Schlagwort-Archiv: Straßenverkehrsgefährdung

VR I: KG rüffelt Straßenverkehrsentscheidung deutlich, oder: Ungeordneter und konfuser Text in den Gründen

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Und dann mal wieder Verkehrsrecht. Und diesen Verkehrsrechtstag eröffne ich mit dem KG, Beschl. v. 13.06.2025 – 3 ORs 27/25 – in dem das KG mehr als deutlich mitteilt, was es von den Gründen eines AG-Urteils hält, durch das der Angeklagte wegen Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) verurteilt worden ist. Man kann es ganz kurz zusammenfassen: Nichts. In der Schule hätte es geheißen: Setzen, sechs.

Das AG hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen  verurteilt und gegen ihn ein fünfmonatiges Fahrverbot verhängt. Die Urteilsfeststellungen lauten auszugsweise wie folgt:

„II.

Der Angeklagte befuhr am 4. Januar 2024 gegen 8:19 Uhr mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen pp. die Landsberger Allee in 12681 Berlin stadteinwärts. In Höhe des Kinos am Eastgate beschleunigte der Angeklagte sein Fahrzeug nochmals, um die dort bereits rot abstrahlen Lichtzeichenanlage zu überfahren. Er hätte dies bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen können und müssen. Das Verhalten hatte zugleich zur vorhersehbaren und vermeidbaren Folge, dass Fußgänger, die bereits bei grünem Ampellicht die Straße überqueren wollten, zurückwichen und nur so ein Unfall vermeiden konnten. Der Angeklagte handelte grob verkehrswidrig und rücksichtslos denn er schenkte aus Gleichgültigkeit der rot abstrahlen und Lichtzeichenanlage keine besondere Beachtung und beginnen somit einen objektiv besonders gefährlichen Verstoß gegen eine Verkehrsvorschrift.

…..“

Dagegen die (Sprung-)Revision des Angeklagten, die Erfolg hatte. Das KG führt aus:

„Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat in ihrer Zuschrift vom 6. Juni 2025 u.a. wie folgt ausgeführt:

„Der – nach § 335 StPO statthaften – (Sprung-)Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, kann der (vorläufige) Erfolg nicht versagt werden.

Das Rechtsmittel dringt mit der erhobenen Sachrüge durch. Das Urteil des Amts-gerichts hält in mehrfacher Hinsicht einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Das Urteil ist bereits deswegen aufzuheben, weil – wie die Revision zutreffend ausführt – die schriftlichen Entscheidungsgründe maßgebliche redaktionelle Fehler aufweisen, dass sie zum einen unverständlich, widersprüchlich und lückenhaft sind und zum anderen den Anspruch jedes Angeklagten und jeder Angeklagten verletzen, dass die Gründe eines ihn bzw. sie betreffenden Urteils mit einem Mindestmaß an Sorgfalt abgefasst wurden (vgl. KG, Beschluss vom 5. September 2022 – (1) 121 Ss 100/22 (40/22) -). Diesem Defizit dürfte zu Grunde liegen, dass der Abteilungsrichter die Gründe mit einer Software diktiert und den in Teilen ungeordneten und konfusen Text hiernach nicht mehr gelesen, sondern nur noch abgezeichnet hat. Ein solches Vorgehen kann je nach Ausmaß den Bestand eines Urteils gefährden (vgl. KG aaO sowie Beschluss vom 5. April 2022 – 3 Ws (B) 86/22 -). Dass dies vorliegend der Fall ist, ergibt sich nicht nur aus den in der Revisionsbegründung aufgeführten Beispielen bzw. Zitaten aus den Urteilsgründen, die einer gedanklichen Durchdringung der in UA S. 2 unter III. aufgeführten Beweiswürdigung entscheidend entgegenstehen, sondern auch aus dem Umstand, dass der Angeklagte vom Amtsgericht im Rahmen der Strafzumessungsgründe als geständig bezeichnet wird (UA S. 3), was sich nach der vorgenannten Beweiswürdigung, soweit überhaupt verständlich, schon gar nicht nachvollziehen lässt. Die Erörterungen zur Identifizierung bzw. zum Wiedererkennen des Angeklagten durch den Zeugen pp. (UA S. 2 unter III.) sind ebenfalls unklar und im Zuge der revisionsrechtlichen Prüfung nicht ausreichend nachvollziehbar.

