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Verkehrsrecht II: Straßenverkehrsgefährdung?, oder: Unaufmerksamkeit oder Rücksichtslosigkeit?

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Urheber Thirunavukkarasye-Raveendran

Als zweite Entscheidung habe ich hier einen kleinen, aber ganz feinen Beschluss des AG Dülmen, und zwar den AG Dülmen, Beschl. v. 17.04.2025 – 42 Ds 36/25. Das hat sich in einem § 111a-Verfahren zu den Voraussetzungen des § 315c StGB geäußert, also nicht einfach mal eben nur dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben.

In dem Verfahren wird dem Zeugen eine Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, gemäß § 111a StPO die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen. Das AG lehnt ab:

„Gemäß § 111a StPO kann die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden, wenn dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass in einer späteren Hauptverhandlung die Fahrerlaubnis entzogen wird (§ 69 StGB). Zwar stellt die dem Angeschuldigten vorgeworfene vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB einen Regelverstoß im Sinne von § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB dar. Allerdings dürften die Voraussetzungen von § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB (nicht § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB wie lt. Anklageschrift) vorliegend nicht gegeben sein.

Der Angeschuldigte hat zwar am 16.09.2024 gegen 17:10 Uhr in der Einmündung NordlandWehr/An der Lehmkuhle in Dülmen die Vorfahrt des Zeugen pp. verletzt. Es ist jedoch bereits fraglich, ob die Vorfahrtsverletzung „grob verkehrswidrig“ war. Denn erfasst werden nur besonders schwerwiegende Verstöße gegen Verkehrsvorschriften. Vorliegend dürfte es sich jedoch um eine gewöhnliche Vorfahrtsverletzung im Straßenverkehr handeln. Der Angeschuldigte ist nicht mit überhöhter Geschwindigkeit eingebogen. Vielmehr habe er – laut Aussagen der Zeugen im Rahmen der polizeilichen Vernehmung – vor dem Rechtsabbiegen gehalten, habe den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt und habe auch den von links kommenden Verkehr beobachtet. Er habe jedoch nicht auf den von rechts kommenden Radfahrer geachtet, so dass es sich um einen gewöhnlichen Vorfahrtsverstoß i.S.d. § 8 StVO handeln dürfte.

Jedenfalls dürfte das Handeln des Angeschuldigten nicht „rücksichtslos“ gewesen sein. Denn „rücksichtslos“ im Sinne des § 315c StGB handelt, wer sich „aus ‚eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen lässt“ (vgl. BGH 5, 392, Fischer, StGB, 72. Aufl. 2025, § 315c, Rn. 14 m.w.N.). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine bewusste Verkehrswidrigkeit, sondern offensichtlich um eine Unachtsamkeit aufgrund eines Augenblicksversagens. Rücksichtslosigkeit kann jedoch in den Fällen des sog Augenblicksversagen der bloßen Unaufmerksamkeit oder der auf menschlichem Versagen beruhenden irrigen Beurteilung einer Verkehrslage nicht angenommen werden (vgl. BGHSt 5, 392; OLG Karlsruhe VRS 114, 363; OLG Stuttgart DAR 76, 23; OLG Düsseldorf VRS 98, 350).“

Im Übrigen: Wenn man sieht, was das AG alles richtig stellt an der Anklageschrift, scheint die mit der „heißen Nadel“ gestrickt worden zu sein.

Regelmäßig Alleinhaftung des Vorfahrtsverletzers, oder: Keine Vollbremsung bei „Ampel-Gelblicht“

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Die zweite Zivilentscheidung kommt vom OLG Schleswig, und zwar handelt es sich um den OLG Schleswig, Beschl. v. 14.04.2025 – 7 U 10/25 – zur Frage der Haftung nach einem Zusammenstoß zwischen einem Motorroller und einem Pkw.

