht etwa Nervosität oder mangelnde Sehschärfe verhinderten einen Einbruch in Neuburg, sondern vielmehr die Leibesfülle des Einbrechers.
Dieser versuchte, durch das Kellerfenster in ein Wohnhaus einzusteigen und blieb dabei im Lichtschacht stecken. Im Polizeibericht stand zu lesen: „Da seine körperliche Fülle offensichtlich nicht mit der lichten Weite der Schachtöffnung in Einklang zu bringen war, wurde er bei seinem Einbruchsversuch eingeklemmt“. Der Einbrecher musste so lange um Hilfe rufen, bis die Feuerwehr eintraf.

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Ein Bankräuber in Malta wollte nach getaner Arbeit mit einem Linienbus flüchten.
Dieser hatte jedoch Verspätung. Er wurde festgenommen, weil einem Streifenpolizisten die aus den Manteltaschen ragenden Geldscheine auffielen…