Auch die von der Revision aufgeworfenen Zweifel, ob die Feststellungen geeignet sind, den Schuldspruch nach § 315c Abs. 1 Nr. 2c, Abs. 3 Nr. 2 StGB zu tragen, sind letztlich nicht von der Hand zu weisen. Nach dieser vom Amtsgericht dem Schuldspruch zugrunde gelegten Vorschrift macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr an Fußgängerüberwegen falsch fährt und dabei grob verkehrswidrig und rücksichtslos handelt, wobei dies zu einer Gefährdung von Leib, Leben oder wertvollen Guts anderer Verkehrsteilnehmer führt.

a) …..

b) Diesbezüglich ist allerdings auch folgendes festzuhalten: Die Vorschrift und die rechtliche Anwendung des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB mit den dort aufgeführten Tatbestandsalternativen dient dazu, abstrakt besonders gefährliche Verkehrsverstöße (vgl. Fischer aaO, § 315c Rdn. 5), die von dem Täter zudem grob verkehrswidrig und rücksichtslos begangen werden, einer strafrechtlichen Sanktionierung zu unterwerfen und diese gleichzeitig von tagtäglich in großer Zahl vorkommendem „einfachen“ Fehlverhalten im Straßenverkehr, das in der Regel unter dem Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, abzugrenzen. Die Feststellungen eines entsprechenden Strafurteils nach dieser Norm müssen daher aufzeigen, dass das Gericht sich der Notwendigkeit dieser Abgrenzung bewusst gewesen ist und nicht allein den objektiven Geschehensablauf und/oder die etwaigen (Schadens-)Folgen des Verstoßes im Straßenverkehr zur Grundlage der Beurteilung gemacht hat. Der Tatrichter kann zwar durchaus von dem festgestellten Geschehen Rückschlüsse auf Ursachen von dessen Entstehung und Motiven und Gesinnung des betreffenden Verkehrsteilnehmers ziehen; diese müssen sich indes als stichhaltig und folgerichtig sowie für das Revisionsgericht nachvollziehbar erweisen (KG VRS 130, 21/22).

An den erforderlichen Darlegungen zu einem besonders gefährlichen Verkehrsverstoß fehlt es vorliegend bereits angesichts des Mangels ausreichender Feststellungen des Gerichts zu der Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Angeklagten in dem Zeitpunkt, als er den Fußgängerüberweg passierte. Der Tatrichter schildert zwar, dass der Angeklagte beschleunigt habe und der Zeuge pp. beim Fahrzeug des Angeklagten zum fraglichen Moment von einer Geschwindigkeit von 50-60 km/h ausgegangen sei (UA S. 2). Er stellt aber weder fest, welche zulässige Höchstgeschwindigkeit an dieser Stelle gilt noch gibt er an, von welcher konkreten Geschwindigkeit des Fahrzeugs des Angeklagten zum maßgeblichen Zeitpunkt er letztlich ausgeht. Demgemäß bleibt die Frage offen, ob ein – nach den Urteilsfeststellungen jedenfalls nicht auszuschließender – Passiervorgang bei ansonsten zulässiger Fahrgeschwindigkeit ausreichend wäre, einen von § 315c Abs. 1 Nr. 2c StGB erfassten besonders schweren Verkehrsverstoß des Angeklagten abzubilden, von den subjektiven Tatbestandsanforderungen ganz abgesehen.