Verlangt werden von der Klägerin Schadenersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 19.01.2019 in N. auf Höhe der Kreuzung B76/ H-straße bzw. Zufahrt zum V-park ereignete. Vor der Unfallstelle befindet sich eine Fußgängerbedarfsampel, die (in Fahrtrichtung gesehen) ca. 20 – 25 m entfernt liegt. Die Klägerin befuhr am Unfalltag gegen 17:25 Uhr mit ihrem Vespa-Roller aus T. kommend die hier vorfahrtsberechtigte B 76 in Richtung D. Der Beklagte befand sich zu diesem Zeitpunkt mit seinem Fahrzeug auf der wartepflichtigen H-straße. Als die Klägerin auf ihrem Roller die Fußgängerbedarfsampel – ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens – „gerade noch bei Gelblicht“ passiert und anschließend den nachfolgenden Kreuzungsbereich erreicht hatte, bog der Beklagte aus der H-straße kommend nach links auf die B 76 heraus. Die Klägerin prallte mit ihrem Roller seitlich in das Beklagtenfahrzeug. Durch die Wucht des Aufpralls erlitt sie schwere Verletzungen.

Das LG hat verurteilt und ist von einer Haftungsquote des Beklagten von 100 % ausgegangen. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die keinen Erfolg hatte.

„Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden.

1. Zu Recht ist das Landgericht gem. §§ 7, 17 Abs. 2 StVG, 8 StVO, 115 I Nr. 1 VVG im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagten hier dem Grunde nach zu 100 % für den Schaden einzustehen haben.

Im Rahmen der bei einem Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge erforderlichen Abwägung ist gemäß § 17 I, II StVG auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei eine Abwägung und Gewichtung der jeweiligen Verursachungsbeiträge vorzunehmen, wobei eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eine genaue Klärung des Unfallhergangs geboten ist (BGH, Urteil vom 28.02.2012, VI ZR 10/11, Juris Rn. 6; OLG Frankfurt, Urteil vom 31.03.2020, 13 U 226/15, Juris Rn. 43). Im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeuge ausgehenden Betriebsgefahr nur unstreitige oder aber zugestandene und bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er für die nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung aufgrund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben (ständige Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 21.11.2006, VI ZR 115/05, NJW 2007, 506; Urteil vom 27.06.2000, VI ZR 126/99, NJW 2000, 3069; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.07.2018, 1 U 117/17, Juris Rn. 5).

Nach diesen Maßstäben ist im Rahmen der Abwägung zu Lasten der Beklagten zunächst ein Vorfahrtsverstoß gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StVO zu berücksichtigen. Unstreitig war die Klägerin auf der B 76 vorfahrtsberechtigt. Dass die Missachtung des Vorfahrtsrechts durch den Beklagten zu 1. unfallursächlich war, steht bereits nach Anscheinsgrundsätzen fest. Ein Beweis des ersten Anscheins ist immer dann anzunehmen, wenn sich in einem Unfallgeschehen ein hinreichend typisierter Geschehensablauf realisiert hat, der einen Rückschluss auf ein unfallursächliches Fehlverhalten einer Partei regelmäßig zulässt (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 04.11.2020 – 1 U 78/19). Beim Abbiegevorgang des nicht Vorfahrtsberechtigten gilt die Vorfahrtsberechtigung des anderen Teiles solange, bis der Einfahrende sich vollständig auf der vorfahrtsberechtigten Straße eingeordnet hat. Aus der besonderen Bedeutung der Vorfahrtsregelung, die dem wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer die Pflicht zu erhöhter Sorgfalt auferlegt und deren Verletzung daher besonders schwer wiegt, folgt in der Regel die Alleinhaftung des Vorfahrtverletzers (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 9.6.2021, 4 U 396/21, Rn. 7, juris). Neben dem Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StVO war hier auch die höhere Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten (im Vergleich zu dem Motorroller der Klägerin) zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 1) hat zweifellos die ihn treffende Wartepflicht gegenüber der vorfahrtsberechtigten Klägerin verletzt und hierdurch den Unfall verursacht.

