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Gebührenrechtlicher Dauerbrenner Erstreckung, oder: Nichts Neues aus Celle

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Heute ist „Moneyday“. Und den Tag eröffne ich mit dem OLG Celle, Beschl. v. 06.09.2019 – 2 Ws 253/19. Er nimmt mal wieder zu Fragen in Zusammenhang mit dem gebührenrechtlichen Dauerbrenner (für Pflichtverteidiger), nämlich der Erstreckung nach § 48 Abs. 6 RVG, Stellung.

Die vom OLG angesprochenen Fragen sind nicht neu, daher reichen m.E. hier die Leitsätze der Entscheidung, die lauten:

  1. Die Vorschrift des § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG gilt für alle Fälle der Verfahrensverbindung, unabhängig davon, ob die Beiordnung als Pflichtverteidiger vor oder nach der Verbindung erfolgt ist.
  2. Eine Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG setzt nicht zwingend voraus, dass vor der Verbindung bereits ein Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger in dem hinzuverbundenen Verfahren gestellt wurde.

Dazu folgendes Anmerkungen:

1. Dem OLG ist weitgehend zuzustimmen. Dass die Erstreckung nicht davon abhängig ist, dass vor der Verbindung bereits ein Beiordnungsantrag gestellt worden ist, haben im Übrigen außer dem OLG Celle bereits andere Gerichte zutreffend entschieden (KG RVGreport 2012, 56 = StRR 2012, 78 = StraFo 2012, 292; LG Cottbus StRR 2013, 305; LG Kiel RVGprofessionell 2006, 202). Lediglich zur Frage der Erforderlichkeit der Antragstellung auch in den Fällen, in denen die Verbindung bereits vor der Beiordnung erfolgt ist, kann man m.E. dem OLG nicht folgen. Allerdings ist das eine Frage, die ausdiskutiert ist. Neue Argumente für die von ihm vertretene, in meinen Augen nicht zutreffende, Auffassung hat auch das OLG Celle nicht gebracht. Das führt erneut zum Rat für den Rechtsanwalt/Verteidiger, immer dann, wenn er in mehreren Verfahren tätig (gewesen) ist, die dann miteinander verbunden werden, auf jeden Fall die Erstreckung zu beantragen. Dann ist er auf der sicheren Seite.

2. Und: Inzidenter nimmt das OLG auch zur der Frage Stellung, dass ein Erstreckungsantrag auch noch nach (rechtskräftigem) Abschluss des Verfahrens zulässig ist (so auch KG RVGreport 2012, 56 = StRR 2012, 78 = StraFo 2012, 292; OLG Düsseldorf, RVGreport 2008, 140; OLG Hamm, Beschl. v. 29.1.2008 – 4 Ws 9/08; OLG Zweibrücken RVGreport 2018, 14 = NStZ-RR 2018, 64 = JurBüro 2018, 79; LG Braunschweig StraFo 2015, 349 = RVGreport 2015, 374 = StRR 2015, 398; LG Cottbus StRR 2013, 305; LG Dresden RVGreport 2008,140; LG Düsseldorf StraFo 2012, 117; LG Freiburg RVGreport 2006, 183). Aber auch insoweit sollte der Verteidiger Glück nicht über Gebühr strapazieren, damit ihm keine Gebühren verloren gehen. Daher: Antrag so früh wie möglich stellen.

Rechtsmittel II: Die unzulässige Revision des Angeklagten, oder: Unterlassene Unterbringungsanordnung

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Nach dem unzulässigen Rechtsmittel der StA (vgl. den der BGH, Beschl. v. 07.05.2019 – 1 StR 49/19), dann eine Entscheidung des zu einem unzulässigen Rechtsmittel eines Angeklagten 🙂 . Das LG hatte den Angeklagten mit Urteil vom 10.01.2018 u.a. wegen besonders schweren Raubes verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf die Revision des Angeklagten hatte der BGH das Urteil im Maßregelausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Nunmehr hat das LG von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen. Hiergegen wendet sich nun der Angeklagte u.a. mit der Sachrüge. Der BGH hat sein Rechtsmittel als unzulässig angesehen:

„Das Rechtsmittel ist unzulässig. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Angeklagter ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht allein deswegen anfechten kann, weil gegen ihn neben der Strafe keine Maßregel nach § 64 StGB angeordnet worden ist (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2018 – 4 StR 259/18, uris; vom 5. April 2016 – 3 StR 95/16, juris; vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 424/09, NStZ 2010, 270).“

Dauerbrenner.

BGH „rüffelt“ StA, oder: Es gibt kein „vorsorgliches“ Rechtsmittel der StA

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Die zweite Entscheidung der Woche enthält in meinen Augen eine versteckte Rüge der Staatsanwaltschaft durch den BGH. Der führt nämlich im BGH, Urt. v. 24.04.2019 – 2 StR 14/19 – zu einer Kostenbeschwerde der Staatsanwaltschaft aus:

„2. Die von der Staatsanwaltschaft „vorsorglich“ eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Urteils ist unbegründet. Die Kostenentscheidung entspricht dem Gesetz (§ 465 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Der Senat weist darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft gemäß Nr. 148 Abs. 1 RiStBV nur ausnahmsweise ein Rechtsmittel lediglich vorsorglich einlegen soll; auch ein solches Rechtsmittel ist zu begründen (vgl. Nr. 156 Abs. 1 RiStBV). Entspricht eine Kostenentscheidung – wie hier – der Rechtslage, wird eine gesonderte („vorsorgliche“) Anfechtung regelmäßig nicht in Betracht kommen (vgl. auch Nr. 147 Abs. 1 Satz 2 RiStBV); Senat, Urteil vom 16. April 2014 – 2 StR 608/13, juris Rn. 29; Beschluss vom 8. Juni 2016 – 2 StR 539/15, NStZ-RR 2016, 383).“

Hmm. Wie war das noch mit der Sperrberufung – passt nicht so richtig, aber immerhin?