c) Ungeachtet dessen fehlt es schließlich noch an weiteren für den Schuldspruch erforderlichen Erwägungen. Nach obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. nur KG, Beschluss vom 21. August 2013 – (3) 121 Ss 162/13 (122/13) – und in VRS 113, 291/292) handelt grob verkehrswidrig nur, wer einen besonders schweren und gefährlichen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften begeht, der nicht nur die Sicherheit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigt, sondern auch schwerwiegende Folgen zeitigen kann. Demgegenüber gilt als rücksichtslos, wer sich im Bewusstsein seiner Verkehrspflichten aus eigensüchtigen Gründen über diese hinwegsetzt oder sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten als Fahrzeugführer besinnt und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflos fährt (vgl. auch KG, Beschlüsse vom 19. Mai 2008 – (3) 1 Ss 494/07 (23/08) – und vom 27. Oktober 2005 – (3) 1 Ss 318/05 (83/05) – Juris -; OLG Düsseldorf VerkMitt 2000, 53/54). Die Annahme rücksichtslosen Verhaltens kann daher nicht allein mit dem objektiven Geschehens-ablauf begründet werden, sondern verlangt ein sich aus zusätzlichen Umständen ergebendes Defizit, das – geprägt von Leichtsinn, Eigennutz oder Gleichgültigkeit – weit über das hinausgeht, was normalerweise jedem – häufig aus Gedankenlosigkeit oder Nachlässigkeit – begangenen Verkehrsverstoß innewohnt (KG jew. aaO). Auch ausgehend von den vorstehenden Ausführungen zu b) lassen sich dahingehende nähere Feststellungen, insbesondere zur subjektiven Tatseite, den Urteilsausführungen jedoch nicht in ausreichender Weise entnehmen.

d) Schließlich fehlt es, wie die Revision zu Recht und mit zutreffenden Ausführungen anmerkt, auch an ausreichenden und stichhaltigen Feststellungen zur Gefährdung eines der von der Norm des § 315c Abs. 1 geschützten Rechtsgüter.

Der vom Amtsgericht erkannte Schuldspruch wird daher von den getroffenen Fest-stellungen nicht gedeckt; dieser kann somit letztlich keinen Bestand haben.“

Diese Ausführungen macht sich der Senat zu eigen.

Ergänzend führt der Senat noch Folgendes aus:

Auch der pauschale Satz zur Begründung des fünfmonatigen Fahrverbots genügt nicht den An-forderungen an eine ordnungsgemäße Begründung.

Im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit der Norm ist ferner anzumerken, dass unter § 315 c Abs. 1 Nr. 2c StGB nur Fußgängerüberwege im Sinne des § 26 StVO fallen. Dies sind allein die durch Zeichen 293 (Zebrastreifen) markierten Fahrbahnflächen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2015 – 4 StR 164/15 -, BeckRS 2015,12689 sowie BGH NZV 2008, 528). Dass es sich vorliegend um eine mit „Zebrastreifen“ markierte Fahrbahnfläche und damit um einen Fußgängerüberweg im Sinne des § 26 StVO gehandelt hat, kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Um dem Revisionsgericht eine Nachprüfung zu ermöglichen, sind insoweit genauere Angaben zu den örtlichen Gegebenheiten und Markierungen erforderlich. Der Umstand, dass sich aus den Urteilsfest-stellungen ergibt, dass an der betreffenden Stelle eine Fußgängerampel vorhanden ist, lässt vielmehr vermuten, dass es sich um eine sog. Fußgängerfurt handeln könnte.

Dass eine derart desolate Abfassung der Urteilsgründe den Bestand des Urteils gefährdet, ist dem befassten Richter bereits in den Verfahren 3 Ws (B) 211/21 sowie 3 Ws (B) 86/22 durch Be-schlüsse des Senats vom 28. September 2021 sowie 5. April 2022 mitgeteilt worden. Er wurde ebenfalls bereits darauf hingewiesen, dass die offenbar eingeschliffene Praxis der Abteilung nicht nur den Urteilsbestand gefährdet, sondern auch geeignet ist, dem Ansehen der Justiz zu schaden. In den vorgenannten Senatsbeschlüssen wurde der Abteilungsrichter auch auf seine unleserliche Unterschrift aufmerksam gemacht, die einen Buchstaben weder erkennen noch erahnen lässt. All dies hat erstaunlicherweise bislang zu keiner Abhilfe geführt.