Die Beklagten haben keinerlei Umstände zu beweisen vermocht, die geeignet sein könnten, diesen Anschein zu erschüttern. Es fehlt bereits an einem entsprechenden Zurechnungszusammenhang zwischen einem – unterstellten – „Gelblichtverstoß“ an der Fußgängerbedarfsampel und dem Unfall an der nachfolgenden Kreuzung. Diese Ampel dient dem Schutz des querenden Fußgängerverkehres im Ampelbereich und nicht dem Schutz des weit hinter der Ampel befindlichen Kreuzungsverkehrs B76/ H-straße. Außerdem sind Verkehrszeichen, die ein Gebot oder Verbot wie das Gelblicht enthalten, Allgemeinverfügungen, die regeln, dass der Adressat dieser Allgemeinverfügung entsprechend § 37 Nr. 1 StVO zwar grundsätzlich bei Gelb vor der Kreuzung auf das nächste Zeichen warten sollen. Das bringt jedoch oft die Schwierigkeit mit sich, dass der Verkehrsteilnehmer bei für ihn geltendem Gelblicht nicht mehr ohne die Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs bis zur Haltelinie anhalten kann. Eine Vollbremsung – insbesondere eines einspurigen Motorrollers – könnte zur Gefährdung nachfolgenden Verkehrs führen, so dass zumindest in der ersten Gelbphase die Abwägung dafürspricht, dass er nicht zu einer Vollbremsung verpflichtet ist. Kann dem Verkehrsteilnehmer bei Beachtung dieser Grundsätze nicht gelingen, vor der Haltelinie bei Gelb anzuhalten, darf er über die Haltelinie hinweg in den Kreuzungsbereich einfahren (Diehl Anm. zu OLG Hamm, Urteil v. 30.5.2016, I-6 U 13/16, ZfSch 2016, 676-679). An der Unfallstelle waren unstreitig 70 km/h erlaubt. Es ist nicht klar, wie schnell die Klägerin vor der Ampel gefahren ist (Annäherungsgeschwindigkeit) und wie lange (Sekunden) sie schon Gelblicht gesehen haben müsste, bevor sie die Fußgängerampel gequert hat. Es fehlt insoweit an entsprechenden Anknüpfungstatsachen. Bei unterstellten 70 km/h hätte die Klägerin 19,4 m/s zurückgelegt, ihr Anhalteweg hätte rund 45 m betragen. Ein Gelb- oder gar Rotlichtverstoß an der Fußgängerampel durch die Klägerin ist nicht bewiesen und kann deshalb auch nicht in die Abwägung nach § 17 StVG eingestellt werden.“

Und zur Höhe des Schmerzensgeldes:

„Die Höhe des Schmerzensgeldes (insgesamt 20.000 €) ist angesichts der schweren und zum Teil dauerhaften Verletzungen der noch verhältnismäßig jungen Klägerin nicht zu beanstanden. Sie hat einen beidseitigen Kieferbruch, eine Halswirbelfraktur, eine Fraktur des Schlüsselbeins links, einen mehrfachen Bruch des Oberschenkelknochens, einen Trümmerbruch des großen Zehs links sowie Schürfwunden am Knie erlitten. Die Klägerin musste sich mehreren Operationen und Folgeoperationen unterziehen. Es bleiben sichtbare Narben im Dekolleté Bereich (15 cm) und am Oberschenkel (5 cm) sowie am Knie. Der große Zeh am linken Fuß musste versteift werden. Die festgestellte Mundöffnungseinschränkung von 5 mm hat das Landgericht – mangels hinreichend bewiesener Unfallursächlichkeit – bei der Schmerzensgeldbemessung nicht berücksichtigt.“

Als Radfahrer im „Quasi-Blindflug“ in den Kreisverkehr, oder: Vorfahrtsverletzung führt zur Haftungsquote 60/40

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Unfallort Münster, Radfahrer, Kreisverkehr und OLG Hamm – das sind vier Merkmale des OLG Hamm, Urt. v. 17.01.2017 – 9 U 22/16 -, die danach schreien, dass das Urteil möglichst bald zu einem Posting hier im Blog führt. Und dem Ruf folge ich 🙂 .

Es geht um einen Radfahrunfall im August 2014 in Münster-Roxel – einem Stadtteil von Münster. Da hatte sich die damals 78 Jahre alte Klägerin aus Münster mit ihrem Fahrrad einer Kreuzung genähert, die in Form eines Rondells angelegt war. Es galt die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Die Klägerin beabsichtigte von der von ihr befahrenen Straße in das Rondell einzufahren und es an der gegenüberliegenden Einmündung zu verlassen, es somit quasi in Geradeausrichtung zu überqueren. Aus der aus Sicht der Klägerin rechts gelegenen Straße näherte sich die Beklagte mit ihrem PKW VW. Beide Fahrzeugführerinnen fuhren in das Rondell und verunfallten.