OWi II: Einsicht in Messunterlagen – Rechtsmittel, oder: Licht und Schatten

Der zweite Beitrag des Tages befasst sich auch mit der Einsicht in Messunterlagen, allerdings geht es nun um Rechtsmittel. Und da habe ich drei Entscheidungen, auf die ich hinweisen will (zum teil hat auch schon der Kollege Gratz dazu berichtet):

  • LG Würzburg, Beschl. v. 24.09.2018 – 1 Qs 155/18, der wenn ein Antrag auf Einsichtnahme in die Messunterlagen pp. erstmals im gerichtlichen Verfahren gestellt wird, die Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung zwar als zulässig, aber als unbegründet ansieht, weil ein Einsichtsrecht in Messdaten nicht bestehen soll.
  • LG Hanau, Beschl. v. 07.01.2019 – 4b Qs 114/18, der die Beschwerde gegen eine im gerichtlichen Bußgeldverfahren ergangene ablehnende Entscheidung des AG bezüglich Einsicht in Messunterlagen ebenfalls für zulässig ansieht und zugleich auch die Herausgabe von Messreihe, Statistikdatei und Geräteakte anordnet.
  • Und dann noch der das KG zu den  Anforderungen an die Verfahrensrüge verweigerter Akteneinsicht im KG, Beschl. v. 20.12.2018 – 3 Ws (B) 303/18 – mit den leider bekannten Leitsätzen/Forderungen:

1. Rügt der Betroffene die rechtswidrige Ablehnung eines Akteneinsichtsantrags, muss die Rechtsbeschwerdebegründung eine konkret-kausale Beziehung zwischen dem behaupteten Verfahrensfehler und einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt dartun.

2. Hierzu bedarf es substantiierten Vortrags, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen die Verteidigung daraus gezogen hätte.

3. Soweit eine konkrete Benennung mangels Zugriffs auf die Unterlagen nicht möglich ist, muss sich der Verteidiger bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung der Verfahrensrüge weiter um die Einsicht bemüht haben und die entsprechenden Anstrengungen gegenüber dem Rechtsbeschwerdegericht dartun.

Also auch hier: Licht und Schatten. Zur Entscheidung des KG muss man m.E. nichts mehr sagen. Das ist die sattsam bekannte Auffassung des KG und anderer OLG, die m.E. falsch ist. Aber, wen interessiert es …..

Akteneinsicht II: Kein Rechtsmittel, oder: Alles nur Worthülsen….

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Die zweite Entscheidung ist dann ein landgerichtlicher Beschluss, und zwar der LG Hannover, Beschl. v. 07.03.2018 – 48 Qs 16/18. Es geht um die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung der (Akten)Einsicht in Unterlagen im gerichtlichen Verfahren. Das LG sagt: Unzulässig, § 305 Satz 1 StPO steht entgegen:

„Bei dem Antrag auf Beiziehung der Unterlagen handelt es sich faktisch — wie auch der Verteidiger des Betroffenen in seinem Antrag selbst ausgeführt hat — um einen Antrag auf Akteneinsicht. Die Akteneinsicht gewährleistet den Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren, dient vornehmlich der Vorbereitung und/oder Begründung von Beweisanträgen bzw. Beweisanregungen in der laufenden Hauptverhandlng und soll eine effektive Verteidigung ermöglichen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 27.2.2003 — 3 Ws 234/03, BeckRS 2003, 30309455). Da die Gewährleistung dieser grundlegenden Prozessrechte vorrangige Aufgabe jeden Gerichts ist, muss diese Entscheidung durch das erkennende Gericht vor der Urteilsfällung erneut auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die Verletzung der Prozessgrundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und des Rechts auf ein faires Verfahren wird zudem — unter bestimmten Voraussetzungen — auch durch den Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG geschützt. Jede diese Rechte tangierende Entscheidung des Vorsitzenden nach Eröffnung der Hauptverfahrens oder auch in laufender Hauptverhandlung steht mithin in engem inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung und kann geeignet sein, den Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den hier in Frage stehenden Unterlagen überhaupt um Aktenbestandteile handelt. Überdies bezweckt der Antrag des Verteidigers im vorliegenden Fall letztlich eine Einflussnahme auf den Umfang der Beweisaufnahme, sodass die den Antrag ablehnende Entscheidung des erkennenden Gerichts auch bereits aus diesem Grund in innerem Zusammenhang mit der Urteilsfällung steht und damit nicht beschwerdefähig i.§.d. § 305 Abs. 1 StPO ist.“

Klingt toll, wenn man das so lies: Dass die „Gewährleistung dieser grundlegenden Prozessrechte vorrangige Aufgabe jeden Gerichts ist2 und „Verletzung der Prozessgrundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG und des Rechts auf ein faires Verfahren“. Wäre nur schön, wenn dem auch mal Taten folgten und der Verteidiger/Betroffene nicht wie im Hamsterrad hin und her rennen muss, ohne dass er weiter kommt. Denn kommt er zum OLG heißt es dort bei der Verfahrensrüge: Du hättest das und das noch vortragen müssen, vielleicht auch, welches Wetter am Kommuniontag war.