Das Beruhen des angefochtenen Urteils auf den vorstehend dargelegten Mängeln und der damit verbundenen Verletzung des Gesetzes (§ 337 Abs. 1 StPO) ist offensichtlich.“

Ich denke, jedes weitere Wort zu dieser „Hinter-den Spiegel-Steck-Entscheidung“ ist überflüssig, außer: Die Verärgerung des KG über den offenbar unbelehrbaren Amtsrichter ist mehr als deutlich zu lesen.

Verkehrsrecht II: Straßenverkehrsgefährdung?, oder: Unaufmerksamkeit oder Rücksichtslosigkeit?

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Als zweite Entscheidung habe ich hier einen kleinen, aber ganz feinen Beschluss des AG Dülmen, und zwar den AG Dülmen, Beschl. v. 17.04.2025 – 42 Ds 36/25. Das hat sich in einem § 111a-Verfahren zu den Voraussetzungen des § 315c StGB geäußert, also nicht einfach mal eben nur dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben.

In dem Verfahren wird dem Zeugen eine Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, gemäß § 111a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Das AG lehnt ab:

„Gemäß § 111a StPO kann die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass in einer späteren Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis entzogen wird (§ 69 StGB). Zwar stellt die dem Angeschuldigten vorgeworfene vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB einen Regelverstoß im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB dar. Allerdings dürften die Voraussetzungen von § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB (nicht § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB wie lt. Anklageschrift) vorliegend nicht gegeben sein.

Der Angeschuldigte hat zwar am 16.09.2024 gegen 17:10 Uhr in der Einmündung NordlandWehr/An der Lehmkuhle in Dülmen die Vorfahrt des Zeugen pp. verletzt. Es ist jedoch bereits fraglich, ob die Vorfahrtsverletzung „grob verkehrswidrig“ war. Denn erfasst werden nur besonders schwerwiegende Verstöße gegen Verkehrsvorschriften. Vorliegend dürfte es sich jedoch um eine gewöhnliche Vorfahrtsverletzung im Straßenverkehr handeln. Der Angeschuldigte ist nicht mit überhöhter Geschwindigkeit eingebogen. Vielmehr habe er – laut Aussagen der Zeugen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung – vor dem Rechtsabbiegen gehalten, habe den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt und habe auch den von links kommenden Verkehr beobachtet. Er habe jedoch nicht auf den von rechts kommenden Radfahrer geachtet, so dass es sich um einen gewöhnlichen Vorfahrtsverstoß i.S.d. § 8 StVO handeln dürfte.

Jedenfalls dürfte das Handeln des Angeschuldigten nicht „rücksichtslos“ gewesen sein. Denn „rücksichtslos“ im Sinne des § 315c StGB handelt, wer sich „aus ‚eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen lässt“ (vgl. BGH 5, 392, Fischer, StGB, 72. Aufl. 2025, § 315c, Rn. 14 m.w.N.). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine bewusste Verkehrswidrigkeit, sondern offensichtlich um eine Unachtsamkeit aufgrund eines Augenblicksversagens. Rücksichtslosigkeit kann jedoch in den Fällen des sog Augenblicksversagen der bloßen Unaufmerksamkeit oder der auf menschlichem Versagen beruhenden irrigen Beurteilung einer Verkehrslage nicht angenommen werden (vgl. BGHSt 5, 392; OLG Karlsruhe VRS 114, 363; OLG Stuttgart DAR 76, 23; OLG Düsseldorf VRS 98, 350).“

Im Übrigen: Wenn man sieht, was das AG alles richtig stellt an der Anklageschrift, scheint die mit der „heißen Nadel“ gestrickt worden zu sein.

VR II: Straßenverkehrsgefährdung bei „Polizeiflucht“, oder: Mischkonsum und Fahruntüchtigkeit

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Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, kommt dann auch vom BGH und dann ebenfalls vom „sonderzuständigen“ 4. Strafsenat. Es handelt sich um den BGH, Beschl. v. 04.12.2024 – 4 StR 453/24.