Die Klägerin zog sich einen schwerwiegenden Bruch des Schienbeinkopfes zu, der aufgrund eines komplikationsreichen Heilungsverlaufes mehrfach operativ versorgt werden musste. Von der Beklagten und dem Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs verlangt sie Schadensersatz. Unter Anrechnung vorprozessual gezahlter 4.000 € begehrt sie Ersatz eines materiellen Schadens, insbesondere einen Haushaltsführungsschadens, von noch ca. 4.000 € und ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €.

Das LG hat der Schadensersatzklage überwiegend stattgegeben und der Klägerin ein 20 %-iges Mitverschulden zugerechnet. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG Hamm den Mitverschuldensanteil der Klägerin mit 60 % bemessen und der Klage dem Grunde nach mit einer 40 %-igen Haftungsquote der Beklagten stattgegeben.

In dem Verkehrsunfall habe sich, so das OLG Hamm, die durch ein Verschulden erhöhte Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten, aber auch ein erhebliches Mitverschulden der Klägerin ausgewirkt.

Der Klägerin sei eine Vorfahrtsverletzung anzulasten. Als sie in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, habe sie das Fahrzeug der Beklagten als bevorrechtigtes Fahrzeug erkennen können und auch erkannt. Den Vorrang dieses Fahrzeugs habe sie beachten und es vor dem Überqueren der Kreuzung passieren lassen müssen. Vor dem Fahrzeug der Beklagten habe die Klägerin nur dann in die Kreuzung einfahren dürfen, wenn sichergestellt gewesen sei, dass sie die Kreuzung auch vor der vorfahrtsberechtigten Beklagten habe räumen können. Das Unfallereignis zeige, dass dies im vorliegenden Fall nicht gewährleistet gewesen sei. Dass der Beklagten ebenfalls ein Verkehrsverstoß anzulasten sei, entlaste die Klägerin nicht, weil ein vorschriftswidriges Verhalten des Vorfahrtsberechtigten sein Vorfahrtsrecht grundsätzlich nicht entfallen lasse.

Auch die Beklagte treffe – so das OLG – ein gravierendes Verschulden an der Entstehung des Unfalls. Beim Einfahren in das Rondell hab sie das bereits in das Rondell eingefahrene Fahrrad der Klägerin offensichtlich übersehen und daher ihre allgemeine Rücksichtnahmepflicht verletzt. Hätte sie auf die Klägerin geachtet, wäre der Unfall für sie dadurch zu vermeiden gewesen, dass sie ihrer Einfahrt in das Rondell zurückgestellt hätte. Sie sei zwar bevorrechtigt gewesen. Dies gebe ihr aber nicht das Recht, ihr erkennbar durch die Klägerin verletztes Vorfahrtsrecht ohne Rücksicht auf die Klägerin durchzusetzen.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an der Entstehung des Unfalls hat das OLG mit einer Haftungsquote von 60 % zulasten der Klägerin und von 40 % zulasten der Beklagten bewertet:

„Der Senat bewertet die beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge an der Entstehung des Unfalls mit einer Haftungsquote von 60 % zu 40 % zu Lasten der Klägerin. Der Klägerin ist hier mit dem Vorfahrtsverstoß der gravierendere Vorwurf zu machen, denn während die Beklagte zu 1) die allgemeinen Sorgfaltspflichten aus § 1 Abs. 2 StVO zu beobachten hatte, trafen die Klägerin die besonderen Pflichten aus § 8 StVO, die sie sehenden Auges verletzt hat, weil sie in der Annahme, die Kreuzung noch rechtzeitig räumen zu können, trotz des für sie deutlich sichtbaren Fahrzeugs der Beklagten zu 1) in die Kreuzung eingefahren ist. Grundsätzlich trifft den Wartepflichtigen gegenüber dem bevorrechtigten Verkehr ein überwiegendes Verschulden, wobei ein Verschätzen zu Lasten des Wartepflichtigen geht (König a.a.O., Rdn. 68).“