Auch das OLG Koblenz hat sich zur Videomessung Gedanken gemacht. Danach soll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. August 2009 (2 BvR 941/08) der Verwertung von Ergebnissen der Videoabstandsmessung in Rheinland-Pfalz nicht entgegenstehen; das OLG bezieht sich auf die Entscheidung des OLG Bamberg zum bayerischen Brückenabstandsmessverfahren. Da jedenfalls auf Autobahnen Anhaltekontrollen mit einem viel zu hohen Risiko für alle Beteiligten verbunden wären, seien auch Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Identifizierungsaufnahme gegeben. Na ja: OLG Düsseldorf ist m.E. überzeugender.
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Auch in Brandenburg darf „videogemessen werden“, sagt das OLG Brandenburg
In der Diskussion um die Vidoemessung hat sich jetzt auch das OLG Brandenburg zu Wort gemeldet. Es sieht in seinem Beschluss v. 22.02.2010 – 1 Ss (OWi) 23 Z/10 § 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage an. Messverfahren war das ES 3.0. Die Leitsätze der Entscheidung, die ein Kollege vom OLG Brandenburg mir gerade übersandt hat, lauten:
- Gesetzliche Grundlage für die verdachtsabhängige Herstellung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen zur Verfolgung von Geschwindigkeitsüberschreitungen in Bußgeldsachen ist § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.
- Der Anfangsverdacht für die Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Auslösung des Messfotos nicht für jedes betroffene Fahrzeug durch den Messbeamten gesondert veranlasst wird, sondern auf einer vorab erfolgten Programmierung des Geschwindigkeitsmessgerätes auf einen bestimmten Grenzwert beruht.
- Die Herstellung von Messfotos zur Identitätsfeststellung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten verstößt grundsätzlich nicht gegen den Subsidiaritätsgrundsatz (§ 100 h Abs. 1 Satz 1 a.E. StPO), weil die Geschwindigkeitsmessung und lichtbildgestützte Tatfeststellung im standardisierten Verfahren eine bewährte und besonders zuverlässige Möglichkeit zur Ermittlung der Identität der Tatverdächtigen bietet, die durch andere Maßnahmen nicht gleichermaßen gewährleistet und ersetzt werden kann. „
Na ja, man kann es auch anders sehen und es wird ja – m.E. zu Recht – teilweise auch anders gesehen. Letztlich wird ein Weg an einer gesetzlichen Grundlage nicht vorbeigehen, wenn man den Wirrwarr und einen weiteren Rechtsprechungsmarathon vermeiden will.
Sehr schön an der Entscheidung ist der Hinweis auf Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 2. Aufl. Es freut dann doch, dass dieses Buch auch bei den OLGs vorhanden ist.
Datenschützer stoppen Videoräder in Münster
Die münsterische Polizei hatte vor einiger Zeit mit der Meldung überrascht, dass sie sog. „Videoräder“ angeschafft hat, mit denen der Verkehr überwacht werden soll – was bei der Art und Weise, wie hier in Münster teilweise Fahrradfahrer die Verkehrsregeln (miss)achten, nicht ganz unnötig ist/wäre.
Heute finde ich in den „Westfälsichen Nachrichten“ die Meldung, dass die beiden erst kürzlich angeschafften Video-Fahrräder nun doch keine Verkehrssünder verfolgen werden, um ihre Vergehen aufzuzeichnen. „Aus Datenschutzgründen“ werde man auf den Kameraeinsatz verzichten, so der Sprecher der münsterischen Polizei. Damit komme man einer entsprechenden Bitte des NRW-Innenministeriums nach. Warum das Innenministerium „bittet“, ergibt sich aus dem Beitrag, den man hier findet, nicht. BVerfG 2 BvR 941/08 lässt grüßen? Ich vermute es.
OLG Koblenz segnet Videomessung für Rheinland-Pfalz ab
Jetzt hat sich auch das OLG Koblenz gemeldet und im Beschl.v. 04.03.2010 – 1 SsBs 23/10 – das Brückenabstandsmessverfahren auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG als zulässig/verwertbar angesehen. In Rheinland-Pfalz kämen drei Kameras zum Einsatz. Ermächtigungsgrundlage seien die §§ 163b, 100h StPO. Im Übrigen gelte: “ Da jedenfalls auf Autobahnen Anhaltekontrollen mit einem viel zu hohen Risiko für alle Beteiligten verbunden wären, sind auch Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Identifizierungsaufnahme gegeben.“
Auch das OLG Düsseldorf kommt zum Beweisverwertungsverbot bei der Videomessung – Luft für die Verwaltungsbehörden wird dünner
Ich hatte ja heute Nachmittag schon über den Beschluss des OLG Düsseldorf v. 09.02.2010 – IV-3 RBs 8/10 2 Ss-OWi 4/10 berichtet, und zwar hier. Ich habe gesucht und ihn gefunden. Hier also der Volltext. Die Leitsätze lassen sich m.E. wie folgt formulieren:
- Die Vorschriften der §§ 81b, 100h Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 163b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG scheiden als Ermächtigungsgrundlage für eine Videomessung des (Sicherheits)Abstandes nach dem Messverfahren ViBram aus.
- Das Ergebnis einer dennoch durchgeführten Messung unterliegt einem Beweisverwertungsverbot.
Damit hat nach dem OLG Oldenburg jetzt das zweite OLG ein Beweisverwertungsverbot angenommen. Allmählich wird sich der Gesetzgeber was überlegen müssen.