Das LG hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Dagegen die Revision des Angeklagten, die teilweise Erfolg hatte:

„a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte mit einem Pkw in der Nacht zum 3. Dezember 2022 öffentliche Straßen in M. Dabei war er nicht in Besitz einer Fahrerlaubnis und nach dem Mischkonsum von Alkohol und Kokain fahruntüchtig. Er stand zudem unter laufender Bewährung. Als ihn eine Polizeistreife einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterziehen wollte, leistete der Angeklagte dem Anhaltesignal keine Folge, sondern flüchtete „mit hoher Geschwindigkeit“ vor dem ihn verfolgenden Streifenwagen durch mehrere Straßen. Schließlich touchierte er während einer Kurvendurchfahrt ein geparktes Fahrzeug, welches infolge des Anpralls gegen einen weiteren Pkw geschoben wurde, wodurch ein erheblicher Sachschaden entstand. Trotz des vom Angeklagten bemerkten Unfallgeschehens sprang er aus dem noch rollenden Pkw und flüchtete zu Fuß. Den nacheilenden Polizeibeamten gelang schließlich seine Ergreifung. Eine dem Angeklagten eineinhalb Stunden später entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 0,96 mg/g auf und enthielt darüber hinaus 41 ng/ml Kokain und 882 ng/ml Benzoylecgonin (Kokain-Metabolit).

b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a) StGB nicht, denn sie ergeben schon nicht, dass der Angeklagte fahruntüchtig im Sinne der vorgenannten Strafvorschrift war.

Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten den Grenzwert, von dem an eine alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers unwiderleglich indiziert ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 – 4 StR 297/90, BGHSt 37, 89, 99), nicht erreicht und daher – auch in dem hier vorliegenden Fall der Mischintoxikation (vgl. Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., vor § 29 Rn. 434 mwN; König in Hentschel/König/Dauer, 47. Aufl., StGB, § 316 Rn. 24 mwN) – der Nachweis der („relativen“; zum Begriff vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1982 ? 4 StR 43/82, BGHSt 31, 42, 44) Fahruntüchtigkeit aufgrund des konkreten rauschmittelbedingten Leistungsbildes im Einzelfall zu führen ist. Hierzu bedarf es außer dem positiven Blut-Wirkstoffbefund regelmäßig weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 1998 – 4 StR 395/98, NJW 1999, 226 mwN).

Die Strafkammer hat ein solches „rauschbedingtes Fehlverhalten“ in der Reaktion des Angeklagten auf das Anhaltesignal gesehen. Diese Annahme ist widersprüchlich und lückenhaft. Zwar deuten die im Blutserum nachgewiesenen Konzentrationen von Alkohol und Kokain sowie dessen Abbauprodukt auf eine maßgebliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Angeklagten. Auch können ein unbesonnenes Benehmen bei Polizeikontrollen oder eine besonders leichtsinnige Fahrweise als rauschmittelbedingte Ausfallerscheinungen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1982 ? 4 StR 43/82, BGHSt 31, 42, 45 mwN). Jedoch steht die in Rede stehende Erwägung der Strafkammer in einem unaufgelösten Spannungsverhältnis zu den Ausführungen, mit denen sie ihre Überzeugung von einer nicht erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten begründet hat. Denn das Landgericht hat die erhalten gebliebene Steuerungsfähigkeit unter anderem damit begründet, dass es dem Angeklagten auf seiner Flucht gelungen sei, zunächst mehrere Straßen mit hoher Geschwindigkeit zu passieren und wiederholt Abbiegevorgänge zu bewältigen, ohne die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Auch dem Unfallgeschehen hat es die Eignung als Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit abgesprochen, soweit der Angeklagte danach noch in der Lage gewesen sei, aus dem rollenden Fahrzeug zu springen und zu Fuß zu flüchten. Diese Ausführungen zur Steuerungsfähigkeit lassen sich nicht widerspruchsfrei mit der Erwägung der Strafkammer vereinbaren, wonach die Reaktion des Angeklagten auf das Anhaltesignal ein rauschbedingtes Fehlverhalten belege. In diesem Zusammenhang hat sich das Landgericht auch nicht mit dem naheliegenden Umstand befasst, dass die Polizeiflucht des Angeklagten ebenso Folge einer angestrebten Vereitelung der im Zuge der avisierten Verkehrskontrolle drohenden Entdeckung seines Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis während laufender Bewährung sein konnte.

Der aufgezeigte Mangel zwingt zudem zur Aufhebung der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen des tateinheitlich begangenen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 353 Rn. 12; BGH, Beschluss vom 27. April 2022 – 4 StR 408/21 Rn. 8 mwN). Die von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch tretende Feststellungen sind möglich.“

Verkehrsrecht I: Straßenverkehrsgefährdung, oder: Flucht vor Polizeikontrolle

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Heute gibt es dann einen „Verkehrsrechts-Donnerstag“.

An dem macht der BGH, Beschl. v. 19.06.2024 – 4 StR 73/24 – den Opener. Das LG hatte den Angeklagten auch wegen (vorsätzlicher) Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB verurteilt. Insoweit hat der BGH aufgehoben:

2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten A. hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand. Die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB im Fall II.4. der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.

a) Nach diesen steuerte der Angeklagte im öffentlichen Straßenverkehr einen Mietwagen, in dessen Besitz er unrechtmäßig gelangt war und der außer ihm mit drei weiteren Insassen besetzt war. Als das Fahrzeug einer Polizeikontrolle unterzogen werden sollte, flüchtete der Angeklagte mit stark überhöhter Geschwindigkeit und unter Missachtung von Verkehrsregeln. Während seiner Fluchtfahrt hielt er es für möglich, dass seine gefährliche Fahrweise zu einem Unfall und damit zu einer Verletzung seiner Mitinsassen führen könnte, ordnete deren Gesundheit jedoch seinem Fluchtziel unter. Im Bereich einer rechtwinklig verlaufenden Linkskurve, wo die Einsicht in die nach links weiterführende Straße durch eine „heckenähnliche Anpflanzung verschiedener Bäume“ am Straßenrand fast vollständig verdeckt war, befand sich eine Verkehrsinsel, über die ein Fahrradweg führte. Dort kam der Angeklagte „aufgrund seiner grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Fahrweise in Form einer nach wie vor deutlich überhöhten Geschwindigkeit“ von der Fahrbahn ab und der von ihm gesteuerte Mietwagen kollidierte mit dem Bordstein der Verkehrsinsel, wodurch beide rechte Reifen des Fahrzeugs beschädigt wurden. Der Angeklagte verlor die Kontrolle über dieses, so dass es beinahe zu der Kollision mit einem weiteren Verkehrsteilnehmer gekommen wäre. Er setzte seine Flucht gleichwohl fort, konnte kurz darauf aber von der Besatzung des ihn verfolgenden Polizeiwagens gestellt werden, wobei eine Polizeibeamtin verletzt wurde.

b) Diese Feststellungen belegen die Voraussetzungen einer (vorsätzlichen) Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB nicht. Denn sie ergeben nicht, dass der von dem Straftatbestand vorausgesetzte Gefahrerfolg eingetreten und gerade durch die Tathandlung bewirkt worden ist.

aa) Die Vorschrift des § 315c Abs. 1 StGB setzt in allen Tatvarianten eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist die Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“, also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei „noch einmal gut gegangen“ (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen nur BGH, Beschluss vom 2. Februar 2023 – 4 StR 293/22 Rn. 5 mwN).

Hieran gemessen fehlt es an Feststellungen, die den tatbestandsmäßigen Gefährdungserfolg belegen. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung darauf abgestellt, dass der Kontrollverlust des Angeklagten über das Fahrzeug dessen Kollision mit dem Bordstein der Verkehrsinsel zur Folge gehabt habe, was zum Platzen zweier Reifen geführt „und damit Leib und Leben der Fahrzeuginsassen in die konkrete Gefahr einer Verletzung gebracht“ habe. Dabei hat das Landgericht zwar zutreffend angenommen, dass die Mitfahrer des Angeklagten A.    – anders als das von ihm geführte fremde Fahrzeug – vom Schutzbereich des § 315c Abs. 1 StGB erfasst waren, denn sie hatten nach den Feststellungen weder in die Rechtsgutsgefährdung eingewilligt noch waren sie tatbeteiligt (vgl. zu beiden Tatobjekten nur BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 435/12 Rn. 5 f. mwN). Letzteres würde auch dann gelten, wenn der festgestellte Umstand, dass einer der Mitfahrer das Geschehen mit seinem Mobiltelefon filmte, die Annahme einer psychischen Beihilfe tragen sollte; denn diese würde eine Tatbeteiligung jedenfalls der weiteren Mitinsassen des Fahrzeugs nicht begründen können.

Allerdings kann den Urteilsfeststellungen nicht entnommen werden, dass das Kollisionsgeschehen an der Verkehrsinsel oder eine andere während der Fahrt eingetretene Situation die Fahrzeuginsassen in eine den obigen Anforderungen entsprechende Schadensnähe brachte, sie also nicht nur abstrakt, sondern konkret an Leib oder Leben gefährdet waren. Feststellungen dazu, welche körperliche Wirkung der Anstoß des Fahrzeugs an den Bordstein der Verkehrsinsel – der zwar zu einem Reifenschaden führte, die Fahrtauglichkeit des Mietwagens aber nicht aufhob – auf die Mitfahrer des Angeklagten hatte, hat das Landgericht nicht getroffen.

bb) Ungeachtet dessen kann den Urteilsgründen auch nicht entnommen werden, dass ein etwaiger Gefährdungserfolg gerade auf der Tathandlung des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB beruhte. Diese hat die Jugendkammer zwar rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Urteilsgründe ergeben ohne weiteres, dass der Angeklagte A.   im Bereich der Verkehrsinsel grob verkehrswidrig und rücksichtslos zu schnell fuhr und – in ihrem Gesamtzusammenhang – auch dass es sich hierbei um eine unübersichtliche Stelle im Sinne der Strafvorschrift handelte. Der objektive Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB („und dadurch“) setzt aber darüber hinaus voraus, dass die konkrete Gefahr in einem inneren Zusammenhang mit den Risiken steht, die von der unübersichtlichen Stelle typischerweise ausgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juni 2019 – 4 StR 130/19 Rn. 16 mwN). Dieser Gefahrverwirklichungszusammenhang ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts nicht. Danach kam der Angeklagte im Bereich der Kurve, in der sich die Verkehrsinsel befand, aufgrund seiner deutlich überhöhten Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und kollidierte mit dem Bordstein. Dass diese Kollision durch die Unübersichtlichkeit der Unfallstelle – etwa durch ein hieraus resultierendes Übersehen der Verkehrsinsel – wenigstens mitverursacht wurde, ist damit nicht festgestellt.

cc) Der Senat schließt aus, dass in einem zweiten Rechtsgang hinsichtlich des Eintritts einer konkreten Gefahr im Sinne von § 315c Abs. 1 StGB und ihrer Verursachung noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können, die zur Annahme einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB führen. Er lässt daher die tateinheitlich erfolgte Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs im Wege der Schuldspruchänderung analog § 354 Abs. 1 StPO entfallen.“

VR I: Mal wieder zur Straßenverkehrsgefährdung, oder: Wie oft denn noch der Gefährdungsschaden?

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Heute dann drei OLG-Entscheidungen zu verkehrsrechtlichen Fragen.

Zum Warmwerden hier zunächst der KG, Beschl. v. 12.04.2024 – 3 ORs 31/24 – 161 SRs 21/24 – zu den erforderlichen Urteilsfeststellungen zum Gefährdungsschaden bei § 315c StGB.

Das AG hat den Angeklagten u.a. wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen wollte der infolge einer Blutalkoholkonzentration von zumindest 0,61 Promille (relativ) fahrunsichere Angeklagte am Tattag ausparken, wobei er gegen einen hinter ihm parkenden PKW stieß. Von der anwesenden Fahrerin dieses Fahrzeugs angesprochen, soll der Angeklagte erwidert haben, sie sei selbst schuld, wenn sie so „bescheuert und so nah“ parke. Hiernach soll der Angeklagte, nunmehr mit bedingtem Schädigungsvorsatz, noch zwei weitere Male gegen das Fahrzeug gefahren sein, ohne dass es durch einen der Anstöße zu einem Schaden gekommen sei. In einer neuen selbstständigen Tat soll der Angeklagte, seine Fahrunsicherheit sorgfaltswidrig missachtend, nach dem Ausparken auf eine mit ihrem Kleinkind auf der Fahrbahn stehende Zeugin zugefahren sein, um diese zu einem ruckartigen Verlassen der Fahrbahn zu veranlassen.

Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat in Bezug auf den Schuldspruch mit der allgemeinen Sachrüge und zudem hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs mit einer ausgeführten Verfahrensrüge Erfolg.

Zum Schuldspruch führt das KG aus:

3. Die allgemeine Sachrüge dringt durch, weil die Feststellungen den zum Fall 1 getroffenen Schuldspruch der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB) nicht tragen. Sie belegen nicht, dass der Angeklagte die Tat vorsätzlich begangen hat (a), und sie zeigen auch nicht auf, dass einer fremden Sache von bedeutendem Wert ein bedeutender Schaden gedroht hat (b).

a) Das Amtsgericht hat den Angeklagten nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB, also wegen alkoholbedingter vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, verurteilt. Nach den Feststellungen hätte der Angeklagte aber seine Fahrunsicherheit „erkennen können und müssen“ (UA S. 3). Dies belegt nur Fahrlässigkeit.

b) § 315c StGB erfordert zum sog. Gefährdungsschaden zwei Prüfschritte, zu denen im Strafurteil in aller Regel Feststellungen zu treffen sind: Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert gehandelt hat, was etwa bei älteren oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein kann. Handelt es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann als der allein maßgebliche „überschießende“ Gefährdungsschaden. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert und die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen (vgl. BGH NStZ 2019, 677 m. w. N.).

Hier ist schon nicht festgestellt, dass es sich bei dem gefährdeten Fahrzeug um einen Gegenstand von bedeutendem Wert gehandelt hat, wobei die Wertgrenze noch immer bei 750 Euro liegen dürfte (vgl. BGH NStZ-RR 2019, 125; NJW 2017, 743; zuletzt BayObLG, Beschluss vom 27. November 2023 – 203 StRR 381/23 – [juris]). Dass das im Urteil lediglich als PKW Audi bezeichnete Fahrzeug (UA S. 3) überhaupt diesen Wert hatte, mag naheliegen, versteht sich aber nicht von selbst. Selbst wenn man diesen Wert unterstellte, fehlten Ausführungen zum zweiten Prüfschritt, ob dem Fahrzeug nämlich ein bedeutender Schaden gedroht hat. Dies liegt bei dem festgestellten Fahrverhalten keinesfalls nahe: Es ging um einen Ausparkvorgang mit ersichtlich üblich geringer Geschwindigkeit, bei dem trotz dreifachen Anstoßes kein Schaden entstanden ist. Die Feststellungen belegen daher die konkrete Gefährdung nicht.

Auch die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung enthalten keine Ausführungen dazu, warum das Tatgericht bei dem festgestellten Sachverhalt von einer konkreten Gefährdung und einem drohenden bedeutenden Schaden ausgegangen ist.“

Man fragt sich, wie oft die Obergerichte zu der Frage noch entscheiden müssen. Das, worauf es an der Stelle ankommt, sollte man wissen.

Mit der Verfahrensrüge war eine Verletzung des § 267a Abs. 3 Satz 4 StPO gerügt. Dazu der Leitsatz des KG:

Befassen sich die Urteilsgründe entgegen § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO nicht mit der vom Verteidiger beantragten Möglichkeit der Verwarnung mit Strafvorbehalt, so liegt eine mit der Verfahrensrüge geltend zu machende Verletzung dieser Vorschrift auch dann vor, wenn das sachliche Recht die Prüfung des § 59 StGB keinesfalls nahelegt (Anschluss OLG Hamm Beschlüsse vom 4. September 2008 – 3 Ss 370/08 – und vom 9. November 1985 – 4 Ss 1328/85).